2023-01-25ars03-2023
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Rundschreiben Nr. 3/2023“
Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Frei- setzung von Treibhausgasemissionen durch den Vorha- benträger im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung Nr. 15 Allgemeines Rundschreiben nach § 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeits- Straßenbau Nr. 03/2023 prüfung (UVPG) bzw. im Erläuterungsbericht sowie deren Sachgebiet 12.0: Umweltschutz; Berücksichtigung im Abwägungsprozess gemäß § 17 Ab- Allgemeines satz 1 Satz 4 FStrG durch die zuständige Planfeststel- lungsbehörde. StB 13/7147.2/07/3729150 Perspektivisch sollen diese Hinweise unter Berücksichti- Bonn, den 25. Januar 2023 gung der Ergebnisse des Forschungsvorhabens „Berück- sichtigung des Klimaschutzes in der Straßenplanung“ der Oberste Straßenbaubehörden Bundesanstalt für Straßenwesen und des Arbeitskreises der Länder „Klimaschutz in der Straßenplanung der Forschungsge- Fernstraßen-Bundesamt sellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) bei Bedarf weiter fortgeschrieben und ggf. ersetzt wer- nachrichtlich: den. Die Autobahn GmbH des Bundes Bundesanstalt für Straßenwesen II. DEGES – Deutsche Einheit Ich bitte die Obersten Straßenbaubehörden der Länder, Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH das ARS einzuführen und mir eine Kopie ihrer Einfüh- Bundesrechnungshof rungserlasse zu übersenden. Hiermit führe ich das ARS für das Fernstraßen-Bundes- Betreff: Hinweise zur Berücksichtigung der amt ein. Gegenüber dem Fernstraßen-Bundesamt wird großräumigen Klimawirkungen in dieses ARS mit Bekanntgabe inhaltlich wirksam. Ich bitte der Vorhabenzulassung das Fernstraßen-Bundesamt, das ARS gegenüber der Autobahn GmbH des Bundes einzuführen. Ich bitte, mir Anlage: Hinweise zur Berücksichtigung der eine Kopie der Einführungserlasse zuzusenden. großräumigen Klimawirkungen in der Vorhabenzulassung, Stand 16.12.2022 Die Einführungserlasse bitte ich an das Referat StB 13 (ref-stb13@bmdv.bund.de) zu senden. I. III. Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2513), zuletzt geändert durch Gesetz vom Ihre Erfahrungen mit diesen Hinweisen bitte ich für eine 18.08.2021 (BGBl. I S. 3905), wurde ein rechtlicher Rah- spätere Auswertung zu erfassen und mir hierüber bis zum men für den Klimaschutz in Deutschland geschaffen. 30.11.2024 zu berichten. Grundlage ist das Übereinkommen von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, wo- Die Erfahrungsberichte bitte ich an das Referat StB 13 nach der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur (ref-stb13@bmdv.bund.de) zu senden. auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu Bundesministerium für begrenzen ist. Digitales und Verkehr Im Auftrag Aus Art. 20a Grundgesetz und § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG Dr. Stefan Krause folgt das Erfordernis, auch in der Abwägung nach § 17 Absatz 1 Satz 4 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) bei der Zulassung von Bundesfernstraßenprojekten Aspekte des Hinweise zur Berücksichtigung der großräumigen globalen Klimaschutzes zu berücksichtigen. Nach § 13 Klimawirkungen in der Vorhabenzulassung Absatz 1 Satz 1 KSG haben die Träger öffentlicher Auf- gaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Stand 16.12.2022 Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung fest- gelegten Ziele zu berücksichtigen. I. Einführung Zur Gewährleistung rechtssicherer Zulassungsentschei- 1. Anwendungsbereich und Adressaten dungen für den Bau oder die Änderung von Bundes 2. Begriff der Treibhausgase (THG) 2 fernstraßen in der Baulast des Bundes bitte ich Sie, die anliegenden „Hinweise zur Berücksichtigung der groß- II. Rechtliche Grundlagen räumigen Klimawirkungen in der Vorhabenzulassung“ an- 1. Bundes-Klimaschutzgesetz zuwenden. Die Hinweise beziehen sich auf die ordnungs- gemäße und angemessene Ermittlung, Beschreibung und 2. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
