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Aktenzeichen
NRW OVG 5 B 1493_12 2013 LPG
Datum
4. Januar 2013
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 4. Januar 2013

NRW OVG 5 B 1493_12 2013 LPG

Der Landesrechnungshof hat nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW Auskunft zu erteilen. Diese Vorschrift verpflichtet die Behörden, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihre öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Auslegung des presserechtlichen Behördenbegriffs ist die objektiv-rechtliche Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Danach ist der Staat verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. § 4 PresseG NRW nimmt die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs gerade nicht aus dem Geltungsbereich der Norm aus.

Einstweilige Anordnung: Prüfungstätigkeit des Landesrechnungshofs presserechtlicher Behördenbegriff

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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Datum:                             04.01.2013 Gericht:                           Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:                      5. Senat Entscheidungsart:                  Beschluss Aktenzeichen:                      5 B 1493/12 Vorinstanz:                        Verwaltungsgericht Düsseldorf, 1 L 2483/12 Tenor:                             Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 27. Dezember 2012 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründ e :                                                                                             1 Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer                2 einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu Recht stattgegeben. Es hat dem Antragsgegner aufgegeben, dem Antragsteller unverzüglich die begehrten Auskünfte über die Prüfungstätigkeit des Landesrechnungshofs und abgegebene Prüfungsmitteilungen hinsichtlich der Förderprojekte "Professionalisierung der Moscheegemeinden um Duisburg für einen Ausbau des interkulturellen Dialogs" und "Errichtung einer Begegnungsstätte innerhalb des Moscheeneubaus an der Warbuckstr." zu erteilen. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen            3 Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Mit seinem Auskunftsbegehren erstrebt der Antragsteller keine vorläufige Maßnahme, sondern eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnimmt. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dies im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                        1/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Rechtsschutz zu gewähren, wenn nicht ausnahmsweise überwiegende gewichtige Gründe entgegenstehen. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. September 2011 – 2 BvR 1206/11 –, NJW 2011,            4 3706 = juris, Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2011 – 7 VR 6.11 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 –, DVBl. 2012, 1113 = juris, Rn. 10, jeweils m. w. N. Nach diesen auch vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Maßstäben hat der Antragsteller                5 gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass der Erfolg der Hauptsache ganz überwiegend wahrscheinlich ist (dazu unten 1.). Des Weiteren ist glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller unzumutbare Nachteile drohen, die nicht mehr zu beseitigen sind, wenn er ein etwaiges Hauptsacheverfahren abwarten müsste (dazu unten 2.). 1. Nach eingehender, nicht nur summarischer Prüfung hat das Verwaltungsgericht zutreffend                 6 angenommen, dass der Antragsteller sein Auskunftsbegehren auf § 4 Abs. 1 PresseG NRW stützen kann (dazu unten a). Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausgeschlossen ist (dazu unten b). a) Der Landesrechnungshof hat nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW Auskunft zu erteilen. Diese                     7 Vorschrift verpflichtet die Behörden, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Auslegung des presserechtlichen Behördenbegriffs ist die objektiv-rechtliche Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Danach ist der Staat verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 –, NJW 2001, 503 f.; 8 OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 –, DVBl. 2012, 1113 = juris, Rn. 28, m. w. N. Einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung entspricht ein Verhalten der Behörden, das in              9 Angelegenheiten öffentlichen Interesses von Offenheit geprägt ist. Es erfordert die Bereitschaft, dem Bürger diese Angelegenheiten dadurch durchsichtig zu machen, dass der Presse (wie auch den anderen Medien) durch eine großzügige Informationspolitik eine genaue und gründliche Berichterstattung ermöglicht wird. Eine Behörde, die der Presse eine Auskunft verweigert, obwohl der Erteilung ein durchgreifender Grund nicht entgegensteht, wird der ihr vom Grundgesetz auferlegten Pflicht nicht gerecht. Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 – 7 C 139.81 –, BVerwGE 70, 310,          10 314 = juris, Rn. 25. Ausgehend davon ist der Behördenbegriff des Presserechts nicht organisatorisch-                         11 verwaltungstechnisch, sondern funktionell-teleologisch zu verstehen. Der Auskunftsanspruch soll der Presse ermöglichen, die ihr verfassungsrechtlich garantierte Funktion der Berichterstattung auch über Vorgänge im staatlichen Bereich zu erfüllen. Er soll dem Informationsbedürfnis der Presse gerade in solchen Bereichen entsprechen, in denen ein berechtigtes öffentliches Interesse an der konkreten Verwendung öffentlicher Mittel besteht. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 5 B 1183/08 –, AfP 2008, 656; 12 BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 – III ZR 294/04 –, NJW 2005, 1720; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 4 Rn. 56. Nach diesen in der Rechtsprechung geklärten Maßstäben kann bereits im Verfahren vorläufigen             13 Rechtsschutzes zu Grunde gelegt werden, dass der weite Behördenbegriff auch solche Stellen erfasst, die nicht mit rechtsverbindlicher Wirkung im Außenverhältnis zum Bürger handeln. Der Auskunftsanspruch der Presse soll nach seiner besonderen Funktion Zugang zu solchen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                            2/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Informationen verschaffen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind. Insofern gilt nichts anderes als für das Informationsfreiheitsrecht, das im Rahmen seines Anwendungsbereichs diesen Zugang jedem Bürger ermöglichen soll. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2006 – 8 A 1642/05 –, DÖV 2007, 173 =              14 juris, Rn. 36, zu § 1 IFG NRW. Danach besteht auch kein Zweifel, dass der Landesrechnungshof dem presserechtlichen                        15 Behördenbegriff unterfällt. Seine Prüfungstätigkeit ist als öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit zu qualifizieren und weist keine Besonderheiten auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Entscheidend ist insofern, dass das schlicht hoheitliche Verwaltungshandeln des Landesrechnungshofs jedenfalls faktisch auf die Kontrolle und damit auf die Beseitigung von Mängeln bei der finanzwirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand abzielt. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =           16 juris, Rn. 97 ff., bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 – (bisher liegt nur die Pressemitteilung vor); OVG NRW, Urteil vom 9. Mai 1978 – XII A 687/76 –, DÖV 1979, 682 f.; siehe auch Bertrams, NWVBl. 1999, 1, 5. Anders als das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 IFG NRW)                 17 nimmt § 4 PresseG NRW die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs gerade nicht aus dem Geltungsbereich der Norm aus. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =           18 juris, Rn. 64 ff. im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Aus § 2 Abs. 2 Satz 2 IFG NRW kann eine Beschränkung des presserechtlichen                                 19 Auskunftsanspruchs nicht abgeleitet werden. Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein- Westfalen erweitert das Recht auf Information, indem es jeder natürlichen Person nach weiterer Maßgabe des Gesetzes einen Anspruch auf Zugang zu den bei der jeweiligen Stelle vorhandenen amtlichen Informationen gewährt (§ 4 Abs. 1 IFG NRW). Wie sich unmittelbar aus § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ergibt, schränkt das Gesetz indes auf besonderen Rechtsvorschriften beruhende Informationsansprüche – wie hier den Anspruch der Presse nach § 4 Abs. 1 PresseG – nicht ein. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2004 – 5 A 640/02 –, OVGE 50, 32 =             20 juris, Rn. 15. Auch die vom Antragsgegner angeführten Bereichsausnahmen nach anderen Gesetzen sind für                    21 das Presserecht nicht relevant. Der generellen Anwendbarkeit des presserechtlichen Auskunftsanspruchs steht auch nicht die                 22 durch Art. 86 und 87 LV NRW geschützte Funktion einer umfassenden und unabhängigen Finanzkontrolle durch den Landesrechnungshof entgegen. Die Berichte der Rechnungshöfe zeigen, dass die wesentlichen Prüfungsergebnisse grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, ohne dass dadurch die Finanzkontrolle gefährdet oder sonstige schutzwürdige Belange beeinträchtigt werden. Zavelberg, in: von Arnim (Hrsg.), Finanzkontrolle im Wandel, 1989, 17, 28.             23 Die §§ 88 Abs. 2, 96, 97 und 99 LHO NRW sehen ähnlich wie Art. 86 LV NRW lediglich die                     24 Unterrichtung des Landtags, der Landesregierung und bestimmter weiterer Stellen vor. Dadurch mögen sie einer aktiven Medienarbeit des Landesrechnungshofs Grenzen setzen, weil sie ihm nicht das Recht einräumen, seine Bewertung wirtschaftlichen Handelns auf eigene Initiative über den Umweg umfassender Öffentlichkeitsarbeit gegenüber derjenigen des Landtags http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                              3/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 durchzusetzen. Vgl. Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, LV NRW, 2010, Art. 86 Rn. 30, m. w. N.     25 Diese Vorschriften enthalten jedoch lediglich Bestimmungen darüber, welchen Stellen                   26 Prüfungsergebnisse mitzuteilen sind. Ein darüber hinausgehender Regelungsgehalt, dass die Prüfungsergebnisse Dritten gegenüber geheim zu halten sind, lässt sich ihnen nicht entnehmen. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =      27 juris, Rn. 154; Bertrams, NWVBl. 1999, 1, 5. Erst recht stehen die genannten Regelungen über die Mitteilung von Prüfungsergebnissen an             28 bestimmte Stellen einer auf Antrag erfolgenden Unterrichtung der Presse auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW nicht entgegen. Auch der Schutz der richterlichen Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechungshofs nach           29 Art. 87 Abs. 1 Satz 2 LV NRW erfordert keinen generellen Ausschluss des Auskunftsanspruchs nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW. Zum Schutz dieser Unabhängigkeit muss der Landesrechnungshof nicht schon aus dem Kreis der Auskunftsverpflichteten herausgenommen werden. Die Unabhängigkeit steht nicht im Gegensatz zur Pflicht, die Presse über mitteilbare Informationen zu unterrichten. Schützenswert sind allerdings der Entscheidungsprozess und das Beratungsgeheimnis. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =      30 juris, Rn. 88 ff.; BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2007 – 20 F 9.06 –, BVerwGE 128, 135 = juris, Rn. 5 ff. Die Unabhängigkeit erfasst die Finanzkontrolle einschließlich der Auswahl des Prüfungsstoffes         31 und seiner Würdigung. Vgl. Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, LV NRW, 2010, Art. 87 Rn. 11 ff.           32 Darunter fällt zwar auch die Entscheidung über diejenigen Prüfungsgegenstände, die der                33 Landesrechnungshof gegenüber dem Landtag und anderen Stellen für berichtenswert erachtet. Das schließt jedoch ein berechtigtes Informationsinteresse der Presse über solche Gegenstände nicht aus, über die der Landesrechnungshof nicht von sich aus berichten möchte. Auch nach einer Auskunftserteilung an die Presse kann der Landesrechnungshof unabhängig und weisungsfrei darüber entscheiden, ob er es im Einzelfall für vertretbar hält, gleichwohl von einer Unterrichtung des Landtags abzusehen. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn sich die Presse für Prüfungsverfahren interessiert, die keine nennenswerten Beanstandungen ergeben haben. Ein Pressebericht hierüber wird in aller Regel kein Informationsbedürfnis des Landtags auslösen. Die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs reicht aber nicht so weit, dass sie selbst indirekt darüber entscheiden dürfen, was aus Sicht der unabhängigen Presse näherer Recherche würdig erscheint. Ebenso wie der Landesrechnungshof ist auch die Presse in der Auswahl ihrer Recherche- und Berichtsgegenstände frei. Sie ist insoweit verfassungsrechtlich und durch Einräumung von Auskunftsansprüchen gegen Behörden geschützt. