1998-09-29-reasoned-opinion-redacted

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EUROPÄISCHE KOMMISSION

Brüssel, den 29 -09- 1998
s69)D’ 8053

94/2237

  

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

ich beehre mich, Ihnen gemäß Artikel 169 des EG-Vertrages eine begründete
Stellungnahme der Kommission wegen unvollständiger und unkorrekter Durchführung
der Richtlinie 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat
aus landwirtschaftlichen Quellen bekanntzugeben.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Für die Kommission

    

Ritt BJIERREGAARD
Mitglied der Kommission

Anlage: Dok. K(1998) 2609 endg.

Seiner Exzellenz

Bundesminister Mm Auswärtigen

Adenauerallee 101
D-53113 BONN

Rue.de la Loi 200, B-1049 Bruxelies/Wetstraat 200, B-1049 Brussel - Belgien - Büro:
Telefon: Durchwahl: (+32-2)29.........., Zentrale 299.11.11. Telefax: 29...........
Fernschreiber: COMEU B 21877. Telegrammadresse: COMEUR Brüssel.
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arı KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den
K(1998) 2609 &ndg"09- 1998

MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME

gerichtet an die Bundesrepublik Deutschland
gemäß Artikel 169 des EG-Vertrages

wegen unvollständiger und unkorrekter Durchführung der
Richtlinie 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung
durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen
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MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME

gerichtet an die Bundesrepublik Deutschland
gemäß Artikel 169 des EG-Vertrages

wegen unvollständiger und unkorrekter Durchführung der
Richtlinie 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung
durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen

 

Die Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 hat die
Verminderung der unmittelbar oder mittelbar durch Nitrate aus der Landwirtschaft
verursachte Gewässerverschmutzung und die Vermeidung jeder neuen
Verschmutzung dieser Art zum Ziel.

Die Richtlinie wurde den Mitgliedstaaten am 19. Dezember 1991 notifiziert.

Gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten innerhalb von
zwei Jahren nach der ersten Ausweisung der gefährdeten Gebiete nach Artikel 3
Absatz 2 Aktionsprogramme für die als gefährdet ausgewiesenen Gebiete fest.

Gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b) enthalten die Aktionsprogramme die in
Anhang III der Richtlinie genannten Maßnahmen. Nach Anhang IIl umfassen diese
Maßnahmen Vorschriften, die u.a. das Fassungsvermögen der Behälter zur Lagerung
von Dung festlegen (Absatz 1.2) und gewährleisten, daß die jährlich je
landwirtschaftlicher oder Tierhaltungsbetrieb ausgebrachte Dungmenge (einschließ-
lich des von den Tieren selbst ausgebrachten Dungs) nicht mehr als 170 kg
Stickstoff/Hektar enthält. Die Mitgliedstaaten können jedoch für das erste
Vierjahresprogramm eine Dungmenge zulassen, die bis zu 210 kg Stickstoff je
Hektar enthält (Absatz 2).

Am 15. Juni 1995 richtete die Kommission an die deutschen Behörden ein
Fristsetzungsschreiben (SG(95) D/6098), in dem eine Anzahl Fragen hinsichtlich
der Umsetzung der Richtlinie aufgeworfen wurden. Die Bundesrepublik
Deutschland antwortete darauf mit Schreiben vom 25. Juni 1995, 28. März 1996 und
4. April 1997.

Mit dem Schreiben vom 28. März 1996 teilten’ die deutschen Behörden die
Düngeverordnung vom 26. Januar 1996 mit, die nach den Ausführungen der
zuständigen Behörden insbesondere hinsichtlich der Aktionsprogramme, die die in
Anhang III der Richtlinie festgelegten Vorschriften umfassen, Durchführungs-
maßnahmen gemäß Artikel 5 der Richtlinie enthält.

Nach Prüfung der Antworten der deutschen Behörden und von diesen erlassenen
Rechts- und Verwaltungsmaßnahmen richtete die Kommission am 11. Juli 1997 ein
zusätzliches Fristsetzungsschreiben an die deutschen Behörden (SG(97) D/5483), in
dem sie auf eine Anzahl: Unzulänglichkeiten und Unkorrektheiten der deutschen
Regelung hinwies, insbesondere hinsichtlich des in der Düngeverordnung vom
26. Januar 1996 enthaltenen Aktionsprogrammes.

In ihrem zusätzlichen Fristsetzungsschreiben vom 11.Juli 1997 wies die
Kommission darauf hin, daß die Bundesrepublik Deutschland keine Maßnahmen

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ergriffen hatte, um das Fassungsvermögen von Behältern zur Lagerung von Dung
festzulegen, wie dies in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b) der Richtlinie und in
‚Anhang III, Absatz 1.2 gefordert wird, und daß die deutsche Regelung die in
Absatz2 von Anhang III geforderten Höchstmengen an ausgebrachtem Dung
insofern nicht einhält, als nach den Absätzen 2(1) und 4(5) der Düngeverordnung
Überschreitungen der Höchstmengen um 10, 20 und 25 % zum Ausgleich von
Ausbringungsverlusten zulässig sind.

