e-5869-the-darkness-2-anonymisiert
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Indizierungsentscheidungen für folgende Medien bitte“
Pr. 1344/11 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Entscheidung Nr. 5869 vom 10.11.2011 (gutachterliche Stellungnahme gemäß § 14 Abs. 4 Satz 3 JuSchG) Antragsteller: Verfahrensbeteiligte: Take 2 Interactive United Kingdom Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat in ihrer 645. Sitzung vom 10. November 2011 an der teilgenommen haben: von der Bundesprüfstelle: Stellvertretende Vorsitzende als Beisitzer/-innen der Gruppe: Kunst Literatur Buchhandel und Verlegerschaft Anbieter von Bildträgern und von Telemedien Träger der freien Jugendhilfe Träger der öffentlichen Jugendhilfe Lehrerschaft Kirchen, jüdische Kultusgemeinden und andere Religionsgemeinschaften Länderbeisitzer/-innen: Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Protokollführerin: Für den Antragsteller: Für die Verfahrensbeteiligte: gemäß § 14 Abs. 4 Satz 3 JuSchG festgestellt: Das Xbox 360 Spiel „The Darkness 2” Take 2 Interactive, Windsor/UK erfüllt die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien. Rochusstraße 10 . 53123 Bonn . Telefon: 0228/9621030 Postfach 14 01 65 . 53056 Bonn . Telefax: 0228/379014
2 Sachverhalt Mit Schreiben vom 24.10.2011 übersandte der Ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) der Bundesprüfstelle das zur Veröffentlichung vorgesehene Xbox 360 Spiel „The Darkness 2“ und bat um gutachterliche Stellungnahme gemäß § 14 Abs. 4 Satz 3 JuSchG hinsichtlich der Frage, ob das Spiel die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien erfüllt. Die USK beschreibt den Spielinhalt in ihrem Prüfgutachten zutreffend wie folgt: „Bei dem Spiel „The Darkness 2“ handelt es sich um einen Ego-Shooter für die Xbox 360. Das Spiel basiert auf der US-amerikanischen Comicserie „The Darkness“ und ist im Horror/Dark-Mysterie- Genre angesiedelt. Es gibt eine Vorgängerversion des Spieles mit dem Titel „The Darkness“, an dessen Story „The Darkness 2“ anknüpft. Im Spiel „The Darkness“ aus dem Jahr 2007 erfährt der Spieler eine Einführung in die Welt der Darkness. Darin versucht der Mafiosi Don „Uncle“ Paulie die Hauptspielfigur Jackie zu töten und erweckt damit die Darkness in ihm. Mit Hilfe der Darkness, einer dämonischen Macht mit Tentakeln, die in Bedrohungssituationen und Dunkelheit aus Jackies Körper wachsen, beginnt Jackie einen Rachefeldzug gegen Paulie und den korrupten Cop Eddie Schrote. Doch dieser schafft es Jackies Geliebte Jenny zu entführen und schließlich zu töten, während der hilf- lose Jackie nur zuschauen kann. Verzweifelt versucht Jackie die Darkness zu kontrollieren und schließlich gelingt ihm mit ihrer Hilfe seine Rache an Paulie. (…) Das vorliegende Spiel beschäftigt sich in seiner Geschichte intensiv mit den Schuldgefühlen Jackies, seiner Ablehnung der Darkness und seiner deswegen zerbrechenden Wahrnehmung der Realität. Die Geschichte wird in drei teilweise reflexiven und selbstreflexiven Ebenen erzählt. Jackies „echter“ Mafiawelt, einem mysteriösen Irrenhaus und einem nicht näher definierten Raum, in dem Jackie selbst die spielbare Geschichte als Vergangenes erzählt und kommentiert. Jackie Estacado, inzwischen Kopf der Franchetti Mafiafamilie, geht seinen Pflichten nach und versucht sein Leben zu genießen, nach- dem er die Darkness in sich selbst gebannt hat. Doch der Tod seiner geliebten Freundin Jenny lässt ihm keine Ruhe. Während eines Restaurantbesuches wird ein Mordanschlag auf