Gutachten
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Analyse des Katastrophenschutzstandards in Thüringen“
Bericht Analyse der Katastrophen- schutzstandards in Thüringen 21. November 2013
Dieser Bericht wurde im Auftrag des Thüringer Finanzministeriums erstellt durch die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/ WIBERA Wirtschaftsberatung AG Lise-Meitner-Straße 1 10589 Berlin Berlin, 21. November 2013 PricewaterhouseCoopers refers to the network of member firms of PricewaterhouseCoopers International Limited, each of which is a separate and independent legal entity. PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist Mitglied der unter PricewaterhouseCoopers International Limited kooperierenden eigenständigen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen des internationalen PricewaterhouseCoopers-Netzwerks.
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangslage 8 2. Gesetzliche Grundlagen des Katastrophenschutzes in Thüringen 9 2.1. Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes 9 2.1.1. Katastrophenschutz im Zivilschutz und Katastrophenhilfe des Bundes 9 2.1.2. Ergänzende Ausstattung aus dem Zivilschutz 10 2.2. Thüringer Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katstrophenschutz 10 2.2.1. Struktur des ThürBKG 11 2.2.2. Mehrbelastungsausgleich 11 2.3. Thüringer Katastrophenschutzverordnung 12 3. Katastrophenschutz im Ländervergleich 14 3.1. Gesetzesgrundlagen 14 3.1.1. Standards bei der Verteilung der Einheiten und Einrichtungen 14 3.1.2. Zwischenfazit 18 3.2. Benchmarking 18 4. Katastrophenschutz in Thüringen 22 4.1. Allgemeiner Überblick des KatS in Thüringen 22 4.2. Gefahrenquellen in Thüringen 25 4.3. Ausstattung der Landkreise und kreisfreien Städte 27 4.4. Entwicklung der Zahl potenzieller Einsatzkräfte 32 5. Ergebnis 36 5.1. Gemeinsame Aufgabenerfüllung des KatS durch Landkreise und kreisfreie Städte 36 5.2. Reduzierung der Einheiten 39 5.3. Fazit 41 6. Handlungsempfehlungen 43 7. Quellenverzeichnis 44 Aus rechentechnischen Gründen können in den Tabellen Rundungsdifferenzen in Höhe von ± einer Einheit (€, % usw.) auftreten. Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA
Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Von den Ländern unterschiedlich festgelegte Standards ................................................. 15 Abbildung 2: Aufstellung der Katastrophenschutzeinheiten in Thüringen und Sachsen .....................16 Abbildung 3: Aufstellung der Katastrophenschutzeinheiten in Hessen und Sachsen-Anhalt ............. 17 Abbildung 4: Aufstellung der Katastrophenschutzeinheiten in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ............................................................................................................. 17 Abbildung 5: Einwohner je KatS-Fahrzeug (Bundesländer) ..................................................................19 Abbildung 6: Chemische Industrie im Ländervergleich (Stand: 2011) ................................................. 20 Abbildung 7: Fläche je KatS-Fahrzeug (Bundesländer) .......................................................................... 21 Abbildung 8: Einwohnerzahl zum 31. Dezember 2012 .......................................................................... 22 Abbildung 9: Einwohner je KatS-Fahrzeug (Landkreise und kreisfreie Städte) .................................. 23 Abbildung 10: Fläche je Fahrzeug (Landkreise und kreisfreie Städte) ................................................... 24 Abbildung 11: Autobahnen in Thüringen (Stand: 2012) ......................................................................... 25 Abbildung 12: Vorzuhaltende Fahrzeuge ohne Sondereinheiten ............................................................ 27 Abbildung 13: Vorzuhaltende Fahrzeugtypen ohne Sondereinheiten .................................................... 29 Abbildung 14: Verteilung der Einheiten des Katastrophenschutzes in Thüringen ................................ 30 Abbildung 15: Vorgesehene Fahrzeugbestellungen ohne Sondereinheiten ............................................ 