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Die Entscheidungsdatenbank setzt Rechtssprechung in den Fokus und ermöglicht fundierte Recherchen zu aktuellen und vergangenen Urteilen und Entscheidungen rundum Informationsfreiheit.
Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte
Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.
Information
- Aktenzeichen
- SL OVG 8 R 27/96 1998 LPG
- Datum
- 1. April 1998
- Gericht
- Oberverwaltungsgericht des Saarlandes
- Gesetz
- Saarländisches Mediengesetz (SMG)
Urteil: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes am 1. April 1998
SL OVG 8 R 27/96 1998 LPG
VG: Die theoretische Möglichkeit dass die Stadt ein Auskunftsersuchen der Klägerin beantwortet hätte, könne ihrem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen gehalten werden. Die Existenz eines weiteren Auskunftspflichtigen führe im übrigen ohnehin nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Das Informationsbedürfnis der Presse und der Bevölkerung erstrecke sich nach modernem Staatsverständnis auch und gerade auf den Bereich der Leistungsverwaltung, wo zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden. Es komme daher für die Behördeneigenschaft der Beklagten entscheidend darauf an, ob sie als GmbH in gemeindlicher Hand mittelbar öffentliche Verwaltung ausübe. OVG: Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens muss die Leistungsklage der Klägerin Erfolg haben; vorab kann zur Begründung auf die zutreffenden tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden.
GmbH Behördenbegriff Parkhäuser Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Geschenk für einen Landespolitiker Rechtsschutz Verwaltungsrechtsweg Eigengesellschaft
8 R 27/96 1 K 86/95 OBERVER\VALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit der ver- treten durch die diese vertreten durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Klägerin und Berufungsbeklagte, - Prozeßbevollrnächtigte: Rechtsanwälte g e g e n die Parkhausgesellschaft s. rnbH 1 vertreten durch ihre Ge- schäftsführer Beklagte und Berufungs k lägerin , - Prozeßbevollrnächtigte: Rechtsanwä lte w e g e n Auskunftserteilung nach § 4 des Saarländischen Pressegesetzes
u8r2796 2 hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichtes des Saarlandes in Saarlouis durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwal - tungsgericht Neumann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Philippi und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schwarz- Höftmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1 . April 1998 für Recht erkannt: Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Be- klagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll - streckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. T a t b e s t a n d Die Klägerirr ist Verlegerirr eines Nachrichtenmagazins und be- gehrt von der Beklagten, einer GmbH, die in S. mehrere Parkhäu- ser betreibt, die Erteilung einer presserechtliehen Auskunft . Gesellschafterinnen der Beklagten sind die Stadt s. und die Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft S. mbH, deren alleinige Gesellschafterin auch die Stadt S. ist . Eine Redaktionsvertretung der Kl ägerirr wandte sich mit Schreiben vom 5 . 1.1995 an die Beklagte unter Hinweis darauf, daß sich diese nach ihren Informationen 1986 an einem Geschenk - einem Perserteppich - für einen Landespolitiker mit einem Betrag von 6.000,- DM beteiligt habe, und begehrte Auskunft hinsichtlich der Begründung für das Präsent, des Etats, aus dem die Mittel zur Verfügung gestellt worden seien, sowie der Frage, ob es hierzu einen entsprechenden förmlichen Beschluß eines Unternehmensgremiums gegeben ha b e . Unter dem 11 .1.1 995 lehnte die Beklagte eine Auskunftserteilung zu dem angesproche- nen Fragenkomplex aus grundsätzlichen Erwägungen ab . Nachdem
