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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
SL OVG 8 R 27/96 1998 LPG
Datum
1. April 1998
Gericht
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes
Gesetz
Saarländisches Mediengesetz (SMG)
Saarländisches Mediengesetz (SMG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes am 1. April 1998

SL OVG 8 R 27/96 1998 LPG

VG: Die theoretische Möglichkeit dass die Stadt ein Auskunftsersuchen der Klägerin beantwortet hätte, könne ihrem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen gehalten werden. Die Existenz eines weiteren Auskunftspflichtigen führe im übrigen ohnehin nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Das Informationsbedürfnis der Presse und der Bevölkerung erstrecke sich nach modernem Staatsverständnis auch und gerade auf den Bereich der Leistungsverwaltung, wo zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden. Es komme daher für die Behördeneigenschaft der Beklagten entscheidend darauf an, ob sie als GmbH in gemeindlicher Hand mittelbar öffentliche Verwaltung ausübe. OVG: Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens muss die Leistungsklage der Klägerin Erfolg haben; vorab kann zur Begründung auf die zutreffenden tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden.

GmbH Behördenbegriff Parkhäuser Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Geschenk für einen Landespolitiker Rechtsschutz Verwaltungsrechtsweg Eigengesellschaft

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8 R 27/96 1 K 86/95 OBERVER\VALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit der                                                             ver- treten    durch  die                              diese   vertreten durch    ihren   alleinvertretungsberechtigten     Geschäftsführer Klägerin und Berufungsbeklagte, - Prozeßbevollrnächtigte: Rechtsanwälte g e g e n die   Parkhausgesellschaft  s.  rnbH 1 vertreten  durch   ihre   Ge- schäftsführer Beklagte und Berufungs k lägerin , - Prozeßbevollrnächtigte: Rechtsanwä lte w e g e n    Auskunftserteilung nach § 4 des Saarländischen Pressegesetzes
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u8r2796 2 hat der   8. Senat    des Oberverwaltungsgerichtes        des Saarlandes in Saarlouis    durch die   Vorsitzende Richterin        am   Oberverwal - tungsgericht Neumann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Philippi   und die    Richterin am Oberverwaltungsgericht Schwarz- Höftmann aufgrund     der mündlichen Verhandlung vom 1 . April 1998 für Recht erkannt: Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten    des Berufungsverfahrens       trägt die    Be- klagte. Das Urteil    ist wegen   der Kosten     vorläufig    voll - streckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. T a t  b e s t  a n d Die Klägerirr  ist Verlegerirr    eines Nachrichtenmagazins und be- gehrt von der Beklagten, einer GmbH, die in S. mehrere Parkhäu- ser   betreibt, die    Erteilung einer presserechtliehen Auskunft . Gesellschafterinnen der     Beklagten sind       die Stadt   s.  und   die Versorgungs-   und Verkehrsgesellschaft        S. mbH, deren alleinige Gesellschafterin auch die Stadt S. ist . Eine   Redaktionsvertretung      der  Kl ägerirr     wandte    sich    mit Schreiben   vom 5 . 1.1995  an die   Beklagte unter Hinweis darauf, daß sich   diese nach ihren Informationen 1986 an einem Geschenk - einem   Perserteppich -     für einen   Landespolitiker mit        einem Betrag   von 6.000,-    DM beteiligt    habe, und     begehrte Auskunft hinsichtlich der     Begründung für   das Präsent,       des Etats,    aus dem   die Mittel    zur Verfügung gestellt worden seien, sowie der Frage,   ob es   hierzu einen    entsprechenden förmlichen Beschluß eines   Unternehmensgremiums gegeben      ha b e . Unter   dem 11 .1.1 995 lehnte die Beklagte eine Auskunftserteilung zu dem angesproche- nen Fragenkomplex     aus grundsätzlichen      Erwägungen ab .     Nachdem
