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Aktives Presserecht – Argumente für Auskünfte


Oft verweigern Behörden Auskünfte auf Anfragen von Journalist*innen. Sie berufen sich dabei in der Regel auf angebliche Ausnahmen nach den jeweils gültigen Landespressegesetzen. Häufig ist Unwissen der Grund für die Auskunftsverweigerung und nicht böser Wille. Als Teil des Projektes „Fragen und Antworten - Auskunftsrechte kennen und nutzen“, einer Kooperation mit Netzwerk Recherche, stärkt die Entscheidungsdatenbank das Wissen rundum Auskunftsrechte und hilft besser argumentieren zu können. Journalist*innen können für ihre Recherchen wichtige Urteile, Bescheide und Beschlüsse kostenlos im Volltext eingesehen und durchsuchen.

Information

Aktenzeichen
BAY VGH 7 BV 05.2582 2006 LPG
Datum
7. August 2006
Gericht
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Gesetz
Bayerisches Pressegesetz (BayPrG)
Bayerisches Pressegesetz (BayPrG)

Urteil: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof am 7. August 2006

BAY VGH 7 BV 05.2582 2006 LPG

1. Art. 14 des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ist keine Rechtsvorschrift, die eine Verschwiegenheitspflicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Pressegesetzes begründet. 2. Für Auskunftspflichten der Landesanstalt selbst gegenüber der Presse hat bei Vorliegen einer Grundrechtskollision eine Abwägung im Einzelfall darüber zu befinden, ob ein Auskunftsanspruch der Presse besteht. Der Verwaltungsgerichts- hof ist ebenso wie die völlig herrschende Meinung in der Literatur der Auffassung, dass Bestimmungen, die den einzelnen Beamten oder Bediensteten zur Dienstver- schwiegenheit verpflichten, keine Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG sind

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Verschwiegenheitspflicht Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung Bankgeheimnis Auskunftsverweigerungsrecht der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung gegenüber der Presse praktische Konkordanz bei Grundrechtskollision Abwägung im Einzelfall Aktien

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Leitsätze: 1. Art. 14 des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ist keine Rechtsvorschrift, die eine Verschwiegenheitspflicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Pressegesetzes begründet. 2. Für Auskunftspflichten der Landesanstalt selbst gegenüber der Presse hat bei Vorliegen einer Grundrechtskollision eine Abwägung im Einzelfall darüber zu befinden, ob ein Auskunftsanspruch der Presse besteht. Gericht:                VGH Aktenzeichen:           7 BV 05.2582 Sachgebiets-Nr.         240 Rechtsquellen: Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG Art. 14 LfAG Art. 69 ff. BayBG Hauptpunkte: presserechtlicher Auskunftsanspruch Betriebs- und Geschäftsgeheimnis Bankgeheimnis Kein generelles Auskunftsverweigerungsrecht der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung gegenüber der Presse praktische Konkordanz bei Grundrechtskollision Abwägung im Einzelfall Leitsätze: 1. Art. 14 des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ist keine Rechtsvorschrift, die eine Verschwiegenheitspflicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Pressegesetzes begründet.
