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Information
- Aktenzeichen
- 2 K 208/21
- ECLI
ECLI:DE:VGBE:2023:0330.2K208.21.00
- Datum
- 30. März 2023
- Gericht
- Verwaltungsgericht Berlin
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Kläger, der Insolvenzverwalter der begehrt Informationszugang.
Am 25. November 2020 beantragte der Kläger bei der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zugang zu sämtlichen Informationen, die Prüfungshandlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ( bei der betreffen. Dies umfasse insbesondere sämtliche Unterlagen und Informationen, die im unmittelbaren oder auch mittelbaren Zusammenhang stünden mit
- dem für die Geschäftsjahre 2009 bis einschließlich 2018 testierten und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk von versehenen Abschluss- und Lagebericht; insbesondere sämtliche Vorgänge mit Bezug zu den vorgenannten Aspekten oder im Zusammenhang mit
1.1 etwaigen Untersuchungsmaßnahmen, die Ihr Haus im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen die veranlasst hat, sowie die entsprechenden Abschlussberichte dieser Untersuchung, einschließlich aller vorbereitenden Maßnahmen und Informationen, die insbesondere aber nicht ausschließlich einen etwaigen Bilanzbetrug der betreffen;
1.2 etwaigen berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren, die gegen die Wirtschaftsprüfer von im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Bilanzbetrug der eingeleitet wurden;
1.3 der am von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verlangten und von der durchgeführten Einleitung einer Prüfung des (Halb-)Jahresabschlusses bei der .
-
Informationen zu Anfragen der BaFin oder des BAFA, die im Zusammenhang mit den Bilanzproblemen der und dem Handeln von gestellt wurden sowie die insoweit zur Verfügung gestellten Unterlagen.
-
Diese Anträge nach Ziff. 1. und 2. umfassen insbesondere alle in Ihrem Haus dazu verfügbaren Informationen, die Sie von Dritten erhalten oder selbst generiert haben. Exemplarisch aber nicht abschließend sind dies insbesondere Vertragsentwürfe, Änderungsvorschläge, Einschätzungen, Kommentierungen, Vermerke, (Gesprächs-)Protokolle, Leitungsvorlagen, Stellungnahmen, Statistiken, Schätzungen, Berechnungen, Korrespondenz, etc., die entweder
3.1 in Ihrem Haus erstellt wurden, sei es für den internen oder externen Gebrauch, oder
3.2 Ihrem Haus durch Dritte zugänglich gemacht wurden wie z.B. durch die Bundesregierung, den Bundestag, andere Landes-/Bundesbehörden, externe Experten, Verbände etc.
- Namentlich und ohne Einschränkung des Vorstehenden erfasst der Antrag auch die von übermittelten Akten im Zusammenhang mit den genannten Prüfungen, insbesondere betreffend
4.1 jegliche Kommunikation von mit den Unternehmen , und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.2 jegliche Kommunikation von mit den Treuhändern und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.3 jegliche Kommunikation von mit den Banken , und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.4 jegliche Bank- oder Saldenbestätigungen von den unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Treuhändern sowie Aufzeichnungen über deren Sichtung und/oder Bewertung;
4.5 Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke von Gesprächen mit den unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Treuhändern oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten;
4.6 Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke von Gesprächen mit Mitarbeitern der -Gruppe über die unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Kanzleien sowie über das TPA-Geschäft und die Treuhandkonten;
4.7 Vermerke und Notizen über die Bilanzierung von Umsätzen aus dem TPA-Geschäft nach IFRS 15 sowie die Bilanzierung von (angeblichem) Guthaben auf den Treuhandkonten, einschließlich Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke in diesem Zusammenhang; und
4.8 Berichte, Memoranda, Observations oder sonstige Vermerke zu forensischen Sonderuntersuchungen durch (insbesondere - ohne Beschränkung - zu Treuhandkonten, dem Third Party Acquiring-Geschäft und der Akquisition des „Payment-Geschäfts" der ).
Mit Schreiben vom 26. Januar 2021 forderte die APAS die Staatsanwaltschaft auf mitzuteilen, ob der Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf die dort geführten Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der haben könne. Die Staatsanwaltschaft bejahte dies mit Schreiben vom 15. Februar 2021.
Mit Bescheid vom 13. April 2021 lehnte die APAS den Antrag des Klägers ab. Das Bekanntwerden der Informationen könne nachteilige Auswirkungen auf ihre Aufsichtsaufgaben und die Durchführung laufender strafrechtlicher und disziplinarischer Ermittlungen haben. Die APAS nahm Bezug auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft . Dem Informationszugang stehe zudem die Verschwiegenheitspflicht der betroffenen Wirtschaftsprüfer, die Amtsverschwiegenheitspflicht der APAS, das aufsichtsrechtliche Geheimnis, die Einstufung der Unterlagen als Verschlusssache „VS-Vertraulich“ sowie der Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten entgegen. Es handele sich um vertraulich erhobene und übermittelte Informationen. Einem teilweisen Informationszugang stehe der Einwand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands entgegen. Die Akten umfassten über 40 Leitzordner und enorme Mengen elektronischer Daten, insbesondere ca. 18.000 Dateien mit Arbeitspapieren von und einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. In diesen Dateien seien zusätzlich rund 800 Zip-Dateien enthalten, die potentiell eine Vielzahl weiterer Dateien enthalten könnten. Es sei der APAS unzumutbar zu prüfen, welche dieser Informationen welchem der genannten Ausschlussgründe unterfielen.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. April 2021 Widerspruch. Er forderte die APAS auf, zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands eine Inhaltsübersicht der vorhandenen Unterlagen zu erstellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2021 wies die APAS den Widerspruch zurück. Den Informationszugang versagte sie im Wesentlichen mit der Begründung des Ausgangsbescheids. Die Erstellung einer Inhaltsübersicht lehnte sie ab, weil dies ebenfalls mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden sei.
Der Kläger hat am 13. August 2021 Klage erhoben. Er trägt vor, die mit dem Hauptantrag im Wege der Stufenklage zunächst begehrte Inhaltsübersicht und im Anschluss begehrte Gewährung von Informationszugang sei zulässig. Eine weitere Konkretisierung des Zugangsantrags sei ohne die geforderte Inhaltsübersicht nicht möglich. Die Interessenlage sei mit der Geltendmachung eines nicht bezifferbaren Zahlungsanspruchs vergleichbar. Er müsse die Möglichkeit haben, seinen Antrag so zu konkretisieren, dass er am Ende erfüll- und vollstreckbar sei. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes müsse es ihm möglich sein, die von der Behörde verweigerte Kooperation zu erzwingen. Andernfalls könne die Behörde den Informationszugang – wie hier – unter Berufung auf den Verwaltungsaufwand verweigern, ohne dass er eine Anpassung seines Antrags vornehmen könne, die diesen Einwand entfallen lasse. Der Anspruch auf Bereitstellung der Übersicht ergebe sich aus der Kooperationspflicht der Beklagten. Die Erstellung der Inhaltsübersicht verursache keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand.
Dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang stünden keine Ausschlussgründe entgegen. Insbesondere habe das Bekanntwerden der Informationen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung der Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft. Die Beklagte habe die sie treffende volle Darlegungslast nicht erfüllt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Staatsanwaltschaft den gesamten bei der Beklagten vorhandenen Aktenbestand beigezogen habe. Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft wiesen keinen Bezug zu konkreten Unterlagen auf. Der Staatsanwaltschaft stehe etwaiges Beweismaterial bereits unentziehbar zur Verfügung. Es sei davon auszugehen, dass die von und der erstellten Unterlagen den potentiellen Beschuldigten bekannt seien. Die Tatvorwürfe setzten gerade die Kenntnis der Beschuldigten von den begehrten Informationen voraus. Die Ermittlungsverfahren seien öffentlich bekannt. Die Verfahren gegen Journalisten der und sogenannte Shortseller seien eingestellt.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 im Wege einer Stufenklage zu verpflichten,
a) ihm zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes Auskunft über den Bestand an Informationen zu dem mit Antrag vom 25. November 2020 begehrten Informationen betreffenden Komplex zu erteilen, und zwar durch Vorlage einer Inhaltsübersicht der vorhandenen Unterlagen, die es ihm ermöglicht, sein Informationsbegehren nach dem tatsächlichen Umfang einzuschränken und inhaltlich zu präzisieren sowie
b) an ihn nach Vorlage der Inhaltsübersicht und Auswahl der im Verzeichnis aufgeführten Dokumente und Dateien, Zugang zu diesen Informationen zu gewähren,
- hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 zu verpflichten, ihm Zugang zu den mit Antrag vom 25. November 2020 begehrten Informationen (ohne die dortigen Nummern5 bis 7) zu gewähren und diese Informationen tatsächlich zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Stufenklage sei unzulässig. Die Auskunft diene nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs. Eine analoge Anwendung sei nicht angezeigt. Dem Kläger stehe es frei, seinen Antrag so zu gestalten, dass mit ihm kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden sei. Der Informationszugang könne nachteilige Auswirkungen auf die Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft haben. Die Beklagte bezieht sich hierfür zuletzt auf eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 27. Januar 2023.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.