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u8r2796 3 die   Redaktionsvertretung der        Kläger i rr die   Beklagte   auf   die presserechtliche Auskunftspflicht von Behörden hingewiesen hat- te,   stellte sich      die Beklagte auf den Standpunkt, daß sie als GmbH nicht verpflichtet sei, Auskunft zu erteilen. Am 13 .4 .1995 hat die Klägerirr unter Berufung auf den Auskunfts- anspruch aus    §  4 Abs~  1 SPresseG gegenüber Behörden Klage erho- ben . Sie hat ausgeführt, der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, . da §   4 Abs.     1 SPresseG    dem   öffentlichen     Recht   zuzurechnen se1. Für    die Beurteilung       der Behördeneigenschaft im Sinne des presserechtliehen       Auskunftsanspruchs komme es nicht darauf an, in welcher     Organisationsform öffentliche Aufgaben erfüllt wür- den. Der Begriff der Behörde sei grundsätzlich weit auszulegen. Auch juristische       Personen des Privatrechts könnten als Behörde handeln, wenn      sich der   Staat ihrer durch Übertragung staatli- cher Aufgaben bediene. Dies sei vorliegend der Fall, da die von der Stadt   s.  beherrschte Beklagte durch den von ihr angebotenen Parkraum dem      öffentlichen Zweck der Verkehrslenkung diene. Die begehrten Auskünfte       dienten der    Erfüllung ihrer     öffentlichen Aufgabe,    in Angelegenheiten       von öffentlichem     Interesse Nach- richten zu     verschaffen und      zu verbreiten.     Die Verwendung der Mittel    der Beklagten     für Geschenke     an einen    Landespolitiker gehöre    zu den    Angelegenheiten von öffentlichem Interesse. Die Öffentlichkeit habe ein berechtigtes Interesse an Informationen über die    Verwendung öffentlichen       Vermögens. Gründe      nach  §   4 Abs.   2 SPresseG,      die eine Verweigerung der begehrten Informa- tionen rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Die Klägerirr hat wörtlich beantragt, 1.   die Beklagte zu verurt eilen, ihr- der Klägerirr - darüber     Auskunft zu     erteilen, ob     sie  sich   im Jahre    1986 mit einem anteiligen Betrag in Höhe von 6.000,-- DM,      der für    den Ankauf     eines Persertep- pichs bei     einem Saarbrücker Teppichhaus ausgegeben wurde, an einem Geschenk für den beteiligt h at ,
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u8r2796 4 2. bejahendenfalls, a) mit    welcher Begründung sich die Beklagte an dem Geschenk beteiligt hat und b)   ob es   einen förmlichen      Beschluß eines    Organs und/oder    Gr·emiums der    Beklagten über die Beteili- gung an    dem Geschenk     mit einem Betrag in Höhe von 6.000, - - DM gab . Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ausdrücklich gerügt, daß der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei     und zudem das Rechtsschutzinteresse für die Klage fehle.    Auch bestehe    ihr gegenüber kein Auskunftsanspruch. Als juristische     Person des    Privatrechts sei sie nicht als Behörde im Sinne    des § 4 Abs . 1 SPresseG anzusehen. Sie sei kein Organ der   unmittelbaren oder      mittelbaren Staatsverwaltung. Vielmehr habe   sie die    gleiche Stellung wie jede andere privatrechtlich organisierte GmbH. Sie bewirtschafte zwar einige Parkhäuser und Parkplätze in     s.,  unterscheide     sich darin   jedoch   nicht  von anderen    private n Parkhausbetreibern, die wohl kaum als Behörde anzusehen seien. Mit   Beschluß vom 23 . 1 . 