Die deutschen Behörden antworteten auf das zusätzliche Fristsetzungsschreiben der
Kommission mit Schreiben vom 30. September 1997.

In diesem Schreiben teilten die deutschen Behörden mit, daß für die Festsetzung des
Fassungsvermögens der Behälter zur Lagerung von Dung die Länder zuständig sind,
räumten jedoch ein, daß diese Maßnahmen mit Ausnahme des Landes Bayern noch
nicht ergriffen worden sind. Gleichzeitig wiesen sie darauf hin, daß die Annahme
solcher Maßnahmen von den übrigen fünfzehn Ländern bis spätestens Februar 1998
geplant sei.

Hinsichtlich der tolerierten Überschreitungen von 10 bis 25 % für Verluste beim
Ausbringen des Dungs machten die deutschen Behörden geltend, die in der
Richtlinie festgelegten Höchstmengen beträfen den tatsächlichen Eintrag von
Stickstoff in den Boden, wobei der Mitgliedstaat die Berechnungsmargen festlegen
könne, die den beim Ausbringen entstehenden Verlusten entsprächen, die jedoch
nicht in den Boden gelangen.

Nach Prüfung dieser Antworten folgerte die Kommission, daß die Vertrags-
verletzung wegen unvollständiger und unkorrekter Durchführung der Vorschriften
der Richtlinie aus folgenden Gründen fortbesteht:

(1) Hinsichtlich der Annahme der Maßnahmen gemäß Anhang III Absatz 1.2
bezüglich des Fassungsvermögens zur Lagerung von Dung hat die
Kommission von den deutschen Behörden keine weiteren Mitteilungen mehr
erhalten und muß deshalb schließen, daß fünfzehn Länder der
Bundesrepublik Deutschland bisher noch keine Maßnahmen ergriffen haben,
die die Einhaltung der in Artikel 5 der Richtlinie festgelegten Verpflichtung
gewährleisten.

(2) Hinsichtlich der jährlich je Hektar auszubringenden Dunghöchstmengen
gemäß Absatz 2 von Anhang III der Richtlinie ist die Kommission der
Ansicht, daß die auf Grund der deutschen Regelung zulässigen
Überschreitungen den Vorschriften der Richtlinie zuwiderlaufen. Diese
Höchstmengen sind in der Richtlinie eindeutig festgelegt und lassen weder
für Verluste noch andere Umstände eine Überschreitung zu, sofern es sich
nicht um einen in Absatz 2 Buchstabe b) von Anhang III erwähnten Fall
handelt, was hier aber sicherlich nicht zutrifft. Nach Ansicht der
Kommission stellen die zur Diskussion stehenden Überschreitungen, die
übrigens beträchtliche Ausmaße erreichen können, vielmehr ein Unterlaufen
der Vorschriften der Richtlinie dar, die im Falle ihrer Annahme die Ziele der
Richtlinie ernsthaft in Frage stellen würde.
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Angesichts dieser Tatsachen muß die Kommission schließen, daß die
Bundesrepublik Deutschland bisher noch nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die
erforderlich sind, um den in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b) der Richt-
linie 91/676/EWG und ihrem Anhang III Absatz 1.2 und Absatz 2 festgelegten
Verpflichtungen voll nachzukommen.

AUS DIESEN GRÜNDEN GIBT DIE KOMMISSION,

nachdem sie der Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben (SG(95) D/6098) vom
15. Juni 1995 und (SG(97) D/5483) vom 11. Juli 1997 Gelegenheit zur Äußerung
gegeben und die Antwortschreiben der deutschen Behörden vom 25. Juni 1995, vom
28. März 1996, vom 4. April 1997 und vom 30. September 1997 geprüft hat, gemäß
Artikel 169 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

FOLGENDE MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME AB:

Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht alle Maßnahmen erlassen, die
erforderlich sind, um die in Artikel 5, Absatz 4, Buchstabe b) und Anhang III,
Absatz 1.2 und Absatz 2 der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezem-
ber 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus
landwirtschaftlichen Quellen festgelegten Verpflichtungen voll zu erfüllen, und ist
somit den ihr aus der genannten Richtlinie und dem Vertrag zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft erwachsenden Verpflichtungen nicht nachgekommen.

In Anwendung von Artikel 169 Absatz 2 EG-Vertrag fordert die Kommission die
Bundesrepublik Deutschland auf, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich
sind, um dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nach
ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

Brüssel, den 29 -09- 1998

Für die Kommission

Mitglied der Kommission
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