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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Rechtsprüfung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“
— —_ Bundesministerium der Justiz und fir Verbraucherschutz POSTANSCHRIFT Bundesministerium derJustiz und flr Verbraucherschutz, 11015Berlin HAUSANSCHRIFT Mohrenstrake37,10117Berlin Bundesministerium ftir Gesundheit posTanscHeiet 11015 Berlin 53107 Bonn BEARBEITETVON ████████ - nur elektronisch Ubermittelt - REFERAT 1VB4 TeL (+4930)18 ██ ███ E-MAIL █████████████████ AKTENZEICHEN 6271/3-7-43175/2020 paTUM Berlin,den 22. April2020 Entwurf einer Formulierungshilfefir den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevolkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite Stellungnahmedes BMJV ihr Schreiben vom 20. April2020 : Formulierungshilfe mit rechtsformlichen und rechtssystematischen Anmerkungenund Vor- schlagen Zu dem vorgelegtenEntwurf einer Formulierungshilfe fur den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevélkerungbei einer epidemischenLage von nationaler Tragweitewird von Seiten BMJV unter Bezugnahme auf die im Anderungsmodus in den Anlagen kenntlich ge- machten rechtsférmlichen und rechtssystematischen Anderungsanregungen wie foigtStellung genommen: I. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabea Doppelbuchstabebb (§ 5 Absatz Nummer 6 IfSG- E) Eine Erganzungder Maf&nahmen nach § 5 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a IfSG durch An- ordnungkommt nicht inBetracht,wenn damit durch Verwaltungsaktvon Gesetzesrecht abge- wichen wird. Es muss im Regelungstext daher zum Ausdruck kommen, dass § 5 Absatz4 Nummer 6 IfSG-E keine Grundlagedafiir bietet, dass durch Verwaltungsakt eine Rechtsver- ordnungderart erganzt wird, dass dadurch eine (weitergehende)Abweichungvon Gesetzes- recht bewirkt wird. Entsprechende Anderungen wurden von Seiten BMJV im Regelungstext vorgenommen. Die Regelung stellt im Ubrigen eine nochmaligeErweiterung der Kompetenzendes BMGdar. Zu der Méglichkeit nach § 5 Absatz 2 Nummer4 [fSG, durch VerordnungenMaRnahmen zu LIEFERANSCHRIFT Kronenstrafse41,10117Bertin VERKEHRSANBINDUNG U-Bahnhof Hausvogteiplatz (U2)
sere2vons treffen, tritt jetzt hinzu, dass auch erganzende Einzelmafnahmen, also wohl durch Verwal- tungsakt, getroffen werden kénnen. Damit wird erméglicht, das, was nicht in der Verordnung selbst geregelt ist, im Einzelfall nachzuschieben. Die hinzugefiigte Zweckbestimmung (insbe- sondere um eine geregelte Versorgung und die Sicherheit der Produkte zu gewahrleisten) ist einerseits eine Wiederholung der Ziele der Nummer 4 (Sicherstellung der Versorgung): und andererseits ein ganzlich neuer Aspekt(Sicherheit der Produkte).Der Sinn erschlie&t sich nur schwer. Im Ergebnis durften die ohnehin bestehenden Bestimmtheitsprobleme nochmals etwas erhoht werden. Wie hoch andererseits das Bedirfnis ist, etwas sofort erganzend anordnen zu k6n- nen, weil eine Anderung der Verordnung zu (zeit)aufwendig ware, musste vor allem fachlich eingeschaizt werden. Es wird daruber hinaus darauf hingewiesen, dass durch die Anderung des 5 Absatz 2 Nummer 6 IfSG-E.im Hinblick auf MaRnahmen nach § 5 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe c bis g IfSG nur eine ,Erganzung“per Anordnung méglich ist. Sollte eine Anordnung statt Verordnung er- winscht sein, ist das nicht von dieser Regelung gedeckt. Es kann also z. B. kein Verbot ange- ordnet werden, ein Produkt zu verkaufen, wenn ein solches Verbot nicht in einer Verordnung angelegt ist. il. Zu Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe b (§ 25 Absatz 5 IfSG-E) Die Vorschrift kann jedenfalls in ihrer bisherigen Form von BMJV nicht mitgetragen werden. Bei der Regelung ist bereits nicht erkennbar, ob es bei der Erganzung der aligemeinen Ermitt- lungsnorm in § 25 Absatz 3 IfSG um eine Eilkompetenz gehen soll oder ob hier (lediglich) eine