anhang-1

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „"Gutachten zur elektrostatischen Aufladung an Fluggastkontrollstelle Hamburg"

/ 24
PDF herunterladen
SCHUBERT GMD

 

Gutachten 2020-11 - Bundespolizei

Bundespolizeipräsidium

Referat 65 - Forschung und Erprobung
Schwartauer Landstr. 1-5

23554 LÜBECK

13. Januar 2020
Gutachten 2020-11

Aufgabenstellung

Wolfgang Schubert
Dipl.-Ing.
Industrieberatung

Unabhängiger Sachverständiger
für Elektrostatik

Öffentlich bestellter und vereidig-
ter Sachverständiger für Druckver-
fahren und Druckmaschinen,
Be-und Verdruckbarkeit,
Verpackungsdruck

Weidenweg 15, 04425 Taucha
Fon 034298/67323

Fax 0322 2687 3033

Mobil 0171 4080394
ws@schubert-gmd.de
www.schubert-gmd.de

Sachverständigengutachten über Untersuchungen zum Auftreten elektrostatischer Entla-
dungen durch Geräte und Anlagen in Luftsicherheitskontrollspuren auf das Sicherheitsper-

sonal

 

Auftraggeber
Bundespolizeipräsidium

Referat 62

Heinrich-Mann- Allee 103

14473 Potsdam

T: 0331 97997 6225

E: bpol.ref62.besch@polizei.bund.de

 
  
  
  
  
   
  
    

  

 

  

Auftragnehmer
Dipl.-Ing. Wolfgang Schubert
Weidenweg 15

D-04425 Taucha

T: 034298 67323

M: 0171 4080394

F: 03222 6873033

E: ws@schubert-gmd.de
www.schubert-gmd.de
USt.-ID DE185413734
1

Mb
Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 2 von 23 o& =
m wi

SCHUBERT GMD

Inhaltsverzeichnis

1 PETE ET En EEE TEEN ETE 3
2 Ortsbesichtigung ............ss002s4s00n0nsssennonnnnsennnnnnnensnnnnnnnsnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn 3
3 Sofortmaßnahmen ......uuuesssssnnnnnnnnnunnnnnnnnnnnnnnnnnunnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnunnnnnnnsnnnsnssnnnsnnnnnnnn 4
3.1 Anlagentechnische Maßnahmen. ...........uuusssesnensnnennennnnennnnnnnennnsnnnnnnnnnsnnnnnnnnnnnnnnnnenenn 4
3.2 Persönliche Sch za usrÜs EN anni 4
4 Grundlagen der Elektrostatik ..........u...u04044440444400000nnnnnnennenennnnnnnnnnnnnnnnnnnnsnnssnsssnsnnnen 5
4.1 Entstehung von Aufladung..........uussseesssnesssnnenssnnensnnnennnnnnnnnsnnnnnnsnnnnnnnnennnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn 5
4.2 Ableitfähigkeit von Personen.......uueeeeseeseseenesessneneeeensenenn Beeren en ET ER ERERE 5
4.2.1 Personen mit: Herzschrittmächer 0.3.00 nennen 6
4.3 Influenz (auch »elektrostatische Induktion« genannt).............uuussssneesnnnennneeseneeeneennennn 6
4.4 Aufladung einer Person durch Influenz .............20044s222202002neesseenennnnnnnnnnnnnnnsnnnnenennnnnn 8
4.5 Feldlinien und Äquipotentiallinien.......uuueeesesesesesenenenennnnenennnennenennnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn 9
5 Ursachenermittlung - Ergebnisse der Ortsbesichtigung .............sses222020222000000ne 200 11
51 Bedingungen an en nememnansan: 11
5.2 Personen messen ......uuunsnsnnnessssssssnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnennnnnnnssnssnsnsnnnnsnnnsnnnnnnnssssssssssnnnnnn 11
5.3 Messungen an den technischen Anlagen ............uusssss2snsnnnenensnennnnnnnnnnnnnnnnnnsnnnnnenennnn 13
5.4 Messüngen an den Wannen... nennen anna nn annnnnnnunnn 13
5.5 Messungen an einer elektrischen Kapazität..........eeesesssssnesessnenessennenssnnnnesnnnennnenennnenen 14
5.6 Messungen der Handschuhe............nmsesessnnnneesssnnnenenensnnnnennnnsnnnnnnnnnnsssnnnnnensnsnnnnnenennnn 16
6 Bewertung der Messergebnisse und Ortsbesichtigung...................s020s0020200000000n00 17
6.1 Vermeidung von Personenaufladung ............200sss004sssnneeennnenennneneennnnenennnenensnnensenanennn 17
6.1.1 Persönen-Ableitfähigkeit u... een nn 17
6.1.2 Verwendung von Handschuhen u... une unwensen 18
6.2 Anlagentechnik... een ame 18
6.2.1 Erdungszungen.....uueessesnnnssssnnnnesssnnneensnnnnanennnnnnnnnennnnnnnnnnnensnnnnnssensnnnnnnensnsnnnnnensssnannennn 18
6.2.2 Transportspuren.......neesssnsnnensesssensnnnnnnnnennensnsnnnnnnnnnnnnnnnennennennnnnnnnnsnsnnnnnnnnnnnnnnnssssssnnnann 19
6.2.3 Transportwannen „au... anna ennannennnnnannnene 20
6.2.4 Elektrostatische Entladung der Wannen .......uueeeeesesseesessssnnneennnsnnsnnnnnnnssnnnnnnensennnnnnenn 21
6.2.4.1 Aktive Entladung der Wannen .............2uuuusssssnnsesssnnnnnnnnsnnnnnnnnnnnennnnnnnnnnnnnnennnnnnnnannnnnn 21
6.2.4.2 Passive Entladung der Wannen............uueessssessnnsssnnnensnnennnnnnnnnnnnnnnnnnnenennnnnnnnnnnnnnnnnnen 21
6.2.5 Relative Luftfeuchtigkeit ................000002204s0esssnnnnenssnnnnnnnnnnnnnunnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnennnnennennnn 22