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 –, NJW 2001, 503 = 34 juris, Rn. 30 f. Etwaige faktische Rückwirkungen einer auf dieser Grundlage erfolgten Presseberichterstattung          35 auf die Meinungsbildung des Landesrechnungshofs über den Umfang und den Inhalt seiner Prüfungsberichte beeinträchtigen die Unabhängigkeit seiner Mitglieder nicht. Diese ist nach Art. 87 Abs. 1 LV NRW nur im Rahmen der Gesetze eingeräumt und dient primär der Effektivität der Finanzkontrolle. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                          4/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Vgl. Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, LV NRW, 2010, Art. 87 Rn. 12.             36 Eher dürfte die Bedeutung der Prüfungsmitteilungen und damit auch das Gewicht der                    37 Finanzkontrolle steigen, wenn die – auch vorläufigen – Ergebnisse der Prüfungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Vgl. hierzu im Zusammenhang mit kommunalen Rechnungsprüfungsämtern OVG           38 NRW, Urteil vom 17. Mai 2006 – 8 A 1642/05 –, DÖV 2007, 173 = juris, Rn. 62. Sofern im konkreten Einzelfall besondere Geheimhaltungsbedürfnisse etwa im Interesse einer           39 effektiven Finanzkontrolle sowie zum Schutz der in richterlicher Unabhängigkeit erfolgenden Entscheidungsfindung einer Auskunftserteilung entgegen stehen, kann diesen im Rahmen der Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausreichend Rechnung getragen werden. b) Es sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, nach denen ein Auskunftsanspruch des                    40 Antragstellers gemäß § 4 Abs. 2 PresseG NRW im Einzelfall ausgeschlossen sein könnte. aa) Der Antragsgegner hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Erteilung der begehrten          41 Auskünfte gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereiteln, erschweren, verzögern oder gefährden könnte. Die Auskunftsbegehren des Antragstellers sind gerichtet auf die Fragen, ob bestimmte Förderprojekte vom Landesrechnungshof geprüft worden sind, wann gegebenenfalls die Prüfungen mit Abgabe einer Prüfungsmitteilung abgeschlossen worden sind, zu welchem Ergebnis die Prüfungsmitteilungen gekommen sind, wieviel Geld zurückgefordert und was jeweils bemängelt worden ist. Die Anfragen betreffen damit im Kern Zeitpunkt und wesentlichen Inhalt von Prüfungsmitteilungen an die geprüften Stellen gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 LHO NRW. Danach teilt der Landesrechnungshof das Prüfungsergebnis unverzüglich den zuständigen Stellen zur Äußerung innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist mit. Es bedarf keiner Klärung, ob nach Mitteilung des Prüfungsergebnisses im Rahmen einer                 42 Prüfungsmitteilung überhaupt noch von einem schwebenden Verfahren im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW gesprochen werden kann. Dies kommt in Betracht, wenn der Verfahrensbegriff weit verstanden wird. Denn mit Blick auf die ausstehende Stellungnahme der geprüften Stelle gibt die Prüfungsmitteilung zunächst nur ein vorläufiges Prüfungsergebnis wieder. Das endgültige Prüfungsergebnis wird erst unter Einbeziehung der Äußerung gewonnen, das nach den Erläuterungen des Antragsgegners Gegenstand von Folgeentscheidungen ist. Vgl. dazu auch Hähnlein/Jahnz, Haushaltsrecht in NRW, 2008, § 96 LHO Rn. 2 ff.;  43 Nawrath/Doetschmann, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand: April 2010, § 96 BHO Anm. 2 ff. Sofern mit Blick auf diese Besonderheiten der Rechnungsprüfung trotz erfolgter Mitteilung des        44 Prüfungsergebnisses ein weiterhin schwebendes Verfahren denkbar ist, genügt der bloße Hinweis hierauf allein nicht, um einen Auskunftsanspruch auszuschließen. Erforderlich ist zusätzlich, dass die Auskunftserteilung die sachgemäße Durchführung des Verfahrens vereiteln, erschweren, verzögern oder gefährden könnte. Hieran sind bei einem weiten Verfahrensbegriff strenge Anforderungen zu stellen. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2008 – 8 B 913/08 –, DVBl. 2008, 1284     45 = juris, Rn. 17. Aus einer Auskunft über den in einer Prüfungsmitteilung manifestierten Zwischenstand des             46 Verfahrens ergibt sich nicht notwendig eine Gefährdung der effektiven Finanzkontrolle. Zwar ist eine effektive Kontrolltätigkeit auch auf eine Kooperation der geprüften Stellen angewiesen. Allerdings reicht die generelle Furcht des Landesrechnungshofs, die Kooperationsbereitschaft der geprüften Stellen werde sich bei Veröffentlichung vorläufiger Prüfungsergebnisse deutlich http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                         5/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 verringern, nicht aus, um eine Gefährdung des weiteren Prüfungsverfahrens darzulegen. Es fehlt bereits an einer gesicherten Tatsachenbasis für die Annahme, dass die behauptete Verhaltensänderung der geprüften Stellen eintreten wird. Sie konnten auch bisher nicht darauf vertrauen, Beanstandungen an ihrem wirtschaftlichen Handeln gegenüber der Öffentlichkeit verbergen zu können. Vielmehr mussten sie seit jeher damit rechnen, dass mögliche Einwände in ihrem Bereich im Jahresbericht erwähnt werden. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =      47 juris, Rn. 131 f. Das gilt auch für Prüfungsmitteilungen, deren wesentlicher Inhalt bereits nach der bisherigen         48 Verwaltungspraxis des Landesrechnungshofs vielfach schon vor dem endgültigen Abschluss des Prüfungsverfahrens in den Jahresbericht aufgenommen worden ist. Vgl. z. B. Landesrechnungshof NRW, Jahresbericht 2012, LT-Drs. 16/860, S. 77, 83, 49 90, 101 f. Nach den Angaben des Antragsgegners sind bei Abgabe einer Prüfungsmitteilung die örtlichen            50 Erhebungen einschließlich einer Schlussbesprechung, bei denen die geprüften Stellen mitwirken müssen, abgeschlossen. Auf dieser Grundlage hat sich der Landesrechnungshof zumindest eine vorläufige Meinung gebildet, die in der Prüfungsmitteilung niedergelegt und den beteiligten Stellen eröffnet wird. Die interne Meinungsbildung hierüber ist abgeschlossen und wird durch eine Veröffentlichung nicht mehr gefährdet. Nichts anderes gilt hinsichtlich der davon zu unterscheidenden Meinungsbildung für denkbare Folgeentscheidungen auf der Grundlage späterer Äußerungen der geprüften Stelle zur Erstellung des endgültigen Prüfergebnisses. Nicht nachvollziehbar ist diesbezüglich die Befürchtung des Antragsgegners, die geprüfte Stelle könnte nur deshalb bei der Abgabe ihrer Äußerung nicht kooperieren, weil der Rechnungshof die Presse über eine vorläufige Prüfungsmitteilung informiert hat. Unabhängig von einer Unterrichtung der Presse in der gebotenen sachlichen Form liegt die Abgabe einer Stellungnahme im eigenen Interesse der geprüften Stelle, um etwaige bereits schriftlich erhobene Beanstandungen zu entkräften. Abgesehen davon geht es im konkreten Fall entgegen der Annahme des Antragsgegners nicht               51 darum, Prüfungsergebnisse zu veröffentlichen, bevor die geprüfte Stelle auch nur Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Indem der Antragsgegner angegeben hat, bei der vom Antragsteller angesprochenen Prüfungsmitteilung vom 25. Mai 2012 handele es sich um einen Zwischenschritt im Verlauf eines schwebenden Verfahrens, räumt er die Existenz einer solchen Prüfungsmitteilung sinngemäß ein. Angesichts der in der Praxis üblichen Äußerungsfrist von in aller Regel nicht mehr als drei Monaten, vgl. Hähnlein/Jahnz, Haushaltsrecht in NRW, 2008, § 96 LHO Rn. 7,                 52 spricht hier alles dafür, dass bei einer Veröffentlichung des vorläufigen Prüfungsergebnisses         53 zum jetzigen Zeitpunkt bereits hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme bestanden hat. Konkrete Anzeichen für eine Gefährdung des weiteren Verfahrensverlaufs hat der Antragsgegner nicht ansatzweise geltend gemacht. Sie sind auch nicht ersichtlich. bb) Vorschriften über die Geheimhaltung im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW stehen              54 der erstrebten Auskunftsgewährung gleichfalls nicht entgegen. In der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts ist bereits geklärt, dass Vertraulichkeit kein Wesensmerkmal der Rechnungsprüfung ist. Dies ergibt sich auch aus dem Selbstverständnis des Landesrechnungshofs nach seiner eigenen bereits unter aa) erwähnten Veröffentlichungspraxis. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 –, DVBl. 2012, 365 =      55 juris, Rn. 147 ff. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                         6/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Die begehrte Auskunft über Zeitpunkt und wesentliches Ergebnis etwaiger Prüfungsmitteilungen        56 unterfällt auch nicht dem Beratungsgeheimnis, das den Mitgliedern des Landesrechnungshofs als Bestandteil der ihnen durch Art. 87 Abs. 1 Satz 2 LV NRW eingeräumten richterlichen Unabhängigkeit auferlegt ist. Es gewährleistet, dass die mündliche oder schriftliche Diskussion innerhalb des Spruchkörpers über die interne Willensbildung keinem Außenstehenden bekannt wird. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2007 – 20 F 9.06 –, BVerwGE 128, 135 =        57 juris, Rn. 5. Zeitpunkt und Inhalt von Prüfungsmitteilungen fallen hierunter schon deshalb nicht, weil sie nach § 58 96 Abs. 1 LHO der geprüften Stelle und damit einem außenstehenden Dritten bekannt zu machen sind. cc) Aus den oben unter aa) und bb) ausgeführten Gründen greift auch der Einwand nicht durch,        59 die begehrte Auskunftserteilung verletze überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW, weil die Unabhängigkeit der externen Finanzkontrolle und die Funktionsfähigkeit des Landesrechnungshofs gefährdet seien. Soweit der Antragsgegner eine empfindliche Beeinträchtigung seiner beratenden Tätigkeit             60 befürchtet, die nur in gegenseitigem Vertrauen mit der geprüften Stelle effektiv sei, greift dieser Einwand gleichfalls nicht durch. Sollten sich aus der Prüfungsmitteilung Beanstandungen verbunden mit beratenden Empfehlungen ergeben, liegt in einer sachlich gehaltenen Unterrichtung der Presse auch dann keine öffentliche Bloßstellung, wenn die geprüfte Stelle umgehend zusagt, den Empfehlungen zu folgen und die Mängel abzustellen. In diesen Fällen mag der Landesrechnungshof eine Mitteilung im Rahmen des Jahresberichts nicht mehr für erforderlich halten. Gleichwohl kann bezogen auf vergangenes unwirtschaftliches Handeln ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse der Presse bestehen, deren Erfüllung auch keine Gefahr für den künftigen Erfolg der beratenden Tätigkeit des Rechnungshofs darstellt. Nichts spricht dafür, dass eine geprüfte Stelle einer beratenden Empfehlung des Landesrechnungshofs zur Behebung bestehender Mängel nur deshalb nicht nachkommt, weil die Presse über die Beanstandungen unterrichtet worden ist. Auch hier gilt: Die Motivation, eine beanstandete Verwaltungspraxis zu ändern, wird durch eine öffentliche Berichterstattung eher verstärkt als beeinträchtigt. dd) Ebensowenig ist ersichtlich, dass durch die begehrte Auskunftserteilung ein schutzwürdiges      61 privates Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW verletzt würde. Erforderlich ist auch hierbei eine Abwägung der jeweils betroffenen schützenswerten Belange im Einzelfall. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 –, DVBl. 2012, 1113 = 62 juris, Rn. 40, m. w. N. Mögliche Interessen der geprüften Stellen daran, dass Ergebnisse der externen Finanzkontrolle       63 erst veröffentlicht werden, wenn die Prüfung endgültig abgeschlossen ist, sind nicht notwendig höherwertig als das Informationsinteresse der Presse, schon über Zwischenergebnisse berichten zu können. Die geltend gemachte Gefahr öffentlicher Vorfestlegungen auf Grund einer verzerrten Presseberichterstattung ist bezogen auf die begehrte Auskunftserteilung nicht hinreichend konkret nachvollziehbar. Nach der Darstellung des Antragsgegners ist davon auszugehen, dass der Sachverhalt, der der geprüften Stelle in einer Prüfungsmitteilung unterbreitet wird, weitgehend ausermittelt ist. Neben sämtlichen Ergebnissen der örtlichen Erhebungen können Äußerungen im Rahmen der Schlussbesprechung berücksichtigt werden. Lediglich die schriftliche Äußerung der geprüften Stelle steht in diesem Zeitpunkt noch aus. Bei in dieser Weise unter Mitwirkung der geprüften Stellen sorgfältig ermittelten Sachverhalten, die nicht leichtfertig in eine Prüfungsmitteilung aufgenommen werden, handelt es sich grundsätzlich nicht um bloße Verdachtsmomente, vor deren Veröffentlichung die Betroffenen notwendig geschützt werden müssten. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat davon http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                       7/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 aus, dass einer Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofs regelmäßig ein Mindestbestand an Beweistatsachen zu Grunde liegt, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit "Öffentlichkeitswert" verleihen. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 –, DVBl. 2012, 1113 = 64 juris, Rn. 49. Der Gefahr unzulässiger öffentlicher Vorfestlegungen kann im Übrigen durch den ausdrücklichen     65 Hinweis auf die Vorläufigkeit des Prüfungsergebnisses gegenüber der Presse begegnet werden. Angesichts der Sorgfaltspflicht der Presse nach § 6 PresseG NRW kann nicht ohne konkrete Anhaltspunkte unterstellt werden, dass deutlich als vorläufig gekennzeichnete Prüfungsergebnisse in den Medien wider besseres Wissen als endgültig dargestellt werden. Danach ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die bloße Mitteilung über den Zeitpunkt und den     66 wesentlichen Inhalt der in Rede stehenden Prüfungsmitteilungen schutzwürdige private Interessen verletzt werden könnten, die gegenüber dem öffentlichen Informationsinteresse des Antragstellers höheres Gewicht haben. Das Auskunftsbegehren des Antragstellers betrifft eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende   67 Frage. Sie bezieht sich auf den wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Fördergeldern im Zusammenhang mit der Errichtung einer fraktionsübergreifend als "Leuchtturmprojekt" bezeichneten Begegnungsstätte und einem Projekt zum Ausbau des interkulturellen Dialogs in den Duisburger Moscheegemeinden. Diesbezüglich hat ein Untersuchungsbericht über Anzeichen für die Führung "schwarzer Kassen" in der DITIB-Begegnungsstätte erhebliches öffentliches Aufsehen erregt. Dabei standen auch Vorwürfe gegen die Sozialstaatssekretärin im Raum. In der Sitzung des Landtagsausschusses für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Integration vom 30. November 2011 hat der zuständige Minister über das Förderprojekt betreffend die Errichtung der Begegnungsstätte berichtet und mitgeteilt, hierüber habe der Landesrechnungshof eine Prüfung angekündigt. Zugleich hat er versichert, sich zu einem Bericht des Landesrechungshofs zu äußern, sobald dieser vorliegen werde. Vgl. LT-Ausschussprotokoll 15/341, S. 4 f. und 9.                             68 Nachdem die Staatsanwaltschaft am 6. März 2012 ein Ermittlungsverfahren gegen die                 69 Staatssekretärin wegen nicht gezahlter Sozialabgaben für einen Mitarbeiter des Begegnungszentrums eingeleitet hatte, diskutierte der Ständige Ausschuss in seiner Sitzung am 10. April 2012 über mögliche Konsequenzen. Vgl. LT-Ausschussprotokoll 15/503, S. 45 ff.                                  70 Am 1. Dezember 2012 berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), der Sachverhalt 71 sei nach den Unterlagen der Ermittler weitgehend aufgeklärt. Danach habe die Staatssekretärin wenige Wochen vor der Landtagswahl rund 3770 Euro Sozialabgaben für einen Mitarbeiter der Begegnungsstätte nachgezahlt. Darüber hinaus habe eine Zeugin ausgesagt, der Mitarbeiter sei aus einer schwarzen Kasse bezahlt worden, in der über 100.000 Euro verwaltet worden seien. Diesen Bericht nahm die CDU-Fraktion im Landtag zum Anlass, die Entlassung der Staatssekretärin zu fordern. Vgl. Eilantrag der Fraktion der CDU vom 6. Dezember 2012, LT-Drs. 16/1666.    72 Hierüber beriet das Plenum des Landtages NRW im unmittelbaren Anschluss an die erste              73 Lesung zum Haushaltsgesetz 2013 in seiner Sitzung am 12. Dezember 2012. Im Rahmen der Haushaltsberatung hob der Abgeordnete Römer (SPD) hervor, im Bereich der Förderprogramme sollten 120 Millionen Euro eingespart werden. Vgl. LT-Plenarprotokoll 16/17, S. 1167 und 1216 ff.                           74 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                     8/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Angesichts dieser Ereignisse drängt sich ein besonderes Informationsinteresse der                      75 Öffentlichkeit an der wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Fördergelder für Projekte um die Begegnungsstätte in Duisburg auf. Dieses ist noch dadurch gesteigert worden, dass der Minister auf eine absehbare Prüfung durch den Landesrechnungshof hingewiesen und eine öffentliche Erörterung des Prüfungsergebnisses in Aussicht gestellt hat. Ein außerordentlich starkes Gewicht erhält das geltend gemachte Informationsinteresse dadurch, dass trotz dieser Ankündigung seit über einem Jahr nichts über eine Prüfung durch den Landesrechnungshof öffentlich bekannt geworden ist, obwohl nach den vom Antragsgegner sinngemäß bestätigten Informationen des Antragstellers bereits am 25. Mai 2012 eine Prüfungsmitteilung erstellt worden sein soll. Bei dieser Sachlage genügen allgemeine Erwägungen über mögliche Vorverurteilungen durch Veröffentlichung von Zwischenergebnissen der Rechnungsprüfung nicht ansatzweise, um ein gegenüber der Auskunftserteilung höherwertiges schutzwürdiges privates Interesse darzulegen. Das öffentliche Informationsinteresse verringerte sich auch dann nicht, wenn eines der vom             76 Auskunftsersuchen erfassten Projekte mit Haushaltsmitteln der Europäischen Union gefördert worden und deshalb möglicherweise nicht der Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs unterliegen sollte. Selbst wenn aus diesem Grund keine Prüfung durch den Landesrechnungshof erfolgt sein sollte, ist nicht ansatzweise ersichtlich, welche schützenswerten Gesichtspunkte einer entsprechenden Auskunft entgegen stehen könnten. 