Polizeikompetenz zur Eigensicherung eingefiihrt werden soll. Regelungstext und Begriindung fuhren hier zu keinem eindeutigen Ergebnis. Laut der Gesetzesbegriindung soll die Vorschrift (lediglich) der Eigensicherung von Polizeivollzugsbeamten dienen. Eine solche Beschrankung findet sich aber im Regelungstext, der allgemein von ,anderen Personen“ spricht, nicht. Aus grundrechtlicher Sicht musste in beiden Fallen zunachst die Erforderlichkeit einer entspre- chenden Regelung dargetan werden, um beurteilen zu k6nnen ob der Eingriff in Artikel 2 Ab- satz 2 GG gerechtfertigt werden kann. So musste begriindet werden, weshalb die bisherige Regelung in § 25 Absatz 1 bis 3 IfSG nicht ausreicht, potenziellen Ansteckungsgefahren sachgerecht nachgehen zu kénnen. Es musste eine relevante Zahl von Fallen geben, in denen der Weg Uber § 25 Absatz 1 bis 3 IfSG den Erfolg der Ermittlungsmafnahme gefahrden wide und nur durch eine polizeiliche Eil- maRnahme im vorgeschlagenenSinne ein angemessener Schutz erreicht werden kénnte (im
semeavons Sinne einer ,Gefahr im Verzug" nach § 25 Absatz 5 IfSG-E). Insoweit misste fachlich praziser dargelegt werden, worin der Vorteil fur den Gesundheitsschutz besteht, Uber die wenn schon EitmaBnahme (und nicht erst Uber den regularen Weg nach § 25 Absatz 1 bis 3 IfSG Gewiss- heit Uber die Frage hergestellt werden kann, ob der potenzielle Ausscheider tatsAchlich infiziert war. In diesem Zusammenhang ware auch die Frage klaren, ob die Polizei uber zu iberhaupt die notige Kompetenz verfiigt, zu beurteilen, ob ,Tatsachen die Annahme dass rechtfertigen, eine Ubertragung besonders gefahrlicher Krankheitserreger auf eine andere Person stattge- funden hat". Dass solche Vorteile eintreten kénnen, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, musste aber fachlich ausgeftihrt und verantwortet werden. Soist es h. E. grundsatzlich denk- bar, dass die Ungewissheit dariiber, ob man mit einer lebensbedrohlichen Krankheit infiziert wurde oder nicht, psychisch so qualend ist, dass die zusatzliche Wartezeit, die mit dem regu- laren Weg nach § 25 Absaiz 1 bis 3 IfSG verbundenist, ihrerseits die von Artikel 2 Absatz 2 GG geschiitzte Gesundheit beeintrachtigt. Ein-fruner negativer Test des potenziellen Aus- scheiders kann hier entlastend wirken. Auch ist es h. E. denkbar, dass die Person, auf die méglicherweiseeine Krankheit Ubertragen wurde, Dritte besser vor einer méglichenAnste- ckung mit einer soichen gefahrlichen Krankheit schiitzen kann (z. B. indem sich die Person in Quarantane begibt), als Uber den regularen Weg nach § 25 Absatz 1 bis 3 IfSG gehen misste, wenn sie das ,fruhe Wissen" hat, das Uber § 25 Absatz 5 IfSG-E méglicherweise vermittelt werden kann. Umgekehrt schwindet der zeitliche Vorteil, den die neue polizeiliche Eilkompe- tenz bieten mag, wenn es sich um Krankheiten handelt, bei denen die Untersuchung der Pro- ben ohnehin langere Zeit in Anspruch nimmt. Artikel 2 Absatz 2 GG ist im Ubrigen gemaB Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 GG zitierbediirftig, aber bisher nicht zitiert Unklar ist hier ferner, was die Polizei denn genau mit den erhobenen Daten machen soil oder will. Zwar ist geregelt, dass § 5 Absatz 3 Satz 3 und 4 IfSG entsprechend gelten soll (,,Die bei den Untersuchungen erhobenen personenbezogenen Daten diirfen nur fiir Zwecke dieses Ge- setzes verarbeitet werden."). Allerdings kann nicht erkannt werden, inwieweit die Polizei sonst fur den Vollzug des IfSG zustandig ist. Hier sollte ~ wenn man an der Gefahr-in-Verzug-Rege- lung festhalten will — durch eine klare und enge Zweckbindungsregelung festgelegt werden, was die Polizei mit den erhobenen Untersuchungsdaten konkret machen darf. Ill. Zu Artikel 6 (Anderung des Versicherungsvertragsgesetzes) Hierzu wird zunachst auf die Ausfiihrungen in der E-Mail vom 16. April 2020 zum Entwurf eines § 314 SGB V-E Bezug genommen, die hier ebenfalls gelten.