31 Abbildung 16: Prozentualer Anteil der tatsächlichen KatS-Ausgaben an den KatS-Zuweisungen des Landes (2008 bis 2010)..................................................................................................... 32 Abbildung 17: Rückgang der aktiven ehrenamtlichen Helfer der Freiwilligen Feuerwehren in Thüringen (2005 bis 2012) ............................................................................................... 33 Abbildung 18: Rückgang der Thüringer Bevölkerung (2005 bis 2012) .................................................. 34 Abbildung 19: Vorschlag für eine gemeinsame Wahrnehmung der KatS-Aufgaben ohne Sondereinheiten ................................................................................................................. 38 Abbildung 20: Vorgeschlagene gemeinsame Aufgabenerfüllung ............................................................ 42 Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ATF Analytische Task Force AufstErlKatS Aufstellungserlass Katastrophenschutz Sachsen-Anhalt HBKG Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz KatS Katastrophenschutz KatS-Fahrzeug Katastrophenschutzfahrzeug KatSG-LSA Katastrophenschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt LKatSG M-V Landeskatastrophenschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern LKatSG SH Landeskatastrophenschutzgesetz Schleswig-Holstein PwC PricewaterhouseCoopers AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft SächsBRKG Sächsisches Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophen- schutz SächsKatSVO Sächsische Katastrophenschutzverordnung TFM Thüringer Finanzministerium ThürBKG Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz ThürFAG Thüringer Finanzausgleichsgesetz ThürFwOrgVO Thüringer Feuerwehr-Organisationsverordnung ThürKatSVO Thüringer Katastrophenschutzverordnung TIM Thüringer Innenministerium WIBERA WIBERA Wirtschaftsberatung AG ZSKG Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA
Ausgangslage 1. Ausgangslage Eine Katastrophe kann aufgrund vielfältiger Ereignisse - wie zum Beispiel durch Krieg, Hoch- wasser, Flächenbrände, (Industrie-)Unfälle und Seuchen - auftreten. Da solche Ereignisse oftmals nicht durch Selbsthilfemaßnahmen der Bevölkerung bewältigt werden können, stellen der Bund und die Länder ein gemeinsames System zur Schadensbekämpfung bereit. Gemäß Artikel 73 des Grundgesetzes ist der Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall Bundessa- che, wohingegen der Katastrophenschutz (KatS) im Frieden gemäß Artikel 70 im Verantwor- tungsbereich der Länder liegt. Allerdings arbeiten der Bund und die Länder beim Zivil- und Katastrophenschutz eng zusammen. Im Freistaat Thüringen ist der Katastrophenschutz im Thüringer Brand- und Katastrophen- schutzgesetz (ThürBKG) geregelt. Seit der Neufassung des Gesetzes mit Wirkung zum 1. Ja- nuar 2008 wurden wesentliche Aufgaben des Katastrophenschutzes auf den Wirkungskreis der Landkreise und der kreisfreie Städte übertragen. Beim Thüringer Innenministerium (TIM) liegt die Zuständigkeit als oberste KatS-Behörde. Es hat durch die Thüringer Katastrophenschutzverordnung (ThürKatSVO) grundlegende Rege- lungen zur Aufstellung, Organisation, Ausrüstung, Aus- und Fortbildung und den Einsatz der Einheiten getroffen. In der ThürKatSVO sind zudem Mindeststandards für die vorzuhalten- den Einsatzfahrzeuge getroffen worden. Danach sind jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt verpflichtet, einen Führungstrupp, einen Führungsunterstützungstrupp, zwei Einsatzzüge, einen Gefahrgutzug sowie einen Sanitäts- und Betreuungszug vorzuhalten. Darüber hinaus sind mit der Taucher-, Wasser- und Bergrettung thüringenweit drei Sondereinheiten statio- niert. Durch die nach der ThürKatSVO aufzustellenden Einheiten soll sichergestellt werden, dass in Thüringen eine wirksame Gefahrenabwehr im Bereich des Katastrophenschutzes besteht. Des Weiteren sollen die gleichen KatS-Einheiten je Landkreis bzw. je kreisfreie Stadt eine rei- bungslose Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften ermöglichen. Im Rahmen dieses Berichts soll untersucht werden, ob die definierten Thüringer Landesstan- dards im Bereich des Katastrophenschutzes der Gefahrensituation entsprechend dimensio- niert sind. Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA 8
