Kurzgutachten_TLGG

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Gutachten zur Bewertung der Digitalen Strategie 2025

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TLGG März 2016 Digitale Strategie – Kurzgutachten TLGG Das Strategiepapier „Digitale Strategie 2025“ ist ein Aufschlag des Bundeswirtschaftsministeriums zur Lenkung und Beschleunigung des digitalen Transformationsprozesses der deutschen Volkswirtschaft. Es identifiziert wesentliche Handlungsfelder der Digitalisierung, gibt Impulse und stellt bereits existierende Projekte vor und skizziert in Planung befindliche oder vorstellbare Maßnahmen. Unser Gutachten als Agentur für digitale Transformation ist aus der Position hoher Erwartungen geschrieben. Wir wünschen uns und unserer Gesellschaft eine koordinierte, informierte und visionäre Herangehensweise an die Digitalisierung. Wir sehen in der digitalen Strategie viele richtige Ansätze, aber auch Verbesserungspotenzial. Der Kürze halber konzentrieren wir uns hier auf Kritik und heben die vielen positiven Punkte nicht im Einzelnen heraus. Grundlagen: Erwartungen und Leistungen Ein Strategiepapier, das seine Absender als Meinungsführer positionieren soll, sollte nicht zu klein denken. Dies gilt erst recht für ein Strategiepapier, das sich neun Jahre in der Zukunft verankert. Allein in den letzten neun Jahren hat die Digitalisierung zu grundlegenden Veränderungen geführt – und es ist nicht absehbar, dass sich ihr Tempo zurücknimmt. Deshalb sollte eine Digitale Strategie 2025 in unseren Augen folgende Kriterien erfüllen: 1.   Eine anschlussfähige und kühne Zielvorstellung und Vision 2.   Eine klare Positionierung der Absender 3.   Zentrale Thesen zum Erreichen dieses Ziels und seiner Teilziele 4.   Davon abgeleitete strategische Maßnahmen im eigenen Handlungsbereich 5.   Über den Handlungsbereich hinaus klar adressierte Forderungen 6.   Konkrete Modelle für die Zusammenarbeit der Stakeholder dieses Prozesses Das uns vorliegende Papier erfüllt dies in Teilen. Visionäres Potenzial nicht ausgeschöpft Das BMWi schreibt in der Einleitung: „Die Digitalisierung ändert die Spielregeln. (...) Und mehr noch als in allen vorherigen Transformationen gilt bei der Digitalisierung: Die Schnellen besiegen die Langsamen.“ Dieser Duktus dringenden Handlungsbedarfs taucht im Dokument immer wieder auf – hier wird Digitalisierung reaktiv statt visionär gedacht; damit bleibt das aktivierende Potenzial einer starken Vision ungenutzt. Dass es auch anders geht, zeigen einzelne große Ziele wie eine international erfolgreiche deutsche Startup-Szene oder wachsender Einfluss Deutschlands und Europas in globalen Standardisierungsgremien. Hier sollte zumindest ein größer gedachter Einstieg formuliert werden. Die unklare Positionierung schafft eine unklare Kompetenzlage Der Absender BMWi ist natürlich explizit identifiziert. Im Text selbst jedoch werden Regierungsinitiativen, BMWi-Maßnahmen und Projekte aus dem Kompetenzbereich anderer Ministerien oft vermischt. Dadurch verliert das Profil des Absenders an Schärfe – auch weil das Ministerium noch nicht mutig und inklusiv genug denkt: Dass das Thema größer ist als ein Ministerium, wird noch zu selten als Chance oder Herausforderung thematisiert und in Forderungen an andere Kompetenzbereiche und Lösungen zur Zusammenarbeit übertragen.
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TLGG März 2016 Kurzeinschätzung der zehn Thesen Die zehn entwickelten Thesen formulieren einige der Herausforderungen der Digitalisierung gut und zutreffend. Wir haben drei Verbesserungsvorschläge: Fokus auf die Digitalagentur verstärken Die Digitalisierung der deutschen Volkswirtschaft kann nur koordiniert und harmonisiert gelingen. Deshalb ist der Vorschlag einer Digitalagentur richtig und wichtig. Seine Positionierung am Ende des Thesenpapiers wird seinem Gewicht dabei nicht gerecht, das Projekt selbst nicht ausreichend mit den anderen Thesen verbunden. Die Gründung einer Digitalagentur ist natürlich mit enormem Koordinierungsaufwand verbunden, viele Stakeholder und Richtlinien wollen eingebunden und gehört werden. Wir schlagen dennoch vor, die Digitalagentur zu einem prominenteren Element zu machen und die Vielfältigkeit der anderen Thesen als Beleg dafür zu verwenden, dass ihre Schaffung unumgänglich ist. Datenschutz und Datensicherheit entzerren, Datensouveränität definieren Auch wenn beide Themen eng miteinander verbunden sind, so wird ihre Vermischung dem öffentlichen Diskurs nicht gerecht. Vor allem werden im Text hauptsächlich Vorschläge zur Datensicherheit gemacht. Hier sollte zusätzlich eine tragfähige Vision einer Datensouveränität formuliert werden, die unter „Datenschutz“ mehr versteht als nur „Datensparsamkeit“. Die Rolle des Staates als Betroffener anerkennen Die Entwicklung einer digitalen Verwaltung wird im Text zwar angesprochen, allerdings ohne die Formulierung konkreter Maßnahmen und Ziele. Das ist in unseren Augen ein großes Versäumnis. Ein analoger Staat ist einer digitalen Wirtschaft ein schlechter Partner – hier fehlen uns konkrete Ziele und Handlungsempfehlungen. Kurzeinschätzung Maßnahmen Dort, wo die Thesen mit Details und konkreten Plänen unterfüttert werden, fehlt bislang eine sachkompetente Schlussredaktion. Der Eindruck, dass hier viele verschiedene Abteilungen mit sehr engem Abteilungsfokus mitgeschrieben haben, drängt sich aktuell noch auf. Auch dadurch stehen oft konkrete, aber sehr behördlich gedachte Maßnahmen neben sehr groß gedachten, aber unkonkreten Zielen. Ein visionärer Einstieg in das Gesamtdokument würde es den Autoren erlauben, in den einzelnen Thesen-Abschnitten den Schwerpunkt auf konkrete Maßnahmen zu legen. Fazit Wir möchten noch einmal betonen, dass wir in diesem Papier viele gute Ansätze sehen und dass die beschriebenen Handlungsfelder auch jenseits des BMWi gut erkannt und benannt wurden. Soll sich die Digitale Strategie jedoch von vergleichbaren Grünbüchern, Agendapapieren, Digitalisierungskonzepten und Manifesten abheben, so braucht sie eine deutlichere Positionierung, klarer formulierte Forderungen und eine informierte Schlussredaktion. Vor allem aber braucht sie mehr Mut und eine Vision, an die sie glaubt. Empfehlung Wir empfehlen deshalb vor allem ein kommunikatives Framing, das dem Projekt gerecht wird. Dies geschieht etwa durch eine deutlich visionärer formulierte Einleitung und durch entsprechende Schwerpunktsetzung bei der Vorstellung der digitalen Strategie durch den Bundeswirtschaftsminister.
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