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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Infringement proceedings 1990-1994

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Ständige Vertretung
der Bundesrepublik Deutschland
bei der Europäischen Union

Wi 30.14.0 Brüssel, 25.07.1995

An das a ——
Generalsekretariat der IN 4anın ı
Europäischen Kommission LZDEU |
Rue de la Loi 200 | n |

Brüssel |
N

Betr.:  Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland gem. Art.169
EG-Vertrag
hier: RL 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus
landwirtschaftlichen Quellen - Verfahren Nr. 94/2237
Bezug: Schreiben der Kommission vom 15.05.95 - SG (95) D/6098

 

Herr Generalsekretär,

ich beehre mich, Ihnen als Anlage eine Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland zu der oben bezeichneten Angelegenheit zu übersenden.

Genehmigen Sie, Herr Generalsekretär, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.
1

92%
De

Teulen,

Usssa nen

Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland
an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften
vom 17. Juli 1995

Betr,: Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik

Deutschland gemäß Art. 169 Abs. 1 EG-Vertrag, Nr.

94/2237 - Richtlinie 91/676/EWG zum Schutz der Gewäs-

ser vor Verunreinigung durch Nitrat aus land-
wirtschaftlichen Quellen

Bezug: Schreiben der EG-Kommission vom 15.5.1995
- SG (95) D/6098

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland beehrt sich, der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Beantwortung

ihres im Bezug genannten Schreibens folgendes mitzuteilen:

Die Bundesregierung beabsichtigt, die die Düngung betreffenden
Teile der Richtlinie 91/676/EWG (Nitratrichtlinie) vollständig

im landwirtschaftlichen Fachrecht schnellstmöglich umzusetzen.
Bereits 1989 wurde durch Änderung des Düngemittelgesetzes vom
15. November 1977 (BGBl. I S. 2134) die Anwendung von Dünge-
mitteln durch Einfügen des $ la mit dem Gesetz vom 12. Juli
"7989 (BGBl. I S. 1435) geregelt. Nach $ 1a dürfen Düngemittel
"nur nach guter fachlicher Praxis angewandt werden. Dazu ge-
hört, daß d#& Düngung nach Art, Menge und Zeit auf den Bedarf
der Pflanzen und des Bodens unter Berücksichtigung der im Bo-
den verfügbaren Nährstoffe und organischen Substanzen sowie

der Standort- und Anbaubedingungen ausgerichtet wird. Damit
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kann gewährleistet werden, daß die Gewässer über die Düngung

nicht mehr als unvermeidbar belastet werden.

Durch die Änderung des Düngemittelgesetzes mit Artikel 4 des
Gesetzes vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705) wurde auch
die Rechtsgrundlage für die Einführung von Obergrenzen für die
Ausbringung von Nährstoffen aus Wirtschaftsdüngern tierischer
Herkunft geschaffen.

Die Einzelheiten der Regelungen aus der Nitratrichtlinie sol-
len bundeseinheitlich durch eine Düngeverordnung aufgrund des

Düngemittelgesetzes in das deutsche Recht übernommen werden.

Durch diese Verordnung soll sowohl die Umsetzung von Anhang II
der Nitratrichtlinie abgeschlossen werden als auch die Um-
setzung der wesentlichen Inhalte des Artikels 5 in Verbindung

mit Anhang III der Richtlinie flächendeckend erfolgen.

Die Bundesregierung hat den Entwurf einer solchen Verordnung
(s. Anlage) mit Schreiben vom 30. Juni 1995 dem Bundesrat zur
Zustimmung zugeleitet. Die Gründe für die zeitliche Verzöge-
rung liegen in dem Verfahren für die erforderlichen Abstimmun-
gen insbesondere mit den für den Vollzug zuständigen Bundes-
ländern. Mit einer Verabschiedung der Verordnung durch den
Bundesrat wird nach der erfolgten ausführlichen fachlichen
Vorabstimmung noch im Herbst 1995 gerechnet, so daß sie vor-
aussichtlich vor dem Anlaufen des ersten Aktionsprogramms auf-

grund der Nitratrichtlinie in Kraft treten kann.
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II.