u8r2796 3 die Redaktionsvertretung der Kläger i rr die Beklagte auf die presserechtliche Auskunftspflicht von Behörden hingewiesen hat- te, stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, daß sie als GmbH nicht verpflichtet sei, Auskunft zu erteilen. Am 13 .4 .1995 hat die Klägerirr unter Berufung auf den Auskunfts- anspruch aus § 4 Abs~ 1 SPresseG gegenüber Behörden Klage erho- ben . Sie hat ausgeführt, der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, . da § 4 Abs. 1 SPresseG dem öffentlichen Recht zuzurechnen se1. Für die Beurteilung der Behördeneigenschaft im Sinne des presserechtliehen Auskunftsanspruchs komme es nicht darauf an, in welcher Organisationsform öffentliche Aufgaben erfüllt wür- den. Der Begriff der Behörde sei grundsätzlich weit auszulegen. Auch juristische Personen des Privatrechts könnten als Behörde handeln, wenn sich der Staat ihrer durch Übertragung staatli- cher Aufgaben bediene. Dies sei vorliegend der Fall, da die von der Stadt s. beherrschte Beklagte durch den von ihr angebotenen Parkraum dem öffentlichen Zweck der Verkehrslenkung diene. Die begehrten Auskünfte dienten der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe, in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nach- richten zu verschaffen und zu verbreiten. Die Verwendung der Mittel der Beklagten für Geschenke an einen Landespolitiker gehöre zu den Angelegenheiten von öffentlichem Interesse. Die Öffentlichkeit habe ein berechtigtes Interesse an Informationen über die Verwendung öffentlichen Vermögens. Gründe nach § 4 Abs. 2 SPresseG, die eine Verweigerung der begehrten Informa- tionen rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Die Klägerirr hat wörtlich beantragt, 1. die Beklagte zu verurt eilen, ihr- der Klägerirr - darüber Auskunft zu erteilen, ob sie sich im Jahre 1986 mit einem anteiligen Betrag in Höhe von 6.000,-- DM, der für den Ankauf eines Persertep- pichs bei einem Saarbrücker Teppichhaus ausgegeben wurde, an einem Geschenk für den beteiligt h at ,
u8r2796 4 2. bejahendenfalls, a) mit welcher Begründung sich die Beklagte an dem Geschenk beteiligt hat und b) ob es einen förmlichen Beschluß eines Organs und/oder Gr·emiums der Beklagten über die Beteili- gung an dem Geschenk mit einem Betrag in Höhe von 6.000, - - DM gab . Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ausdrücklich gerügt, daß der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei und zudem das Rechtsschutzinteresse für die Klage fehle. Auch bestehe ihr gegenüber kein Auskunftsanspruch. Als juristische Person des Privatrechts sei sie nicht als Behörde im Sinne des § 4 Abs . 1 SPresseG anzusehen. Sie sei kein Organ der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung. Vielmehr habe sie die gleiche Stellung wie jede andere privatrechtlich organisierte GmbH. Sie bewirtschafte zwar einige Parkhäuser und Parkplätze in s., unterscheide sich darin jedoch nicht von anderen private n Parkhausbetreibern, die wohl kaum als Behörde anzusehen seien. Mit Beschluß vom 23 . 1 . 1996 hat das Verwaltungsgericht den Ver- wa ltungsrechtsweg für zulässig erklärt; die von der Beklagten hiergegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluß des Sena- tes vom 26.4.1996 - 8 Y 5/96 - zurückgewiesen. Mit Urteil vom 19.6.1996 gab das Verwaltungsgericht der Klage mit der Maßgabe statt, daß die im Klageantrag unter 2 a) gestellte Frage . nach der Begründung der Beteiligung an dem Geschenk mit Blick auf die Tatsachengebundenheit der Auskunft spflicht in "ma ni festierte Begründung" ·modifiziert wurde . Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Die Klage
uBr2796 5 sei zulässig . Es fehle insbesondere nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, da der Klägerirr eine einfachere Form der Rechtsverfolgung nicht zur Verfügung stehe. Sie habe ihr Auskunftsbegehren nicht vorprozessual an die Stadt S. richten müssen, die zwar im Ergebnis a l s Alleingese llschafterin zu betrachten sei, der aber ein eigenständiges Recht zur Auskunftserteilunq nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zustehe; die Auskunftserteilunq sei vielmehr alleinige Angelegenheit der Geschäftsführung der Beklagten . Die theoretische Mög- lichkeit, daß die Stadt ein Auskunftsersuchen der Klägerirr gleichwohl beantwortet hätte, könne ihrem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegengehalten werden. Die Existenz eines weiteren Auskunftspflichtigen führe im übrigen ohnehin nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Mit der Zweistufentheorie könne entgegen der Meinung der Beklagten weder Klagebefugnis noch Rechtschutzbedürfnis in Abrede gestellt werden, da sie nicht anwendbar sei . Die Klage sei auch begründet, da die Vorausset- zungen des § 4 Abs. 1 SPresseG vorlägen . Die Klägerirr sei als Verlegerirr Vertreterirr der Presse und die Beklagte Behörde im presserechtliehen Sinne. Der Behördenbegriff des Presserechts, der in § 4 SPresseG nicht definiert werde und für den auf § 1 Abs. 2 SVwVfG nicht abgestellt werden könne, da diese Vor- schrift nicht einschlägig sei, sei funktionell-teleologisch zu begreifen. Sinn und Zweck des § 4 SPresseG sei es, der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch zu ermöglichen, daß sie Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Inte resse umfassend wahrheitsgetreu erhalten könne . Das Informationsbe- dürfnis der Presse und der Bevölkerung erstrecke sich nach modernem Staatsverständnis auch und gerade auf den Bereich der Leistungsverwaltung, wo z ur Wahrnehmung staatlicher Au fgaben öffentliche Mittel eingesetzt würden . Es komme daher für die Behördeneigenschaft der Beklagten entscheidend darauf an, ob sie als GmbH in gemeindlicher Hand mittelbar öffentliche Ver- waltung ausübe. Dies sei zu bejahen. Gemeinden dürften sich bei der Schaffung und Unterha l tung von Einrichtungen, die dem wirt- schaftlichen, soz iale n oder kulturel l en Wohle ihrer Einwohner dienten, privatrechtlicher Gestaltungsformen bedienen. Hiervon
u8r2796 6 habe die Stadt durch Gründung der Be kl agten Gebrauch gemacht, an der sie letztlich zu 100 % beteiligt sei, somit Macht über sie habe und über Geschäftsführung und Aufsichtsrat die wesent- lichen Entscheidungen treffe. Die Beklagte sei für sie im Be- reich der Daseinsvorsorge tätig, indem sie statt ihrer im Rah- men einer . koordinierten städtischen Verkehrsplanung die knappe städtische Ressource Parkraum zur Verfügung stelle und bewirt- schafte. Da sich die Vorsorge der öffentlichen Verwaltung nicht auf die elementarsten Bedürfnisse der Mitglieder des Gemeinwe- sens zu beschränken brauche, gehörten alle Leistungen, welche die öffentliche Verwaltung erbringe, zur Daseinsvorsorge. Umgekehrt sei alle öffentliche Daseinsvorsorge in diesem Sinne öffentliche Verwaltung, und zwar unabhängig davon, in welchen Formen sie ausgeübt werde. Als öffentliche Daseinsvorsorge sei es anzusehen, wenn die privatrechtliehen Unternehmen der öf- fentlichen Hand den einzelnen Mitgliedern des Gemeinwesens Lei- stungen unmittelbar zuwandten, während die hiervon abzugrenzen- de rein fiskalische Betätigung sich dadurch auszeichne, daß die Verwaltung in aller Regel ausschließlich finanzielle Vorteile erstrebe, die den einzelnen gerade nicht unmittelbar, sondern mittelbar über die Ei~nahmen aus fiskalischen Unternehmen zugute kämen. Die Vorhaltung ausreichender Parkflächen und die Parkraumbewirtschaftung im Rahmen der kommunalen Verkehrspla- nung zähle zu den öffentlich~rechtlichen kommunalen Aufgaben, bei der Parkraum und Parkflächen dem einzelnen unmittelbar zu- gewandt würden. Eine Monopolstellung sei für die Zuordnung zur Daseinsvorsorge nicht erforderlich; maßgeblich sei vielmehr die Natur der Aufgabe selbst sowie, ob sich die Kommune dieser Auf- gabe kraft ihrer kommunalen Allzuständigkeit in Selbstverwal- tungsangelegenheiten angenommen habe und sie ihre öffentliche Aufgabe gegenüber der privatrechtliehen Betriebsgesellschaft durchzusetzen imstande sei. Wegen des Bedarfs an ausreichenden Parkkapazitäten und der gesellschaftsrechtlichen Macht der Stadt S. über die Beklagte sei dies ohne weiteres der Fall. Daß Leistungen auch von privaten Unternehmen gewerblich angeboten würden, sei auch in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge üblich. Im übrigen könne sich der Staat nicht dadurch seiner