7 Zusammenfassung ....uusessssssennesunnssnonnennnnnnsnnnensnnnnnnnnssnnsnsnnnnnnnsennssnnnssnssssnnnsssnnsssnnen 23
2

an
r as

Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 3 von 23 o& u
ww

SCHUBERT GMD

 

1 Auftragserteilung
Auftraggeber:

Bundespolizeipräsidium

Referat 65 - Forschung und Erprobung
Schwartauer Landstr. 1-5

23554 LÜBECK

E: bpolp.ref65@polizei.bund.de
www.bundespolizei.de

2 Ortsbesichtigung

Die Ortsbesichtigung erfolgte am 16.12.2019 in der Zeit von 12 bis 17 Uhr an den
Luftsicherheitskontrollspuren 21 und 22 sowie an der Linie 15 (Kaktus) im Flughafen
Hamburg. Diskussion zur Auswertung am 17.12.2019.

 

 

Infolge verschiedener Vorkommnisse bei den an den Luftsicherheitskontrollspuren
(im weiteren LSK) beschäftigten Personen wurden die o.g. Anlagen eingehend be-
sichtigt. Auslöser für die Untersuchungen sollen elektrostatische Entladungen gewe-
sen sein.

Die durchgeführten Messungen hinsichtlich ordnungsgemäßer Erdung der Anlagen,
möglicher Entstehung elektrostatischer Aufladungen und deren Entladung über das
Luftsicherheitspersonal führen zum Vorschlag für folgende Maßnahmen.
3

2.
Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 4 von 23 o& ax

SCHUBERT GMD

3 Sofortmaßnahmen

Folgende Sofortmaßnahmen wurden mit dem Gutachten 2019-18 vom 18.12.2019
bereits übermittelt.

