Deutsch_BG_2015_2-LT-u-gA-Eichendorff-Frische_Fahrt_geschwrzt.pdf

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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 Themenkorridor 2 Die Poetisierung der Gesellschaft in der Lyrik der Romantik Aufgabenart: Literarischer Text – untersuchend gA Joseph Freiherr von Eichendorff Frische Fahrt (1815) Laue Luft kommt blau geflossen, Frühling, Frühling soll es sein! Waldwärts Hörnerklang geschossen, Mutger Augen lichter Schein; 5 Und das Wirren bunt und bunter Wird ein magisch wilder Fluss, In die schöne Welt hinunter Lockt dich dieses Stromes Gruß. Und ich mag mich nicht bewahren! 10 Weit von euch treibt mich der Wind, Auf dem Strome will ich fahren, Von dem Glanze selig blind! Tausend Stimmen lockend schlagen, 1 Hoch Aurora flammend weht, 15 Fahre zu! Ich mag nicht fragen, Wo die Fahrt zu Ende geht! Der Text ist 1815 im Zusammenhang mit dem Roman „Ahnung und Gegenwart“ veröffentlicht worden. Später (1837) hat Eichendorff ihn in seine Sammlung „Gedichte“ als erstes Gedicht in der Abteilung „Wanderlieder“ aufgenommen. (550 Wörter) 1 Worterklärung: Aurora (Vers 14): Göttin der Morgenröte Seite 1 von 6 Text
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 Textvorlage Joseph Freiherr von Eichendorff: Frische Fahrt (1815). Aus: J. F. v. E.: Werke in einem Band. Hrsg. von Wolfdietrich Rasch, Carl Hanser Verlag, München, 2007, 6. Auflage, S. 9 Die Rechtschreibung folgt der Textvorlage. Erlaubte Hilfsmittel: Rechtschreiblexikon Auswahl- und Lesezeit: 20 Minuten Arbeitszeit: 4 Zeitstunden Aufgabenstellung 1. Beschreiben Sie die Situation, in der das lyrische Ich sich befindet. 2. Untersuchen Sie, welchen Einfluss die Wahrnehmung von Umwelt und Natur auf die Emotionalität des lyrischen Ichs nimmt. 3. Setzen Sie sich aus Ihrer heutigen Sicht mit dem Entschluss und den Motiven des lyrischen Ichs auseinander. Aufgabenstellung
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 Unterrichtliche Voraussetzungen Die Interpretation literarischer Texte wird seit dem 11. Jahrgang geübt. In allen Schulhalbjahren werden Aufbau und Vorgehensweisen der Textinterpretation an Dramen, Lyrik sowie fiktionalen Prosatexten und Sachtexten erprobt. Ebenfalls haben die Schülerinnen und Schüler wiederholt das Zusammenspiel von Inhalt, sprachliche Gestaltung, Wirkung und Intention von Texten analysiert und gestaltet. Die Untersuchung lyrischer Texte ist insbesondere Gegenstand in der 12. Jahrgangsstufe, da der Gattungsbegriff explizit in der Formulierung des Themenkorridors angeführt wird. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Schülerinnen und Schüler in einem hohen Maß mit dem Umgang mit Gedichten, auch und vor allem romantischer Provenienz, vertraut sind. Lehrplan- und Bildungsstandard-Bezug – erwartete Schülerleistung – Anforderungsbereiche Die Schülerinnen und Schüler „erschließen einen literarischen Text durch die Untersuchung der ihn konstituierenden inhaltlichen, formalen und sprachlichen Elemente“ (KB 1), „erarbeiten, analysieren und bewerten zentrale Motive einer literarischen Epoche“ (KB 2), und „setzen sich mit Lebensentwürfen und mit diesen verbundenen Herausforderungen an das Subjekt auseinander“ (KB 2), (Lehrplan Deutsch, Berufliches Gymnasium, S. 26f). Das untersuchende Erschließen von literarischen Texten erfordert folgende Operationen bzw. Leistungen der Analyse bzw. der Interpretation: - Formulierung der Deutungs- bzw. Analysehypothesen, - aspektorientierte Organisation der Textdeutung unter Berücksichtigung des Wechselbezuges von Textstrukturen, Funktionen und Intentionen (durch Erfassen zentraler strukturbildender, gattungstypischer, syntaktischer, semantischer, stilistisch-rhetorischer Elemente und ihrer Funktion für das Textganze). Seite 3 von 6 Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 Aufgabe 1: Beschreiben Sie die Situation, in der das lyrische Ich sich befindet. Fokussierter Bildungsstandard: Die Schülerinnen und Schüler können eigenständig ein Textverständnis formulieren, in das sie persönliche Leseerfahrungen und alternative Lesarten des Textes einbeziehen, und auf der Basis eigener Analyseergebnisse begründen. Erwartet wird, dass die Schülerinnen und Schüler die Situation des lyrischen Ichs als die eines Aufbruchs und Neubeginns darstellen, die von den tages- und jahreszeitlichen Besonderheiten und Stimmungen bestimmt bzw. durch sie verstärkt wird. Anforderungsbereich I Aufgabe 2: Untersuchen Sie, welchen Einfluss die Wahrnehmung