u8r2796 7 presserechtliehen Auskunftspflicht entziehen, daß er seine ansonsten behördlich auszuführenden Tätigkeiten privatrechtlich organisiere. Schließlich seien auch die übrigen Voraussetzungen des § 4 SPresseG gegeben. Das Urteil wurde der Beklagten am 5.7.1996 zugestellt. Am 19.7.1996 legte sie Berufung ein. Die Beklagte bestreitet weiterhin das Vorliegen des erforder- lichen Rechtsschutzinteresses. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, daß die Klägerin ohne weiteres Auskunft von der Stadt S. hätte verlangen können, da dieser sowohl aufgrund kommunalrechtlicher Bestimmungen als auch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Vorschriften ein Einsichts- und Auskunftsrecht zustehe. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die Rechtsauffassung des Verwa ltungsgerichts führe dazu, daß § 4 Abs . 2 Ziff. 2 SPresseG bei einem Auskunftsbegehren gegen die Beklagte völlig leerlaufe, da § 30 SVwVfG keine Anwendung finden könne. Die gerichtliche Überlegung, daß sich der Staat nicht dadurch seiner presserechtliehen Auskunftspflicht entzie- hen könne, daß er seine ansonsten behördlich auszuführenden Tätigkeiten privatrechtlich organisiere, se1 vordergründig. Wenn im Bereich des Datenschutzes -wie § 2 Abs. 1 SDSG zeige - die Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf privatrechtlich organisierte juristische Personen durch die Kommunen Auswirkung auf den Umfang des Datenschutzes habe, könne im Presserecht Entsprechendes gelten. Die Zweistufentheorie sei anwendbar, da sich der Anspruch ohne die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben au f d ie Beklagte unmittelbar gegen die Stadt richtete. Daran dürfe die Übertragung der Aufgaben nichts ändern; der Aus- kunftsanspruch habe sich daher gege n die Stadt zu richten, die sic h im vollen Umfang auf § 4 Abs. 2 SPresseG berufen könne, wobei gegebenenfalls - sofern das Auskunftsbegehren berechtigt sei - diese Auskunft durch den Verrichtungsgehilfen, nämlich die Beklagte, erfolge. Nach der Zweistufentheorie sei die Beklagte nicht passivlegitimiert. Sie nehme keine Aufgaben der mittelbare n Staatsverwaltung wahr, da da s Zurverfügungstellen von Parkraum k eine freiwil lige Leistung der Stadt im Rahmen der
u8r2796 8 Daseinsvorsorge darstelle, wie die Beispiele der von Privaten betriebenen Parkhäusern zeigten, mit denen sie im Wettbewerb stehe. Gleichwohl sei nur sie, die Beklagte, nach der Auffas- sung des Verwaltungsgerichts verpflichtet, der Presse in einem recht weitgehenden Umfang Auskunft zu erteilen. Diese grundlose Ungleichbehandlung könne zu einer Verzerrung des Wettbewerbes führen. Das Verwaltungsgericht umgehe das Problem der unmittel- baren oder mitteibaren Staatsverwaltung dadurch, daß es den Be- griff der Daseinsvorsorge weit auffasse und alle Leistungen des Staates an die Mitglieder des Gemeinwesens hinzurechne. Dadurch werde der Behördenbegriff des § 4 Abs. 1 SPresseG - ohne ge- setzliche Grundlage - ins Unermeßliche ausgedehnt. Der Bundes- gesetzgeber sei hingegen bei dem Urnweltinformationsgesetz, das ähnlich wie der Auskunftsanspruch der Presse Zugang zu Informa- tionen über die Umwelt gewähre, ganz offensichtlich nicht davon ausgegangen, daß die wirtschaftlichen Unternehmen der Gerneinden in privater Rechtsform selbst "Behörden" seien, wie § 2 Nrn . 1 und 2 UIG zeige . Der verwal tungsverfahrensrechtliche Behör- denbegriff finde sich schließlich auch in § 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Das Verwaltungsge- richt habe versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, warum der Behördenbegriff im Sinne des § 4 Abs . 1 SPresseG weit auszule- gen sei, obwohl in anderen Gesetzen .hierfür eine ausdrückliche Anordnung enthalten sei, daß diese Gesetze auch für juristische Personen des Privatrechtes Geltung hätten, die von Behörden kontrol liert würden . Fehle hier aber diese Anordnung, liege na- he, die in § 1 Abs . 2 SVwVfG und in § 4 Abs. 1 SPresseG verwen- deten Begriffe der Behörde gleich zu interpretieren. Außerdem werfe die Argumentation der Klägerin die Frage nach einer Ver- doppelung des gegenüber der Stadt S. bestehenden Auskunftsan- spruchs auf , indem er sich auch gegen die privatrechtliche GmbH richte, obwohl der erstgenannte zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes völlig ausreichend sei. Die Be klagte beantragt, unte r Abänderung des Ur t ei l s d es Ve rwaltungsge- r i c ht s d es Saarl a ndes di e Kl a g e ab z uwe i se n.