I. Das Verwaltungsgericht Berlin ist gemäß §52 Nr.2 S.1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - örtlich zuständig. Danach ist bei Verpflichtungsklagen, die auf den Erlass eines Verwaltungsakts einer Bundesbehörde gerichtet sind, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde ihren Sitz hat. Die APAS hat ihren Sitz in Berlin (§4 Abs.1 S.1 der Geschäftsordnung der APAS) und ist eine „Bundesbehörde“ in diesem Sinne.
Dieser Begriff erfasst vom Bund eingerichtete Verwaltungseinheiten, die nach außen selbstständig handeln (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, §52 Rn. 16; VG Berlin, Beschluss vom 26. September 2013 – VG 4 K 472/13 – juris Rn. 5; VG Wiesbaden, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 K 1764/16.WI – juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall.
Die APAS ist gemäß §66a Abs.2 der Wirtschaftsprüferordnung zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EU) Nr.537/2014. Sie erledigt die ihr übertragenen Aufgaben – trotz ihrer organisatorischen Eingliederung als Abteilung 1 des BAFA (§4 Abs.2 der Geschäftsordnung der APAS) – in eigener Zuständigkeit (§1 Abs.2 S.1 des Gesetzes zur Einrichtung einer Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - APASErG; vgl. auch BT-Drs. 18/6282 S.110: „Behörde im funktionalen Sinne“). Für ihre Stellung als eigenständige Behörde spricht auch ihre Einrichtung „beim“ BAFA (§1 Abs.1 APASErG; vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1970 – VIII C 89/68 – BVerwGE 36, 317, 322).
II. Die mit dem Hauptantrag erhobene Stufenklage ist unzulässig. Nach §173 S.1 VwGO ist die Zivilprozessordnung - ZPO - entsprechend anzuwenden, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Gemäß §254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht gegeben.
Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen §253 Abs.2 Nr.2 ZPO bzw. §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH, Urteile vom 2. März 2000 – III ZR 65/99 – NJW 2000, 1645, 1646, vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953, vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816 und vom 6. April 2016 – VIII ZR 143/15 – NJW 2017, 156, 157). So liegt der Fall hier nicht.
Der Kläger ist ohne die Inhaltsübersicht der bei der APAS vorhandenen Unterlagen (erste Stufe) in der Lage, einen den Anforderungen aus §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO genügenden Antrag auf Informationszugang (zweite Stufe) zu stellen. Der Antrag des Klägers vom 25. November 2020 belegt dies. Dieser lässt in zeitlicher (Geschäftsjahre 2009–2018) wie auch thematischer Hinsicht (Untersuchungshandlungen der APAS im Zusammenhang mit der , berufsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen , Prüfung des [Halb-]Jahresabschlusses durch die , Anfragen der BaFin oder des BAFA im Zusammenhang mit den Bilanzproblemen der und dem Handeln von; vgl. Ziffern 1 und 2 des Antrags vom 25. November 2020) und gegenständlich (Vertragsentwürfe, Änderungsvorschläge, Einschätzungen usw. insbesondere bezüglich bestimmter Unternehmen, Treuhänder und Banken; vgl. Ziffern 3 und 4 des Antrags) einen Bezug zu den begehrten Informationen hinreichend konkret erkennen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7 f.). Der in dieser Form gestellte Antrag wäre auch vollstreckbar bzw. kann vom Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht (§86 Abs.1 VwGO) vollstreckbar gemacht werden; die vom Kläger begehrten Informationen befinden sich bei der Beklagten im Referat 123 in der „Verfahrensakte -Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“, in den „elektronischen Arbeitspapieren /“, in 12 Mitarbeiter-Verfahrensakten sowie unter dem Dateinamen „E-Mail-Verkehr“.
Die Vorlage der Inhaltsübersicht dient ausweislich des Antrags des Klägers („zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes“) dem Zweck, durch die Auswahl einzelner Informationen aus der Übersicht den von der Beklagten erhobenen Einwand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands auszuräumen. Dies ist von §254 ZPO nicht gedeckt. Denn die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern und insbesondere nicht das allgemeine Prozessrisiko nehmen, das sich aus möglichen rechtsvernichtenden Einwendungen des Beklagten ergibt (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953 und vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816).
Nichts anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers aus der in §173 S.1 VwGO vorgesehenen „entsprechenden“ Anwendung der Zivilprozessordnung. Auch bei einer entsprechenden Anwendung müssen die Voraussetzungen der jeweiligen Vorschrift gegeben sein. Das folgt aus dem Zweck der Verweisung, das Verwaltungsprozessrecht in einem möglichst großen Umfang mit dem Zivilprozessrecht zu vereinheitlichen (vgl. Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 2014, §173 Rn. 14 f.). Demgegenüber will der Kläger mit seiner Stufenklage aber gerade die Voraussetzungen von §254 ZPO überwinden. Hierfür besteht aus verwaltungsprozessualer Sicht kein Bedürfnis. Anders als der Kläger meint, fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Stufenklage ermöglicht es dem Gläubiger eines unbestimmbaren Leistungsanspruchs, diesen sogleich mit dem Auskunftsanspruch rechtshängig zu machen. Damit wird zum einen die Verjährung des Leistungsanspruchs gehemmt (§204 Abs.1 Nr.1 BGB). Zum anderen ist der Gläubiger nicht gezwungen, die Höhe des Leistungsanspruchs zu schätzen und sich damit der Gefahr einer (Teil-)Abweisung der Klage und der damit einhergehenden Kostenlast auszusetzen (vgl. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2023, §254 Rn. 2; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, §254 Rn. 2 f.). Der Informationszugangsanspruch unterliegt keiner Verjährung und die Inhaltsübersicht dient nicht der Vermeidung der aus der fehlenden Bestimmtheit des Leistungsanspruchs folgenden Kostenlast.
Die vom Kläger angeführten Urteile (OVG Koblenz, Urteil vom 24. November 2000 – 10 A 10513/00 – DVBl. 2001, 752; VG Saarlouis, Urteil vom 8. Juli 2010 – 6 K 214/08 – juris Rn. 21; VG Arnsberg, Urteil vom 23. September 2015 – 10 K 121/14 – juris Rn. 40 ff.; VG Potsdam, Urteil vom 29. Januar 2020 – 13 K 6500/17 – juris Rn. 27 f.) verhalten sich nicht zur Anwendung der Stufenklage bei bestimmbaren Leistungsansprüchen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Datenschutzrecht (Urteile vom 27. April 2021 – 2 AZR 342/20 – NJW 2021, 2379 Rn. 20 und vom 16. Dezember 2021 – 2 AZR 235/21 – NJW 2022, 960 Rn. 33). Das Urteil der Kammer vom 12. Oktober 2009 (VG 2 A 20/08 – juris Rn. 59) betrifft §113 Abs.4 VwGO und nicht §254 ZPO. Auch den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Informationszugangsantrags (Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7) ist keine Aussage zur Zulässigkeit der Stufenklage zu entnehmen.
III. Mit dem Hilfsantrag ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 S.1 VwGO).
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 S.1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“, die begehrten Unterlagen sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 IFG und die APAS ist auch bei der für §1 Abs.1 S.1 IFG maßgeblichen funktionalen Betrachtung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – 10 C 1/21 – NVwZ 2022, 1565 Rn. 16) eine Behörde des Bundes.
Der Anspruch auf Informationszugang ist aber gemäß §3 Nr.1 Buchst. g Var. 3 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben kann.