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-2- 2. Für Auskunftspflichten der Landesanstalt selbst gegenüber der Presse hat bei Vorliegen einer Grundrechtskollision eine Abwägung im Einzelfall darüber zu befinden, ob ein Auskunftsanspruch der Presse besteht. veröffentlicht in: --- Rechtskräftig: ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Urteil des 7. Senats vom 7. August 2006 (VG München, Entscheidung vom 28. Juli 2005, Az.: M 22 K 04.4414) 2
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7 BV 05.2582                               Großes M 22 K 04.4414                      Staatswappen Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache ****** ***** ******************* ** ***** ******** - Klägerin - bevollmächtigt: Rechtsanwälte ****** ******** ************ ** ***** ******** gegen *** ********** ******* vertreten durch den Vorstand, *********** *** ***** ******** - Beklagte - bevollmächtigt: Rechtsanwälte ********** *** ********* ****************** *** ***** ******** beteiligt: ****************** ****** *** *********** *** ************ *********** wegen Presserecht; hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. Juli 2005,
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erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Pongratz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Juli 2006 am 7. August 2006 folgendes Urteil: I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsge- richts München vom 28. Juli 2005 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin zu folgenden von ihr gestellten Fragen Auskunft zu erteilen: 1. Wie berechnet die Beklagte ihre Anschaffungskosten für die von ihr gehaltenen Aktien S********-Aktien? 2. Wann, in welcher Stückzahl und zu welchen Preisen hat die Be- klagte die von ihr gehaltenen Aktien an der S******** T*********** AG (im folgenden „S********-Aktien“) in den Jahren 1998 bis 2001 veräußert? Entsprach die vereinbarte Gegenleistung jeweils dem Marktüblichen? 4. Hat die Beklagte S********-Aktien für Aktienoptionsprogramme zugunsten von Mitgliedern des Vorstandes der S******** T*********** AG zur Verfügung gestellt? 5. Hat die Beklagte Darlehen zum Erwerb von S********-Aktien ge- währt? Wenn ja, wurden diese Darlehen Mitgliedern des Aufsichtsrates und/oder des Vorstands der S******** T*********** AG gewährt? 6. Wurden Verträge der S******** T*********** AG mit Dritten in den Räumen der Beklagten abgeschlossen? Wenn ja, welche? Haben Mitarbeiter der Beklagten, die nicht Mitglieder des Auf- sichtsrates der S******** T*********** AG waren, Aufsichts- ratsitzungen der S******** T*********** AG protokolliert? 4
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7. Wurden das Bayerische Wirtschaftsministerium und/oder der Bayerische Wirtschaftsminister, der Vorsitzender des Verwal- tungsrats der Beklagten ist, persönlich in der Zeit bis zur Eröff- nung des Insolvenzverfahrens durch die Beklagte über die Si- tuation der S******** T*********** AG informiert? II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegen- einander aufgehoben. IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicher- heitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungs- gläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet. V. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Klägerin ist Redakteurin eines Börsenmagazins und verlangt von der Beklagten, einem in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts organisierten Kreditinstitut des Freistaats Bayern, nähere Auskünfte zu deren Engagement bei dem im Jahr 2002 in Insolvenz gegangenen Technologie-Konzern S******** T*********** AG T*******. Die S******** R************ AG (nachmals S******** T*********** AG) war ein traditionsreiches Unternehmen der Unterhaltungselektronik- und Computerbranche und beschäftigte mehrere hundert Mitarbeiter. Seit Anfang der 90er Jahre engagierte sich das Unternehmen auch in der Laser-Display-Technologie (LDT), die z.B. bei der Entwicklung neuartiger Fernsehgeräte („Laser-Fernsehen“), Planetarien oder Flug- simulatoren zum Einsatz kommen sollte. Im Jahr 2000 wurden der LDT-Bereich in Form der Tochtergesellschaft S******** L**** T*********** AG, G***, und der Bereich Unterhaltungselektronik in die Gesellschaft S******** E********** AG, T*******, ausgegliedert; Holding wurde die S******** T*********** AG. 5