Durch die verbindliche, flächendeckende Umsetzung der betref-
fenden Richtlinie sind gesonderte Aktionsprogramme für be-
grenzte ("gefährdete") Gebiete nicht erforderlich (vgl. Arti-
kel 3 Abs. 5 der Nitratrichtlinie). Bei flächendeckender ver-
bindlicher Durchführung der Aktionsprogramme ist nach Artikel
3 Abs. 5 der Richtlinie auch nicht die ausdrückliche Auswei-
sung des gesamten Staatsgebiets als gefährdetes Gebiet erfor-

derlich.

Der Vertreter der Bundesregierung hat u.a. in der 5. Sitzung

des Nitratausschusses am 29. November 1994 in Brüssel erklärt,

daß die Aktionsprogramme flächendeckend durchgeführt werden je} “
sollen. Auf ausdrückliche Nachfrage hat der Vertreter der Kom-
mission in der Sitzung, Herr D.G. Lawrence, DG XI, erklärt,

daß er diese mündliche Mitteilung als offizielle Notifizierung

der flächendeckenden Durchführung der Aktionsprogramme be-

trachtet. Die Bundesrepublik Deutschland geht daher davon aus,

daß eine Notifizierung - sofern erforderlich - erfolgt ist.
III.

Unabhängig von den Anforderungen der Nitratrichtlinie laufen
in Deutschland bereits seit geraumer Zeit Maßnahmen zur Redu-
zierung der Nitrateinträge. Deshalb hat das Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in dem von der

Kommission erwähnten Schreiben vom 10. November 1994 (Ge-
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schäftsz. WA I 5 - 45 053/19) auf die Regeln der guten fachli-
chen Praxis der Düngung verwiesen, die von den Bundesländern
In diesem Zusammenhang wurde auch auf den der Kommission und
den Mitgliedstaaten vorgelegten Bericht "Maßnahmen der Land-
wirtschaft zur Verminderung der Nährstoffeinträge in die Ge-
wässer", der die Maßnahmen von Bund und Ländern beschreibt,
verwiesen. Insgesamt werden jährlich etwa 800 Millionen DM
hierfür aufgewendet. Die Wirksamkeit der Maßnahmen zeigt sich
u.a. dadurch, daß der Absatz von stickstoffhaltigen Handels-
düngern in den letzten 6 Jahren um etwa 35% zurückgegangen

ist.

Insgesamt zeigt sich, daß die Bundesrepublik Deutschland be-
strebt ist, die Ziele der Nitratrichtlinie in tatsächlicher
Hinsicht, aber auch in rechtsförmlicher Hinsicht voll zu er-
füllen. Die gewissen zeitlichen Verzögerungen bei der rechts-
förmlichen Umsetzung werden keine nachteiligen Folgen für die
Gewässerqualität und insbesondere für die Durchführung des
1996 beginnenden ersten Aktionsprogramms aufgrund der Nitrat-
richtlinie haben. Im Hinblick auf die getroffenen Maßnahmen
sowie angesichts des fortgeschrittenen Standes des Verfahrens
zum Erlaß der Düngeverordnung würde es begrüßt, wenn das gegen
die Bundesrepublik Deutschland eingeleitete Vertragsverlet-
zungsverfahren bis zum Abschluß des Verordnungsverfahrens ru-

hen gelassen und dann eingestellt würde.
5

Alu

53113 Bonn, den ä
Adenauerällee 19014170 ‚Jun A 995

Doppel

DER CHEF

DES BUNDESKANZLERAMTES

031

Briefanschrift:

.. 53106 Bonn
(322) - 720 03 - Dü 30/95 Telefon 02 28/56
oder 02 28/56 0 (Vermittlung)
Telex 8 86 750
Telefax 02 28/56 - 23 57
An den

Präsidenten des Bundesrates

53106 Bonn

Hiermit übersende ich die von dem Bundesministerium Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten zu erlassende

Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen
Praxis beim Düngen (Düngeverordnung)

mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Abs. 2 des

Grundgesetzes herbeizuführen.
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Stand: 01.06.1995
3
Entwurf

Verordnung über die
Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen‘)
(Düngeverordnung)

Auf Grund des $ l a Abs. 3 in Verbindung mit & 9 a des Düngemittelgesetzes vom 15. November
1977 (BGBl. IS. 2134), die durch $ 11 Nr. 2 und 5 des Gesetzes vom 12. Juli 1989 (BGBl. I