ihn verübt, bei dem Jackie tödlich verwundet wird. Nur die Reaktivierung der Darkness rettet sein Leben und es gelingt ihm, sich mit ihrer Hilfe aus der tödlichen Falle, in die sich das Restaurant verwandelt hat, zu retten und alle Angreifer abzuwehren. Begleitet wird er dabei immer vom "Darkling", einer kleinen Golum- Gestalt, die eine Art Weg- und Kampfbegleiter darstellt. Schon jetzt beginnt Jackies Wahrnehmung der Realität zu zerbrechen: Seine tote Freundin Jenny erscheint und leitet ihn durch dunkle UBahn- tunnel. Aber warum? Um ihm zu helfen? Als Falle der Darkness? Jackie kann sie nicht fragen, viel- mehr wacht er nun in einem Heim für Geisteskranke auf und begegnet dort all seinen Bekannten, Freunden und einigen Feinden aus der Mafiawelt als Insassen, Wärtern, Doktoren und Pflegern. Doch auch bevor er diese neue Entwicklung begreifen kann, verändert sich seine Wahrnehmung und er be- findet sich zu Hause als Oberhaupt der Familie. Verwirrt und wütend ob der Entwicklungen versucht er zunächst herauszufinden, wer für den Anschlag auf sein Leben verantwortlich war und findet schließlich Swifty, den Hitman einer konkurrierenden Familie. Jackie jagt ihm nach und es gelingt ihm, Swifty zur Strecke zu bringen. Er erfährt, dass Swifty von einer mysteriösen Organisation namens The Brotherhood bezahlt wurde, um Jackie attackieren, woraufhin die Darkness in Jackie die Kontrol- le übernimmt und Swifty tötet. Zurück zu Hause und verunsichert von den wiederkehrenden teils schönen, teils beängstigenden Er- scheinungen Jennys, befiehlt Jackie seinen Männern den Mystiker Johnny Powell zu ihm zu bringen, der ihm schon einmal half, die Darkness zu kontrollieren. Währenddessen macht Jackie sich mit Hilfe seiner Getreuen Vinnie und Jimmy the Grape auf die Suche nach The Brotherhood. Er findet sie in einem elenden Bordell, kämpft sich durch ihre Reihen und landet prompt in der Falle. Denn The Brotherhood waren die ursprünglichen Hüter und Besitzer der Darkness und ihr egomanischer Anfüh- rer Victor und dessen verrückter Handlanger Peevish wollen sie nun Jackie entreißen, um sie auf die Welt frei zu lassen und eine wahre Ära der Dunkelheit einzuläuten. Dazu nageln sie Jackie an ein Kreuz und beginnen die Darkness mit Hilfe eines mysteriösen Siphons aus ihm herauszusaugen. Jackie befreit sich und kann aus dem von The Brotherhood in Brand gesteckten Bordell fliehen. Unterdessen hat The Brotherhood einen Angriff auf Jackies Zuhause gestartet und etliche seiner Getreuen hinge-
3 richtet. Jackies verehrte Tante Sara konnte sich im Panikraum verstecken und so macht er sich daran sein Heim zurückzuerobern und seine Tante zu retten. Doch auch hier läuft er in die Falle, Sara stirbt und Jackie auch. Zumindest bekommt er einen Schuss ins Gesicht und findet sich in einem Nahtodzu- stand wieder im Irrenhaus, wo er nun auch Jenny wiedertrifft, die dort als Schwester arbeitet. Das Heim bekommt mehr und mehr Substanz für ihn und die Sicherheit zu wissen, welche seine eigentliche Lebenswelt ist, schwindet. Erst nach vier Tagen erwacht Jackie wieder, gerettet durch die Darkness. Er schwört Rache an The Brotherhood, er schwört die echte Jenny zu finden und zu retten, von der er nun annimmt, dass die Darkness sie gefangen hält, um ihn zu kontrollieren. Doch zunächst wird er seine Tante beerdigen. Auf dem Friedhof kommt es auch gleich zur nächsten Konfrontation. Bragg, der Mörder seiner Tante, beginnt einen hinterhältigen Angriff, bevor es Jackie gelingt ihn zur Strecke zu bringen. Bevor Bragg