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In den 90er Jahren geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Jahr 1998 waren die Gläubigerbanken, zu der neben der Beklagten fünf große Kre- ditinstitute zählten, zu weiteren Finanzierungen ohne Stärkung der Kapitaldecke der Gesellschaft nicht mehr bereit, so dass es aufgrund eines erarbeiteten Sanierungs- konzepts im September 1998 zu einer Kapitalerhöhung kam. Die S******** T*********** AG gab 301.000 Inhaberaktien im Nennbetrag von je 50 DM aus; davon übernahm die Beklagte 247.000 Aktien einschließlich aller Bezugsrechte für weitere geplante Kapitalerhöhungen für einen Preis von angeblich insgesamt 1 DM. Im Jahr 2000 beteiligte sich die Beklagte an einer weiteren Kapitalerhöhung bei der S******** T*********** AG. Am 28. Januar 2002 ging die S******** T*********** AG in Insolvenz. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt mit 18,2% am Grundkapital beteiligt. Sie meldete zur Insolvenztabelle Rückzahlungsforderungen aus von ihr gewährten Darlehen in Höhe von 12,825 Mio. Euro an. Die Insolvenz der S******** T*********** AG war in der Folgezeit vielfach Gegenstand der Presseberichterstattung und parlamentarischer Anfragen. Auch die Klägerin be- schäftigt sich mit den Hintergründen der Insolvenz und der Rolle der Beklagten in diesem Zusammenhang. Sie wandte sich ab Ende August 2003 mehrfach an die Be- klagte mit der Bitte um nähere Auskünfte zu deren Rolle und Einfluss bei der S*****- *** T*********** AG. Die Fragen bezogen sich hauptsächlich auf die näheren Umstände des Verkaufs der von der Beklagten gehaltenen S********-Aktien. Nach Darstellung der Beklagten und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie hat die Beklagte im Zeitraum ihrer Beteiligung bis zur Insolvenz des Unternehmens rund 1 Mio Aktien der S******** T*********** AG außerbörslich in einigen wenigen Paketen verkauft. Insgesamt seien damit die Anschaffungskosten nicht gedeckt worden. Es sei ein Verlust in unterer einstelliger Euro-Millionen-Höhe erzielt worden. Die Klägerin zieht diese Darstellung in Zweifel. Der Kurs der Aktien habe sich zwi- schen Herbst 1999 und Sommer 2001 – dem Zeitraum, der für die Verkäufe genutzt worden sein müsse – gegenüber dem Kurs bei Einstieg der Beklagten im September 1998 mehr als verdoppelt. Bei einem Erwerb des Großteils der Aktien für 1 DM und einer höchstens anteiligen Teilnahme an den folgenden Kapitalerhöhungen seien Anschaffungskosten in dieser Höhe nicht nachvollziehbar. Der behauptete Millionen- verlust aus der Beteiligung sei nur dann möglich, wenn die Aktien mit einem unüblich hohen Abschlag verkauft oder gar verschenkt und damit zu Lasten des Steuerzahlers Käufer in Millionenhöhe begünstigt worden seien. 6
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Weiterhin begehrte die Klägerin Auskünfte zu einem etwaigen Aktienoptionspro- gramm zu Gunsten des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden zu Absprachen betref- fend S********-Aktien zwischen der Beklagten und anderen Personen, zur sonstigen personellen und organisatorischen Einflussnahme der Beklagten auf die Geschicke der S******** T*********** AG sowie zum Informationsverhalten der Beklagten ge- genüber dem damaligen bayerischen Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Ver- kehr und Technologie als ehemaligem Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Be- klagten. Die Beklagte lehnte nähere Auskünfte unter Hinweis auf das Bank- und Geschäfts- geheimnis und den notwendigen Schutz der Belange Dritter mehrfach ab, zuletzt mit Schreiben vom 2. Februar 2004. Mit Beschluss vom 24. Mai 2004 lehnte das Verwaltungsgericht München einen Eil- antrag auf Auskuftserteilung zu den nachstehend genannten Fragen (S. 6) ab. Dieser Beschluss ist rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht wies die entsprechende Klage mit Urteil vom 28. Juli 2005 ab. Grundsätzlich bestehe zwar gegen Behörden ein An- spruch auf Auskunftserteilung gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Presse- gesetzes (BayPrG). Die Beklagte sei als Anstalt des öffentlichen Rechts in die Erle- digung staatlicher Aufgaben