u8r2796 9 Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie hält die Berufung für unbegründet und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ihrer Klage fehle nicht das Rechts- schutzbedürfnis7 denn die Auskunft von der Stadt S. zu ver- langen, sei komplizierter und fernerliegend, da diese die Aus - künfte erst bei der Beklagten beschaffen müßte. Statt auf den nicht einschlägigen § 30 SVwVfG könne sich die Beklagte auf § 4 Abs. 2 Nr. 3 SPresseG berufen, soweit sie ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen und Vorgänge habe. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Pr esse und dem Geheimhaltungsinteresse entspreche der Interessenahwägung nach § 30 SVwVfG. Der Gedankengang der Beklagten zur Anwendbarkeit der Zweistufentheorie sei nicht nachvollziehbar. Für die Einbe- ziehung der für öffentlich-rechtliche Körperschaften im Bereich der Daseinsvorsorge tätigen juristischen Personen des Privat- rechts als Schuldner des Ausku nftsanspruch s nach § 4 Abs . 1 SPresseG sei weder eine ausdrückliche gesetzliche Regelung er- forderlich noch geboten. Die Auskunftspflicht ergebe sich schon im Wege einfaqher Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und der Tatsache, daß es sich bei § 4 SPresseG um eine nähere Ausgestaltung und Konkretisie r ung der in Art . 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Pressefreiheit handele. Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gegenstand der mündlichen Ver- handlung war.
u8r2796 10 Entscheidungsgründe Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19.6.1996, mit dem sie mit einer geringfügigen, von keiner Seite beanstandeten Modifikation zur beantragten Auskunftserteilunq an die Klägerirr verurteilt wurde, ist ·unbegründet. Auch unter Berücksichtigung des Berufungsverbringens muß die ·Leistungsklage der Klägerirr Erfolg haben; vorab kann zur Begründung auf die zutreffenden tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen werden. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage sind gegeben, ins- besondere fehlt entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Argumentation der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach ein primärer Auskunftsanspruch gegen die Stadt S. als (faktische Allein- ) Gesel l schafterin bestehe, während ein Auskunftsanspruch gegen sie selbst subsidiär sein müsse und allenfalls dann zum Tragen kommen könne, wenn der Anspruch gegen die Stadt - der unstrei- tig von der Klägerirr nicht geltend gernacht worden ist - nicht zum Erfolg führe, überzeugt nicht. Zwar trifft es zu, daß die Stadt im Falle eines Auskunftsersuchens der Klägerin rechtli.ch in der Lage wäre, sich sachkundig zu machen, da ihr gesetzliche Auskunftsansprüche gegen die Beklagte wie auch Einsichtsrechte zustehen (§§ 51 a und 51 b GmbHG, § 115 KSVG i.d.F. vom 27.6.1997) und der Auskunftserteilunq angesichtsdes Umstandes, daß sie im Ergebnis alle Anteile an der Beklagten hält und die- se somit völ lig beherrscht, keine durchgreifenden rechtlichen Hindernisse entgegenstünden. Ausgehe nd von allgerneinen Grund- sätzen, wonach das Rechtsschutzbedürfnis bei einer (Leistungs-) Klage fehlt, wenn der Kläger das mit der Klage verfolgte Ziel auf andere , einfachere und näherliegende Weise erreichen kann, ist aber offensichtlich, daß der von der Beklagten aufgezeigte denkbare Weg eines an die selbst auf Informationsbeschaffung angewiesene Stadt gerichteten Auskunftbegehrens diese Anfor- derungen nicht erfüllt, zumal deren Auskunftsber~itschaft nicht bekannt ist. Im übrigen läßt sich entgegen der Meinung
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