Wahlprüfsteine zur Landtagswahl Hessen 2023

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Zusammenfassung

Aktuell ist das Informationsfreiheitsgesetz in Hessen Teil des Datenschutzgesetzes (HDSIG). Für eine Ausweitung in ein Transparenzgesetz (TG) sieht die CDU keine Notwendigkeit; auch Die Grünen wollen dies erstmal evaluieren und prüfen. Die Linke und FDP wollen das Hessische Informationsfreiheitsgesetz verbessern. Hinsichtlich Anwendungsbereiche des IFG oder TG nennen Grüne viel Beispiele, für die eine Informationspflicht bestehen sollte. Die Linke setzt sich dafür ein, dass das gesamte Verwaltungshandeln aller staatlichen Ebenen umfassen und proaktiv dokumentiert wird. Die FDP betont, dass mit pauschalen Verweisen auf das Urheberrecht oder andere Begründungen staatliche Informationen der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden können. Die Abschaffung von Gebühren findet sich in den Forderungen der Parteien nicht. Angemessenheit ist das Stichwort. Im Hinblick auf die:des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) und insbesondere mögliche Weisungsbefugnisse, sieht die CDU keinen Bedarf bestehende Regelungen zu erweitern. Die Linke wollen Ablehnungen eines Auskunftsersuchens automatisch weiterleiten und Stellungnahmen einfordern. Die FDP fordert vergleichbare Befugnisse, die auch für die Durchsetzung des Datenschutzrechtes gelten. Die Freien Demokraten wie die Linken sehen ebenfalls den meisten Bedarf beim “Open Data-Prinzip”.

Frage 1: Planen Sie eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) zu einem Transparenzgesetz (TG), nach dem behördliche Informationen nicht nur auf Anfrage, sondern proaktiv veröffentlicht werden?
CDU

Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.
Hessen ist seit jeher Vorreiter in Sachen Datenschutz und hat seit dem Erlass des bundesweit ersten Datenschutzgesetzes 1970 in mehreren Novellen seine Schutzregelungen für die von Datenverarbeitung betroffenen Personen immer wieder angepasst und modernisiert. Zuletzt wurden in Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung 2018 umfassende Regelungen getroffen, die um die Umsetzung der JI-Richtlinie und einen austarierten Anspruch auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen ergänzt wurden. Wir treten für einen vernünftigen Ausgleich beider Zielrichtungen der DS-GVO ein, und haben im Hinblick auf das Spannungsfeld zwischen Datenschutz und der Gewährleistung von Informationsfreiheit zielführende und praktikable Lösungen gefunden. So findet der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen aus unserer Sicht richtigerweise seine Grenzen im Schutz besonderer öffentlicher Interessen, personenbezogener Daten und behördlicher Entscheidungsprozesse. Wir halten die derzeitigen Regelungen für sinnvoll und hinreichend.

SPD

Antwort erfolgt noch

Bündnis 90/Die Grünen

Für uns sind Transparenz und Offenheit Leitlinien für das Handeln der Verwaltung. Deshalb wollen wir prüfen, ob das bereits existierende Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) zu einem Transparenzgesetz weiterentwickelt werden soll. Vor Einführung insbesondere einer (proaktiven) Veröffentlichungsplicht auf einem vom Land zu betreibenden Transparenzportal sollen allerdings die Ergebnisse der bevorstehenden Evaluation insbesondere des beispielgebenden Thüringischen Transparenzgesetzes ebenso abgewartet werden wie Erkenntnisse und Bewertungen der Ampel-Koalition des Bundes, die sich bereits auf die Schaffung eines Transparenzgesetzes geeinigt hat.

Die Linke

Das Hessische Informationsfreiheitsgesetz ist das schwächste Gesetz im Ranking der Bundesländer und muss dringend umfassend geändert werden. Weder verpflichtet es zur proaktiven Veröffentlichung von Informationen noch umfasst es alle staatlichen Stellen. Insbesondere die „Freiwilligkeit“ der Kommunen schränken die Auskunftsrechte unangemessen ein.

FDP

Wir Freie Demokraten wollen das Hessische Informationsfreiheitsgesetz verbessern. Insbesondere fordern wir dabei die Ausweitung des Anwendungsbereiches, sodass auch Städte und Gemeinden zur Auskunft verpflichtet werden.