eingebunden und habe engste Verbindungen und Ab- hängigkeiten zum Staat. Das Auskunftsbegehren der Klägerin beziehe sich auch auf den staatlichen Förderauftrag der Beklagten, der auch durch Eingehen von Beteili- gungen (Aktien) erfolgen könne. Dem grundsätzlich gegebenen Auskunftsanspruch stehe aber das Auskunftsverweigerungsrecht der Beklagten nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG i.V.m. Art. 14 des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfAG) entgegen. Danach unterlägen alle an der Bank tätigen Personen der Verschwiegenheitspflicht. Diese Vorschrift betreffe nicht nur das for- melle Amtsverschwiegenheitsgebot des jeweiligen Bediensteten ad personam ge- genüber seinem Dienstherrn, sondern begründe auch eine materielle Geheimhal- tungsregel der Behörde im Außenverhältnis zur Presse. Eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 LfAG erforderliche Genehmigung zur Erteilung der verlangten Presseaus- künfte liege nicht vor. Ob der Presse darüber hinaus ein Anspruch auf ermessens- fehlerfreie Entscheidung aufgrund einer Güterabwägung zustehe, brauche deshalb nicht entschieden zu werden. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, sei keine andere Entscheidung möglich, da die Verschwiegenheitsverpflichtung des Art. 14 LfAG dem Zweck der Verlagerung dieser Entscheidung auf die höhere Verwaltungs- ebene diene. Im Übrigen regele das Gesetz über die Bayerische Landesanstalt für 7
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Aufbaufinanzierung nicht die Zuständigkeit für die Erteilung der Genehmigung. Das Verwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen. Mit ihrer Berufung beantragt die Klägerin: I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. Juli 2005 aufgehoben. II. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin gemäß Art. 4 Abs. 1 BayPrG Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen: 1. Wie berechnet die Beklagte ihre Anschaffungskosten für die von ihr ge- haltenen Aktien an der S******** T*********** AG (im folgenden: „S********-Aktien“)? 2. Wann, in welcher Stückzahl und zu welchen Preisen hat die Beklagte die von ihr gehaltenen Aktien an der S******** T*********** AG in den Jahren 1998 bis 2001 veräußert? Entsprach die vereinbarte Ge- genleistung jeweils dem Marktüblichen (falls nein, mit wem und aus welchen Gründen wurde ein vom Marktüblichen abweichender Kauf- preis vereinbar)? 3. Bestanden oder bestehen Vereinbarungen im Zusammenhang mit den S********-Aktien zwischen der Beklagten und einer oder mehreren der im folgenden aufgeführten Personen? a) Herr B******* N*******, ehemaliger Vorsitzender des Vorstandes der S******** T*********** AG; b) einer mit Herrn B******* N******* verwandten oder ver- schwägerten Person, z.B. seiner Ehefrau; c) Herrn M***** R******, ehemals L****** B*******; d) weiteren Personen, die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates der S******** T*********** waren, z.B. der ehemalige S********-Vorstand R*** A***. Wenn ja, was sahen diese Vereinbarungen bezüglich der Aktien und der Gegenleistung dafür vor? 4. Hat die Beklagte S********-Aktien für Aktienoptionsprogramme zu Gunsten von Mitgliedern des Vorstandes der S******** T*********** AG zur Verfügung gestellt? Wenn ja, ist es richtig, dass die Ausübung der Aktienoptionen zu Gunsten des Vorstandes B******* N******* unter anderem an eine Erhöhung der Marktkapitalisierung und/oder die 8
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Verbesserung der Ergebnisse der Unterhaltungselektroniksparte und/oder an den Erhalt eines wesentlichen Produktionsstandortes in Bayern geknüpft wurde? 5.  Hat die Beklagte Darlehen zum Erwerb von S********-Aktien gewährt? Wenn ja, wurden diese Darlehen Mitgliedern des Aufsichtsrates und/oder des Vorstandes der S******** T*********** AG gewährt? 6.  Wurden Verträge der S******** T*********** AG mit Dritten in den Räumen der Beklagten abgeschlossen? Wenn ja, welche? Haben Mitarbeiter der Beklagten, die nicht Mitglieder des Aufsichtsrates der S******** T*********** AG waren, Aufsichtsratssitzungen der S******** T*********** AG protokolliert? Wenn ja, welche Mitarbeiter? 7.  