Solche Auswirkungen sind gegeben, wenn auf Grund der konkreten Umstände eine Beeinträchtigung der Effektivität staatlicher Ermittlungstätigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die informationspflichtige Stelle muss im Zusammenwirken mit der Staatsanwaltschaft in nachvollziehbarer Weise Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen des Versagungsgrunds vorliegen. Wenn Akten wegen ihres thematischen Bezugs zum Untersuchungsgegenstand in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einbezogen worden sind, liegt die Möglichkeit nahe, dass die in ihnen enthaltenen Informationen noch nicht offengelegt werden dürfen. Soweit diese Vermutung reicht, unterliegt die Verwaltungsbehörde herabgesetzten Anforderungen an die Darlegung des Ausschlussgrunds. Steht dagegen – wie hier – nicht fest, dass die Staatsanwaltschaft sämtliche begehrten Informationen beigezogen hat, trifft die informationspflichtige Stelle die volle Darlegungslast. Sie muss begründen, warum die Unterlagen wegen ihres thematischen Bezugs für weitere Ermittlungen bedeutsam sein können und inwiefern die Bekanntgabe der in ihnen enthaltenen Informationen geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823 Rn. 16 ff.).
Die Beklagte hat unter Vorlage der Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vom 15. Februar 2021 und vom 27. Januar 2023 nachvollziehbar begründet, dass die vom Kläger begehrten Informationen wegen ihres thematischen Bezugs für die Ermittlungen bedeutsam sein können (dazu 1.) und ihre Bekanntgabe geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (2.).
- Die Staatsanwaltschaft führt unter dem Aktenzeichen ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und gewerbsmäßiger Untreue. Das Verfahren richtet sich gegen ehemalige Mitarbeiter der . Der Kreis der tatbeteiligten Personen ist aber noch nicht abschließend beurteilbar. Gegen drei Personen hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen einzelner Sachverhalte abgetrennt und zur Anklage gebracht. Im Übrigen ist das Ermittlungsverfahren noch anhängig. Daneben führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Mitarbeiter von wegen der Verletzung von Berichtspflichten (Az. ). Gegen die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder der ist ein Verfahren unter dem Az. anhängig.
Die Beklagte hat den inhaltlichen Bezug der begehrten Informationen für diese Ermittlungen ausreichend dargelegt. Dabei ist hier eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung entbehrlich, obwohl die Staatsanwaltschaft (noch) nicht sämtliche vom Kläger begehrten Unterlagen bei der APAS beigezogen hat. Die Beklagte beruft sich hier nicht auf eine Vermutungswirkung. Mit ihrem Vortrag genügt sie vielmehr wegen der Besonderheit des Falles der ihr obliegenden vollen Darlegungslast.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft den genauen Inhalt des Zugangsantrags des Klägers übermittelt und diese hat daraufhin der Offenlegung dieser Informationen insgesamt widersprochen. Die Staatsanwaltschaft hat ausdrücklich darauf abgestellt, dass auch die Unterlagen, die bei der APAS vorliegen, insbesondere zu den Prüfungshandlungen der , aber auch zu den Ermittlungen und Untersuchungen der APAS selbst, eine wichtige Erkenntnisquelle für sämtliche anhängige Ermittlungsverfahren sind. Sie begründet dies damit, dass die Verfahren zueinander in einem Bedingungsverhältnis stehen, da zwischen ihnen, auch aufgrund der Zugehörigkeit aller Teile der zum gleichen Konzern und der engen personellen und fachlichen Verzahnung innerhalb des Konzerns, vielfältige Querverbindungen und Überschneidungen vorliegen. Die Ermittlungen befänden sich in einem frühen Stadium, der überaus komplexe und weit gefächerte Sachverhalt sei noch nicht ausermittelt und der Kreis der Beschuldigten stehe nicht abschließend fest. In sämtlichen Verfahren gebe es Bezüge zu den jeweils weiteren Verfahren, und es sei davon auszugehen, dass mit fortschreitenden Ermittlungen noch zahlreiche strafrechtlich relevante Komplexe aufgedeckt würden, die bislang nicht bekannt seien oder deren konkrete strafrechtliche Bedeutung noch nicht erkennbar sei, weil die Bezüge zu den weiteren Verfahren oder die hierfür maßgeblichen Informationen noch nicht feststellbar seien. Bei dieser Sachlage ist der von der Staatsanwaltschaft festgestellte Bezug der begehrten Informationen zu ihren Ermittlungen hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Dies steht nicht – wie der Kläger meint – im Widerspruch zu den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen im Urteil vom 27. November 2014 (7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823). Nach dieser Entscheidung ist eine dokumentenspezifische Darlegung nicht in jedem Einzelfall zwingend geboten; vielmehr geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung erforderlich sein „kann“, wenn die Beklagte – wie hier – die volle Darlegungslast trifft (Rn. 25).
- Aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft ergibt sich plausibel, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen geeignet ist, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu gefährden. Danach steht zu befürchten, dass die Informationen zur Kenntnis solcher Personen gelangen, die in dem Gesamtkomplex als Gehilfen oder Mittäter eingebunden waren, aber bisher nicht bekannt sind. Dies gelte insbesondere für das Verfahren , aber auch das gegen Mitarbeiter von geführte Verfahren, da davon auszugehen sei, dass neben den bisher als Beschuldigten geführten Personen weitere Personen eingebunden waren, die befürchten müssten, entdeckt und strafrechtlich verfolgt zu werden. Bei diesen im Einzelnen noch nicht genau bekannten Beteiligten stehe zu befürchten, dass diese noch vorhandene Beweismittel vernichten oder sich mit den weiteren Beteiligten absprechen, um ihre eigene Beteiligung zu verschleiern. Dies gelte gerade vor dem Hintergrund der bereits festgestellten hohen kriminellen Energie und dem verdeckten und verschleiernden Vorgehen der Beteiligten. Darüber hinaus hebt die Staatsanwaltschaft darauf ab, dass die vorzeitige Bekanntgabe der Erkenntnisse der APAS zu entsprechenden Verwerfungen in den bei ihr geführten Ermittlungsverfahren führen und deren erfolgreichen Abschluss gefährden könnte, jedenfalls eine massive Beeinträchtigung zu befürchten sei, falls die Unterlagen der APAS in ihrer Gesamtheit veröffentlicht würden.
Diese Prognose zieht der Kläger nicht mit Erfolg in Zweifel. Sein Vortrag, etwaige Beweismittel lägen der Staatsanwaltschaft unentziehbar vor, geht an den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vorbei. Denn diese stützt ihre Befürchtung gerade nicht auf die Unterdrückung von ihr bereits bekannten Unterlagen, sondern auf die Vernichtung von Beweismitteln durch bzw. die Absprache zwischen möglichen Beschuldigten. Die Vermutung des Klägers, es sei davon auszugehen, dass die Informationen potentiellen Beschuldigten bekannt seien, ist nicht überzeugend. Es leuchtet bereits nicht ein, dass die der APAS vorliegenden Informationen dem noch nicht abschließend beurteilbaren Kreis aller potentiell Beschuldigten bekannt sind. Zudem spricht nichts dafür, dass die Beschuldigten auch wissen, welche Unterlagen der Staatsanwaltschaft vorliegen.
Der Umstand, dass die Ermittlungsverfahren öffentlich bekannt sind, stellt die Prognose der Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht infrage. Soweit ersichtlich sind weder der Informationsstand der Staatsanwaltschaft noch die weiteren Ermittlungsansätze bekannt. Die Staatsanwaltschaft weist vielmehr darauf hin, dass die Ermittlungen fortschreiten und davon auszugehen ist, dass bislang nicht bekannte Komplexe aufgedeckt werden, die wiederum Bezüge zu anderen Verfahren aufweisen. Im Übrigen beruft sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 27. Januar 2023 nicht (mehr) auf eine Gefährdung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Artikeln der , so dass der Einwand des Klägers, dieses Verfahren sei mittlerweile eingestellt, ohnehin nicht greift.
Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. §709 S.2 ZPO.
Die Berufung wird gemäß §124a Abs.1 S.1, §124 Abs.2 Nr.3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob eine Stufenklage zulässig ist, wenn bei Klagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands auf der ersten Stufe die Vorlage einer Inhaltsübersicht über die vorhandenen Informationen und auf der zweiten Stufe Zugang zu im Einzelnen näher auszuwählenden Informationen begehrt wird.
