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Newsletter vom 28. Februar 2021

Gesetzesänderung verhindert Aufklärung des Cum-Ex-Skandals

FragDenStaat-Newsletter

Hallo!

 

Die Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte sind der größte Steuerbetrug der deutschen Geschichte. Doch wie sieht es eigentlich mit der Aufklärungsarbeit aus? Auf den Milliardenbetrug folgte gleich der zweite Skandal: Viele Forderungen gegen die Betrüger sind bereits verjährt, ein politischer Wille zur Aufklärung oder überhaupt zur ursprünglichen Verhinderung der Betrugsgeschäfte ist nicht erkennbar.

 

Martin Modlinger von der Stiftung Erneuerbare Freiheit beantragte bei allen Landesfinanzbehörden Einsicht in die Akten zum Umgang mit den Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften. Er berief sich dabei auf die Informationsfreiheitsgesetze der Länder und des Bundes. Ablehnung, wilde Ausreden und ein erfolgloser Gerichtstermin folgten. Nächster Schritt: Berufung!

 

CC BY-NC-ND 2.0, barnyz

Transparenz und Vertraulichkeit

Die Finanzministerien begründeten ihre Ablehungen damit, dass Bund und Länder sich darauf verlassen müssen können, dass die Protokolle zu Cum-Ex-Beratungen geheim sind und bleiben. Ansonsten würde die Vertrauenswürdigkeit der Behörden nachhaltig Schaden nehmen.

 

Modlinger sah das genau umgekehrt: Wenn die Finanzbehörden hier nicht transparent über ihr Handeln oder Nichthandeln informieren, nimmt deren Vertrauenswürdigkeit in der Öffentlichkeit irreparablen Schaden. Er klagte also gegen die Intransparenz.

Worauf stützt sich diese Argumentation?

Wie wir vor einem Jahr berichteten, arbeitete das Bundesfinanzministerium daran, die Informationsfreiheitsgesetze durch die Hintertür auszuhebeln. Im E-Auto-Gesetz versteckte es eine Vorschrift, die Auskunftsansprüche ausschließen soll. Der Bundestag beschloss das Gesetz, ohne dass die Änderung zur Sprache kam. In § 21a Finanzverwaltungsgesetz, der die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Finanzverwaltung regelt, heißt es seither: „Die Vertraulichkeit der Sitzungen ist zu wahren, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde. Für Beratungen im schriftlichen Verfahren gilt entsprechendes.“

 

Unter Berufung auf diese Vorschrift hat das Verwaltungsgericht Bremen jetzt Modlingers Klage auf Herausgabe von Akten zum Cum-Ex- und Cum-Cum-Skandal abgewiesen: „Durch die Weitergabe dieser Informationen würde die Beklagte ihre Vertraulichkeitspflicht verletzen“, so das Gericht in seinem Urteil vom 8. Februar.

Wir geben uns mit dem Urteil nicht zufrieden!

David Werdermann von Thomas Rechtsanwälte kritisiert das Urteil des Bremer Verwaltungsgericht: "Wenn sich die Auffassung des Gerichts durchsetzen sollte, können sich Bund und Länder praktisch immer wechselseitig von den Transparenzpflichten der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze befreien. Das entspricht weder dem Grundrecht auf Informationsfreiheit noch dem Sinn und Zweck der föderalen Ordnung."


Wir haben Modlinger unsere Unterstützung zugesagt: Gemeinsam beantragen wir die Zulassung der Berufung. Hilf auch Du mit deiner Spende diesen Skandal aufzuklären und gegen diese Form der Rechtssprechung vorzugehen! Mehr Details sowie das Urteil findest du auch im Blog.

Ja, ich helfe Euch mit meiner Dauerspende

Beste Grüße
Judith und das gesamte FragDenStaat-Team!

 

PS.: Unser FragDenStaat-Jahresbericht 2020 ist online! Details zu unseren Aktivitäten sowie Finanzen also auch Anfrage-Statistiken kannst du jetzt nachlesen.