pulsation-of-death-1988-geschwaerzt
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Indizierungsbeschlüsse, Folgeindizierungen, vorzeitige Listenstreichungen“
Pr. 306/88 Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften Entscheidung Nr. 3408 (V) vom 18.10.1988 bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 29.10.1988 Antragsteller: Verfahrensbeteiligte: Kreisjugendamt Schwandorf Space Video Entertainment Postfch 15 49 8460 Schwandorf Anschrift unbekannt Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat auf den am 29.06.1988 eingegangenen Indizierungsantrag im vereinfachten Verfahren gemäß $ 15a GjS am 18.10.1988 in der Besetzung mit: Vorsitzender: Literatur: Jugendwohlfahrt: einstimmig beschlossen: "Pulsation of Death" Videofilm Space Video Entertainment, Anschrift unbekannt wird in die Liste der Jugendgefährdenden Schriften aufgenommen. Am Michaelshof 8 . Postfach 20 03 55 . 5300 Bonn 2 . Tel. 0228/356021
-2- Sachverhalt Space Video Entertainment als Verfahrensbeteiligte ediert und vertreibt den Videofilm "Pulsation of Death" auf dem deutschen Markt. Regisseur des Films ist John Carpenter. Der Film hat eine Laufzeit von ca. 90 Minuten. Er wird im Video- handel zum Kauf und zu geringen Mietpreisen angeboten. Der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) hat der Videofilm weder im Rahmen der Erwachsenenprüfung noch zur Jugendfreigabe vorgelegen. Der Videofilm hat im wesentlichen folgenden Inhalt: Erika, die Frau des Schriftstellers Giorgio Pisani, stirbt bei der Geburt ihres Sohnes. Eine gemeinsame Freundin, Lydia, war während der Entbindung anwesend. Der Ehemann und der herbeigeholte Arzt kommen zu spät. Im weiteren Verlauf des Filmes werden zahlreiche schwangere Frauen auf brutale Art und Weise getötet. Dabei ist der Film so angelegt, daß der Betrachter Giorgio für den Täter hält und sich erst am Ende des Films die Identität der wahren Täterin, Lydia, heraus- stellt. Diese hat die Taten aus Eifersucht und Rache darüber, daß sie selber keine Kinder bekommen kann, begangen. Das Kreisjugendamt Schwandorf hat die Indizierung des Videofilmes beantragt. Neben einer ausführlichen Inhaltsangabe wird zur Begründung der Jugendgefährdung u.a. ausgeführt, daß die grausamen Gewaltdarstellungen und das selbstzweckhafte Zurschaustellen der entstellten Opfer gegen die Menschenwürde verstoße. Die Verfahrensbeteiligte konnte wegen fehlender Anschrift nicht über die Absicht der Bundesprüfstelle, im vereinfachten Verfahren gemäß $ 15a Gj$S zu entscheiden, unterrichtet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prüfakte und den des Videofilms, die Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen. Die Mitglieder des 3er-Gremiums haben sich den Videofilm in voller Länge bei normaler Laufgeschwindigkeit angesehen. Die Beisitzer haben die Ent- scheidung sowie die Entscheidungsbegründung in vorliegender Fassung gebilligt. Gründe Der Videofilm "Pulsation of Death" war auf Antrag des Kreisjugendamtes Schwan- dorf in die Liste der jugendgefährdenden Schriften einzutragen. Er ist offensichtlich geeignet, Kinder und Jugendliche sittlich schwer zu ge- fährden ($ 6 Nr. 3 eis). Der Videofilm verletzt die Würde des Menschen. Die Würde des Menschen ist getroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdig wird (Maunz-Dürig- Herzog, Rdnr. 28 zu Art. 1 66). Brutale Morde werden dem Betrachter ausführlich und in allen Einzelheiten darge- boten, wobei die Opfer zum bloßen Tötungsobjekt einer psychisch kranken Frau reduziert werden. Wie das antragstellende Kreisjugendamt zutreffend ausführt, erfahren die Morde während des Filmes eine Steigerung. Während bei der ersten Mordszene lediglich die Leiche gezeigt wird, wird die Darstellung der weiteren Morde immer detaillierter. Die Gewalttaten werden um ihrer selbst willen gezeigt und realistisch in Szene gesetzt. Sie dienen allein dazu, das lüsterne Interesse des Betrachters zu befriedigen.