1996 hat das Verwaltungsgericht den Ver- wa ltungsrechtsweg für      zulässig erklärt;     die von der Beklagten hiergegen eingelegte Beschwerde        wurde durch Beschluß des Sena- tes vom 26.4.1996 - 8 Y 5/96 - zurückgewiesen. Mit    Urteil    vom   19.6.1996    gab   das   Verwaltungsgericht   der Klage    mit der   Maßgabe statt,     daß die    im  Klageantrag   unter 2   a) gestellte     Frage . nach   der   Begründung   der  Beteiligung an   dem    Geschenk    mit   Blick   auf   die   Tatsachengebundenheit der Auskunft spflicht     in "ma ni festierte Begründung" ·modifiziert wurde . Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Die Klage
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uBr2796 5 sei   zulässig . Es    fehle insbesondere      nicht am    erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis,       da der   Klägerirr eine     einfachere    Form der   Rechtsverfolgung      nicht   zur   Verfügung    stehe.   Sie    habe ihr Auskunftsbegehren       nicht   vorprozessual     an   die  Stadt    S. richten müssen, die zwar im Ergebnis a l s Alleingese llschafterin zu betrachten sei, der aber ein eigenständiges Recht                    zur Auskunftserteilunq nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zustehe; die  Auskunftserteilunq sei        vielmehr    alleinige    Angelegenheit der Geschäftsführung der Beklagten . Die theoretische Mög- lichkeit, daß die Stadt ein Auskunftsersuchen der Klägerirr gleichwohl beantwortet hätte, könne ihrem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegengehalten       werden.    Die  Existenz     eines  weiteren Auskunftspflichtigen führe im übrigen ohnehin nicht zum Wegfall des   Rechtsschutzinteresses. Mit        der   Zweistufentheorie     könne entgegen   der Meinung      der Beklagten    weder Klagebefugnis      noch Rechtschutzbedürfnis       in Abrede    gestellt werden,     da sie nicht anwendbar    sei . Die Klage sei auch begründet, da die Vorausset- zungen   des  §   4 Abs. 1 SPresseG vorlägen . Die Klägerirr sei als Verlegerirr Vertreterirr der Presse und die Beklagte Behörde im presserechtliehen Sinne. Der Behördenbegriff des Presserechts, der in § 4 SPresseG nicht definiert werde und für den auf § 1 Abs. 2 SVwVfG nicht abgestellt werden könne, da diese Vor- schrift nicht einschlägig sei, sei funktionell-teleologisch zu begreifen.    Sinn und     Zweck des  §  4 SPresseG sei es, der Presse die  Wahrnehmung ihrer       Aufgabe im    Rahmen   der    demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch zu ermöglichen, daß sie Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Inte resse umfassend wahrheitsgetreu erhalten könne . Das Informationsbe- dürfnis der Presse und der Bevölkerung erstrecke sich nach modernem Staatsverständnis auch und gerade auf den Bereich der Leistungsverwaltung,       wo z ur  Wahrnehmung staatlicher      Au fgaben öffentliche     Mittel eingesetzt     würden . Es   komme daher für die Behördeneigenschaft der       Beklagten entscheidend       darauf an,    ob sie  als GmbH     in gemeindlicher Hand mittelbar öffentliche Ver- waltung ausübe. Dies sei zu bejahen. Gemeinden dürften sich bei der Schaffung und Unterha l tung von Einrichtungen, die dem wirt- schaftlichen,     soz iale n oder   kulturel l en Wohle ihrer Einwohner dienten, privatrechtlicher        Gestaltungsformen bedienen. Hiervon