stirbt erfährt Jackie von ihm einige Hintergrundinformationen und den Hin- weis, dass The Brotherhood ihr Hauptquartier auf dem alten Karnevalsgelände an der Broadside hat. Nun bricht Jackies Leben vollends auseinander, seine geschwächte Mafiafamilie kann ihm keinen Rückhalt mehr bieten, er selbst ist gefangen in seiner Besessenheit Jenny zu finden, die ihm nun stän- dig erscheint. Zwar gelingt es Jackie die Reihen der Brotherhood auf dem Karnevalsgelände zu dezi- mieren, doch letztlich endet sein Angriff auf deren Hauptquartier erneut mit seiner Gefangennahme. Victor gelingt es, ihn in eine "eiserne Jungfrau" zu stecken und ihm nun tatsächlich die Darkness zu entziehen. Erneut zieht sich Jackies Geist in das Irrenhaus zurück, doch nun stellt sich heraus, dass der Darkling, der Jackie schon von Anfang an an der Seite der Darkness begleitet, nicht gemeinsame Sache mit der Darkness macht. Er will Jackie helfen und befreit ihn zunächst aus dem Irrenhaus. Der Darkling, nun vom Spieler gesteuert, befreit Jackie aus Victors Fängen. In Gestalt Jackies gelingt es dann die Darkness zurück zu erobern und in einem ausgedehnten Endkampf Victor zu töten. Nun will Jackie nur noch Jenny finden und weist die „Realität“ und Sicherheit des Irrenhauses und der dorti- gen Jenny rigoros von sich. Jackie begeht nun Selbstmord, indem er vom Dach des Irrenhauses springt und landet in der Hölle, wo er tatsächlich die gefangene Jenny findet. Ihr gelingt es ihm klar zu machen, dass sie von niemand als Jackie selbst gefangen gehalten wird, der sie mit seiner obsessi- ven Sehnsucht, sie wiederzusehen, nicht ins Jenseits ziehen lässt. Nachdem Jackie sich nun durch die Höllenhorden seiner eigenen Obsession gekämpft hat, gibt er Jenny frei, die endlich ihren Frieden finden kann. Das Ziel des Spieles ist es, sich die Geschichte in ihrer gesamten Komplexität zu erspielen. Dabei muss der Spieler The Brotherhood bekämpfen und sie daran hindern, die Darkness zu kontrollieren, damit die Welt gerettet wird. Letzten Endes muss der Spieler Jenny vor Jackie retten. "The Darkness 2“ bietet einen Storymodus für einen Spieler, in dem die lineare Geschichte in acht deutlich unter- schiedlichen Abschnitten erzählt wird. Sie ist in vier Schwierigkeitsstufen spielbar, die sich darin unterscheiden, wie viel Schaden die gegnerischen Figuren aushalten und verursachen. Im Spiel steuert der Spieler die Figur des Jackie Estacados und an zwei Stellen, im Bordell und im Kerker, die Figur des Darklings. Der Spieler erlebt das Spiel dabei aus einer First-Person-Perspektive. Die Figur des Jackies selbst kann nur mit Feuerwaffen und einem gezielt eingesetzten Ellenbogen kämpfen, sobald er jedoch von der Darkness übernommen ist, bekommt er die zwei sichtbaren Köpfe der Darkness als zusätzliche Arme. Der Spieler hat damit die Möglichkeit seine Spielfigur gleichzeitig vier Attacken auszuführen zu lassen ("Quad Wielding"): So kann er beidhändig schießen und gleichzeitig die Fähig- keiten der Darknessköpfe wie Gegenstände werfen, Gegner betäuben, Gegner zerreißen und Herzen fressen ausführen. Das Fressen der Herzen dient der direkten Heilung, Jackie heilt aber auch, wie in Shootern üblich, wenn er eine gewisse Zeit keinen Schaden nimmt. Die Darkness kann nur in Dunkelheit existieren und agieren. Daher muss der Spieler dafür sorgen, alle beeinflussbaren Lichtquellen ausgeschaltet sind. Gerät die Figur in einen Lichtkegel, so ist sie geblendet und die Darstellung der Welt zerfließt auf dem Bildschirm in weißen, schlecht wahrnehmba- ren