2018-04-18_SprechZ

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Anfrage zum Evaluationsprozess einer neuen Vorratsdatenspeicherung bzw. einer erneuerbaren Speicherungsanordnung auf EU-Ebene

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Referat: BMJV - R B 3                                                      Datum: 16. April 2018 Bearbeiter: Frau Sprenger                                                         Hausruf: 9663 EU- Ratsarbeitsgruppe DAPIX (Friends of Presidency) - Data retention Sprechzettel für die Sitzung am 18. April 2018 in Brüssel A. Agenda 1. Adoption of the agenda 2. Retention of communication data for the purpose of prevention and prosecution of crime - data categories = debrief by Europol = exchange of views 3. Situation in the Member States – relevant data retention developments = exchange of information 4. Renewable data retention warrants (Präs.-Dok. 3974/2018) = initial exchange of views 5.Any other business B. Erläuterungen zur Tagesordnung Der JI-Rat hatte Europol im Dezember 2017 beauftragt, gemeinsam mit den MS an einer Matrix relevanter Datenkategorien zu arbeiten (näher hierzu unter D. Hintergrund). Am 20. März hat Europol hierzu einen ersten Workshop unter Beteiligung nationaler Experten durchgeführt. Unter TOP 2 wird Europol hierzu berichten. Bei TOP 3 handelt es sich um einen fortlaufenden Punkt zu den Entwicklungen in den MS. DEU wird auf die am 20. April erwarteten erstinstanzlichen Hauptsache-Urteile des VG Köln zu den gegen die Speicherpflichten nach dem TKG gerichteten Klagen der SpaceNet AG und der Telekom Deutschland GmbH berichten. TOP 4 betrifft den Vorschlag erneuerbarer, nationaler Speicheranordnungen (Renewable Retention Warrants - RRWs) auf untergesetzlicher Ebene. Dieser wurde bereits in der
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Vergangenheit als potentielles Element einer auf bestimmte Datenkategorien begrenzten Speicherpflicht diskutiert (näher hierzu unter D. Hintergrund). Das Dok. 3974/2018 beleuchtet diesen Ansatz erstmals vertieft. DEU wird sich hierzu nur vorläufig äußern. C. Sprechpunkte TOP 2 (Präsentation Europol)   Kenntnisnahme TOP 3:   Hinweis auf die am 20. April erwarteten erstinstanzlichen Hauptsache-Urteile des VG Köln zu den gegen die Speicherpflichten nach dem TKG gerichteten Klagen der SpaceNet AG und der Telekom Deutschland GmbH TOP 4:   Dank an Präsidentschaft für die Aufbereitung.   Vorgestellter Ansatz h.E. auf weitere Annäherung an eine „gezielte Speicherpflicht“ i.S.d. Tele2-Rechtsprechung gerichtet (d.h., einen Zusammenhang zwischen bestimmten Datenkategorien und Gefährdungslagen herzustellen).   Abschließende Prüfung war DEU noch nicht möglich   Reaktiv, ggf. rein vorläufige Anmerkungen:   Zu „threat assessments“ (auf welche Straftaten ist die Bewertung gerichtet): o Frage, ob und wenn ja wie die MS selbst den Bereich „schwerer Straftaten“ festlegen liegt aktuell EuGH vor. o Breit definierte Ausrichtung der „threat assessments“ (bei der Untersuchung nicht zwingend auf schwere Straftaten beschränkt sein muss), könnte den MS hier einerseits wünschenswerten Spielraum lassen; o Könnte es jedoch erschweren, einen konkreten Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und schweren Straftaten herauszuarbeiten.   Zu Definition betroffener Datenkategorien in Speicheranordnungen bzw. entsprechender gesetzlicher Grundlagen: o Kritische Prüfung angezeigt, ob „technikneutrale“ Formulierung tatsächlich möglich ist; Formulierung darf jedenfalls nicht zur Rechtsunsicherheit führen (rechtliche und praktische Risiken); o H.E. auch Zusammenhang zu Arbeit an der Matrix: Trennscharfe Bewertung der Relevanz einzelner Datenkategorien unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten.