Wurden das Bayerische Wirtschaftsministerium und/oder der Bayeri- sche Wirtschaftsminister, der Vorsitzender des Verwaltungsrats der Beklagten ist, persönlich in der Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenz- verfahrens durch die Beklagte über die Situation bei der S******** T*********** AG informiert? Wenn ja, in welcher Weise und zu welchen Zeitpunkten? 8.  Ist es richtig, dass das eventuell von der Beklagten zu Gunsten des Vorstandes B******* N******* gewährte Aktienoptionsprogramm im Hinblick auf die S********-Aktien nicht durch das von der Hauptver- sammlung der S******** T*********** AG im Juli 2000 verabschiedete Aktienoptionsprogramm ersetzt wurde? Wenn ja, was war der Grund dafür? 9.  Ist es richtig, dass die Beklagte den Vorständen der S******** T*****- ****** AG im November 2001 geraten hat, Bestellungen nicht einzustellen und/oder andere Gläubigerbanken nicht von der prekä- ren finanziellen Lage zu informieren? Hilfsweise beantragt die Klägerin, über die Erteilung der Auskunft zu den vorge- nannten Fragen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu ent- scheiden. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre in erster Instanz bereits vor- getragenen Argumente. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien weder Art. 69 ff. des Bayerischen Beamtengesetzes noch Art. 14 LfAG als absolute Verschwiegenheitsvorschriften im materiellen Sinn anzusehen, da diese Vorschriften lediglich das Innenverhältnis zwischen Beamten und Behörde beträfen. Auch über Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG werde keine „Parallelisierung“ des Innen- und Außen- 9
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verhältnisses vorgenommen, da sich der Anspruch der Presse nicht gegen einen Beamten oder Bediensteten der Behörde, sondern gegen die Behörde und damit ge- gen den Behördenleiter richte. Für eine derartige Auslegung spreche auch der Zeit- punkt des Inkrafttretens des Bayerischen Pressegesetzes im Jahre 1949, als das Beamtenrecht im Gegensatz zum heute geltenden Recht noch Verschwiegenheits- pflichten im materiellen Sinn enthalten habe. Im Übrigen sei aber auch bei Vorliegen einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht eine Abwägung im Wege der prakti- schen Konkordanz aufgrund des Grundrechts der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorzunehmen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen in der ersten Instanz sowie auf das zutreffende Urteil des Verwaltungsgerichts. Bereits der Wortlaut des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG spreche von beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflichten und damit für die vom Verwaltungsgericht angenommene bewusste Parallelisierung von innerdienstlicher Verschwiegenheitspflicht und Ausschluss des presserechtlichen Auskunftsanspruchs. Auch die historische Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG weise in diese Richtung. Nach dem Willen des Gesetzgebers habe den in- nerdienstlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen auch im Außenverhältnis Bedeu- tung zukommen sollen. Dies folge nicht nur aus dem Protokoll der 95. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen des Bayerischen Landtags vom 8. Juni 1949, sondern ebenso aus dem Bericht über die Beratungen des Ausschus- ses durch den Berichterstatter und Mitberichterstatter in der 114. Sitzung des Bayeri- schen Landtags vom 22. Juni 1949. Im Übrigen werde der in Anspruch genommenen Behörde auch kein (zusätzliches) Ermessen oder eine generelle Abwägungsbefugnis bei der Entscheidung über die Auskunftserteilung eingeräumt. Im Falle des Vorlie- gens bankenspezifischer Verschwiegenheitspflichten wie hier des Art. 14 LfAG be- stehe auch unter Berücksichtigung der Pressefreiheit kein Anspruch auf ermessens- fehlerfreie Entscheidung über die Auskunftserteilung. Dieses Ergebnis bestätige auch das neue Informationsfreiheitsgesetz, das in § 1 Abs. 1 zwar einen allgemeinen Anspruch auf Informationszugang statuiert habe, einen solchen Anspruch jedoch in § 6 ausschließe, wenn sich dieser auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse Dritter beziehe; auf eine Abwägung der beteiligten Interessen komme es dabei nicht an. Weiterhin schließe § 3 Nr. 6 des Informationsfreiheitsgesetzes den Auskunftsaus- 10
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