Tatbestand
Der Kläger, der Insolvenzverwalter der begehrt Informationszugang.
Am 25. November 2020 beantragte der Kläger bei der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zugang zu sämtlichen Informationen, die Prüfungshandlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ( bei der betreffen. Dies umfasse insbesondere sämtliche Unterlagen und Informationen, die im unmittelbaren oder auch mittelbaren Zusammenhang stünden mit
- dem für die Geschäftsjahre 2009 bis einschließlich 2018 testierten und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk von versehenen Abschluss- und Lagebericht; insbesondere sämtliche Vorgänge mit Bezug zu den vorgenannten Aspekten oder im Zusammenhang mit
1.1 etwaigen Untersuchungsmaßnahmen, die Ihr Haus im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen die veranlasst hat, sowie die entsprechenden Abschlussberichte dieser Untersuchung, einschließlich aller vorbereitenden Maßnahmen und Informationen, die insbesondere aber nicht ausschließlich einen etwaigen Bilanzbetrug der betreffen;
1.2 etwaigen berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren, die gegen die Wirtschaftsprüfer von im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Bilanzbetrug der eingeleitet wurden;
1.3 der am von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verlangten und von der durchgeführten Einleitung einer Prüfung des (Halb-)Jahresabschlusses bei der .
-
Informationen zu Anfragen der BaFin oder des BAFA, die im Zusammenhang mit den Bilanzproblemen der und dem Handeln von gestellt wurden sowie die insoweit zur Verfügung gestellten Unterlagen.
-
Diese Anträge nach Ziff. 1. und 2. umfassen insbesondere alle in Ihrem Haus dazu verfügbaren Informationen, die Sie von Dritten erhalten oder selbst generiert haben. Exemplarisch aber nicht abschließend sind dies insbesondere Vertragsentwürfe, Änderungsvorschläge, Einschätzungen, Kommentierungen, Vermerke, (Gesprächs-)Protokolle, Leitungsvorlagen, Stellungnahmen, Statistiken, Schätzungen, Berechnungen, Korrespondenz, etc., die entweder
3.1 in Ihrem Haus erstellt wurden, sei es für den internen oder externen Gebrauch, oder
3.2 Ihrem Haus durch Dritte zugänglich gemacht wurden wie z.B. durch die Bundesregierung, den Bundestag, andere Landes-/Bundesbehörden, externe Experten, Verbände etc.
- Namentlich und ohne Einschränkung des Vorstehenden erfasst der Antrag auch die von übermittelten Akten im Zusammenhang mit den genannten Prüfungen, insbesondere betreffend
4.1 jegliche Kommunikation von mit den Unternehmen , und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.2 jegliche Kommunikation von mit den Treuhändern und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.3 jegliche Kommunikation von mit den Banken , und oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten sowie Aufzeichnungen darüber;
4.4 jegliche Bank- oder Saldenbestätigungen von den unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Treuhändern sowie Aufzeichnungen über deren Sichtung und/oder Bewertung;
4.5 Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke von Gesprächen mit den unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Treuhändern oder jeweils verbundenen Unternehmen und jeweils deren Repräsentanten;
4.6 Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke von Gesprächen mit Mitarbeitern der -Gruppe über die unter Ziffern 4.1. bis 4.3. genannten Unternehmen, Banken oder Kanzleien sowie über das TPA-Geschäft und die Treuhandkonten;
4.7 Vermerke und Notizen über die Bilanzierung von Umsätzen aus dem TPA-Geschäft nach IFRS 15 sowie die Bilanzierung von (angeblichem) Guthaben auf den Treuhandkonten, einschließlich Interviewprotokolle, Gesprächsnotizen oder -vermerke in diesem Zusammenhang; und
4.8 Berichte, Memoranda, Observations oder sonstige Vermerke zu forensischen Sonderuntersuchungen durch (insbesondere - ohne Beschränkung - zu Treuhandkonten, dem Third Party Acquiring-Geschäft und der Akquisition des „Payment-Geschäfts" der ).
Mit Schreiben vom 26. Januar 2021 forderte die APAS die Staatsanwaltschaft auf mitzuteilen, ob der Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf die dort geführten Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der haben könne. Die Staatsanwaltschaft bejahte dies mit Schreiben vom 15. Februar 2021.
Mit Bescheid vom 13. April 2021 lehnte die APAS den Antrag des Klägers ab. Das Bekanntwerden der Informationen könne nachteilige Auswirkungen auf ihre Aufsichtsaufgaben und die Durchführung laufender strafrechtlicher und disziplinarischer Ermittlungen haben. Die APAS nahm Bezug auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft . Dem Informationszugang stehe zudem die Verschwiegenheitspflicht der betroffenen Wirtschaftsprüfer, die Amtsverschwiegenheitspflicht der APAS, das aufsichtsrechtliche Geheimnis, die Einstufung der Unterlagen als Verschlusssache „VS-Vertraulich“ sowie der Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten entgegen. Es handele sich um vertraulich erhobene und übermittelte Informationen. Einem teilweisen Informationszugang stehe der Einwand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands entgegen. Die Akten umfassten über 40 Leitzordner und enorme Mengen elektronischer Daten, insbesondere ca. 18.000 Dateien mit Arbeitspapieren von und einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. In diesen Dateien seien zusätzlich rund 800 Zip-Dateien enthalten, die potentiell eine Vielzahl weiterer Dateien enthalten könnten. Es sei der APAS unzumutbar zu prüfen, welche dieser Informationen welchem der genannten Ausschlussgründe unterfielen.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. April 2021 Widerspruch. Er forderte die APAS auf, zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands eine Inhaltsübersicht der vorhandenen Unterlagen zu erstellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2021 wies die APAS den Widerspruch zurück. Den Informationszugang versagte sie im Wesentlichen mit der Begründung des Ausgangsbescheids. Die Erstellung einer Inhaltsübersicht lehnte sie ab, weil dies ebenfalls mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden sei.
Der Kläger hat am 13. August 2021 Klage erhoben. Er trägt vor, die mit dem Hauptantrag im Wege der Stufenklage zunächst begehrte Inhaltsübersicht und im Anschluss begehrte Gewährung von Informationszugang sei zulässig. Eine weitere Konkretisierung des Zugangsantrags sei ohne die geforderte Inhaltsübersicht nicht möglich. Die Interessenlage sei mit der Geltendmachung eines nicht bezifferbaren Zahlungsanspruchs vergleichbar. Er müsse die Möglichkeit haben, seinen Antrag so zu konkretisieren, dass er am Ende erfüll- und vollstreckbar sei. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes müsse es ihm möglich sein, die von der Behörde verweigerte Kooperation zu erzwingen. Andernfalls könne die Behörde den Informationszugang – wie hier – unter Berufung auf den Verwaltungsaufwand verweigern, ohne dass er eine Anpassung seines Antrags vornehmen könne, die diesen Einwand entfallen lasse. Der Anspruch auf Bereitstellung der Übersicht ergebe sich aus der Kooperationspflicht der Beklagten. Die Erstellung der Inhaltsübersicht verursache keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand.
Dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang stünden keine Ausschlussgründe entgegen. Insbesondere habe das Bekanntwerden der Informationen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung der Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft. Die Beklagte habe die sie treffende volle Darlegungslast nicht erfüllt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Staatsanwaltschaft den gesamten bei der Beklagten vorhandenen Aktenbestand beigezogen habe. Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft wiesen keinen Bezug zu konkreten Unterlagen auf. Der Staatsanwaltschaft stehe etwaiges Beweismaterial bereits unentziehbar zur Verfügung. Es sei davon auszugehen, dass die von und der erstellten Unterlagen den potentiellen Beschuldigten bekannt seien. Die Tatvorwürfe setzten gerade die Kenntnis der Beschuldigten von den begehrten Informationen voraus. Die Ermittlungsverfahren seien öffentlich bekannt. Die Verfahren gegen Journalisten der und sogenannte Shortseller seien eingestellt.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 im Wege einer Stufenklage zu verpflichten,
a) ihm zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes Auskunft über den Bestand an Informationen zu dem mit Antrag vom 25. November 2020 begehrten Informationen betreffenden Komplex zu erteilen, und zwar durch Vorlage einer Inhaltsübersicht der vorhandenen Unterlagen, die es ihm ermöglicht, sein Informationsbegehren nach dem tatsächlichen Umfang einzuschränken und inhaltlich zu präzisieren sowie
b) an ihn nach Vorlage der Inhaltsübersicht und Auswahl der im Verzeichnis aufgeführten Dokumente und Dateien, Zugang zu diesen Informationen zu gewähren,
- hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 zu verpflichten, ihm Zugang zu den mit Antrag vom 25. November 2020 begehrten Informationen (ohne die dortigen Nummern5 bis 7) zu gewähren und diese Informationen tatsächlich zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Stufenklage sei unzulässig. Die Auskunft diene nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs. Eine analoge Anwendung sei nicht angezeigt. Dem Kläger stehe es frei, seinen Antrag so zu gestalten, dass mit ihm kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden sei. Der Informationszugang könne nachteilige Auswirkungen auf die Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft haben. Die Beklagte bezieht sich hierfür zuletzt auf eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 27. Januar 2023.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.