Gesetzliche Grundlagen des Katastrophenschutzes in Thüringen 2. Gesetzliche Grundlagen des Ka- tastrophenschutzes in Thürin- gen Aufgrund der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern ist eine enge Kooperation auf technischer, personeller und finanzieller Ebene notwendig. So nimmt der friedensmäßige Katastrophenschutz auch im Verteidigungsfall Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung wahr. Im Gegenzug können die Länder und Gemeinden über die durch den Bund finanzierte Ergän- zungsausstattung für den Zivilschutz der Länder auch im Katastrophenschutz verfügen. 2.1. Gesetz über den Zivilschutz und die Katastro- phenhilfe des Bundes Das Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG) regelt den Zivil- und Katastrophen- schutz von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden im Verteidigungsfall. Im Verteidigungsfall ist es die Aufgabe des Zivilschutzes, durch nichtmilitärische Maßnahmen die Bevölkerung und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schüt- zen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern (§ 1 Abs. 1 ZSKG 1). Sofern die Ausführung des ZSKG den Ländern obliegt, handeln sie im Auftrag des Bundes. Die Zuständigkeit der Behörden und das Verwaltungsverfahren werden, wenn nichts anderes bestimmt ist, aus den für Katastrophenschutz geltenden Vorschriften der Länder hergeleitet. Die Landesregierungen werden hierbei auch ermächtigt, Aufgaben des Zivil- und Katastro- phenschutzes durch Rechtsverordnung zusammenzuführen (§ 2). Folglich ist es den Ländern erlaubt, die Wahrnehmung der Aufgaben des Zivilschutzes in kommunalen Gemeindeverbän- den zu regeln. 2.1.1. Katastrophenschutz im Zivilschutz und Katastrophenhilfe des Bundes Um einen flächendeckenden Katastrophenschutz im Verteidigungsfall gewährleisten zu kön- nen, nehmen die nach Landesrecht im Katastrophenschutz mitwirkenden Einheiten und Ein- richtungen auch Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung vor besonderen Gefahren und Schä- den wahr (§ 11). Hierfür werden die Einheiten und Einrichtungen vom Bund ergänzend aus- gestattet und ausgebildet. Dies beinhaltet die Ausstattung der Aufgabenbereiche Brandschutz, ABC-Schutz, Sanitätswesen und Betreuung (§ 13 Abs. 1). Über die vom Bund unterstützten Einheiten und Einrichtungen zum Zivilschutz können Länder und Gemeinden im Bereich des Katastrophenschutzes frei verfügen (§ 12). Allerdings sind von Seiten des Bundes keine ein- heitlichen Mindeststandards für die Landkreise und kreisfreien Städte vorgegeben. 1 Paragraphen ohne Gesetzesangaben in Kapitel 2.1. sind solche des ZSKG. Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA 9
Gesetzliche Grundlagen des Katastrophenschutzes in Thüringen 2.1.2. Ergänzende Ausstattung aus dem Zivilschutz Die ergänzende Ausstattung wird vom Bund zur Verfügung gestellt. Die Länder teilen die Ausstattung auf die Landkreise und kreisfreien Städte auf. Diese können die Ausstattung an Träger der Einheiten und Einrichtungen, wie z. B. dem Deutschen Roten Kreuz, weitergeben (§ 13). Der Bund trägt die Kosten, die den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden durch die Einbeziehung des Katastrophenschutzes nach Landesrecht in den Zivilschutz entstehen; per- sonelle und sächliche Verwaltungskosten werden jedoch nicht übernommen (§ 29). Neben der Ausstattung und Bereitstellung der in § 13 genannten Einheiten und Einrichtungen werden folgende Kosten vom Bund pauschal erstattet (§ 29): • die Unterbringung der Fahrzeuge und der persönlichen ABC-Schutzausrüstung, • die ärztliche Untersuchung und die Ausbildung der Helferinnen und Helfer und • die Gewährleistung der jederzeitigen Einsatzbereitschaft von Spezialkräften der chemi- schen Analytik (der sog. Analytischen Task Force) zur Unterstützung der örtlichen Ein- satzleitung mit Spezialtechnik bei komplexen ABC-Lagen. 