2. Unter Berücksichtigung des Grundrechts der Pressefreiheit und der Erfordernisse eines               77 effektiven Rechtsschutzes hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ihm droht bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hängt maßgeblich von der Aktualität der Berichterstattung ab, so dass die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich auf eine zeitnahe Informationsbeschaffung angewiesen ist. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 –, DVBl. 2012, 1113 = 78 juris, Rn. 59; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. Mai 2011 – 1 S 570/11 –, NVwZ 2011, 958 = juris, Rn. 13; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 11. November 2010 – OVG 10 S 32.10 –, AfP 2010, 621 = juris, Rn. 16, m. w. N.; Bay. VGH, Beschluss vom 13. August 2004 − 7 CE 04.1601 − NJW 2004, 3358 = juris, Rn. 27. Der Antragsteller hat ein nachvollziehbares Interesse daran geltend gemacht, durch seine               79 Berichterstattung Einfluss auf die öffentliche Diskussion um die Gewährung von Fördergeldern durch das Haushaltsgesetz 2013 nehmen zu wollen. Er hat darauf hingewiesen, dass sich öffentliche Diskussionen gerade um Förderkriterien und Haushaltsausgaben zeitlich an den Terminen der jeweiligen Ausschussberatungen entfalten, in denen auch aktuelle Themen erörtert würden. Das Bestreben, aus diesem Grund im Vorfeld der Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses am 10. und 11. Januar 2013 zu berichten, ist nach den vom Antragsteller angelegten publizistischen Kriterien vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob einschlägige Tagesordnungspunkte bislang schon für diese Sitzungen vorgesehen sind. Der vom Antragsteller hervorgehobene Aktualitätsbezug zu diesen Beratungen ist auch deshalb nachvollziehbar, weil Einsparungen bei den im Haushaltsgesetz 2013 vorgesehenen Fördermitteln bereits in der ersten Lesung im Plenum ausdrücklich hervorgehoben worden sind. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Thematik in den Ausschussberatungen aufgegriffen wird. Dabei erscheint es realistisch, dass etwaige neue Erkenntnisse über Unregelmäßigkeiten bei der Förderung einer fraktionsübergreifend als "Leuchtturmprojekt" bezeichneten Begegnungsstätte Einfluss auf die in Kürze anstehende politische Diskussion über den Umfang künftiger Fördermaßnahmen gewinnen können. Diese Aussicht, durch sorgfältige Recherchen im Rahmen des investigativen Journalismus                 80 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                           9/10
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3/10/2014                                                     Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 1493/12 Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung im Vorfeld der Haushaltsberatungen 2013 nehmen zu können, ist im Rahmen des Rechts der Presse schutzwürdig, nach publizistischen Kriterien selbst zu entscheiden, was sie zu welchem Zeitpunkt des öffentlichen Interesses für wert hält. Effektiver Rechtsschutz kann nur durch eine die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung gewährt werden. Diese ist gerechtfertigt und geboten, weil der geltend gemachte Auskunftsanspruch nach eingehender Prüfung mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.                                               81 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und       82 trägt der Tatsache Rechnung, dass das Begehren auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist. Mit der Entscheidung über die Beschwerde erledigt sich der Antrag des Antragsgegners auf          83 Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nach § 173 VwGO i. V. m. § 570 Abs. 3 ZPO. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3       84 GKG unanfechtbar. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_B_1493_12beschluss20130104.html                     10/10
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