S. 1435) eingefügt worden sind, und von denen $ | a Abs. 3 durch Artikel 4 Nr. 3 des Gesetzes
vom 27. September 1994 (BGBl. IS. 2705) geändert worden ist, verordnet das Bundesministe-
rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:

sl
Sachlicher Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für die Anwendung von Düngemitteln’auf landwirtschaftlich einschließ-
lich gartenbaulich genutzten Flächen. Ausgenommen sind Haus- und Nutzgärten sowie in ge-
schlossenen. bodenunabhängigen Kulturverfahren genutzte Flächen,

$2
Grundsätze der Düngemittelanwendung
Re. &
(1 Die Düngemittel sind im Rahmen guter fachlicher Praxis zeitlich und mengenmäßig so aus-
zubringen, daß

I, die Nährstoffe von den Pflanzen weitestgehend ausgenutzt werden können und damit

*) Diese Verordnung dient in Teilen auch der Umsetzung der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezem-
ber 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl.
EG Nr. L375 S. I). '
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2

2 _Nährstoffverluste bei der Bewirtschaftung, insbesondere durch Auswaschen, sowie damit ver-

bundene Einträge in die Gewässer vermieden werden.

Dabei dürfen stickstoffhaltige Düngemittel grundsätzlich nur so aufgebracht werden, dal die darin
enthaltenen Nährstoffe wesentlich während der Zeit des Wachstunis der Pflanzen in einer am Be-
darf orientierten Menge verfügbar werden. Beim Ausbringen von Wirtschaftsdüngern tierischer
Herkunft dürfen für Stickstoffverluste die entsprechend dem Ausbringungsverfahren unvermeidli-
chen Ausbringungsverluste, jedoch nur bis höchstens 20 vom Hundert der vor der Ausbringung er-
mittelten Gesamt-Stickstoffmengen, angerechnet werden.

(2) Geräte zum Ausbringen von Düngemitteln müssen eine sachgerechte Mengenbemessung
und Verteilung gewährleisten. Bei der Auswahl der Geräte sind Gelände- und Bodenbeschaffenheit
angemessen zu berücksichtigen,

(3) Beim Ausbringen von Düngemitteln ist im Rahmen guter fachlicher Praxis ein direkter Ein-
trag in die Oberflächengewässer, unter anderem durch Finhaltung eines ausreichenden Abstandes,
oder auf benachbarte Flächen zu vermeiden und dafür zu sorgen. daß kein Abschwemmen in die
Obertlächengewässer oder atıf benachbarte Flächen erfolgt. Dabei sind insbesondere Geländebe-
schaftenheit und Bodenverhältnisse angemessen zu berücksichtigen. Auf überschwemmungsgefähr-
deten Flächen dürfen Düngemittel erst nach dem Ende der ortsüblich zu erwartenden Über-
schwemmungszeiten ausgebracht werden.

(4) Stickstofthaltige Düngemittel dürfen nur ausgebracht werden, wenn der Boden für diese
aufnahmefähig ist. Der Boden ist in keinem Fall aufnahmefähig. wenn er wassergesättigt, tief ge-
froren oder stark schneebedeckt ist.

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Besondere Grundsätze für die Anwendung von
Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft
(1) Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft sind vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 wie andere -
Mehrnährstoffdünger anzuwenden.

(2) Beim Ausbringen von Gülle, Jauche oder flüssigem Geflügelkot ist Ammoniakverflüchti-
‚gung insbesondere durch bodennahe Ausbringung soweit wie möglich zu vermeiden. Hierbei sind
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-3-

"

“ auch Vegetationsstand und Witterung, vor allem Temperatur und Sonneneinstrahlung, zu berück-
sichtigen. Auf unbestelltem Ackerland, auch zusätzlich zu einer Strohdüngung, sind ausgebrachte
Crülle und flüssiger Geflügelkot unverzüglich, möglichst am selben Tag, einzuarbeiten.

(3) Auf Ackerland dürfen nach der Ernte der Hauptfnucht mit.den in Absatz 2 Satz | genannten
Wirtschaftsdüngern nur

l. zu Feldgras, Grassamen, Untersaaten, Herbstaussaaten einschließlich Zwischenfrüchten oder

2. bei Strohdüngung

und zwar nur bis zu 40 Kilogramm Ammonium-Stickstoff oder 80 Kilogramm Gesamt-Stickstoff
je Hektar ausgebracht werden.