3.1 Anlagentechnische Maßnahmen

a) In den Rollenbahnen ist mindestens jede fünfte Kunststoffrolle durch eine ab-
leitfähige und geerdete Metallrolle zu ersetzen.

b) Bereits vorhandene Metallrollen sind zu erden (z.B. durch die Kontaktierung mit
leitfähigen Bürste r  .

c) Im Auslauf der Scanner sind geeignete passive Entladeeinrichtungen anzuord-
nen (z.B. leitfähige Bürsten oder Erdungszungen).

  

Abb. 1: Erdungszungen

 

d) Im Bereich der Anlage sollen Erdungszungen in der Höhe von 400 mm über dem
Band (= Durchlasshöhe der Scanner) zur passiven Entladung der Wannen inklu-
sive Gut der Passagiere angeordnet werden.

e) Bei automatischen Rückführanlagen der Wannen sind kurz vor der Entnahmes-
tation passive Erdungszungen in Höhe der Oberkante der Wannen im Abstand
von ca. 400 mm voneinander 5 Stück über die Breite (500 mm) anzuordnen.

3.2 Persönliche Schutzausrüstung

a) An den Steharbeitsplätzen sind ableitfähige und geerdete Fußmatten einzuset-
zen.
b) Die Mitarbeiter sind mit ableitfähigen Berufsschuhen auszustatten
(Ableitwiderstand < 10° Ohm, Schuhe mit dem ESD-Button entspre-
(A) chen i.d.R. diesen Anforderungen).

„ESD-Button“

c) Bis zur Umsetzung der Ausstattung der Mitarbeiter mit ableitfähigem Schuh-
werk an den Luftsicherheitskontrollspuren ist der Erlass einer Arbeitsanweisung
angezeigt: „Beim Handhaben der Wannen sollte nach höchstens drei Wannen
der Kontakt zur geerdeten Anlage erfolgen, um eventuell erfolgte Aufladung ab-
zuleiten.“
4

Er
Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 5 von 23 o& a
Wr

SCHUBERT GMD

4 Grundlagen der Elektrostatik
4.1 Entstehung von Aufladung

Grundsätzlich ist festzustellen, dass durch physikalische Gesetzmäßigkeiten bei jegli-
chem Kontakt und Trennung stets elektrostatische Aufladung entsteht. Die Erhal-
tung der Aufladung wird nur durch die elektrischen Widerstände der Materialien
bestimmt. Bei hohen Widerstandswerten (< 10'? Ohm) bleibt elektrostatische La-
dung lange erhalten.

In Abb. 2 ist die prinzipielle Funktionsweise der Entstehung elektrostatischer Aufla-
dungen dargestellt.

Es ist stets so, dass bei Kontakt von Materialpartnern - unterschiedlicher, aber auch
gleicher Art - es zu einem Elektronenaustausch kommt, der bei der Trennung zum
Anstieg elektrostatischer Aufladungen führt.

 

Abb. 2: Prinzip der Entstehung von elektrostatischer Aufladung

4.2 Ableitfähigkeit von Personen

Zum Verständnis muss erklärt werden, warum der Wert von < 10° Ohm für die Ab-
leitfähigkeit von Personen festgelegt wurde:

Der Mensch hat eine elektrische Kapazität von 100 bis 200 pF (Pico-Farad), die man
sich wie ein Behältnis vorstellen kann. Dieses nimmt bis zu einem bestimmten Punkt
Ladung auf und entlädt sich dann bei entsprechender Gelegenheit.

Damit das nicht passieren kann, sollte dem „Behältnis Mensch“ (der Kapazität) die
Möglichkeit gegeben werden, dass die Ladung abfließen kann.

In Abb. 3 A ist nur ein kleines Loch zu sehen und die vorhandene Ladung benötigt
lange Zeit um abzufließen. Der Teil B zeigt ein sehr viel größeres Loch, durch das die
Ladung schnell verschwinden kann.
5

Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 6 von 23 o& aa
SCHUBERT GMD

4.2.1

 

Abb. 3: A Person nicht ableitfähig B: Person ableitfähig

Das „Loch im Behälter“ muss also vergrößert werden und das geschieht mit den ab-
leitfähigen Schuhen. Dies lässt sich auch mit entsprechenden Formeln berechnen.
Bei Teil A benötigt eine Ladung von 10.000 V ca. 2 Minuten und bei Teil B nur 0,01
Sekunde.