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u8r2796 6 habe   die Stadt     durch Gründung der Be kl agten Gebrauch gemacht, an der   sie letztlich       zu 100 % beteiligt sei, somit Macht über sie habe und über Geschäftsführung und Aufsichtsrat die wesent- lichen   Entscheidungen treffe.         Die Beklagte sei für sie im Be- reich   der Daseinsvorsorge tätig, indem sie statt ihrer im Rah- men   einer . koordinierten städtischen Verkehrsplanung die knappe städtische Ressource        Parkraum zur Verfügung stelle und bewirt- schafte. Da sich die Vorsorge der öffentlichen Verwaltung nicht auf   die elementarsten Bedürfnisse der Mitglieder des Gemeinwe- sens   zu beschränken       brauche, gehörten alle Leistungen, welche die    öffentliche      Verwaltung     erbringe,   zur   Daseinsvorsorge. Umgekehrt     sei alle öffentliche Daseinsvorsorge in diesem Sinne öffentliche     Verwaltung, und       zwar unabhängig davon, in welchen Formen   sie ausgeübt werde. Als öffentliche Daseinsvorsorge sei es   anzusehen, wenn       die privatrechtliehen      Unternehmen der öf- fentlichen Hand den einzelnen Mitgliedern des Gemeinwesens Lei- stungen unmittelbar zuwandten, während die hiervon abzugrenzen- de rein fiskalische Betätigung sich dadurch auszeichne, daß die Verwaltung     in aller     Regel ausschließlich finanzielle Vorteile erstrebe, die      den einzelnen      gerade nicht unmittelbar, sondern mittelbar     über   die    Ei~nahmen    aus   fiskalischen   Unternehmen zugute   kämen. Die Vorhaltung ausreichender Parkflächen und die Parkraumbewirtschaftung         im Rahmen    der kommunalen Verkehrspla- nung   zähle zu     den  öffentlich~rechtlichen     kommunalen Aufgaben, bei der   Parkraum und Parkflächen dem einzelnen unmittelbar zu- gewandt   würden. Eine Monopolstellung sei für die Zuordnung zur Daseinsvorsorge nicht erforderlich; maßgeblich sei vielmehr die Natur der Aufgabe selbst sowie, ob sich die Kommune dieser Auf- gabe kraft     ihrer kommunalen       Allzuständigkeit in Selbstverwal- tungsangelegenheiten        angenommen habe     und sie ihre öffentliche Aufgabe gegenüber       der   privatrechtliehen     Betriebsgesellschaft durchzusetzen      imstande sei. Wegen des Bedarfs an ausreichenden Parkkapazitäten      und    der    gesellschaftsrechtlichen    Macht  der Stadt S. über die Beklagte sei dies ohne weiteres der Fall. Daß Leistungen     auch von     privaten Unternehmen gewerblich angeboten würden, sei     auch    in   anderen    Bereichen   der   Daseinsvorsorge üblich. Im     übrigen könne       sich der   Staat nicht dadurch seiner
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u8r2796 7 presserechtliehen      Auskunftspflicht       entziehen,    daß  er   seine ansonsten behördlich auszuführenden Tätigkeiten privatrechtlich organisiere. Schließlich seien auch die übrigen Voraussetzungen des  §  4 SPresseG gegeben. Das    Urteil wurde    der Beklagten      am   5.7.1996    zugestellt.   Am 19.7.1996 legte sie Berufung ein. Die    Beklagte bestreitet     weiterhin das Vorliegen des erforder- lichen      Rechtsschutzinteresses.       Das   Verwaltungsgericht     habe verkannt,     daß    die   Klägerin     ohne    weiteres     Auskunft   von der    Stadt    S.   hätte    verlangen      können,   da   dieser   sowohl aufgrund     kommunalrechtlicher Bestimmungen         als   auch   aufgrund gesellschaftsrechtlicher         Vorschriften     ein     Einsichts-    und Auskunftsrecht zustehe.       Die Klage      sei aber   auch unbegründet. Die Rechtsauffassung       des Verwa ltungsgerichts führe dazu, daß § 4 Abs .    2 Ziff.   2 SPresseG     bei einem    Auskunftsbegehren gegen die Beklagte      völlig leerlaufe,     da § 30 SVwVfG keine Anwendung finden könne.      