Strukturen. In dieser Zeit können keine Fähigkeiten der Darkness eingesetzt werden. Die gegneri- schen Figuren nutzen diese Schwäche und attackieren unter anderem mit Blendgranaten und Schein- werfern. Jede besiegte Gegnerfigur, jeder Einsatz einer Fähigkeit, das Fressen der Herzen und das Finden von Reliquien und Schreinen wird durch den Gewinn von Essenz belohnt. Dabei werden Tötungsarten unterschiedlich bewertet. Für eine mit einem Kopfschuss ausgeschaltete gegnerische Spielfigur erhält der Spieler 25 Essenzen, für einen einfachen Tötungsschuss 10 Essenzen. Mit dieser Essenz können dann an vereinzelt in den Level verteilten Energiefeldern neue Talente erworben werden. Diese um-
4 fassen eine Vergrößerung der Waffenmagazine, den Einsatz eines Darkness-Schwarms, der umstehen- de Gegner verletzt und betäubt, das Channeln von dunkler Energie durch die Schusswaffen und all- gemeine Konstitution verbessernde Fähigkeiten. In jeder dieser Kategorien gibt es zudem einen spezi- ellen Finishing Move zu erlernen. Diese Finishing Moves sind eine Fähigkeit der Darkness-Köpfe, die fast von Anfang an zur Verfügung stehen, um gegnerische Figuren spektakulär zu töten. Das Erwerben der zusätzlichen Moves über den Talentbaum, schaltet aber erst später im Spiel alle technisch mögli- chen Exekutionsarten frei. Insgesamt gibt es dazu zwölf verschiedene Animationen. Es gibt wiederum vier Kategorien von Exekutionen die mit verschiedenen Vorteilen im Spiel verbunden sind: Auffüllen der Lebensenergie, der Munition, Erhalten eines Schildes aus dunkler Energie und Beschleunigung des Cool Downs von Schwarm und Gun Channeling. Der Spieler kann die Moves, nachdem Jackie sie erlernt hat, per Tastendruck wählen. Jeder Kategorie sind wiederum drei Animationen der Finisher zugeordnet, die dann zufallsgesteuert ablaufen. Das Spiel beinhaltet neben dem Einzelspielermodus auch noch einen Multiplayer-Coop-Modus, der als Vendettas bezeichnet wird. Dieser nimmt in “The Darkness 2“ Bezug auf die Vorgänge des Story- modus. Die Spieler können aus den vier Charakteren Inugami, Jimmy Wilson, Shoshanna und J.P. Dumond wählen und diese als Auftragsnehmer der Franchetti Familie spielen. So wird die Geschichte Jackies, die er nicht selbst erlebt, komplettiert und die Auftragskiller befreien z.B. den Mystiker John- ny Powel aus den Fängen der Brotherhood. Jede der spielbaren Multiplayerfiguren hat eine eigene Hintergrundgeschichte und eigene Spezialisierungen, Fertigkeiten und einen eigenen Finishing Move. Auch das restliche Gameplay inklusive des Lernens von Talenten mit Essenz entspricht dem Singleplayermodus. Entsprechend seinen Storywurzeln bietet die graphische Umsetzung von „The Darkness 2“ eine de- taillierte 3D-Welt, die mittels der verwendeten Celshaded Animation an Zeichnungen erinnern. Ent- sprechend dem mystischen Horrorgenre sind die Räumlichkeiten, Gebäude und Umgebungen im Spiel düster und werden im Laufe des Spiels zunehmend surrealer. Die drei Erzählebenen werden graphisch deutlich unterschieden, die trostlose Sterilität des Irrenhauses, der einfache dunkle Raum von dem aus Jackie seine Geschichte erzählt und die eigentliche Spielwelt, die in einem bevölkerten, realisti- schen Restaurant beginnt und über Lagerhäuser, Keller, das Bordell, den Friedhof, den herunterge- kommenen Karneval in der völlig phantastischen Hölle landet. Die Hintergrundmusik besteht sowohl aus derber Hardrockmusik, als auch sehr atmosphärischen Klängen, die an traurige Kirchenchoräle erinnern. Die Umsetzung der Soundeffekte der Waffen, das Schmatzen der Köpfe und das Schreien der Gegner tragen ebenso zur Tiefe des Spielerlebnisses bei wie die flüsternde Stimme der Darkness.