I. Das Verwaltungsgericht Berlin ist gemäß §52 Nr.2 S.1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - örtlich zuständig. Danach ist bei Verpflichtungsklagen, die auf den Erlass eines Verwaltungsakts einer Bundesbehörde gerichtet sind, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde ihren Sitz hat. Die APAS hat ihren Sitz in Berlin (§4 Abs.1 S.1 der Geschäftsordnung der APAS) und ist eine „Bundesbehörde“ in diesem Sinne.
Dieser Begriff erfasst vom Bund eingerichtete Verwaltungseinheiten, die nach außen selbstständig handeln (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, §52 Rn. 16; VG Berlin, Beschluss vom 26. September 2013 – VG 4 K 472/13 – juris Rn. 5; VG Wiesbaden, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 K 1764/16.WI – juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall.
Die APAS ist gemäß §66a Abs.2 der Wirtschaftsprüferordnung zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EU) Nr.537/2014. Sie erledigt die ihr übertragenen Aufgaben – trotz ihrer organisatorischen Eingliederung als Abteilung 1 des BAFA (§4 Abs.2 der Geschäftsordnung der APAS) – in eigener Zuständigkeit (§1 Abs.2 S.1 des Gesetzes zur Einrichtung einer Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - APASErG; vgl. auch BT-Drs. 18/6282 S.110: „Behörde im funktionalen Sinne“). Für ihre Stellung als eigenständige Behörde spricht auch ihre Einrichtung „beim“ BAFA (§1 Abs.1 APASErG; vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1970 – VIII C 89/68 – BVerwGE 36, 317, 322).
II. Die mit dem Hauptantrag erhobene Stufenklage ist unzulässig. Nach §173 S.1 VwGO ist die Zivilprozessordnung - ZPO - entsprechend anzuwenden, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Gemäß §254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht gegeben.
Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen §253 Abs.2 Nr.2 ZPO bzw. §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH, Urteile vom 2. März 2000 – III ZR 65/99 – NJW 2000, 1645, 1646, vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953, vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816 und vom 6. April 2016 – VIII ZR 143/15 – NJW 2017, 156, 157). So liegt der Fall hier nicht.
Der Kläger ist ohne die Inhaltsübersicht der bei der APAS vorhandenen Unterlagen (erste Stufe) in der Lage, einen den Anforderungen aus §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO genügenden Antrag auf Informationszugang (zweite Stufe) zu stellen. Der Antrag des Klägers vom 25. November 2020 belegt dies. Dieser lässt in zeitlicher (Geschäftsjahre 2009–2018) wie auch thematischer Hinsicht (Untersuchungshandlungen der APAS im Zusammenhang mit der , berufsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen , Prüfung des [Halb-]Jahresabschlusses durch die , Anfragen der BaFin oder des BAFA im Zusammenhang mit den Bilanzproblemen der und dem Handeln von; vgl. Ziffern 1 und 2 des Antrags vom 25. November 2020) und gegenständlich (Vertragsentwürfe, Änderungsvorschläge, Einschätzungen usw. insbesondere bezüglich bestimmter Unternehmen, Treuhänder und Banken; vgl. Ziffern 3 und 4 des Antrags) einen Bezug zu den begehrten Informationen hinreichend konkret erkennen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7 f.). Der in dieser Form gestellte Antrag wäre auch vollstreckbar bzw. kann vom Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht (§86 Abs.1 VwGO) vollstreckbar gemacht werden; die vom Kläger begehrten Informationen befinden sich bei der Beklagten im Referat 123 in der „Verfahrensakte -Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“, in den „elektronischen Arbeitspapieren /“, in 12 Mitarbeiter-Verfahrensakten sowie unter dem Dateinamen „E-Mail-Verkehr“.
Die Vorlage der Inhaltsübersicht dient ausweislich des Antrags des Klägers („zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes“) dem Zweck, durch die Auswahl einzelner Informationen aus der Übersicht den von der Beklagten erhobenen Einwand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands auszuräumen. Dies ist von §254 ZPO nicht gedeckt. Denn die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern und insbesondere nicht das allgemeine Prozessrisiko nehmen, das sich aus möglichen rechtsvernichtenden Einwendungen des Beklagten ergibt (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953 und vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816).
Nichts anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers aus der in §173 S.1 VwGO vorgesehenen „entsprechenden“ Anwendung der Zivilprozessordnung. Auch bei einer entsprechenden Anwendung müssen die Voraussetzungen der jeweiligen Vorschrift gegeben sein. Das folgt aus dem Zweck der Verweisung, das Verwaltungsprozessrecht in einem möglichst großen Umfang mit dem Zivilprozessrecht zu vereinheitlichen (vgl. Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 2014, §173 Rn. 14 f.). Demgegenüber will der Kläger mit seiner Stufenklage aber gerade die Voraussetzungen von §254 ZPO überwinden. Hierfür besteht aus verwaltungsprozessualer Sicht kein Bedürfnis. Anders als der Kläger meint, fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Stufenklage ermöglicht es dem Gläubiger eines unbestimmbaren Leistungsanspruchs, diesen sogleich mit dem Auskunftsanspruch rechtshängig zu machen. Damit wird zum einen die Verjährung des Leistungsanspruchs gehemmt (§204 Abs.1 Nr.1 BGB). Zum anderen ist der Gläubiger nicht gezwungen, die Höhe des Leistungsanspruchs zu schätzen und sich damit der Gefahr einer (Teil-)Abweisung der Klage und der damit einhergehenden Kostenlast auszusetzen (vgl. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2023, §254 Rn. 2; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, §254 Rn. 2 f.). Der Informationszugangsanspruch unterliegt keiner Verjährung und die Inhaltsübersicht dient nicht der Vermeidung der aus der fehlenden Bestimmtheit des Leistungsanspruchs folgenden Kostenlast.
Die vom Kläger angeführten Urteile (OVG Koblenz, Urteil vom 24. November 2000 – 10 A 10513/00 – DVBl. 2001, 752; VG Saarlouis, Urteil vom 8. Juli 2010 – 6 K 214/08 – juris Rn. 21; VG Arnsberg, Urteil vom 23. September 2015 – 10 K 121/14 – juris Rn. 40 ff.; VG Potsdam, Urteil vom 29. Januar 2020 – 13 K 6500/17 – juris Rn. 27 f.) verhalten sich nicht zur Anwendung der Stufenklage bei bestimmbaren Leistungsansprüchen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Datenschutzrecht (Urteile vom 27. April 2021 – 2 AZR 342/20 – NJW 2021, 2379 Rn. 20 und vom 16. Dezember 2021 – 2 AZR 235/21 – NJW 2022, 960 Rn. 33). Das Urteil der Kammer vom 12. Oktober 2009 (VG 2 A 20/08 – juris Rn. 59) betrifft §113 Abs.4 VwGO und nicht §254 ZPO. Auch den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Informationszugangsantrags (Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7) ist keine Aussage zur Zulässigkeit der Stufenklage zu entnehmen.
III. Mit dem Hilfsantrag ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 S.1 VwGO).
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 S.1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“, die begehrten Unterlagen sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 IFG und die APAS ist auch bei der für §1 Abs.1 S.1 IFG maßgeblichen funktionalen Betrachtung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – 10 C 1/21 – NVwZ 2022, 1565 Rn. 16) eine Behörde des Bundes.