Die gerichtliche     Überlegung, daß sich der Staat nicht dadurch seiner presserechtliehen Auskunftspflicht entzie- hen    könne, daß    er seine    ansonsten behördlich       auszuführenden Tätigkeiten     privatrechtlich      organisiere,     se1   vordergründig. Wenn im     Bereich des    Datenschutzes -wie § 2 Abs. 1 SDSG zeige - die Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf privatrechtlich organisierte juristische Personen durch die Kommunen Auswirkung auf den     Umfang des   Datenschutzes habe,        könne im   Presserecht Entsprechendes      gelten. Die Zweistufentheorie sei anwendbar, da sich der     Anspruch ohne die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben au f d ie   Beklagte unmittelbar      gegen die     Stadt richtete. Daran dürfe     die Übertragung    der Aufgaben      nichts ändern;    der   Aus- kunftsanspruch habe      sich daher gege n die Stadt zu richten, die sic h im    vollen Umfang    auf  §   4 Abs. 2 SPresseG berufen könne, wobei gegebenenfalls       - sofern das Auskunftsbegehren berechtigt sei    - diese   Auskunft durch      den Verrichtungsgehilfen, nämlich die    Beklagte, erfolge.     Nach    der   Zweistufentheorie     sei   die Beklagte     nicht passivlegitimiert. Sie nehme keine Aufgaben der mittelbare n    Staatsverwaltung wahr,        da da s Zurverfügungstellen von Parkraum k eine freiwil lige Leistung der Stadt im Rahmen der
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u8r2796 8 Daseinsvorsorge        darstelle, wie        die Beispiele der von Privaten betriebenen       Parkhäusern zeigten,           mit denen    sie im Wettbewerb stehe.     Gleichwohl sei      nur sie, die Beklagte, nach der Auffas- sung   des Verwaltungsgerichts verpflichtet, der Presse in einem recht weitgehenden Umfang Auskunft zu erteilen. Diese grundlose Ungleichbehandlung        könne zu      einer Verzerrung des Wettbewerbes führen. Das Verwaltungsgericht umgehe das Problem der unmittel- baren oder mitteibaren Staatsverwaltung dadurch, daß es den Be- griff der Daseinsvorsorge weit auffasse und alle Leistungen des Staates an die Mitglieder des Gemeinwesens hinzurechne. Dadurch werde der      Behördenbegriff des        §    4    Abs. 1 SPresseG - ohne ge- setzliche Grundlage        - ins Unermeßliche ausgedehnt. Der Bundes- gesetzgeber sei       hingegen bei dem Urnweltinformationsgesetz, das ähnlich wie der Auskunftsanspruch der Presse Zugang zu Informa- tionen über die Umwelt gewähre, ganz offensichtlich nicht davon ausgegangen, daß die wirtschaftlichen Unternehmen der Gerneinden in privater       Rechtsform selbst       "Behörden" seien,        wie § 2 Nrn . 1 und    2 UIG     zeige . Der verwal tungsverfahrensrechtliche Behör- denbegriff finde sich schließlich auch in § 7 des Gesetzes über die  Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG).                  Das  Verwaltungsge- richt habe       versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, warum der Behördenbegriff im        Sinne des    §  4 Abs . 1 SPresseG weit auszule- gen   sei, obwohl in anderen Gesetzen .hierfür eine ausdrückliche Anordnung enthalten sei, daß diese Gesetze auch für juristische Personen      des Privatrechtes      Geltung hätten,          die von  Behörden kontrol liert würden . Fehle hier aber diese Anordnung, liege na- he, die in     §  1 Abs . 2 SVwVfG und in         §   4 Abs. 1 SPresseG verwen- deten Begriffe       der Behörde     gleich zu interpretieren. Außerdem werfe die      Argumentation der Klägerin die Frage nach einer Ver- doppelung des       gegenüber der      Stadt S. bestehenden Auskunftsan- spruchs auf , indem er sich auch gegen die privatrechtliche GmbH richte, obwohl       der erstgenannte         zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes völlig ausreichend sei. Die Be klagte beantragt, unte r Abänderung        des   Ur t ei l s     d es Ve rwaltungsge- r i c ht s d es Saarl a ndes di e Kl a g e ab z uwe i se n.