Frage 2: Welche Bereiche sollen Ihrer Auffassung nach unter ein IFG oder TG fallen und welche nicht?
CDU

Siehe Antwort Frage 1

SPD

Antwort erfolgt noch

Bündnis 90/Die Grünen

Die Bereiche, für die eine Informationspflicht bestehen sollte, sind vielfältig und können hier nur beispielhaft wiedergegeben werden. Zur Veröffentlichung auf einem Transparenzportal geeignet sind zunächst Informationen, für die aufgrund anderer Rechtsnormen eine Veröffentlichungspflicht besteht, wie beispielsweise die im neu geschaffenen Open-Data-Gesetz genannten Geobasis- und Immobilienmarktdaten oder auch Informationen über EU-rechtlich relevante Beihilfen. Darüber hinaus sollten beispielsweise öffentliche Pläne, Statistiken, öffentliche Verträge über Gegenstände der Daseinsvorsorge sowie Haushalts-, Stellen-, Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenpläne unter die (proaktive) Informationspflicht fallen. Die Bereiche, die unter den Informationsanspruch fallen, sind bereits im Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz geregelt. Hier könnten wir uns vorstellen, den Informationszugang etwa gegenüber den Polizeibehörden zugunsten einer differenzierenden Regelung anstelle eines absoluten Ausschlusses vom Informationszugang so auszugestalten, dass beispielsweise Informationen etwa zur Gebäudemiete oder zu den Fuhrparkkosten von Bürger*innen erfragt werden können.

Die Linke

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass das gesamte Verwaltungshandeln aller staatlichen Ebenen umfassen und proaktiv dokumentiert wird. Dies sollte nicht nur für Entscheidungen, sondern insbesondere auch für entscheidungsvorbereitende Akten gelten. Ausnahmen sollte es für schützenwerte personenbezogene Daten (Anonymisierung) und Betriebs- und Geschäftsdaten geben, aus denen Wettbewerber Rückschlüsse auf schützenswerte interne Prozesse ziehen könnten. Der Gesetzgeber sollte hier eine Abwägungsklausel formulieren.

FDP

Wir setzen uns für den Grundsatz der Veröffentlichungspflicht für alle amtlichen Informationen ein – mit einigen Ausnahmen. Dabei muss immer sichergestellt sein, dass staatliche Informationen nicht mit pauschalen Verweisen auf das Urheberrecht oder andere Begründungen der Öffentlichkeit vorenthalten werden können.

Frage 3: Wie bewerten Sie die Erhebung von Gebühren im Rahmen eines IFG oder TG?
CDU

Gebühren dürfen das Ziel unserer Regelungen – den niedrigschwelligen Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne einer transparenten und bürgernahen Verwaltung – nicht konterkarieren und schlimmstenfalls Bürgerinnen und Bürger von der Wahrnehmung ihres Rechts abhalten. Eine bedächtige bzw. angemessene Beteiligung an ggf. anfallenden Kosten bzw. umfangreichen Recherchen sind allerdings auch im Hinblick auf möglichen Missbrauch sinnvoll.

SPD

Antwort erfolgt noch

Bündnis 90/Die Grünen

Wir haben mit dem Open-Data-Gesetz bereits die Gebührenpflicht für Geobasis- und Immobilienmarktdaten abgeschafft. Ob weitere Gebührentatbestände entfallen können, werden wir prüfen. Grundsätzlich halten wir maßvolle Gebühren weiterhin dort für sinnvoll, wo individuelle Anfragen einen konkreten, zuordenbaren Aufwand verursachen. Dass so zu bemessen sind, dass die antragstellenden Personen dadurch nicht von der Geltendmachung ihres Informationsanspruchs abgehalten werden, ist ein selbstverständliches Gebot und in dieser Form bereits gesetzlich. Die Anwendung dieser Regelung in der Praxis hat bislang zu keinen grundsätzlichen Beanstandungen geführt.

Die Linke

Das Führen von Akten gehört zu den Kernaufgaben der öffentlichen Verwaltung und ist bereits durch Steuermittel finanziert. Wenn Akten zukünftig grundsätzlich im Open-Data-Prinzip geführt werden, entstehen für Auskünfte kaum zusätzliche Kosten. Es muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass der Informationsanspruch nicht durch unangemessene Gebühren unterlaufen wird.

FDP

Die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte sowie die Einsichtnahme in Dateien und Akten vor Ort sind in Hessen kostenfrei. Für sonstige Amtshandlungen nach diesem Teil werden Kosten nach Maßgabe des Hessischen Verwaltungskostengesetzes erhoben. Wir sprechen uns dafür aus, dass die Gebühren weiterhin auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen sind, dass die antragstellenden Personen dadurch nicht von der Geltendmachung ihres Informationsanspruchs abgehalten werden. Bei der Bereitstellung hochwertiger Daten für die kommerzielle Nutzung halten wir ein Lizenzsystem für denkbar.