Personen mit Herzschrittmacher o.ä.

Zum Thema Herzschrittmacher gibt es nach meiner Kenntnis keine belastbaren An-
gaben! In der SDGUV-Information 213-060 (TRGS 727) Anhang D ist eine Größen-
ordnung von 2 m) genannt.

In den FAQ’s zur TRGS 727 steht lediglich, dass Personen mit Herzschrittmachern
gefährdet werden können.

Nach meiner persönlichen Auffassung hängt die Gefährdung im Wesentlichen vom
Weg des Stromflusses durch den Körper ab.

Träger von Herzschrittmachern sollten i.d.R. ausführliche Informationen dazu ha-
ben.

Um allen Eventualitäten aus dem Weg zu gehen, sollten Mitarbeiter mit Herzschritt-
macher, ICD (implantierter Defibrillator) oder Ähnlichem nicht in gefährdeten Berei-
chen beschäftigt werden.

Herzschrittmacher werden nach meiner Kenntnis nach der DIN EN 60601-1-11:2015
geprüft. Der Testlevel soll + 8 kV betragen. Diesen niedrigen Wert halte ich für fahr-
lässig gering. Unabhängig davon ist mir z.Zt. keine Aussage zur hinter dieser Ladung
stehenden elektrischen Kapazität bekannt.

4.3 Influenz (auch »elektrostatische Induktion« genannt)

An den LSK werden die Mitarbeiter durch Influenz elektrostatisch aufgeladener Ge-
genstände aufgeladen. Zum Verständnis dieses schwierigen Themas der Elektrizi-
tätslehre sollen nachfolgende Erläuterungen dienen!:

Ungeladene leitfähige Objekte weisen stets die gleiche Anzahl positiver und negati-
ver Ladungen auf, die gegenseitig gebunden sind. Durch ein von außen einwirken-
des elektrisches Feld können diese Ladungen - entsprechend dem Coulomb schen
Gesetz — verschoben werden.
6

Mr
Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 7 von 23 o& we
” u 7

SCHUBERT GMD

Mit der Bildsequenz Abb. 4 wird schematisch erklärt, wie der Ablauf einer solchen
Ladungsverschiebung infolge Influenz erfolgt.

 

Anordnung der Objekte (A): Links befindet sich ein als Ladungsquelle dienender
Bandgenerator, rechts daneben ist ein kleiner, gegen Erde isolierter Behälter aus
elektrisch leitfähigem Material angeordnet. Auf ihm soll die Ladungsverschiebung
erfolgen.

Bezogen auf die LSK ist die Ladungsquelle die Kunststoffwanne und der Behälter ver-
gleichbar zur Person, die eine elektrische Kapazität von 100...200 x 10"? Farad hat.

Ladungsverschiebung (B): Kurzes Laufen des Bandgenerators führt seiner Kugel eine
negative Aufladung zu, die auch nach Abschalten des Bandantriebs erhalten bleibt.
Das von der Kugel ausgehende elektrische Feld bewirkt infolge der abstoßenden
Kraftwirkung auf die Leitungselektronen des Behälters eine Verschiebung der La-
dungen auf seiner bisher elektrisch neutralen Oberfläche. (Die gleichnamigen nega-
tiven Ladungen werden zur kugelabgewandten Seite gedrängt, die dadurch freige-
setzten positiven Ladungen von der Kugel angezogen.)

Ladungsableitung (C): Zur Identifikation der Ladungsverschiebung wird an der kugel-
abgewandten Seite des Behälters kurzzeitig eine Verbindung zur Erde hergestellt.
Dadurch fließt die abgedrängte negative Ladung zur Erde ab.

Gebundene Ladung (D): Die auf dem Behälter verbliebene positive Ladung ist von
diesem ersten Erdungsschritt zunächst unbeeinflusst und bleibt weiterhin durch das
von der negativ geladenen Kugel ausgehende elektrische Feld gebunden. Nach au-
ßen erscheint das System jetzt elektrisch neutral, das heißt die Summe von Plus und
Minus =0.