SEITE 4 VON 5 Ob der mit dem vorgeschlagenen Riickkehrrecht in den alten Krankenversicherungstarif ver- bundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Versicherungsunternehmen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, hangt maRgeblich von fachlichen Erlauterungen zu Notwendigkeit und Aus- wirkungen der Regelung ab, an denen es bisher fehit. Eine nahere der Verhaltnis- Bewertung mafigkeit der konkreten Regelungen ist daher nicht mdglich. Eingriffe in Artikel 12 Absatz 1 GG lassen sich durch hinreichende Allgemeinwohlbelange rechtfertigen, solange die VerhaltnismaRigkeit gewahrt bleibt. Zu solchen Allgemeinwohlbe- langen hat das BVerfG auch das Anliegen gezahit, allen Burgern der Bundesrepublik Deutsch- land einen bezahibaren Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen oder in der privaten Krankenversicherung zu sichern. Dafiir konne sich der Gesetzgeber auf das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Absatz 1 GG berufen (vgl. BVerfGE 123, 186 Rdnr. 171 — Basistarif). Der Schutz durch Artikel 12 GG und das Interesse der Versicherten sozialer an Sicherung miissen auch in dieser Neuregelung in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Von besonderem Interesse scheint insoweit die Regelung zu den Altersriickstellungen zu sein: Nach § 204 Absatz 2 Satz 2 VVG-E sollen diese auch wahrend der Zeit im Basistarif so gebil- det werden, als ware der Versicherte in dieser Zeit in seinem Stammtarif versichert gewesen. Dariiber hinaus wird auch hier offenbar keine zeitlich begrenzte Regelunggetroffen, um der besonderen Belastungssituation durch die SARS-CoV-2-Pandemie Rechnung zu tragen, son- dern letztere wird zum Aniass fur eine dauerhafte Neuregelung der in § 204 VVG normierten Frage des Tarifwechsels genommen. Dafur besteht im Zusammenhang mit dem hier mit gro- Rer Eile betriebenen Gesetzgebungsverfahrenh. E. kein Anlass. Warum fir die Vorschrift ein ruckwirkendes Inkrafttreten gewahlt wird, wird nicht deutlich. Dass es jetzt schon Fa€llegibt, in denen ein Ruckkehrrecht beansprucht wird (das es derzeit nicht gibt) erscheint ausgeschlossen. Dass die Regelung, wenn sie z. B. im Juni erlassen wird, nach dem Wortlaut fur alle nach dem 16. Marz Ausgetretenengilt, scheint recht eindeutig. IV. Zu den Artikeln 10 und 12 (Anderung der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Priifungs- , verordnung und der Apothekenbetriebsordnung) Die Vorschriften betreffen die Anderung von Verordnungsrecht durchGesetz. Wenn die An- derungen des Verordnungsrechts nicht durch das Gesetzgebungsvorhaben als solches ver- anlasst sind, ist eine Anderung von Verordnungsrecht durch den Gesetzgeber nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien (vergleiche dazu HdR Rn. 690) grundsatzlich nicht méglich.
seresvons Fur die Anderung des § 3 der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Priffungsverordnung ist in keiner Weise erkennbar, dass die dort vorgesehenenAnderungen durch das Gesetzgebungsvorha- ben veranlasst sind. Die Anderungen der Pflegeberufe-Ausbildungs- und Priifungsverordnung sollten daher insgesamtin ein gesondertes Verordnungsverfahren Gberftihrtwerden. ‘Fur die in Artikel 12 vorgesehenen Anderungen der Apothekenbetriebsordnung besteht eine Veranlassungdurch das Gesetzgebungsverfahren allenfalls insoweit, als mit Artikel 11 eine Ermachtigungsgrundlage fur Regelungenin der Apothekenbetriebsordnung in Bezug auf Mo- dellvorhaben zur Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung in Krankenhausern durch Au- tomatisierunggeschaffen wird. Geboten ist die Umsetzungder Anderung der Apothekenbe- triebsordnungdurch den Gesetzgeberaber deshalbnicht. Artikel 12 sollte daher, nicht zuletzt, weil die Vorschrift auch der weiteren Erérterung bedarf und mit der SARS-CoV-2-Pandemie in keinem Zusammenhang steht, in ein eigenesVerordnungsverfahren Uberfuhrt werden. Im Auftrag █████