“ Die Kampfszenen sowie die Szenen im Irrenhaus müssen vom Spieler absolviert werden; die Mono- log-Szenen können hingegen übersprungen werden. Der Darkling greift die Menschen auf unterschiedliche Weise an: So sticht er ihnen bei einer Attacke von vorne z.B. mit seinen Krallen die Augen aus. Andere Gegner tötet er, indem er ihnen mit der Kral- le die Kehle aufschlitzt. In einer anderen Szene reißt er einer Person den Kopf ab. In manchen Szenen uriniert der Darkling auch auf am Boden liegende, getötete Gegner. Die Spielzeit beträgt ca. 10 bis 12 Stunden. Die Verfahrensbeteiligte beabsichtigt, das vorliegende Spiel in Deutschland zu vertreiben und hat es deshalb der USK zur Erteilung eines Alterskennzeichens vorgelegt. Das Prüfgremium der USK ist zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei dem vorliegenden Spiel um einen Zweifelsfall gemäß § 14 Abs. 4 Satz 3 JuSchG handelt und daher eine gutachterliche Stellungnahme der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien einzuholen ist. Die Verfahrensbeteiligte hat diesem Verfahren schriftlich zugestimmt. Das Gutachten des Regelausschusses der USK wurde der Bundesprüfstelle mit weiteren Materialien zum Spiel (englischsprachiges Tutorial) übersandt. In dem Gutachten wird u.a. ausgeführt:
5 „(…) Das Spiel enthält nach Ansicht des Prüfgremiums vor allem in den Finishing Moves sehr drasti- sche Gewaltdarstellungen, die in einer ausschnitthaften Detailbetrachtung die Grenze zwischen Ju- gendbeeinträchtigung und Jugendgefährdung überschreiten könnten. Das Essen von Herzen getöteter Gegner trägt ebenso wie die mit den verschiedenen Stilmitteln des Horrorgenres (Licht, Stimmen und Geräusche im Hintergrund, verwirrende Handlungsebenen) geschaffene atmosphärische Dichte dazu bei, dass das Spiel in der Tendenz eine verrohende Wirkung haben könnte, so dass die Zweifel bei der Mehrheit im Prüfgremium nicht ausgeräumt werden konnten, ob in der Wirkung dieser Spielanteile die Grenze von einer Jugendbeeinträchtigung (Kennzeichnung) zu einer Jugendgefährdung (Nichtkennzeichnung) nicht insgesamt überschritten sein könnte. Eine Minderheitenmeinung vertrat die Auffassung, dass eine Indizierung aufgrund der möglicherweise verrohenden Wirkung wahrscheinlich ist. (…)“ Erste Rezensionen des Spiels auf Webseiten von Online-Spielemagazinen betonen den gewalthaltigen Charakter des Spiels („Metzel-Titel“, www.ichspiele.cc; „Blutiges Gemetzel“, www.gamezone.de; „sehr blutige Finisher“, www.gamestar.de). Das Spiel wurde zunächst dem Dreiergremium der Bundesprüfstelle in seiner Sitzung vom 2.11.2011 von der Spieletesterin der USK in seinen wesentlichen Bestandteilen vorgeführt und erläutert. An die- ser Sitzung nahm der Ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der USK teil. Das Gremium gelangte in seiner Beratung zu der Auffassung, dass das Spiel dem Zwölfergremium vorzu- legen sei, da die Frage, wie sich die Fantasy-/Horror-Elemente des Spiels auf die Bewertung der Dar- stellung von Gewalt gegen menschliche Gegner auswirken, eine grundsätzliche sei. Das Xbox 360 Spiel „The Darkness 2“ wurde sodann dem Zwölfergremium in seiner Sitzung vom 10.11.2011 von der Spieletesterin der USK in seinen wesentlichen Bestandteilen vorgeführt und erläu- tert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prüfakte und auf den des Xbox 360 Spiels Bezug genommen. Gründe