Zu Beginn des Filmes wird dem Zuschauer eine weibliche Leiche präsentiert. Er erfährt, daß diese mit einem Brieföffner von der Klitoris bis zum Brustbein aufgeschlitzt wurde. Gezeigt wird jedoch nicht der Tötungsvorgang, sondern die blutüberströmte Leiche. Einer Journalistin wird von der Täterin der Bauch aufgeschlitzt, wobei das Blut heraussprudelt. Der Vorgang des Aufschlitzens wird dem Betachter in allen Ein- zelheiten gezeigt. Auch die blutige Leiche. wird dargeboten. Lydia bedroht eine junge Frau mit dem Messer, fügt ihre mehrere Schnittwunden an Brust und Rücken zu und schlitzt sie schließlich bei lebendigem Leibe von oben bis unten auf. Dies ist ganz deutlich und in Großaufnahme zu sehen. Blut und Gedärme sprudeln aus dem Körper heraus. Auch die blutige Leiche wird wiederum gezeigt. Mit der Freigabe eines Films für Kinder und Jugendliche oder Erwachsene bestä- tigt die FSK u.a., daß der Film - hier zu Unrecht - - sittliches oder religiöses Empfinden oder die Würde des Menschen nicht ver- etzt, - nicht entsittlichend oder verrohend wirkt, - im besonderen brutale und sexuelle Vorgänge nich tin übersteigerter, anreißerischer oder aufdringlicher selbstzweckhafter Form schildert. Der Videofilm benutzt ein weiteres Mal das Motiv eines psychisch kranken Men- schen, um möglichst viele und grausame Morde darzustellen. Es drängt sich der Eindruck auf, daß die geschieht, um von vornherein den Vorwurf von Gewaltver- herrlichung i.5.v. $ 131 StGB zu entkräften. So schreibt Horst von Hartlieb in "Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts", Rdnr. 13: "Auch die grausam geschilderte Gewalttätigkeit eines Psychopathen wird auf nor- male Filmbesucher, auf die es hier ankommt, nicht nachahmenswert und dadurch verherrlichend oder verharmlosend wirken." Die Darstellung eines psychisch kranken Täters, der derart brutale Verbrechen begeht, führt darüber hinaus zu einer Diskriminierung psychisch Kranker. Es werden Vorurteile gegenüber diesen Menschen hervorgerufen bzw. bestehende Vorur- teile bestätigt. $ 1 Abs. 2 GjS - insbesondere der Kunstvorbehalt - stand der Entscheidung nicht entgegen. Offensichtlich sittlich schwer jugendgefährdende Medien i.S.v. $ 6 Gj$ können unabhängig von ihrem etwaigen Kunstwert indiziert werden (BVerwG, Urteil vom 03.03.1987 in BPS-Report 2/87, S. 1 ff). Ein Fall von geringer Bedeutung gemäß $ 2 Gjs kommt angesichts der offensicht- lich sittlich schweren Jugendgefährdung gemäß $ 6 GjS schon begrifflich nicht in Betracht. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats ab Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht in 5000 Köln, Appellhofplatz 1, Anfechtungsklage erhoben werden. Die vorherige Einlegung eines Widerspruchs entfällt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Sie ist gegen
-4- den Bund, vertreten durch die Bundesprüfstelle zu richten ($$ 20 GjS, 42 Vn60). Außerdem können Sie innerhalb eines Monats- ab Zustellung b ei der Bundesprüfstel- le Antrag auf Entscheidung durch das 12er-Gremium stellen ($ 15a Abs. 4 GjS).