Der Anspruch auf Informationszugang ist aber gemäß §3 Nr.1 Buchst. g Var. 3 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben kann.
Solche Auswirkungen sind gegeben, wenn auf Grund der konkreten Umstände eine Beeinträchtigung der Effektivität staatlicher Ermittlungstätigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die informationspflichtige Stelle muss im Zusammenwirken mit der Staatsanwaltschaft in nachvollziehbarer Weise Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen des Versagungsgrunds vorliegen. Wenn Akten wegen ihres thematischen Bezugs zum Untersuchungsgegenstand in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einbezogen worden sind, liegt die Möglichkeit nahe, dass die in ihnen enthaltenen Informationen noch nicht offengelegt werden dürfen. Soweit diese Vermutung reicht, unterliegt die Verwaltungsbehörde herabgesetzten Anforderungen an die Darlegung des Ausschlussgrunds. Steht dagegen – wie hier – nicht fest, dass die Staatsanwaltschaft sämtliche begehrten Informationen beigezogen hat, trifft die informationspflichtige Stelle die volle Darlegungslast. Sie muss begründen, warum die Unterlagen wegen ihres thematischen Bezugs für weitere Ermittlungen bedeutsam sein können und inwiefern die Bekanntgabe der in ihnen enthaltenen Informationen geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823 Rn. 16 ff.).
Die Beklagte hat unter Vorlage der Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vom 15. Februar 2021 und vom 27. Januar 2023 nachvollziehbar begründet, dass die vom Kläger begehrten Informationen wegen ihres thematischen Bezugs für die Ermittlungen bedeutsam sein können (dazu 1.) und ihre Bekanntgabe geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (2.).
- Die Staatsanwaltschaft führt unter dem Aktenzeichen ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und gewerbsmäßiger Untreue. Das Verfahren richtet sich gegen ehemalige Mitarbeiter der . Der Kreis der tatbeteiligten Personen ist aber noch nicht abschließend beurteilbar. Gegen drei Personen hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen einzelner Sachverhalte abgetrennt und zur Anklage gebracht. Im Übrigen ist das Ermittlungsverfahren noch anhängig. Daneben führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Mitarbeiter von wegen der Verletzung von Berichtspflichten (Az. ). Gegen die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder der ist ein Verfahren unter dem Az. anhängig.
Die Beklagte hat den inhaltlichen Bezug der begehrten Informationen für diese Ermittlungen ausreichend dargelegt. Dabei ist hier eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung entbehrlich, obwohl die Staatsanwaltschaft (noch) nicht sämtliche vom Kläger begehrten Unterlagen bei der APAS beigezogen hat. Die Beklagte beruft sich hier nicht auf eine Vermutungswirkung. Mit ihrem Vortrag genügt sie vielmehr wegen der Besonderheit des Falles der ihr obliegenden vollen Darlegungslast.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft den genauen Inhalt des Zugangsantrags des Klägers übermittelt und diese hat daraufhin der Offenlegung dieser Informationen insgesamt widersprochen. Die Staatsanwaltschaft hat ausdrücklich darauf abgestellt, dass auch die Unterlagen, die bei der APAS vorliegen, insbesondere zu den Prüfungshandlungen der , aber auch zu den Ermittlungen und Untersuchungen der APAS selbst, eine wichtige Erkenntnisquelle für sämtliche anhängige Ermittlungsverfahren sind. Sie begründet dies damit, dass die Verfahren zueinander in einem Bedingungsverhältnis stehen, da zwischen ihnen, auch aufgrund der Zugehörigkeit aller Teile der zum gleichen Konzern und der engen personellen und fachlichen Verzahnung innerhalb des Konzerns, vielfältige Querverbindungen und Überschneidungen vorliegen. Die Ermittlungen befänden sich in einem frühen Stadium, der überaus komplexe und weit gefächerte Sachverhalt sei noch nicht ausermittelt und der Kreis der Beschuldigten stehe nicht abschließend fest. In sämtlichen Verfahren gebe es Bezüge zu den jeweils weiteren Verfahren, und es sei davon auszugehen, dass mit fortschreitenden Ermittlungen noch zahlreiche strafrechtlich relevante Komplexe aufgedeckt würden, die bislang nicht bekannt seien oder deren konkrete strafrechtliche Bedeutung noch nicht erkennbar sei, weil die Bezüge zu den weiteren Verfahren oder die hierfür maßgeblichen Informationen noch nicht feststellbar seien. Bei dieser Sachlage ist der von der Staatsanwaltschaft festgestellte Bezug der begehrten Informationen zu ihren Ermittlungen hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Dies steht nicht – wie der Kläger meint – im Widerspruch zu den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen im Urteil vom 27. November 2014 (7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823). Nach dieser Entscheidung ist eine dokumentenspezifische Darlegung nicht in jedem Einzelfall zwingend geboten; vielmehr geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung erforderlich sein „kann“, wenn die Beklagte – wie hier – die volle Darlegungslast trifft (Rn. 25).
- Aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft ergibt sich plausibel, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen geeignet ist, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu gefährden. Danach steht zu befürchten, dass die Informationen zur Kenntnis solcher Personen gelangen, die in dem Gesamtkomplex als Gehilfen oder Mittäter eingebunden waren, aber bisher nicht bekannt sind. Dies gelte insbesondere für das Verfahren , aber auch das gegen Mitarbeiter von geführte Verfahren, da davon auszugehen sei, dass neben den bisher als Beschuldigten geführten Personen weitere Personen eingebunden waren, die befürchten müssten, entdeckt und strafrechtlich verfolgt zu werden. Bei diesen im Einzelnen noch nicht genau bekannten Beteiligten stehe zu befürchten, dass diese noch vorhandene Beweismittel vernichten oder sich mit den weiteren Beteiligten absprechen, um ihre eigene Beteiligung zu verschleiern. Dies gelte gerade vor dem Hintergrund der bereits festgestellten hohen kriminellen Energie und dem verdeckten und verschleiernden Vorgehen der Beteiligten. Darüber hinaus hebt die Staatsanwaltschaft darauf ab, dass die vorzeitige Bekanntgabe der Erkenntnisse der APAS zu entsprechenden Verwerfungen in den bei ihr geführten Ermittlungsverfahren führen und deren erfolgreichen Abschluss gefährden könnte, jedenfalls eine massive Beeinträchtigung zu befürchten sei, falls die Unterlagen der APAS in ihrer Gesamtheit veröffentlicht würden.
Diese Prognose zieht der Kläger nicht mit Erfolg in Zweifel. Sein Vortrag, etwaige Beweismittel lägen der Staatsanwaltschaft unentziehbar vor, geht an den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vorbei. Denn diese stützt ihre Befürchtung gerade nicht auf die Unterdrückung von ihr bereits bekannten Unterlagen, sondern auf die Vernichtung von Beweismitteln durch bzw. die Absprache zwischen möglichen Beschuldigten. Die Vermutung des Klägers, es sei davon auszugehen, dass die Informationen potentiellen Beschuldigten bekannt seien, ist nicht überzeugend. Es leuchtet bereits nicht ein, dass die der APAS vorliegenden Informationen dem noch nicht abschließend beurteilbaren Kreis aller potentiell Beschuldigten bekannt sind. Zudem spricht nichts dafür, dass die Beschuldigten auch wissen, welche Unterlagen der Staatsanwaltschaft vorliegen.
Der Umstand, dass die Ermittlungsverfahren öffentlich bekannt sind, stellt die Prognose der Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht infrage. Soweit ersichtlich sind weder der Informationsstand der Staatsanwaltschaft noch die weiteren Ermittlungsansätze bekannt. Die Staatsanwaltschaft weist vielmehr darauf hin, dass die Ermittlungen fortschreiten und davon auszugehen ist, dass bislang nicht bekannte Komplexe aufgedeckt werden, die wiederum Bezüge zu anderen Verfahren aufweisen. Im Übrigen beruft sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 27. Januar 2023 nicht (mehr) auf eine Gefährdung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Artikeln der , so dass der Einwand des Klägers, dieses Verfahren sei mittlerweile eingestellt, ohnehin nicht greift.
Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. §709 S.2 ZPO.
Die Berufung wird gemäß §124a Abs.1 S.1, §124 Abs.2 Nr.3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob eine Stufenklage zulässig ist, wenn bei Klagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands auf der ersten Stufe die Vorlage einer Inhaltsübersicht über die vorhandenen Informationen und auf der zweiten Stufe Zugang zu im Einzelnen näher auszuwählenden Informationen begehrt wird.
Entscheidungsgründe
I. Das Verwaltungsgericht Berlin ist gemäß §52 Nr.2 S.1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - örtlich zuständig. Danach ist bei Verpflichtungsklagen, die auf den Erlass eines Verwaltungsakts einer Bundesbehörde gerichtet sind, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde ihren Sitz hat. Die APAS hat ihren Sitz in Berlin (§4 Abs.1 S.1 der Geschäftsordnung der APAS) und ist eine „Bundesbehörde“ in diesem Sinne.
Dieser Begriff erfasst vom Bund eingerichtete Verwaltungseinheiten, die nach außen selbstständig handeln (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, §52 Rn. 16; VG Berlin, Beschluss vom 26. September 2013 – VG 4 K 472/13 – juris Rn. 5; VG Wiesbaden, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 K 1764/16.WI – juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall.
Die APAS ist gemäß §66a Abs.2 der Wirtschaftsprüferordnung zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EU) Nr.537/2014. Sie erledigt die ihr übertragenen Aufgaben – trotz ihrer organisatorischen Eingliederung als Abteilung 1 des BAFA (§4 Abs.2 der Geschäftsordnung der APAS) – in eigener Zuständigkeit (§1 Abs.2 S.1 des Gesetzes zur Einrichtung einer Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - APASErG; vgl. auch BT-Drs. 18/6282 S.110: „Behörde im funktionalen Sinne“). Für ihre Stellung als eigenständige Behörde spricht auch ihre Einrichtung „beim“ BAFA (§1 Abs.1 APASErG; vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1970 – VIII C 89/68 – BVerwGE 36, 317, 322).
II. Die mit dem Hauptantrag erhobene Stufenklage ist unzulässig. Nach §173 S.1 VwGO ist die Zivilprozessordnung - ZPO - entsprechend anzuwenden, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Gemäß §254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht gegeben.
Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen §253 Abs.2 Nr.2 ZPO bzw. §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (BGH, Urteile vom 2. März 2000 – III ZR 65/99 – NJW 2000, 1645, 1646, vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953, vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816 und vom 6. April 2016 – VIII ZR 143/15 – NJW 2017, 156, 157). So liegt der Fall hier nicht.
Der Kläger ist ohne die Inhaltsübersicht der bei der APAS vorhandenen Unterlagen (erste Stufe) in der Lage, einen den Anforderungen aus §82 Abs.1 S.1 und 2 VwGO genügenden Antrag auf Informationszugang (zweite Stufe) zu stellen. Der Antrag des Klägers vom 25. November 2020 belegt dies. Dieser lässt in zeitlicher (Geschäftsjahre 2009–2018) wie auch thematischer Hinsicht (Untersuchungshandlungen der APAS im Zusammenhang mit der , berufsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen , Prüfung des [Halb-]Jahresabschlusses durch die , Anfragen der BaFin oder des BAFA im Zusammenhang mit den Bilanzproblemen der und dem Handeln von; vgl. Ziffern 1 und 2 des Antrags vom 25. November 2020) und gegenständlich (Vertragsentwürfe, Änderungsvorschläge, Einschätzungen usw. insbesondere bezüglich bestimmter Unternehmen, Treuhänder und Banken; vgl. Ziffern 3 und 4 des Antrags) einen Bezug zu den begehrten Informationen hinreichend konkret erkennen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7 f.). Der in dieser Form gestellte Antrag wäre auch vollstreckbar bzw. kann vom Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht (§86 Abs.1 VwGO) vollstreckbar gemacht werden; die vom Kläger begehrten Informationen befinden sich bei der Beklagten im Referat 123 in der „Verfahrensakte -Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“, in den „elektronischen Arbeitspapieren /“, in 12 Mitarbeiter-Verfahrensakten sowie unter dem Dateinamen „E-Mail-Verkehr“.
Die Vorlage der Inhaltsübersicht dient ausweislich des Antrags des Klägers („zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes“) dem Zweck, durch die Auswahl einzelner Informationen aus der Übersicht den von der Beklagten erhobenen Einwand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands auszuräumen. Dies ist von §254 ZPO nicht gedeckt. Denn die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern und insbesondere nicht das allgemeine Prozessrisiko nehmen, das sich aus möglichen rechtsvernichtenden Einwendungen des Beklagten ergibt (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 2002 – VII ZR 260/01 – NJW 2002, 2952, 2953 und vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815, 1816).
Nichts anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers aus der in §173 S.1 VwGO vorgesehenen „entsprechenden“ Anwendung der Zivilprozessordnung. Auch bei einer entsprechenden Anwendung müssen die Voraussetzungen der jeweiligen Vorschrift gegeben sein. Das folgt aus dem Zweck der Verweisung, das Verwaltungsprozessrecht in einem möglichst großen Umfang mit dem Zivilprozessrecht zu vereinheitlichen (vgl. Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 2014, §173 Rn. 14 f.). Demgegenüber will der Kläger mit seiner Stufenklage aber gerade die Voraussetzungen von §254 ZPO überwinden. Hierfür besteht aus verwaltungsprozessualer Sicht kein Bedürfnis. Anders als der Kläger meint, fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Stufenklage ermöglicht es dem Gläubiger eines unbestimmbaren Leistungsanspruchs, diesen sogleich mit dem Auskunftsanspruch rechtshängig zu machen. Damit wird zum einen die Verjährung des Leistungsanspruchs gehemmt (§204 Abs.1 Nr.1 BGB). Zum anderen ist der Gläubiger nicht gezwungen, die Höhe des Leistungsanspruchs zu schätzen und sich damit der Gefahr einer (Teil-)Abweisung der Klage und der damit einhergehenden Kostenlast auszusetzen (vgl. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2023, §254 Rn. 2; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, §254 Rn. 2 f.). Der Informationszugangsanspruch unterliegt keiner Verjährung und die Inhaltsübersicht dient nicht der Vermeidung der aus der fehlenden Bestimmtheit des Leistungsanspruchs folgenden Kostenlast.
Die vom Kläger angeführten Urteile (OVG Koblenz, Urteil vom 24. November 2000 – 10 A 10513/00 – DVBl. 2001, 752; VG Saarlouis, Urteil vom 8. Juli 2010 – 6 K 214/08 – juris Rn. 21; VG Arnsberg, Urteil vom 23. September 2015 – 10 K 121/14 – juris Rn. 40 ff.; VG Potsdam, Urteil vom 29. Januar 2020 – 13 K 6500/17 – juris Rn. 27 f.) verhalten sich nicht zur Anwendung der Stufenklage bei bestimmbaren Leistungsansprüchen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Datenschutzrecht (Urteile vom 27. April 2021 – 2 AZR 342/20 – NJW 2021, 2379 Rn. 20 und vom 16. Dezember 2021 – 2 AZR 235/21 – NJW 2022, 960 Rn. 33). Das Urteil der Kammer vom 12. Oktober 2009 (VG 2 A 20/08 – juris Rn. 59) betrifft §113 Abs.4 VwGO und nicht §254 ZPO. Auch den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Informationszugangsantrags (Beschluss vom 11. Juni 2019 – 6 A 2/17 – NVwZ 2019, 1211 Rn. 7) ist keine Aussage zur Zulässigkeit der Stufenklage zu entnehmen.
III. Mit dem Hilfsantrag ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 13. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 S.1 VwGO).
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 S.1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“, die begehrten Unterlagen sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 IFG und die APAS ist auch bei der für §1 Abs.1 S.1 IFG maßgeblichen funktionalen Betrachtung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – 10 C 1/21 – NVwZ 2022, 1565 Rn. 16) eine Behörde des Bundes.
Der Anspruch auf Informationszugang ist aber gemäß §3 Nr.1 Buchst. g Var. 3 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben kann.