2 2.2. Thüringer Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katstrophenschutz Der Begriff „Katastrophe“ ist in § 25 des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (ThürBKG 3) wie folgt definiert: „Eine Katastrophe im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ereignis, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, die natürlichen Lebensgrundlagen, erhebliche Sachwerte oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt werden kann, wenn die Behörden, Dienststellen, Organisationen, Einheiten, Einrichtungen und eingesetzten Kräfte unter ein- heitlicher Leitung zusammenwirken.“ Der Katastrophenschutz zu Friedenszeiten wird in Thüringen zusammen mit dem Brand- schutz und der Allgemeinen Hilfe im ThürBKG geregelt, welches 2008 in Kraft trat und zu- letzt im März 2012 geändert wurde. Bis zur Neufassung in 2008 nahmen die Landkreise und kreisfreien Städte die Aufgaben des Katastrophenschutzes im eigenen Wirkungskreis wahr. Nun werden diese Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wahrgenommen (§ 2 Abs. 1 und 2). Die Änderung hin zum übertragenen Wirkungskreis ermöglicht es dem Thüringer Innenmi- nisterium, durch Verordnungen Vorgaben an die ausführenden Landkreise und kreisfreien Städte zu erlassen. Die Möglichkeit den Katastrophenschutz zentral zu steuern ist durch die 2 Um die Einsatzleiter der Feuerwehren optimal unterstützen zu können, wurde in Deutschland an sieben Standorten die so genannte Analytische Task Force (ATF) eingerichtet. In Thüringen befindet sich jedoch kein ATF-Standort. 3 Paragraphen ohne Gesetzesangaben in Kapitel 2.2. sind solche des ThürBKG. Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA 10
Gesetzliche Grundlagen des Katastrophenschutzes in Thüringen neue Regelung geschaffen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Aufgaben des Katastro- phenschutzes flächendeckend mit hoher Qualität gewährleistet werden. 2.2.1. Struktur des ThürBKG Das ThürBKG bestimmt in den Paragraphen 25 bis 35 die Organisation des Katastrophen- schutzes sowie Maßnahmen im Katastrophenschutz. Hierunter fallen die Benennung der Bereiche, in denen der Katastrophenschutz Aufgaben erfüllen muss (§ 28 Abs. 3) sowie die Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte, die Einsatzfähigkeit der für den Kata- strophenschutz notwendigen Einheiten und Einrichtungen zu gewährleisten (§ 31 Abs. 1). Als unterste Katastrophenschutzbehörde werden in dem ThürBKG die Landkreise und kreisfreien Städte (§ 26), als obere das Landesverwaltungsamt und als oberste Katastrophenschutz- behörde das zuständige Ministerium (vorliegend das Innenministerium) benannt. Die unteren Katastrophenschutzbehörden sind für den Katastrophenschutz zuständig, sofern nichts anderes bestimmt ist (§ 27 Abs. 1). Bei Anlagen und Gefahr bringenden Ereignissen, von denen eine Bedrohung für das Gebiet mehrerer unterer Katastrophenschutzbehörden ausgeht und die zentrale Maßnahmen erfordert, ist die obere Katastrophenschutzbehörde zuständig (§ 27 Abs. 2). Als oberste Katastrophenschutzbehörde ist das Thüringer Innenministerium für die grund- sätzlichen Angelegenheiten des Katastrophenschutzes verantwortlich. Das Ministerium wird nach § 54 ermächtigt, durch Rechtsverordnungen nach Anhörung des für den Katastrophen- schutz zuständigen Landtagsausschusses und unter Einbeziehung des Haushalts- und Finanzausschusses nähere Regelungen zu treffen. Darunter fallen die Aufstellung, Organisa- tion, Ausrüstung, Aus- und Fortbildung und der Einsatz der Einheiten und Einrichtungen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2). Dieser Aufgabe ist die oberste Katastrophenschutzbehörde durch die Thü- ringer Katastrophenschutzverordnung (ThürKatSVO) nachgekommen. Landkreise und kreisfreie Städte können zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung - der ihnen im Rahmen des Katastrophenschutzes auferlegten Pflichten - Verbände bilden oder öffentlich- rechtliche Vereinbarungen abschließen (§ 5 Abs. 