von Umwelt und Natur auf die Emotionalität des lyrischen Ichs nimmt. Fokussierter Bildungsstandard: Die Schülerinnen und Schüler können die besondere ästhetische Qualität eines literarischen Produktes aufgrund eines breit angelegten literarischen Vorwissens erfassen und ihre Befunde in das Textverständnis einbeziehen. Es wird erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler die emotionale Befindlichkeit des lyrischen Ichs und sein Verlangen danach, aufzubrechen und etwas Neues, vielleicht auch Gefährliches zu wagen, als eine Reaktion auf das herausarbeiten, was es in seiner Umwelt (Jagd, Hörnerklang) und der Natur (Luft, Licht, Fluss, Wald) mit all seinen Sinnen an diesem Frühlingsmorgen wahrnimmt. Neben den grundlegenden Ausführungen zu Strophen- und Verszahl, Art des Endreims und Metrums sollten insbesondere die Finalstruktur als Ausdruck der sich steigernden Versuchung bzw. Lockung und die dieses ebenfalls transportierenden formalen Mittel herausgearbeitet werden. Dazu könnten die Schülerinnen und Schüler u. a. auf die sich auch durch den Kreuzreim ergebende Teilung in Quartette eingehen, die Wahl der Adjektive und der adjektivisch gebrauchten Partizipien, die Wasser- und die Licht-Metaphorik und die Seite 4 von 6 Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 Bedeutung der Farben untersuchen und an der zunehmend sinnlicheren und zum Schluss hin sogar erotisch gefärbten Sprache das Verlangen des lyrischen Ichs nach Reisen, Abenteuer und Lust herausarbeiten und spezifische stilistische Mittel, wie z. B. die Synästhesie, die Alliteration, Assonanz, Ellipse, Hyperbolik und die Satzendzeichen, als Ausdruck der Emphase und sich steigernden Begeisterung und des zunehmenden Verlustes von Kontrolle und Rationalität einbeziehen. Allerdings sollte deutlich werden, dass das lyrische Ich sich dennoch eines Gefühls des Unbehagens nicht erwehren kann, denn es „mag nicht fragen“, wo seine frische Fahrt enden wird, wenn es seinem momentan ekstatischen Lebensgefühl gefolgt ist. Diese Formulierung könnte einerseits ein Ausdruck möglicher Befürchtungen sein, dass die Fahrt kein in einem bürgerlich-konventionellen, womöglich auch religiösen Sinne gutes Ende nehmen wird, andererseits des Wissens, dass die ungebändigte Reiselust, das Reisen als Lebenszweck mit dem Ziel des Nicht-ankommen-wollens irgendwann ein Ende finden wird. Es lassen sich diverse sowohl inhaltliche als auch formale Bezüge zur Epoche der Romantik herstellen. Diese aufzuzeigen ist zwar nicht ausdrücklich verlangt, sie könnten aber durchaus eine Bereicherung der Ausführungen sein. Anforderungsbereich II Aufgabe 3: Setzen Sie sich aus Ihrer heutigen Sicht mit dem Entschluss und den Motiven des lyrischen Ichs auseinander. Fokussierter Bildungsstandard: Die Schülerinnen und Schüler können die in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitserfahrungen kritisch zu eigenen Wertvorstellungen, Welt- und Selbstkonzepten in Beziehung setzen. Es wird erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler sich mit dem Entschluss und den Motiven des lyrischen Ichs vor dem Hintergrund eigener Wertvorstellungen auseinandersetzen. Dabei sollte deutlich Seite 5 von 6 Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch 2015 werden, dass sie die Verlockung, die von solchen Sinneseindrücken und Reizen ausgehen kann, und den Wunsch, das Verlangen nach Aufbruch und einer Veränderung der Lebensbedingungen auch als Ausdruck einer spezifisch jugendlichen Lebenssituation im Kontext der damaligen Zeit sehen und dieses mit heutigen Welt- und Selbstkonzepten in Beziehung setzen. Anforderungsbereich III Bewertungskriterien für die Noten „gut“ und „ausreichend“ Die Note „gut“ verlangt – bei Schwerpunktsetzungen – die differenzierte und kompetente Erfüllung der im Erwartungshorizont formulierten Inhalte auf einem angemessenen Abstraktionsniveau, ohne jedoch auf eine Vollständigkeit im Detail zu drängen. Die sprachlich-stilistische Gestaltung der Arbeit muss flüssig, korrekt sowie verständlich sein. Der Aufbau muss klar gegliedert sein. Für die Note „ausreichend“ genügt es, unter Anwendung grundlegender Verfahren und Einbeziehung fachspezifischer Begriffe die Fragestellungen und Sachverhalte im Ansatz richtig bearbeitet zu haben. Der Aufbau sollte nachvollziehbar sein. Die sprachliche Gestaltung sollte verständlich, im Ansatz angemessen und weitgehend fehlerfrei sein. Seite 6 von 6 Erwartungshorizont
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