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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zu Chlorpyrifos

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1 6-6212-04-9915088 Anlage 11.04.2018 Bericht zur gesundheitlichen Bewertung 1. Gegenstand der Bewertung Mit Schreiben (E-Mail) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 04.04.2018 wurde das BfR gebeten, eine gesundheitliche Bewertung der in gefrorenem Rotem Chili ohne Stiel ermittelten Rückstände von 0,061 mg/kg Garboturan (Summe aus Garboturan und 3-0H-Carbofuran, berechnet als Carbofuran) vorzunehmen. 2. Ergebnis Nach gegenwärtigem wissenschaftlichem Kenntnisstand ist eine gesundheitliche Gefährdung von Kindern oder Erwachsenen durch Garboturan-Rückstände in Rotem Chili in Höhe von 0,061 mg/kg unwahrscheinlich. Neben Garboturan wurden in der gleichen Probe Roter Chili weitere Wirkstoffe (siehe Tabelle 3) nachgewiesen, die ebenfalls wie der Wirkstoff Garboturan zu einer Hemmung der Acetylcholinesterase führen und somit kumulativ wirken können. Im Vergleich zu Garboturan ist die akute Toxizität dieser Wirkstoffe wesentlich geringer. Eine gesundheitliche Gefährdung durch die nachgewiesenen Rückstände dieser weiteren Wirkstoffe ist ebenfalls unwahrscheinlich. 3. Begründung I Risikobewertung Garboturan (ehern. Bezeichnung (IUPAC) 2,3-dihydro-2,2-dimethylbenzofuran-7-yl methyl carbamat) ist ein systemischer, insektizid, akarizid und nematizid wirksamer Wirkstoff aus der Gruppe der Benzofuranyl-methylcarbamate. Durch Kommissionsentscheidung 2007/416/EG vom 13.06.2007 erfolgte die Nichtaufnahme in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG. 3.1 Toxikologische Bewertung des Wirkstoffes Garboturan wurde toxikologisch umfassend untersucht. Zu Garboturan liegen aktuelle Bewertungen der WHO (2008); und der EFSA (2009Y; sowie die in Tabelle 1 und Tabelle 2 aufgeführten gesundheitlichen Grenzwerte vor. Grenzwerte der WHO (2008) für Carbofuran Tabelle 1: Bezeichnung Wert Studie/Tierart Sicherheitsfaktor ADI 0,001 mg/kg KG Akute Studien an adulten und 11 Tage alten Ratten zur Hemmung der Acetylcholinesterase im Gehirn 25* ARfD 0,001 mg/kg KG Akute Studien an adulten und 11 Tage alten Ratten zur Hemmung der Acetylcholinesterase im Gehirn 25* * Es wurde ein Sicherheitsfaktor von 25 verwendet. da die relevanten Effekte nach Auffassung der WHO (2008) Cmax abhängig sind. Seite 1 von 3 I
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Tabelle 2: Grenzwerte der EFSA (2009) für Carbofuran Sicherheitsfaktor Bezeichnung Wert Stud iefTierart ADI 0,00015 Akute Studien an adulten und 11 Tage alten Ratten zur Hemmung der Acetylcholinesterase im Gehirn 200* Akute Studien an adulten und 11 Tage alten Ratten zur Hemmung der Acetylcholinesterase im Gehirn 200* mg/kg KG ARfD 0,00015 mg/kg KG * Es wurde ein Sicherheitsfaktor von 200 verwendet, da die Grenzwerte nach Auffassung der EFSA (2009) von einem LOAEL (lowest observed adverse effect Ievei) abgeleitet wurden. Für die Risikobewertung wurden die niedrigeren von der EFSA abgeleiteten Grenzwerte für Carbofuran herangezogen. 3.2 Abschätzung der Kurzzeit-Aufnahmemenge Bei der Untersuchung von Rotem Chili wurden Rückstände von Carbofuran in Höhe von 0,061 mg/kg (Summe aus Carbofuran und 3-0H-Carbofuran, berechnet als Carbofuran) ge- messen. Der in Europa aktuell geltende Rückstandshöchstgehalt für den Wirkstoff in Rotem Chili liegt bei 0,002* mg/kg; diese Konzentration wurde auf Basis der analytischen Bestimmungsgrenze festgelegt. Die Rückstandsdefinition des Wirkstoffs wurde sowohl für die Risikobewertung als auch für die Überwachung als Summe aus Carbofuran und 3-0H-Carbofuran, berechnet als Carbofuran, festgelegt. Für die Schätzung der Kurzzeit-Exposition von Verbrauchern durch den