Solche Auswirkungen sind gegeben, wenn auf Grund der konkreten Umstände eine Beeinträchtigung der Effektivität staatlicher Ermittlungstätigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die informationspflichtige Stelle muss im Zusammenwirken mit der Staatsanwaltschaft in nachvollziehbarer Weise Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen des Versagungsgrunds vorliegen. Wenn Akten wegen ihres thematischen Bezugs zum Untersuchungsgegenstand in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einbezogen worden sind, liegt die Möglichkeit nahe, dass die in ihnen enthaltenen Informationen noch nicht offengelegt werden dürfen. Soweit diese Vermutung reicht, unterliegt die Verwaltungsbehörde herabgesetzten Anforderungen an die Darlegung des Ausschlussgrunds. Steht dagegen – wie hier – nicht fest, dass die Staatsanwaltschaft sämtliche begehrten Informationen beigezogen hat, trifft die informationspflichtige Stelle die volle Darlegungslast. Sie muss begründen, warum die Unterlagen wegen ihres thematischen Bezugs für weitere Ermittlungen bedeutsam sein können und inwiefern die Bekanntgabe der in ihnen enthaltenen Informationen geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823 Rn. 16 ff.).
Die Beklagte hat unter Vorlage der Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vom 15. Februar 2021 und vom 27. Januar 2023 nachvollziehbar begründet, dass die vom Kläger begehrten Informationen wegen ihres thematischen Bezugs für die Ermittlungen bedeutsam sein können (dazu 1.) und ihre Bekanntgabe geeignet wäre, den Untersuchungszweck zu gefährden (2.).
- Die Staatsanwaltschaft führt unter dem Aktenzeichen ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und gewerbsmäßiger Untreue. Das Verfahren richtet sich gegen ehemalige Mitarbeiter der . Der Kreis der tatbeteiligten Personen ist aber noch nicht abschließend beurteilbar. Gegen drei Personen hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen einzelner Sachverhalte abgetrennt und zur Anklage gebracht. Im Übrigen ist das Ermittlungsverfahren noch anhängig. Daneben führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Mitarbeiter von wegen der Verletzung von Berichtspflichten (Az. ). Gegen die ehemaligen Aufsichtsratsmitglieder der ist ein Verfahren unter dem Az. anhängig.
Die Beklagte hat den inhaltlichen Bezug der begehrten Informationen für diese Ermittlungen ausreichend dargelegt. Dabei ist hier eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung entbehrlich, obwohl die Staatsanwaltschaft (noch) nicht sämtliche vom Kläger begehrten Unterlagen bei der APAS beigezogen hat. Die Beklagte beruft sich hier nicht auf eine Vermutungswirkung. Mit ihrem Vortrag genügt sie vielmehr wegen der Besonderheit des Falles der ihr obliegenden vollen Darlegungslast.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26. Januar 2021 der Staatsanwaltschaft den genauen Inhalt des Zugangsantrags des Klägers übermittelt und diese hat daraufhin der Offenlegung dieser Informationen insgesamt widersprochen. Die Staatsanwaltschaft hat ausdrücklich darauf abgestellt, dass auch die Unterlagen, die bei der APAS vorliegen, insbesondere zu den Prüfungshandlungen der , aber auch zu den Ermittlungen und Untersuchungen der APAS selbst, eine wichtige Erkenntnisquelle für sämtliche anhängige Ermittlungsverfahren sind. Sie begründet dies damit, dass die Verfahren zueinander in einem Bedingungsverhältnis stehen, da zwischen ihnen, auch aufgrund der Zugehörigkeit aller Teile der zum gleichen Konzern und der engen personellen und fachlichen Verzahnung innerhalb des Konzerns, vielfältige Querverbindungen und Überschneidungen vorliegen. Die Ermittlungen befänden sich in einem frühen Stadium, der überaus komplexe und weit gefächerte Sachverhalt sei noch nicht ausermittelt und der Kreis der Beschuldigten stehe nicht abschließend fest. In sämtlichen Verfahren gebe es Bezüge zu den jeweils weiteren Verfahren, und es sei davon auszugehen, dass mit fortschreitenden Ermittlungen noch zahlreiche strafrechtlich relevante Komplexe aufgedeckt würden, die bislang nicht bekannt seien oder deren konkrete strafrechtliche Bedeutung noch nicht erkennbar sei, weil die Bezüge zu den weiteren Verfahren oder die hierfür maßgeblichen Informationen noch nicht feststellbar seien. Bei dieser Sachlage ist der von der Staatsanwaltschaft festgestellte Bezug der begehrten Informationen zu ihren Ermittlungen hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Dies steht nicht – wie der Kläger meint – im Widerspruch zu den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen im Urteil vom 27. November 2014 (7 C 18/12 – NVwZ 2015, 823). Nach dieser Entscheidung ist eine dokumentenspezifische Darlegung nicht in jedem Einzelfall zwingend geboten; vielmehr geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine nach einzelnen Aktenbestandteilen differenzierende Prüfung und Begründung erforderlich sein „kann“, wenn die Beklagte – wie hier – die volle Darlegungslast trifft (Rn. 25).
- Aus den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft ergibt sich plausibel, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen geeignet ist, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu gefährden. Danach steht zu befürchten, dass die Informationen zur Kenntnis solcher Personen gelangen, die in dem Gesamtkomplex als Gehilfen oder Mittäter eingebunden waren, aber bisher nicht bekannt sind. Dies gelte insbesondere für das Verfahren , aber auch das gegen Mitarbeiter von geführte Verfahren, da davon auszugehen sei, dass neben den bisher als Beschuldigten geführten Personen weitere Personen eingebunden waren, die befürchten müssten, entdeckt und strafrechtlich verfolgt zu werden. Bei diesen im Einzelnen noch nicht genau bekannten Beteiligten stehe zu befürchten, dass diese noch vorhandene Beweismittel vernichten oder sich mit den weiteren Beteiligten absprechen, um ihre eigene Beteiligung zu verschleiern. Dies gelte gerade vor dem Hintergrund der bereits festgestellten hohen kriminellen Energie und dem verdeckten und verschleiernden Vorgehen der Beteiligten. Darüber hinaus hebt die Staatsanwaltschaft darauf ab, dass die vorzeitige Bekanntgabe der Erkenntnisse der APAS zu entsprechenden Verwerfungen in den bei ihr geführten Ermittlungsverfahren führen und deren erfolgreichen Abschluss gefährden könnte, jedenfalls eine massive Beeinträchtigung zu befürchten sei, falls die Unterlagen der APAS in ihrer Gesamtheit veröffentlicht würden.
Diese Prognose zieht der Kläger nicht mit Erfolg in Zweifel. Sein Vortrag, etwaige Beweismittel lägen der Staatsanwaltschaft unentziehbar vor, geht an den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft vorbei. Denn diese stützt ihre Befürchtung gerade nicht auf die Unterdrückung von ihr bereits bekannten Unterlagen, sondern auf die Vernichtung von Beweismitteln durch bzw. die Absprache zwischen möglichen Beschuldigten. Die Vermutung des Klägers, es sei davon auszugehen, dass die Informationen potentiellen Beschuldigten bekannt seien, ist nicht überzeugend. Es leuchtet bereits nicht ein, dass die der APAS vorliegenden Informationen dem noch nicht abschließend beurteilbaren Kreis aller potentiell Beschuldigten bekannt sind. Zudem spricht nichts dafür, dass die Beschuldigten auch wissen, welche Unterlagen der Staatsanwaltschaft vorliegen.
Der Umstand, dass die Ermittlungsverfahren öffentlich bekannt sind, stellt die Prognose der Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht infrage. Soweit ersichtlich sind weder der Informationsstand der Staatsanwaltschaft noch die weiteren Ermittlungsansätze bekannt. Die Staatsanwaltschaft weist vielmehr darauf hin, dass die Ermittlungen fortschreiten und davon auszugehen ist, dass bislang nicht bekannte Komplexe aufgedeckt werden, die wiederum Bezüge zu anderen Verfahren aufweisen. Im Übrigen beruft sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 27. Januar 2023 nicht (mehr) auf eine Gefährdung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Artikeln der , so dass der Einwand des Klägers, dieses Verfahren sei mittlerweile eingestellt, ohnehin nicht greift.
Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. §709 S.2 ZPO.
Die Berufung wird gemäß §124a Abs.1 S.1, §124 Abs.2 Nr.3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob eine Stufenklage zulässig ist, wenn bei Klagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands auf der ersten Stufe die Vorlage einer Inhaltsübersicht über die vorhandenen Informationen und auf der zweiten Stufe Zugang zu im Einzelnen näher auszuwählenden Informationen begehrt wird.
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