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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
BER OVG 6 S 44.12 2012 LPG
Datum
20. Dezember 2012
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Berliner Pressegesetz
Berliner Pressegesetz

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 20. Dezember 2012

BER OVG 6 S 44.12 2012 LPG

Es wurde weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein aktueller Anlass für die Berichterstattung über die fragliche Thematik ist nicht ersichtlich. Das Begehren des einstweiligen Rechtsschutzantrages betrifft Hintergrundinformationen polizeilicher Tätigkeit in Bezug auf Prävention und Bekämpfung von Kriminalität. Dabei handelt es sich um eine Thematik, die letztlich stets aktuell ist.

Einstweilige Anordnung: verdachtsunabhängige Kontrollen nach dem ASOG

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3/10/2014                                   OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - Az. OVG 6 S 44.12 die fr eie ju r istische Datenbank OVG Berlin-Brandenburg · Beschluss vom 20. Dezember 2012 · Az. OVG 6 S 44.12 Gericht:              OVG Berlin-Brandenburg Datum:                2 0. Dezem ber 2 01 2 Aktenzeichen:         OVG 6 S 4 4 .1 2 Typ:                  Beschlu ss Fundstelle:           openJu r 2 01 3 , 1 1 8 Verf ahrensgang: Tenor 1 Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Oktober 2012 wird zurückgewiesen. 2 Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde. 3 Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe 4 Der Antragsteller ist Journalist und begehrt, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihm folgende Auskünfte zu erteilen: 1. An welchen Orten (Straßen, Parks, Plätze) in Berlin sind zur Zeit verdachtsunabhängige Kontrollen nach dem ASOG erlaubt?, 2. Aufschlüsselung dieser Orte nach Polizeidirektionen, 3. Warum darf an diesen Orten gemäß ASOG überprüft werden? Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. 5 Hiergegen richtet sich die vom Antragsteller erhobene Beschwerde. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 6 1. Es kann auf sich beruhen, ob das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Denn jedenfalls hat es zu Recht angenommen, dass es an der Glaubhaftmachung eines die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrundes fehlt. 7 2. Mit dem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm die begehrten Auskünfte zu den verdachtsunabhängigen Kontrollen zu erteilen, begehrt der Antragsteller keine vorläufige Maßnahme, sondern eine endgültige Vorwegnahme der in einem künftigen Hauptsacheverfahren zu erstrebenden Entscheidung. Wird der Antragsgegner antragsgemäß im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die gewünschten Auskünfte zu erteilen, würde sich die Hauptsache bereits erledigen. Einem solchen, die Hauptsache vorweg nehmenden Antrag ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2011 - 7 VR 6/11 -, Rn. 6 bei juris m.w.N.). 8 Hiervon ausgehend hat der Antragsteller entgegen § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht, dass ihm bei einem Abwarten auf die Entscheidung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren unzumutbare, auch nach einem Erfolg in diesem Verfahren nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen. 9 a)    Soweit     der    Antragsteller     sich   zur     Begründung  eines   Anordnungsgrundes        auf    die in § 4 des http://openjur.de/u/592033.print                                                                                                       1/2
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3/10/2014                                OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - Az. OVG 6 S 44.12 9 a) Soweit der Antragsteller sich zur Begründung eines Anordnungsgrundes auf die in § 4 des Landespressegesetzes und in § 3 des Informationsfreiheitsgesetzes enthaltenen Informationsansprüche gegenüber Behörden bezieht, denen zwecks genauer und gründlicher Berichterstattung zeitnah nachzukommen sei, trifft dies auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu. Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, dass die Themen, die Gegenstand seines Auskunftsersuchens sind, einen starken Aktualitätsbezug aufweisen und dass ihm eine von Artikel 5 Abs. 1 GG geschützte Berichterstattung über diese Themen unzumutbar erschwert wird, wenn er die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren abwarten muss. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller substanziiert dargetan, aus welchen Gründen die in Rede stehende Thematik einen Aktualitätsbezug aufweist, die die Auskünfte im Hauptsacheverfahren mit Blick auf das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit als wertlos erscheinen lässt und deshalb eine sofortige, tagesaktuelle Berichterstattung erfordert. Fehlt es an einem solchermaßen geprägten Aktualitätsbezug, ist es dem Antragsteller auch in Ansehung der Pressefreiheit ohne Weiteres zumutbar, zur Durchsetzung von Informationsrechten den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten (BVerwG, a.a.O., Rn. 7 bei juris). So ist es hier. 10 Ein aktueller Anlass für die Berichterstattung über die fragliche Thematik ist nicht ersichtlich. Das Begehren des einstweiligen Rechtsschutzantrages betrifft Hintergrundinformationen polizeilicher Tätigkeit in Bezug auf Prävention und Bekämpfung von Kriminalität. Dabei handelt es sich um eine Thematik, die letztlich stets aktuell ist. Das schließt zwar nicht aus, dass auch im Bereich der Kriminalität aufgrund aktueller Ereignisse ein erhöhtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auch ein erhöhtes Interesse der Presse besteht, über damit im Zusammenhang stehende Aspekte zu berichten. Ein derartiges Ereignis ist gegenwärtig jedoch weder ersichtlich noch dargetan. Der Hinweis des Antragstellers auf die zum Zeitpunkt der Antragstellung erfolgten Veröffentlichungen konkurrierender Tageszeitungen über den vom Polizeipräsidenten in Berlin veröffentlichten Kriminalitätsatlas, der einen Überblick über die Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen in Berlin in den Jahren 2006 bis 2011 aufgeschlüsselt nach verschiedenen Straftaten und den Stadtbezirken gibt, stellt keinen ausreichenden Anlass in diesem Sinne dar. Der Antragsteller legt nicht dar, weshalb ihm eine sinnvolle Berichterstattung im Zusammenhang mit den von ihm begehrten Auskünften nur zeitnah zur Veröffentlichung dieses Kriminalitätsatlasses möglich sein soll. Wenn er vorträgt, er habe die Absicht, in eine aktuelle Diskussion zur Sicherheit einzusteigen, legt er letztlich nur das allgemeine journalistische Interesse an der Diskussion über die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, versäumt es aber zu erläutern, weshalb ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache diese Diskussion unzumutbar beeinträchtigen würde. Es kann mangels entgegenstehender Anhaltspunkte vielmehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Fragen der Kriminalitätsprävention und der Kriminalitätsbekämpfung in öffentlichen Räumen auf absehbare Zeit aktuell und im Fokus der Öffentlichkeit sein werden. Das zeigt sich letztlich auch am Vortrag des Antragstellers, der im Schriftsatz vom 30. November 2012 aktuelle Pressemeldungen zur Allgemeinen Kriminalität in Berlin zitiert, die ohne Zusammenhang zu dem sog. Kriminalitätsatlas berichten. 11 b) Ein Anordnungsgrund ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache anzunehmen wäre, der es rechtfertigen würde, dessen Ergebnis bereits jetzt vorwegzunehmen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Annahme des Verwaltungsgerichts, es lägen Ausschlussgründe für die begehrten Auskünfte nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 des Landespressegesetzes vor, im Ergebnis in jeder Hinsicht zu folgen sein wird. Im vorliegenden Zusammenhang genügt es, dass die insoweit entscheidende Frage, ob der Erteilung der Auskünfte öffentliche Interessen entgegenstehen, jedenfalls nicht offensichtlich zu Gunsten des Antragstellers zu entscheiden sein wird. Vielmehr geht es hierbei um eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Antragstellers und der Öffentlichkeit an einer ungehinderten Recherche, Berichterstattung und Information über die fragliche Thematik mit den öffentlichen Interessen an einer effektiven und sinnvollen Polizeiarbeit. Dass letztere hier betroffen sein kann und ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist, dass sie dem Auskunftsanspruch entgegensteht, ergibt sich ohne weiteres aus den Darlegungen des erstinstanzlichen Beschlusses. 12 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. 13 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Permalink: http://openjur.de/u/592033.html http://openjur.de/u/592033.print                                                                                                 2/2
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