einmaligen Verzehr von frischen Chilis liegen weder im europäischen Modell PRIMa (Version 3) iii der EFSA, noch im deutschen NVS II-Modell iv dezidierte Verzehrsdaten vor. Eine Abschätzung der maximal tolerablen Portionsgröße (entspricht 100% Ausschöpfung der ARfD) auf Basis des nachgewiesenen Carbofuran-Gehalts ergibt in Abhängigkeit vom Körpergewicht folgende Mengen (Annahme IESTI Fall1 - Einheitengewicht unter 25 g pro Stück): Kinder (2 - 4 Jahre, 16,15 kg KG): Erwachsene (14- 80 Jahre, 76,37 kg KG): bis zu 39 g pro Tag bis zu 187 g pro Tag Für Erwachsene liegt die maximal tolerable Portionsgröße in der Größenordnung der einmaligen großen Verzehrsmenge für frische Gemüsepaprika von 228,3 g pro Tag (NVS II-Modell). Dass eine solche Portionsgröße ebenfalls für frische scharfe Chilis erreicht wird, ist unwahrscheinlich, wodurch für Erwachsene keine Überschreitung der ARfD von Carbofuran (0,00015 mg/kg KG) zu erwarten ist. Bei Kindern ergibt sich eine maximal tolerable Portionsgröße von 39 g pro Tag. Im Gegensatz zu Erwachsenen liegt die einmalige große Verzehrsmenge für frische Gemüsepaprika bei Kindern mit 145,3 g pro Tag deutlich oberhalb dieses Werts. Deutsche Daten zum Gewicht einer durchschnittlichen Chili-Schote liegen nicht vor, jedoch ist im IESTI-Modell des Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR)v ein Einheitengewicht von 9,6 g pro frischer Chili-Schote aus den Niederlanden berichtet. Legt man dieses Gewicht zugrunde, müssten Kinder etwa eine maximale Portion von 4 Chilis innerhalb eines Tages verzehren, um die ARfD für Carbofuran zu erreichen. Typische Rezepte von chili-haltigen Speisen wie z. B. Chili Con Garne verwenden üblicherweise maximal eine Chili pro Portionvi. Seite 2 von 3
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Ein Erreichen der maximalen tolerablen Portionsgröße und eine damit verbundene Überschreitung der ARfD für Garboturan ist somit auch für Kinder unwahrscheinlich. ln der zu beurteilenden Probe wurden neben Garboturan auch die Wirkstoffe Acephat, Disulfoton, Ghlorpyrifos, Methamidophos und Profenofos nachgewiesen, welche ebenfalls zu einer Hemmung der Acetylcholinesterase führen und somit kumulativ wirken können. ln Ermangelung passender Verzehrdaten für die Berechnung der kumulativen Exposition wurde der relative Beitrag zum Hazard Index (HI) durch die nachgewiesenen Gehalte errechnet. Hierfür wurden normierte Verzehrmengen und Körpergewichte von jeweils 1 kg zugrunde gelegt und der individuelle Indexbeitrag für jede Substanz berechnet: Tabelle 3: Beitrag nachgewiesener Stoffe Eigenschaften zur kumulativen Gesamtaufnahme Wirkstoff ARfD in mg/kg KG (Quelle**) Carbofuran* 0,00015 (EFSA, 2009) 0,1 (WHO, 2005) 0,005 (EFSA, 2014) 0,003 (WHO, 1996) 0,003 {EFSA, 2005) 1 (WHO, 2007) Acephat Chlorpyrifos Disulfoton Methamidophos Profenofos Gesamt - mit Acetylcholinesterase hemmenden Nachge- wiesen er Rückstand in mg/kg 0,061 Individueller Indexbeitrag unter Annahme von 1 kg Körpergewicht und Verzehrmenge 407 Relativer Beitrag zum Hl in% 0,039 0,39 <0,1 0,024 4,8 1 0,019 6,3 1,5 0,01 3,3 0,8 0,17 0,17 <0,1 - 421,96 100 96,5 *Summe aus Garboturan und 3-0H-Garbofuran, berechnet als Garbefuran ** EFSA Grenzwerte bzw. niedrigerer Wert bevorzugt. Sofern kein EFSA Grenzwert vorhanden, wurde der FAOIWHO Grenzwert verwendet. Auf Basis der jeweiligen ARfD zeigt sich, dass insgesamt 96,5% der toxikologischen Gesamtlast durch Garboturan entstehen. Eine weiterführende kumulative Betrachtung der ebenfalls enthaltenen Acetylcholinesterasehemmer kann somit entfallen, da ihr Beitrag im Verhältnis zu Garboturan unerheblich ist. 1 WHO (2008) Pesticide residues in food - 2008 evaluations. Part II. Toxicological; pp. 81-104. World Health Organization, Geneva " EFSA (2009) GoneJusion