(4) Auf Moorboden ist bei der Bemessung der Einzelgaben der in Absatz 2 Satz 1 genannten
Wirtschaftsdünger die erhöhte Gefahr der Nährstoffauswaschung zu berücksichtigen.

(5) Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft dürfen auf Böden, die nach Feststellung einer amtlich
anerkannten Untersuchungseinrichtung sehr hoch mit Phosphat oder Kali versorgt sind, nur bis in
Höhe des Phosphat- oder Kalientzuges des Pflanzenbestandes unter Berücksichtigung der unter
den jeweiligen Standortbedingungen zu erwartenden Erträge und Qualitäten ausgebracht werden,
wenn schädliche Auswirkungen auf Gewässer nicht zu erwarten sind.

(6) Unbeschadet der nach 8% 2, 3 Abs. 1 bis 5 und $ 4 geltenden Grundsätze dürfen im Be-
triebsdurchschnitt Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft nur ausgebracht werden, wenn damit die
Menge an Gesamtstickstoff je ha und Jahr auf Grünland 210 kg, auf Ackerland bis zum 30. Juni
1997 210 kg, ab 1. Juli 1997 auf Ackerland 170 kg nicht überschritten wird. Dabei sind beim
Weidegang anfallende Nährstoffe anzurechnen. Stillgelegte Flächen sind bei der Berechnung des
Betriebsdurchschnittes abzuziehen, es sei denn, sie dienen dem Anbau von Kulturen für andere
Zwecke als die menschliche oder tierische Ernährung.
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-A-

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Grundsätze der Düngebedarfsermittlung

(1) Bei der Ermittlung des Düngebedarts einer einheitlich bewirtschafteten, räumlich zusam-
imenhängenden und mit der gleichen Pflanzenart, bei Gemengen und Grünland den gleichen Pflan-
zenarten, bestellten Fläche (Schlag) sind folgende Einflußfaktoren zu berücksichtigen:

I. der Nährstoffbedarf des Pflanzenbestandes für die unter den jeweiligen Standort- und Anbaube-
dingungen zu erwartenden Erträge und Qualitäten,

2. die im Boden verfügbaren und die voraussichtlich während des Wachstums des jeweiligen
Pflanzenbestandes als Ergebnis der Standortbedingungen, besonders des Klimas, der Bodenart
und des Bodentyps, zusätzlich pflanzenverfügbar werdenden Nährstoffmengen sowie die
Nährstoffestlegung,

3. der Kalkgehalt und der Humusgehalt des Bodens,

4. die durch Bewirtschaftung - ausgenommen Düngung - einschließlich Bewässerung und Auf-
bringung von Stoflen nach $ 15 Abs. I Satz I des Abfallgesetzes zugeführten und während des
Wachstums des Pflanzenbestandes nutzbaren Nährstoffmengen; bei Stoffen nach & 15 Abs. ]
Satz I des Abfallgesetzes sind diese Nährstoffmengen auf der Grundlage vorgeschriebener
Untersuchungen oder, falls keine Untersuchungen vorgeschrieben sind, auf der Grundlage von
nach wissenschaftlich anerkannten Methoden durchgeführten Untersuchungen oder durch
Übernahme auf fachspezifischen Erkenntnissen beruhender Richtwerte der nach Landesrecht
für die landwirtschaftliche Beratung zuständigen Behörde oder einer von dieser empfohlenen
Beratungseinrichtung zu ermitteln:

5. die Anbaubedingungen, welche die Nährstoffverfügbarkeit beeinflussen, besonders Kulturarı.
Vortrucht, Bodenbearbeitung und Bewässerung.

Zur Berücksichtigung der komplexen ökologischen Wechselwirkungen sind auch die Ergebnisse
regionaler Feldversuche heranzuziehen. '
(2) Die im Boden verfügbaren Nährstoffmengen sind vom Betrieb zu ermitteln

1. für Stickstoff auf jedem Schlag für den Zeitpunkt der Düngung, mindestens aber jährlich,

a) durch Untersuchung repräsentativer Proben - außer auf Dauergrünlandflächen - oder
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