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D. Hintergrund Hintergrund der Befassung ist das am 21. Dezember 2016 verkündete Urteil des EuGH zur Verkehrsdatenspeicherung („Tele2-Urteil“). Kernaussage des Urteils ist, dass eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten auch zur Bekämpfung schwerer Kriminalität nicht gerechtfertigt sei. Zulässig sei allein eine gezielte Speicherpflicht zur Bekämpfung schwerer Straftaten. Die Speicherung müsse objektive Kriterien vorsehen, nach denen nur bestimmte Personenkreise erfasst würden, deren Daten in einem Zusammenhang mit dem verfolgten Ziel stünden. Nach Ansicht des Gerichtshofs soll hierzu ein geografisches Kriterium geeignet sein, das z.B. Gebiete definiert, in denen ein erhöhtes Risiko schwerer Kriminalität bestehe. Im Kreise der Mitgliedsstaaten besteht nach wie vor eine gewisse Unsicherheit, welche Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen sind. Die meisten Mitgliedsstaaten haben die Auswertung des Urteils bzw. die Prüfung gesetzgeberischen Handlungsbedarfs noch nicht abgeschlossen. Eine „gezielte“, insbesondere eine auf bestimmte geographische Gebiete beschränkte Vorratsdatenspeicherung wird mehrheitlich nicht als praktikabel betrachtet. Vereinzelt wurde in der Vergangenheit (z.B. von AUT und SVN) die Vermutung geäußert, dass nach der EuGH-Rechtsprechung vermutlich nur noch ein „Quick Freeze“ möglich sein werde. Der Juristische Dienst des Rates stellte wiederholt zur Diskussion, im Rahmen der e-privacy-Verordnung einheitliche Regelungen zur Speicherung zu anderen Zwecken (Rechnungslegung o.Ä.) als der Strafverfolgung zu schaffen. Diese Daten könnten dann ggf. auch in Strafverfahren genutzt werden. Einige Mitgliedsstaaten ziehen auch eine Eingrenzung der zu speichernden Datenkategorien in Betracht, um auf diese Weise eine „allgemeine und unterschiedslose“ Speicherung im Sinne des EuGH-Urteils zu vermeiden. Dieser Ansatz steht auch im Mittelpunkt der Vorschläge des EU-Antiterrorismuskoordinators (EU-CTC) und Europol. Hiernach soll eine auf bestimmte Datenkategorien beschränkte Speicherpflicht mit der Rechtsprechung des EuGH vereinbar sein. Diese Vorschläge erfolgten insbesondere auch mit Blick auf das Gutachten des EuGH zum PNR-Übereinkommen EU-Kanada. Auf dem JI-Rat am 7. Dezember 2017 wurden folgenden Kernanliegen beleuchtet:    Etwaiger Regelungsbedarf innerhalb der E-Privacy-VO In Bezug auf die parallel laufenden Verhandlungen zur E-Privacy-VO wird angestrebt, dass die E-Privacy-VO den MS weiterhin Spielraum zur Einführung von VDS-Regelungen gewährt. Besonderes Augenmerk soll auf eine geeignete Begrenzung des Anwendungsbereiches der E-Privacy-VO gelegt werden. Einzelne MS (z.B. POL) haben vorgeschlagen, Mindestspeicherfristen o.Ä. in die E-Privacy-VO selbst einzubinden. Diese Vorschläge wurden zwar von anderen MS befürwortet (wohl auch FRA; DEU lehnt dies ausdrücklich ab), von der Präs. jedoch bisher nicht aufgegriffen.    Prüfung einer auf bestimmte Datenkategorien beschränkten Speicherpflicht Der erstmals von EU-CTC und Europol vorgestellte Lösungsansatz soll näher untersucht werden. Zur weiteren Prüfung des Ansatzes soll eine Matrix aller technisch unterscheidbaren Datenkategorien erarbeitet werden. Diese könne dann ggf. als Basis für die Identifikation der wichtigsten und unentbehrlichen Daten dienen. Europol soll die Arbeit hieran im Austausch mit Experten aus den MS zu beginnen. Ein erster Workshop
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unter Beteiligung nationaler Experten fand hierzu am 20. März statt. Eine restriktive Speicherpflicht könnte neben der Ausnahme bestimmter Datenkategorien auch weitere Differenzierungen vorsehen, wie z.B. jeweils unterschiedlichen Speicherfristen für verschiedene Datenkategorien oder Einschränkungen bzgl. bestimmter Personengruppen (Berufsgeheimnisträger). Die Auswahl der betroffenen Daten könne fortlaufend evaluiert und in regelmäßig zu erneuernde Speicheranordnungen münden.    Anforderungen an den Zugriff auf gespeicherte Daten Flankierend hierzu sollen strenge Beschränkungen des Zugriffs auf die gespeicherten Daten diskutiert werden (Beschränkung auf bestimmte Straftaten bzw. Gefahren, Beschränkung auf Daten des Beschuldigten und evtl. Ausnahmen. Die KOM hat sich bislang nur sehr zurückhaltend geäußert und darauf hingewiesen, dass die Arbeit an der angekündigten Analyse und „Guidance“ zu den Anforderungen, die sich aus dem Tele2-Urteils ergeben, noch nicht abgeschlossen sei. Nachdem Hinweise der KOM zu Beginn des Austausches in der DAPIX-FoP wiederholt aus dem Kreise der MS angemahnt wurden, scheinen einige MS (GBR und FRA) einer solchen „Guidance“ nunmehr kritisch gegenüber zu stehen. Hintergrund sind wohl Befürchtungen, dass der Spielraum der MS hierdurch weiter eingeschränkt werden könnte.
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