Das mit der Bitte um gutachterliche Stellungnahme nach § 14 Abs. 4 Satz 3 JuSchG vorgelegte Xbox 360 Spiel „The Darkness 2“ erfüllt die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Liste der jugendge- fährdenden Medien. Das Spiel ist geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren, wie das Tatbestands- merkmal „Gefährdung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihrer Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ in § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG nach ständiger Spruchpraxis der Bundesprüfstelle sowie höchstrichterlicher Rechtsprechung auszulegen ist. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 JuSchG sind Medien u.a. dann jugendgefährdend, wenn sie unsittlich sind, verrohend wirken, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen oder wenn sie Gewalt- handlungen, insbesondere Mord- und Metzelszenen, selbstzweckhaft und detailliert darstellen oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe le- gen. Verrohend wirkende Medien sind solche, die geeignet sind, auf Kinder und Jugendliche durch Wecken und Fördern von Sadismus und Gewalttätigkeit, Hinterlist und gemeiner Schadenfreude einen verro- henden Einfluss auszuüben. Das ist der Fall, wenn mediale Gewaltdarstellungen Brutalität fördern bzw. ihr entschuldigend das Wort reden. Das ist vor allem dann gegeben, wenn Gewalt ausführlich und detailliert gezeigt wird und die Leiden der Opfer ausgeblendet werden bzw. die Opfer als ausge- stoßen, minderwertig oder Schuldige dargestellt werden (Nikles, Roll, Spürck, Erdemir, Gutknecht; Jugendschutzrecht; 3. Auflage § 18 Rdnr. 5). Daneben ist unter dem Begriff der Verrohung in § 18 Abs. 1 S. 2 JuSchG aber auch die Desensibilisierung von Kindern und Jugendlichen im Hinblick auf die im Rahmen des gesellschaftlichen Zusammenlebens gezogenen Grenzen der Rücksichtnahme und
6 der Achtung anderer Individuen zu verstehen, die in dem Außerachtlassen angemessener Mittel der zwischenmenschlichen Auseinandersetzung sowie dem Verzicht auf jedwede mitmenschliche Solida- rität ihren Ausdruck findet (Jörg Ukrow, Jugendschutzrecht, Rdnr. 277). Mediale Gewaltdarstellungen wirken nach der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle u.a. dann verrohend, wenn Gewalt- und Tötungshandlungen das mediale Geschehen insgesamt prägen. Das ist z.B. dann der Fall, wenn das Geschehen ausschließlich oder überwiegend auf dem Einsatz brutaler Gewalt bzw. auf Tötungshandlungen basiert und/oder wenn das Medium Gewalt in großem Stil und in epischer Breite schildert. Unter Umständen kann auch das Herunterspielen von Gewaltfolgen eine Gewaltver- harmlosung zum Ausdruck bringen und somit in Zusammenhang mit anderen Aspekten (z.B. themati- sche Einbettung, Realitätsbezug) jugendgefährdend sein, soweit nicht bereits die Art der Visualisie- rung oder die ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit Gewalt die notwendige Distanzierung erkennbar werden lässt. Weiterhin liegt eine Jugendgefährdung vor, wenn Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden. Unter einer detaillierten Darstellung von Gewalt und Gewaltfolgen im o.g. Sinne sind insbesondere Mediengeschehen zu verstehen, in denen Gewalt deutlich visualisiert bzw. akustisch untermalt wird (blutende Wunden, zerberstende Körper, Todes- schreie, zynische Kommentare). Das Zwölfergremium hat sich mit dem Spielinhalt sowie mit dem Gutachten der USK und den Be- gleitmaterialien ausführlich auseinandergesetzt. Hauptdiskussionspunkt war dabei die Frage, ob das