Kugelableitung (E): Wenn danach der auf der Kugel des Bandgenerators vorhande-
nen negativen Ladung ebenfalls die Möglichkeit geboten wird, zur Erde abzufließen,
wird die felderzeugende Ursache aufgehoben und das elektrische Feld verschwin-
det.
7

Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 8 von 23 o& a
—_ Sn — ” ww“

SCHUBERT GMmD

Aufgeladener Behälter (F): Dieser zweite Erdungsvorgang setzt die positive Ladung
wieder frei, die vorher auf dem Behälter durch das von der Kugel ausgehende Feld
gebunden war. Die Ladung kann sich nun auf der gesamten Oberfläche des Behäl-
ters ausbreiten. Er trägt jetzt eine reale Überschussladung, unabhängig davon, ob
die Kugel weiter geerdet bleibt oder nicht.

Für den Vorgang der Influenz ist es ohne Belang, ob er an ruhenden oder bewegten
Teilen erfolgt. In der Bildsequenz wurde von der aufgeladenen Kugel des Bandgene-
rators (Wanne), der isolierte Behälter (Mensch) influenziert, geerdet und danach
das elektrische Feld wieder abgebaut, woraus letztlich die Aufladung des Behälters
resultierte. Zu einer Aufladung des Behälters infolge Influenz käme es aber auch,
wenn es aus größerer Entfernung (einem feldfreien Bereich von Erde isoliert, z.B.
auf eine Person mit isolierendem Schuhwerk) in die Nähe der aufgeladenen Bandge-
neratorkugel gebracht würde, dort kurzzeitigen Erdkontakt erhielte und anschlie-
ßend wieder entfernt würde. Entscheidend für den Aufladungsvorgang durch In-
fluenz ist lediglich, dass der leitfähige Gegenstand während des Feldeinflusses kurz-
zeitig geerdet wird.

An dieser Stelle seien die Begriffe leitfähig, ableitfähig und isolierend definiert:

« Jleitfähig Widerstand R < 10* Ohm

e ableitfähig Widerstand R < 10°? Ohm

e isolierend Widerstand R > 10!* Ohm
Es ist gut zu erkennen, dass die Grenzen fließend sind und je nach Bedingungen ver-
schoben werden können bzw. müssen.

4.4 Aufladung einer Person durch Influenz

Der komplexe Ablauf einer Aufladung durch Influenz soll durch das Praxisbeispiel in
Abb. 5 verdeutlicht werden: Eine Person (z.B. der Mitarbeiter an der LSK) trägt iso-
lierendes Schuhwerk und geht auf einen aufgeladenen Gegenstand zu. Das ist in un-
serem Falle die Kunststoffwanne (im Bild ist es eine umlaufende aufgeladene Folien-
bahn).

In deren Nähe, also im Einflussbereich ih-
res elektrischen Feldes, berührt die Per-
son kurzzeitig ein geerdetes Teil. Im hier-
bei verspürten ersten Stromschlag wird
die auf ihrem Körper durch Influenz ver-
schobene Ladung zur Erde abgeleitet.
Beim Weitergehen oder Ablegen der auf-
geladenen Kunststoffwanne wird die vor-
her gebundene Influenzladung wieder
frei. Die Person ist jetzt tatsächlich aufge-
laden und wird bei erneuter Berührung
eines geerdeten Gegenstandes einen
zweiten, erwartungsgemäß stärkeren
Stromschlag verspüren.

Abb. 5: Ladungsverschiebung infolge Influenz
8

Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 9 von 23 o& a
FT Tr a Te Te we

SCHUBERT GMD

4.5 Feldlinien und Äquipotentiallinien

Um die im Bericht vom 10.12.2019 (sc  senannten

Vorkommnisse anschaulich zu machen, muss auf Feldlinien und Äquipotentiallinien
eingegangen werden.
Elektrische Felder sind am 1 besten durch besagte Feldlinien zu verstehen. Sie sind

3 ul | nicht nur theoretischer Natur, sondern lassen sich
auch experimentell darstellen, z.B. klassisch durch
Grießkörnchen in z.B. Rizinusöl wie Abb. 6 zeigt. De-
finitionsgemäß gehen sie von der positiven Ladung
aus, durchmessen den umgebenden Raum und en-
den schließlich auf der negativen Ladung.

 

Abb. 6: Foto einer Feldliniendarstellung

Die Dichte der Feldlinien stellt ein Maß für die Stärke des elektrischen Feldes dar;
z.B. ist an der gekrümmten Oberfläche einer Elektrode die Feldstärke stets höher als
an ihrem ebenen Teil. Jede Feldlinie wird dabei mit einer Pfeilspitze versehen, wo-
raus die Richtung des elektrischen Feldes ersichtlich wird. Dabei gehen die Feldli-
nien von leitfähigen Flächen, die in elektrostatischer Hinsicht ein „Äquipotential“
darstellen, stets senkrecht aus und treffen auch ebenso auf ihnen auf. Demgemäß
informieren Feldlinien über Stärke und Richtung elektrischer Felder. Sie können sich

an keiner Stelle kreuzen.
Absprühen N

   
 
 

Randfeld

   

Homogener Feldbereich
Aquipotentiallinien

Abb. 7: Darstellung des elektrischen Feldes

Zwischen parallel angeordneten ebenen Elektroden ist das elektrische Feld homo-
gen. Wie in Abb. 7 zu sehen ist, entsteht an den Enden der Elektroden ein stetig ab-
nehmendes Randfeld, dessen Inhomogenität mit zunehmender Entfernung von den
Elektroden größer wird.

Scharfe Kanten oder Spitzen führen zum Absprühen der Ladung in den Raum (siehe
Pkt. 6.2.4.2).
9

Gutachten 2020-11-Bundespolizei Seite 10 von 23 o& a
a a a Tr m WW

SCHUBERT GMD

Der bereits genannte Begriff Äquipotential muss nun mit den Feldlinien zusammen-
gebracht werden. Jedem Raumpunkt kann nicht nur eine Feldstärke, sondern auch
ein Potential zugeordnet werden, vergleichbar mit den Höhenangaben in einer to-
pographischen Landkarte. Verbindet
man alle Orte gleichen Potentials mit-
einander, so erhält man üblicherweise
eine gekrümmte Fläche, die als Poten-
tialfläche bezeichnet wird. Äquipoten-
tiallinien repräsentieren die zweidi-
mensionale Darstellung eines solchen
Potentialverlaufs. Abb. 8 zeigt die
Feldsituation eines Beschäftigten, der
einen metallenen Eimer in ein leitfähi-
ges geerdetes Fass entleert. Er trägt
ableitfähige Schuhe und steht auf ei-
ner isolierenden Stufe, die sich auf
dem leitfähigen geerdeten Fußboden
befindet. Mithin sind Fußboden und
Fass auf Nullpotential und durch den
rag Entleervorgang wird der Beschäftigte

eg auf 6 kV aufgeladen.

Ai
er

Zar

 

Abb. 8: Praktische Anwendung von Feldlinien (rot) und Äquipotentiallinien (gestri-
chelt)

Größte Dichte der Feldlinien und geringster Abstand der Äquipotentiallinien sind
zwischen Eimer und Fass zu erkennen. Folglich ist an dieser Stelle die Gefahr einer
Entladung am größten.

Alle Feldsituationen lassen sich grundsätzlich wie in diesem Bild veranschaulichen,
um ihre Gefährdungspotentiale herauszufinden.

Insofern sind die in Anlage 1 vielfach genannten Entladungen am Oberschenkel oder
auf Arm und Finger im Sinne Abb. 8 zu verstehen. Das heißt, zwischen der Person
und einem geerdeten Teil — der technischen Einrichtung der LSK — muss es zur Entla-
dung kommen.
10

Zur nächsten Seite