2). Dies kann auch von der obersten Kata- strophenschutzbehörde angeordnet werden, wenn die Erfüllung der den Landkreisen oblie- genden Verpflichtungen ohne den Zusammenschluss nicht gewährleistet ist. 2.2.2. Mehrbelastungsausgleich Gemäß Artikel 93 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Thüringen ist für die mit der Aufga- benerfüllung verbundene Mehrbelastung der Landkreise und kreisfreien Städte aus der Über- tragung des Wirkungskreises ein angemessener finanzieller Ausgleich zu schaffen. Da die Landkreise und kreisfreien Städte seit 2008 die Aufgaben des Katastrophenschutzes lediglich im übertragenen Wirkungskreis wahrnehmen, erhalten sie einen angemessenen finanziellen Ausgleich. Die bisherige Regelung der Auftragskostenpauschale (§ 26 ThürFAG alt) sah einen Festbetrag für die Landkreise und kreisfreien Städte anhand einer spitzen Kostenabrechnung im Katastrophenschutz vor. Dies wurde im Rahmen der Novellierung der Regelungen des ThürFAG ab dem Jahr 2013 durch die Regelung des Mehrbelastungsausgleichs (§ 23 ThürFAG neu) abgelöst. Der Mehrbelastungsausgleich wird nunmehr als tatsächliche Pau- schale ausgereicht. Dazu wurde je Verwaltungseinheitstyp ein Betrag je Einwohner ermittelt Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA 11
Gesetzliche Grundlagen des Katastrophenschutzes in Thüringen und festgelegt, der in jedem Ausgleichsjahr mit der maßgeblichen Einwohnerzahl der betref- fenden Gebietskörperschaft multipliziert und ausgereicht wird. Dieser Mehrbelastungsausgleich bemisst sich nach der Zahl der Einwohner der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 44 Abs. 4 ThürBKG i. V. m. § 23 ThürFAG). Bei dem Betrag wird jedoch nicht nur auf den Katastrophenschutz abgestellt, sondern auf alle übertragenen staat- lichen Aufgaben. Die Zahlungen betragen für das Jahr 2013 für die Landkreise 69 Euro pro Einwohner (70 Euro in 2014) und für die kreisfreien Städte 83 Euro pro Einwohner (85 Euro in 2014). Es wird allerdings von der Mehrbelastungspauschale ein Beitrag für den Katastrophenschutz- fonds von Seiten des Landes einbehalten. Der Katastrophenschutzfonds dient der Erstattung von Einsatzkosten, die zur Abwehr von Katastrophengefahren entstanden sind; näheres regelt § 3 der Thüringer Verordnung zum Katastrophenschutzfonds. Der Mehrbelastungsausgleich ist eine allgemeine Finanzzuweisung, die als ein Gesamtbetrag den Verwaltungshaushalten der Aufgabenträger zugewiesen wird. Als solcher dient er der Erfüllung aller vom Land übertragenen staatlichen Aufgaben. Es gibt demnach für die ausge- wiesenen Mittel keine bestimmte Zweckbindung. Dies hat zur Folge, dass der Mehrbelas- tungsausgleich auch für die Erfüllung anderer übertragener staatlicher Aufgaben verwendet werden kann. Sollten durch Einsparungsmaßnahmen die Ausgaben im Katastrophenschutz verringert werden können, würde dies zu frei werdenden Mitteln führen. Diese Mittel könn- ten somit von den Landkreisen und kreisfreien Städte zur Finanzierung anderer Aufgaben verwendet werden. 2.3. Thüringer Katastrophenschutzverordnung Ausgehend von der Ermächtigung aus dem ThürBKG hat das Innenministerium als oberste Katastrophenschutzbehörde am 12. Juli 2010 rückwirkend zum 1. Januar 2010 die Thüringer Katastrophenschutzverordnung (ThürKatSVO) erlassen. Mit dem Inkrafttreten dieser Ver- ordnung wurden unter anderem landesweite Mindeststandards in Bezug auf die Einheits- und Einrichtungsstärke (§ 1 ThürKatSVO4), sowie die Durchführung von Übungen (§ 3) festgelegt. Da sich jedoch die Ausstattungssituation der einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte bis zum Inkrafttreten der Verordnung sehr unterschiedlich darstellte, wurde von einer starren Fristsetzung bei der Umsetzung der Standards abgesehen. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wurde festgelegt, dass in allen Landkreisen und kreis- freien Städten folgende Einheiten zu stationieren sind (§ 1 Abs. 2): 4 Paragraphen ohne Gesetzesangaben in Kapitel 2.3. sind solche der ThürKatSVO. Analyse der Katastrophenschutzstandards in Thüringen PwC/WIBERA 12