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u8r2796 9 Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie hält   die   Berufung    für   unbegründet    und  verteidigt     die angefochtene    Entscheidung. Ihrer Klage fehle nicht das Rechts- schutzbedürfnis7    denn die     Auskunft von    der Stadt    S. zu ver- langen,   sei komplizierter und fernerliegend, da diese die Aus - künfte erst    bei der   Beklagten beschaffen müßte. Statt auf den nicht einschlägigen     § 30    SVwVfG könne sich die Beklagte auf § 4  Abs. 2 Nr. 3 SPresseG berufen, soweit sie ein schutzwürdiges Interesse   an    der   Geheimhaltung      bestimmter   Tatsachen     und Vorgänge    habe.   Die    in    diesem   Zusammenhang   vorzunehmende Abwägung zwischen     dem Informationsinteresse der Pr esse und dem Geheimhaltungsinteresse entspreche        der Interessenahwägung nach §   30 SVwVfG.   Der Gedankengang der Beklagten zur Anwendbarkeit der Zweistufentheorie sei nicht nachvollziehbar. Für die Einbe- ziehung der für öffentlich-rechtliche Körperschaften im Bereich der   Daseinsvorsorge tätigen      juristischen Personen des Privat- rechts als   Schuldner des     Ausku nftsanspruch s nach    §  4  Abs . 1 SPresseG sei    weder eine ausdrückliche gesetzliche Regelung er- forderlich noch geboten. Die Auskunftspflicht ergebe sich schon im Wege   einfaqher Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks    und der    Tatsache, daß es sich bei    §   4 SPresseG um eine nähere Ausgestaltung und Konkretisie r ung der in Art . 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Pressefreiheit handele. Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der   Gerichtsakten, der      Gegenstand der   mündlichen Ver- handlung war.
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u8r2796 10 Entscheidungsgründe Die zulässige      Berufung der     Beklagten    gegen   das  Urteil   des Verwaltungsgerichts       vom   19.6.1996,    mit   dem   sie  mit   einer geringfügigen,      von   keiner    Seite  beanstandeten     Modifikation zur   beantragten Auskunftserteilunq        an die Klägerirr verurteilt wurde,    ist    ·unbegründet.    Auch    unter    Berücksichtigung    des Berufungsverbringens muß die ·Leistungsklage der Klägerirr Erfolg haben; vorab kann zur Begründung auf die zutreffenden tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden. Die   Zulässigkeitsvoraussetzungen der          Klage sind gegeben, ins- besondere fehlt      entgegen der     Meinung der Beklagten auch nicht das   erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Argumentation der Beklagten     in der    mündlichen Verhandlung,       wonach ein primärer Auskunftsanspruch       gegen die    Stadt S.    als (faktische Allein- ) Gesel l schafterin     bestehe, während    ein Auskunftsanspruch gegen sie   selbst subsidiär sein müsse und allenfalls dann zum Tragen kommen    könne, wenn der Anspruch gegen die Stadt - der unstrei- tig von    der Klägerirr    nicht geltend gernacht worden ist - nicht zum  Erfolg führe,       überzeugt nicht. Zwar trifft es zu, daß die Stadt im    Falle eines Auskunftsersuchens der Klägerin rechtli.ch in der Lage wäre, sich sachkundig zu machen, da ihr gesetzliche Auskunftsansprüche       gegen die Beklagte wie auch Einsichtsrechte zustehen (§§      51 a   und 51   b GmbHG,    §   115   KSVG  i.d.F.   vom 27.6.1997) und der Auskunftserteilunq angesichtsdes Umstandes, daß sie im Ergebnis alle Anteile an der Beklagten hält und die- se somit    völ lig beherrscht,      keine durchgreifenden rechtlichen Hindernisse     entgegenstünden. Ausgehe nd       von allgerneinen Grund- sätzen, wonach das Rechtsschutzbedürfnis bei einer (Leistungs-) Klage fehlt,     wenn der    Kläger das mit der Klage verfolgte Ziel auf   andere , einfachere und näherliegende Weise erreichen kann, ist   aber offensichtlich, daß der von der Beklagten aufgezeigte denkbare Weg      eines an   die selbst    auf Informationsbeschaffung angewiesene Stadt       gerichteten Auskunftbegehrens       diese  Anfor- derungen    nicht      erfüllt,    zumal  deren    Auskunftsber~itschaft nicht bekannt      ist. Im   übrigen läßt     sich entgegen der Meinung
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