on pesticide peer review regarding the risk assessment of the active substance c:arbofuran. EFSA Scientific Report (2009) 310, 1-132 "' Use of EFSA Pesticide Residue lntake Model (EFSA PRIMe revision 3), Doi: 10.2903/j.efsa.2018.5147, EFSA Journal2018;16(1):5147 [43 pp.), https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5147 IV http://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-berechnunqsmodell-zur-aufnahme-von-pflanzenschutzmittel-rueckstaenden- nvs2.zip vhttp://www.fao.org/fileadmin/templates/agphome/documents/Pests Pesticides/JMPR/Manuai/Eiectronic attachm ents revised.zip vl https:l/www. chefkoch.de/rezepte/1167071222777296/Ghili-con-Garne. html Seite 3 von 3
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,.-ir BfR Bundesinstitut für Risikobewertung >>> Pressestelle 1312.20191451 >>> Sehr geehrte Frau - · vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir gerne, wte folgt beantworten: Frage 1: Wenn man den Kontakt mit diesem Chlorpyrifos-lnsekttzid vermeiden möchte, wtrd es dann helfen, Orangen, Mandarinen, Zitronen, Pampelmusen etc. vor dem Schälen abzuwaschen? Macht man das besser heiß oder kalt oder ist das vollkommen egal? Antwort des BfR: Der derzeit für Zitrusfrüchte noch geltende Rückstandshöchstgehalt in der Europäischen Union ist 1.5 Milligramm (mg) pro Kilogramm (kg) (Gesamtfrucht, also Fruchtfleisch und Fruchtschale). Chlorpyrifos kaltem Wasser nur schwer. So bleibt der Wirkstoff stark an der Schale haften, zu mal löst sich in 20 die Schalen zur Verbesserung der Haltbarkeit meist zusätzltch gewachst sind. Aus dtesem Grunde dürfte ein Waschen der Schale mit Wasser (insbesondere mit kaltem Wasser) die Konzentration auf der Frucht- schale nicht substantiell verringern. Eine wahrscheinlich deutltch erhöhte Wirkung, die allerdings nicht in Zahlen ausgedrückt werden kann (und auch von der Dauer und lntenstt ät der Reinigung abhängt), ist bei der Verwendung von heißem Wasser und zusätzlich von Spülmittel zu erwarten. Da die Schale von Zitrusfrüchten dick ist, dringt Chlorpyrifos 111 nur sehr geringem Maße tn das Fru chtfletsch ein. (Ver- arbeitungsfaktor 0.02; Quelle: EFSA Journal 2017;15(3):4733). Daher würde ein Schälen der Früchte die Gesamtaufnahme der Rückstände von Chlorpyrifos sehr effektiv verringern . Anschließend sollten aber die Hände (mit Seife) gewaschen werden . Frage 2: Wie sieht das mtt der Chlorpyrifos-Belastungsvermeidung bei der industriellen Weiterverarbeitung von Zitrusfrüchten aus7 Antwort des BfR: Orangensaft hat deutlich wentger Rückstände als die Früchte, da die Schale bei der Herstellung entfernt wird. Ein weiterer Grund: Für Früchte bzw. Rohware, die zur Weiterverarbeitung bestimmt ist. spielt das optische Erscheinungsbild eine genngere Rolle. Dementsprechend werden s1e gegen Ende der Frucht- reife wahrscheinlich weniger häufig mit Pflanzenschutzmitteln behandelt.. Das bedeutet also, dass zu- mindest mit einer deutlichen Verminderung der Rückstände zu rechnen ist. Für Orangensaft wird ein Verarbeitungsfaktor von 0.07 berichtet (Quelle: EFSA Journal 2017;15(3):4733). Frage 3: Stnd Rückstände von Chlorpyrifos auch in Orangensaft, Orangeat und Orangenmarmelade nachweis- bar? Antwort des BfR: Entsprechend den oben gemachten Aussagen ist ein Auftreten in Orangen saft möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. So wurden im nationalen deutschen Lebensmittelmoniton ng im Jahr 2014 nur in einer von 188 Proben quantifizierbare Rückstände von Chlorpyrifos gefunden Zu Orangeat und Orangen- schale (mit Zesten) liegen uns keme Daten vor Anders als bei Orangensaft smd aber für dtese Erzeug- nisse zumindest die Verzehrsmengen deutlich niedriger. oc - Freundlich grüßt Sie t.A.
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