Vorhandensein von Fantasy-/Horror-Elementen in den Gewaltdarstellungen (u.a. die Darkness- Greifarme; der Darkling; Schlusskampf in einer Höllenwelt) sowie die vielschichtige Handlung des Spiels eine sozialethisch desorientierende Wirkung der Gewaltdarstellungen in der Gesamtbetrachtung entfallen lässt. Das Gremium ist hierbei mehrheitlich zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend eine solche Relativierung der dargestellten Gewalt nicht erfolgt. Das Gremium hat anerkannt, dass die Rahmenhandlung des Spiels durchaus aufwändig und viel- schichtig gestaltet ist, dass im Spiel mit mehreren Ebenen von Realität gearbeitet wird und immer wieder auch gewaltfreie Sequenzen enthalten sind (Irrenanstalt, Monologszenen). Dies alles führt da- zu, dass das Spiel eine sehr dichte, stimmige Atmosphäre entwickelt. Gerade die gewaltfreien Mono- logszenen lassen sich jedoch überspringen, womit bereits der Spielaufbau selbst diesem Element nicht das gleiche Gewicht einräumt wie den Gewaltszenen. Darüber hinaus machen die gewalthaltigen Sze- nen einen deutlich größeren Teil des Spiels aus als die gewaltfreien Sequenzen. Schließlich enthält das Spiel zwar Fantasy-/Horror-Elemente, die Spielewelt selbst ist jedoch – bis auf die finale Szene in einer Höllenwelt – in der realen Welt angesiedelt. Schauplatz ist eine von der Mafia beherrschte Stadt mit normalen Straßen, Häusern, Restaurants, U-Bahn-Stationen, etc. Ein für Kinder und Jugendliche erkennbarer Realitätsbezug der Spielewelt ist damit nach Auffassung des Gremiums vorhanden. Viele der Gewaltdarstellungen sind zudem sehr realitätsnah bzw. realistisch inszeniert und die Gewalt im Spiel darüber hinaus immer gegen menschliche Wesen gerichtet (Jackie erschießt im Verlauf des Spiels unzählige feindliche Gangmitglieder; Jackies Kreuzigung wird en detail präsentiert, u.a. das Einrammen des Pflocks in die Hand; Jackie rammt einem Gegner einen Holzpflock in den Schädel; im Koop-Modus wird ein Gegner durch Pistolenschuss in den Mund hingerichtet; der Darkling sticht Menschen die Augen aus oder schlitzt ihnen die Kehle auf; etc.). In einer Szene (Erschießung von Passanten in einer U-Bahn-Station) ist diese Gewalt sogar gegen vollkommen unbeteiligte Personen gerichtet. Darüber hinaus enthält das Spiel eine Fülle an zwar an das Horror-Genre angelehnten, aber deshalb auch besonders drastischen und selbstzweckhaften Mord- und Metzelszenen (In-der-Luft-Zerreißen von gegnerischen Personen; Kopfabtrennen, Pfählen, Körperteile durch die Gegend schmeißen, etc.), die im Schlusskampf in der Höllenwelt ihre absolute Steigerung erreichen. Dem Spieler bietet sich dabei eine große Bandbreite möglichst drastischer Tötungsarten. So stehen ihm über zehn Exekutions- varianten zur Verfügung. Sämtliche weiteren Elemente und Aspekte des Spiels werden von diesen Metzeleien vollkommen in den Hintergrund verdrängt. Es verbleibt der Eindruck, der Spieler solle
7 möglichst rücksichtslos gegen all seine Gegner vorgehen. Dieser rücksichtslose Umgang mit Gegnern wird auch in den Szenen deutlich, in denen der Darkling auf bereits getötete Gegner uriniert. Das Gremium stuft die Gewaltszenen des Spiels aufgrund ihrer Fülle und Drastik auch als das insge- samt prägende Element des Spiels ein. Den bereits vorhandenen Spielrezensionen ist ebenfalls zu ent- nehmen, dass die Gewaltdarstellungen in „The Darkness 2“ das Spiel letztlich definieren. Das Xbox 360 Spiel „The Darkness 2“ erfüllt nach alledem die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien.