draculas-ende-ind-1985-geschwaerzt
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Indizierungsbeschlüsse, Folgeindizierungen, vorzeitige Listenstreichungen“
BUNDESPRÜFSTELLE "Pr. 679/84 | | _ für jugendgefährdende Schriften Entscheidung Nr. 2126 (V) vom 18.1.1985 bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 24 von 34.1.1985 ‘ Antragsteller: Verfahrensbeteiligte: . Stadtjugendamt Hannover ' \ VMP Video Medien Pool GmbH Theaterstraße 3 Frankfurter Ring 115 3000 Hannover 1 8000 München 40 Az.: 51.502/ver 2 Bevollmächtigte Rechtsanwähte: Die Bundesprüfstelle hat auf den: am 14.12.1984 eingegangenen Antrag am 18.1. 1985 gemäß $ 15a GjS’im vereinfachten Verfahren in der Besetzung mit: Stellvertretende Vorsitzende: Jugendwohl fahrt: "Läiteratürs. einstimmig beschlossen: "Draculas Ende" 2 Videofilm VMP, München wird in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen. Sachverhalt \ ' Der Videofärbfilm "Draculas:Ende", Spieldauer ca. 90 Minuten, wird von der Firma VMP,: München, ‚herausgebracht. Er wird im Videohandel zum Kauf und zur Miete ab : ca. 2,-- DM pro Tag angeboten. Ein gleichnamiger Kinospielfilm ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf- geführt worden. Der Antragsteller gibt den Inhalt des Films zutreffend wie folgt wieder und führt zur Begründung seines Indizierungsantrages aus: Inhalt: Oben genannter Film handelt von fünf Vampiren, die als Leichenbestatter, Krankenpfleger, Arzt und Sheriff uner- kannt ihr Unwesen treiben. Sie verschleppen Unfallopfer und Kranke, um deren Blut zu trinken und sie anschließend | zu töten. Als ein Mann,dessen Schwiegermutter und Frau I 1 1 = ı in die Nände der Vampire gefallen sind, hinter deren wahre ! Am Michaelshof 8 + Postfach 200190 : 5300BONN 2 ' » Telefon (0228) 356021
Pr. 679/84 2. Identität kommt, kämpft er gegen die Vampire. Teils durch ihn, teils durch Zwistigkeiten untereinander, kommen sie gegen Ende des Films um. Das Schicksal der zum Vampir ge- wordenen Üühefrau bleibt ungeklärt. Begründung: Der Videofilm "Draculas Ende!" setzt sich aus verschiedenen gewalttätigen Szenen zusammen, ‚Die Szenen, bei denen die Vampire ihren Opfern PfäÄhle ins Herz schlagen, nachdem sie sie gebissen haben, werden ge- nüßlich gezeigt. Ebenso gewalttätig wird der Kampf zweier rivalisierender Vampire dargestellt, wobei ein Vampir den anderen mit einem Kerzenleuchter aufspießt, um ihn anschließend zu pfählen, Oben genannter Film kann sich auf einen Jugendlichen, der sich in der Entwicklungsphase befindet, sozialethisch desorientierend auswirken und kann zur Abstumpfung gegen- über Gewalttätigkeiten Tühren, Die Verfahrensbetei ligte wurde form- und Fristgerecht davon benachrichtigt, daß über den Antrag nach $ 15a @jS entschieden werden soll. Sie hat sich nicht geäussert, Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prüfakte und des Videofilms, die Gegenstand des Ver- Fahrens waren, Bezug genommen. Die Mitglieder des 3er Gremiums haben sich den Videofilm in voller Länge und normaler Laufgeschwindigkeit angesehen, und die Beisitzer haben die Entscheidung in vorliegender Fassung gebilligt. Gründe Der Videofilm "Draculas Ende", VMP, ‚München, war gemäß $ 15a GjS zu indi- zieren. Ausnahmetatbestände gemäß $ 1 Abs. 2 GjS lagen offensichtlich nicht vor; sie wurden auch nicht geltend gemacht. Ein Fall von geringer Bedeutung gemäß $ 2.@jS konnte schon wegen der weiten Verbreitung des Films, der Schwere der von ihm ausgehenden Jugendgefährdung und der Leichtigkeit, mit der auch Jugendliche angesichts des niedrigen Miet- preises den Film erhalten können, nicht angenommen werden. Der Indizierungsantrag war zulässig ($ 2 Abs. 3 GjS und $ 2 DVO 69), er ist auch begründet ($$ 1 und 15a Gj5).
Pr. 679/84 3. Der Videofilm ist geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren, wie das Tatbestandsmerknal "sittlich zu ge- fährden" nach ständiger Rechtsprechung auszulegen ist (zuletzt BVerw6E 39,197): ' Diese Jugendgefährdung isb auch offenbar (8 15a Gj8), weil sie angesichts der Selbstzweckhaften, ausführlichen. Darstellung von brubalen Gewalttätigkeiten klar und für den unvoreingenommenen Betrachter zweifelsfrei zutage tritt (VG Köln, Urteil vom 22.5.1979 = Az. 10 _K 1990/78). Der Inhalt des verfahrensgegenständlichen Videofilms wirkt auf Kinder und Jugendliche verrohend (8 1 Abs. 7 Satz 2 G98) und damit sozialethisch desorientierend (8 1 Abs. 1 Satz 1 GjB» BVerwGE 23,112; bestätigt durch 25,118). Dabei hat die Bundesprüfstelle auf die Jugendlichen schlechthin, einschließlich der gefährdungsgeneigten, ausgenommen Extremfälle (BVerw@GE 39,197) und auf die empirisch abgesicherten Erkenntnisse der Lerntheorie abgestellt. Der Stand dieser Erkenntnisse ist zuletzt von Bauer/Selg im BPS-Report 5/4981, 8. 6 ff., referiert und in den Erläuterungen zum Gj8, herausgegeben von Rudolf Stefen, Nomos Verlag, Baden-Baden 1982, 8. 16, zusammengefaßt worden. Danach wirken insbesondere folgende Darstellungen besonders verrohend: Wenn Gewalt um ihrer selbst willen gezeigt und realistisch dar- gestellt wirds... 0 nn nl en Der Film Fällt als brutaler Horrorfilm auch unter diese Kategorien. Der Film besteht aus einer Aneinanderreihung äußerst brutaler Gewaltszenen. Eine magere Rahmenhandlung dient lediglich dazu, die Darstellung der immer wiederkehrenden Gewaltakte vorzubereiten bzw. einigermaßen plausibel zu machen. Hauptakteure des Films sind Vampire, die in die Jetztzeit versetzt worden sind. Diese Vampire können sich auf der Erde nur ernäh ren., wenn sie gelegentlich Leichen das Blut aussaugen. Die Arbeit dieser Vampire bildet den Hauptinhalt des Films. Gleich zu Beginn der Handlung kann der jugendliche Zuschauer ein Autorennen zweier junger Paare verfolgen. Eines der Autos wird vom Wege abge- drängt und prallt gegen einen Baum. Der junge Mann ist auf der Stelle tot. Die junge Frau ist schwer verletzt, hat jedoch überlebt. Sie wird von einem Krankenpfleger, der sich später als Mitglied der Vampirbande entpuppt, in das Hauptquartier der Vampirbande gebracht. Dort wird sie in den Keller verfrachtet. Ein Vampinr saugt ihr das Blut aus dem Hals; anschließend ergreift er sich einen Pfahl, setzt ihn der jungen Frau auf die Brust und schlägt das Instrument in deren Körper. Die Einzelheiten dieser brutalen Tat sind in Großaufnahme zu sehen. Anschließend wird der Pfahl wieder herausgezogen und die zurückbleiben- den Wunden werden sorgsam präpariert, damit die Vampirbande bei ihrem Tun nicht auffällt. Nachdem bereits im Vorspann des Films derartige Grausamkeiten präsentiert worden sind, beginnt die eigentliche Handlung des Films. Tetl Fonda und seine Frau er- leben einen tragischen Todesfall, Frau Fondas Mutter ist gestorben. Der Leichen- bestatter, ebenfalls ein Mitglied der Vampirbande, holt den Leichnam ab. Offen- sichtlich passiert der Frau dasselbe, wie vorher dem jungen Mädchen. Ted und seine Frau beschließen nach einiger Zeit, die Mutter im Wohnzimmer auf- zubahren, da ihr dies,nach der Meinung des jungen Paares offensichtlich am liebsten gewesen wäre. Aus diesem Grunde ruft Ted bei dem Leichenbestatter an
Pr. 679/84 - U und fordert die Leiche seiner Schwiegermutter heraus. Der Leichenbestatter ver- weigert jedoch die Herausgabe der Leiche. Aus diesem Grunde Fährt Ted zu seinem Haus und stiehlt den Leichnam seiner Schwiegermutter, die im Hause der Fondas aufgebahrt wird. Am Abend will ein Mitglied der Vampirbande die Schwiegermutter stehlen. Zu diesem Zwecke bricht er in das Haus der Fondas ein. Ted hört jedoch ein Geräusch und will den Mann an seinem Tun hindern. Es kommt zu einem ausführlich gezeigten Handgemenge, in dessen Verlauf der Vampir aus dem Fenster stürzt. Er fällt auf einen Zaun und wird dort aufgespießt. Eine Latte des Zauns sticht ihm mitten .durch die Brust. Die herausragende Zaunspitze ist in Großaufnahme zu sehen, Anschließend verharrt die Kamera einige Filmsequenzen lang auf dem blutenden Leichnam des Vampirs. Nach einiger Zeit holen die Mitglieder der Vampirbande ihren Kollegen ab. Die Schwiegermutter ist inzwischen selbst zu einem Vampir geworden. Aus diesem Grunde steht sie eines Nachts aus ihrem Sarg auf und läuft in den Wald. Ted steigt am nächsten Morgen die Treppe herunter und sieht den leeren Sarg seiner Schwiegermutter. Da ihm diese Vorfälle äußerst merkwürdig vorkommen, will er sie aufklären. Er geht daher zu dem Haus des Leichenbestatters und wirft ihm vor, die „eiche gestohlen zu haben. Der Leichenbestatter wirft ihm jedoch kurzerhand hinaus. Ted Fond erzählt daraufhin das Geschehene dem Sheriff des Ortes, von dem sich später herausstellt, daß auch er ein Mitglied der Vampirbande ist. Inzwischen hat die Bande eine neue Leiche gefunden, die ebenfalls im Keller des Leichenbestatters aufgebahrt wird. Dort machen sich die Vampire über die Leiche her, Aufgrund der grausamen Vorfälle hat Mrs. Fonda einen Schock erlitten. Sie leidet nunmehr an Schlaflosigkeit. Aus diesem Grunde bestellt Ted einen Arzt. Während Ted sich selber auf den Weg gemacht hat, um das Treiben des Leichenbe- statters zu beobachten, liegt seine Frau allein in dem gemeinsamen Haus. Abends schleicht sich der herangerufene Arzt, der ebenfalls ein Vampir ist, in das Haus. Als er Mrs, Fonda erblickt, gibt er ihr eine Injektion, woraufhin sie bewußtlos wird. Sofort macht sich der Vampir über sie her und beißt sie genüß- lich in die Kehle. Nachdem er offenbar das gesamte Blut ausgesaugt hat, steht der Vampir wieder auf. Es tropft ihm Blut aus dem Mund und Mrs. Fonda behält eine klaffende Wunde zurück. Die Vampirbande sucht nun verzweifelt die Schwiegermutter, da sie befürchten, daß ihre Gestalt das Tun der Bande verrät. Es gelingt einem Verfolger, die Schwiegermutter zu finden. Doch diese kann sich zunächst ihren Verfolgern gegenüber zur Wehr setzen, indem sie einem der Vampire den Hals bricht, was dem Jugendlichen Zuschauer durch lautes Knacken verdeutlicht wird. Die anderen Vampire können jedoch die Schwiegermutter schließlich überwältigen. Ted hat, diesem Treiben entsetzt zugeschaut. Er fühlt sich jedoch von den Van- piren bedroht und versucht in seinem Auto zu fliehen. Einer der Vampire hat sich auf das Dach des Autos gesetzt und will auf diese Weise Ted daran hindern, zu entkommen. Durch geschicktes Lenkmanöver gelingt es Ted jedoch den Mann von dem Autodach zu schütten. Er Fällt in eine Schaufensterscheibe und stirbt. Währenddessen zanken sich die Mitglieder der Vampirbande um das neu einge- Fangene Opfer. Jeder möchte das Blut des getöteten Mannes aufsaugen. Es kommt zu einem Handgemenge, in dessen Verlauf sich einer der Vampire einen an der Wand stehenden spitzen Kerzenleuchter ergreift und ihn seinem Kollegen mitten durch die Brust rammt. Der blutüberströmte Mann ist sekundenlang in Großaufnahme
Pr. 679/84 . 5. zu sehen. Anschließend nimmt der Vampir noch einen Pfahl von der Wand und rammt diesen seinem Kollegen ebenfalls durch die Brust. Ted ist in der Zwischenzeit nach Hause, zurückgekehrt. Dort findet er die Leiche seiner Frau. Er nimmt sich diese, legt sie in sein Auto und will in ein einsames Waldhaus fliehen. Die Vampirbande verfolgt ihn jedoch. Als Ted in dem Waldhaus angelangt ist, hat er sich einen besonderen Plan ausgedacht, um die Vampire zu töten. Er läßt die Leiche seiner Frau in dem Auto liegen und setzt den Wagen unter Strom. Neugierig nähern sich die Vampire dem Auto und wollen es öffnen. In diesem Augenblick Fangen sie Feuer und verbrennen. Um sie endgültig zu "ver- nichten", nimmt sich Ted zwei Stahlspeere und rammt sie den Vampiren durch die Brust, was dem jugendlichen Zuschauer in Großaufnahme gezeigt wird. Am Ende des Films ist zu hören, daß Ted wegen Mordes verurteilt worden ist, da das Gericht ihm nicht geglaubt hat, daß es sich bei den Getöteten um Vampire gehandelt hat. Anhand der vorstehenden Ausführungen ist erkennbar, daß Gewalttätigkeiten in dem Film nur um ihrer selbst willen ausführlich geschildert werden. Vor allen Dingen für den jugendlichen Vielkonsumenten von Filmen dieser Art kann sich eine Gefährdung seiner psycho-sozialen Entwicklung ergeben, da das Verhalten raster sowie das Normen- und Wertsystem noch nicht gefestigt sind. Es ist zu befürchten, daß durch Gewöhnung an diese fiktiven Gewaltdarstellungen die Toleranz gegenüber realer Gewalt im eigenen sozialen Umfeld steigt und die Hemmschwelle, selbst in Konfliktsituationen körperliche Gewalt anzuwenden, sinkt. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats ab Zustellung schrift- lich eder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht in 5000 Köln, Appellhofplatz, Anfechtungsklage erhoben werden. Die vorherige Einlegung eines Widerspruchs entfällt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Sie ist gegen den Bund, vertreten durch die Bundesprüfstelle, zu richten ($$ 20 GjS, 42). Außerdem können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung bei der Bun- desprüfstelle Antrag auf Entscheidung durch das 12er Gremium stellen ($ 15a Abs. 4 6jS).