Frage 4: Welche Rechte benötigt Ihrer Auffassung nach die/der LfDI, um die Durchsetzung eines IFG oder TG zu gewährleisten (insbesondere hinsichtlich einer Weisungsbefugnis gegenüber anderer Behörden, Informationen zu veröffentlichen)?
CDU

Die oder der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist die zuständige Aufsichtsbehörde für alle Verantwortlichen, die dem Anwendungsbereich des HDSIG unterfallen, also für den Datenschutz und auch die Informationsfreiheit. Um die Unabhängigkeit der oder des HBDI zu gewährleisten, unterliegt der oder die HBDI als oberste Landesbehörde keiner Dienst-, Fach- oder Rechtsaufsicht und ist nur dem Gesetz verpflichtet. Zur Erfüllung seiner Aufgaben hat der HBDI gem. Art. 58 DS-GVO weitreichende Untersuchungs-, Abhilfe, Genehmigungs- und Beratungsbefugnisse. So kann sie oder er z.B. die Berichtigung oder Löschung von Daten anordnen oder sogar eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, verhängen. Auch hier halten wir die Regelungen für ausreichend und sinnvoll.

SPD

Antwort erfolgt noch

Bündnis 90/Die Grünen

Hier haben sich die im HDSIG und vergleichbaren Gesetzen anderer Länder normierten Auskunftsansprüche und Beanstandungsrechte, die von der Öffentlichkeitsarbeit der Informationsbeauftragten praktisch wirksam verstärkt werden, bewährt. Aufsichtsrechtliche Funktionen gegenüber der öffentlichen Verwaltung widersprächen der unabhängigen Stellung des Informationsbeauftragten. Dies gilt umso mehr, wenn er, wie in Hessen, organisationsrechtlich dem Parlament zugeordnet ist.

Die Linke

Eine Ablehnung eines Auskunftsersuchens sollte automatisch den HBDI zur Kenntnis gegeben werden. Die Antragsteller*innen sollten das Recht haben, in angemessener Frist eine Stellungnahme vom HBDI einzufordern, damit ggf. das Recht auf dem Verwaltungsgerichtsweg eingeklagt werden kann.

FDP

Dem oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sollten zur Durchsetzung des IFG oder TG grundsätzlich vergleichbare Befugnisse zustehen, die auch für die Durchsetzung des Datenschutzrechtes gelten.

Frage 5: Befürworten Sie ein “Open Data-Prinzip” in den Verwaltungen, nach dem erhobene Daten maschinenlesbar und frei nachnutzbar veröffentlicht werden? Wie soll dieses ausgestaltet sein und welche Maßnahmen erachten Sie dafür als notwendig?
CDU

Wir wollen die ursprüngliche Zielrichtung der DS-GVO wieder in den Blick nehmen: Es geht nicht nur darum, den Datenschutz europaweit zu vereinheitlichen und immer weiter auszubauen, sondern auch um den freien Datenverkehr. Durch den Einsatz von Open Data werden wir Transparenz, Handlungsgrundlagen und Beteiligungsformen stärken. So wollen wir Gesellschaft und Wirtschaft an Datengrundlagen des Landes teilhaben haben lassen und im Einklang mit dem Datenschutz auch die Zusammenarbeit von Behörden fördern. Neben den Möglichkeiten zum Schutz der Daten nach der EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) wollen wir auch Möglichkeiten zur besseren Nutzung der Daten auf freiwilliger Basis eröffnen.

SPD

Antwort erfolgt noch

Bündnis 90/Die Grünen

Wir beabsichtigen, den mit der Verabschiedung des Hessischen Open-Data-Gesetzes vom 23. März 2023 eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten.

Die Linke

Die Digitalisierung der Verwaltung steckt in Hessen auf fast allen Ebenen noch in den Kinderschuhen. Bedauerlicherweise wird bei der Umsetzung des E-Governmentgesetzes nicht darauf geachtet, das Open-Data-Prinzip zum Stand der Technik zu entwickeln. Dieses wäre Voraussetzung für eine schnelle und umfassende Veröffentlichung aller Daten. Zum Umsetzung eines umfassenden Informations- und Auskunftsanspruchs, wäre es bereits bei der Programmentwicklung für Verwaltungssoftware erforderlich, Tags für „schützenswerte Daten“ (personenbezogene Daten etc.) setzen zu können. Alle Dateninhalte, die nicht so gekennzeichnet sind, sollte grundsätzlich öffentlich abrufbar sein. Damit kämen Behörden in die Verpflichtung zu begründen, warum etwas nicht veröffentlicht wird, nicht die Antragsteller*innen in den Begründungszwang.

FDP

Wir Freien Demokraten waren in der laufenden Legislaturperiode die ersten, die ein Open Data-Gesetz gefordert haben und sind dabei deutlich weiter gegangen als die Regierung in ihrem Gesetz. Im Bewusstsein dessen, dass der größte Datenschatz in den Kommunen liegt, müssen wir dafür sorgen, dass auch die Daten der Kommunen nach dem Open Data-Prinzip verwaltet werden. In Landesverantwortung müssen die Behörden entgegen der bisherigen Praxis zur Veröffentlichung verpflichtet werden. Ein individueller Rechtsanspruch trägt zudem zu einer größeren Verbindlichkeit bei.