III. Berücksichtigung der großräumigen benträger sowie die Anhörungs- und Planfeststel- Klimawirkungen durch THG-Emissionen lungsbehörden (das Fernstraßen-Bundesamt bzw. in den Planungsunterlagen die zuständigen Behörden der Länder). IV. Darstellung von Maßnahmen zur Reduktion von 2. Begriff der Treibhausgase (THG) THG-Emissionen durch den Vorhabenträger Treibhausgase sind diejenigen gasförmigen Bestand- V. Ermittlung und Beschreibung der teile in der Atmosphäre, sowohl natürlichen wie anth- THG-Emissionen durch den Vorhabenträger ropogenen Ursprungs, welche thermische Infrarot- 1. Hintergründe zur Prognosemethode strahlung absorbieren und wieder ausstrahlen. Diese Eigenschaft verursacht den Treibhauseffekt1. Zu den 2. Prognose der THG-Emissionen nach Bundes-Klimaschutzgesetz (siehe Ziff. II.1) reg- a) Abschätzung der THG-Emissionen bei der lementierten Treibhausgasen zählen: Kohlendioxid Lebenszyklusbetrachtung der Straße (Bau, (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), Schwefel- Erhaltung und Betrieb der Straße) hexafluorid (SF6), Stickstofftrifluorid (NF3) sowie teil- fluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) und perfluo- b) Abschätzung der THG-Emissionen durch die rierte Kohlenwasserstoffe (PFKW)2. Nutzung der Straße (Straßenverkehr) Im Straßenverkehr werden drei THG emittiert, insbe- c) Berücksichtigung des Einflusses der Land- sondere Kohlendioxid (CO2), zudem Distickstoffoxid nutzung auf THG-Emissionen (LULUCF) („Lachgas“) (N2O) und Methan (CH4). VI. Bewertung der Auswirkungen auf die Die anthropogene Freisetzung von Treibhausgasen THG-Emissionen durch die zuständige wird summarisch in Kohlendioxidäquivalenten (CO2- Behörde und Behandlung im Abwägungsprozess eq) umgerechnet, wobei eine Tonne Kohlendioxid- 1. Bewertung und Abwägung nach § 17 Absatz 1 äquivalent eine Tonne Kohlendioxid oder die Menge Satz 4 FStrG eines anderen Treibhausgases ist, die in ihrem Poten- zial zur Erwärmung der Atmosphäre einer Tonne Koh- 2. Anforderungen aus Art. 20a GG und § 13 Ab- lendioxid entspricht (vgl. § 2 Nr. 2 KSG). satz 1 Satz 1 KSG Tabelle 1 Treibhauspotenzial 3. Prüfschritte der zuständigen Planfeststellungs- behörde Treibhausgas (THG) GWP100 Anteil an a) Feststellung der mit dem Vorhaben verbun- value3 CO2-eq4 denen Auswirkungen auf die THG-Bilanz Kohlendioxid (CO2) 1 98,7 % gem. den Angaben des Vorhabenträgers Distickstoffoxid („Lachgas“) (N2O) 265 1,1 % b) Bewertung der mit dem Vorhaben verbunde- Methan (CH4) 28 0,1 % nen Auswirkungen auf die THG-Bilanz c) Abschließende Bewertung in Gegenüberstel- Treibhausgase sind keine Luftschadstoffe in Bezug lung mit den Planungszielen auf die Luftqualität, sie werden daher nicht in den RLuS5 behandelt. Anlagen Anlage 1 II. Rechtliche Grundlagen Anlage 2 1. Bundes-Klimaschutzgesetz Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vom 12.12.2019 I. Einführung (BGBl. I S. 2513), zuletzt geändert nach dem Beschluss 1. Anwendungsbereich und Adressaten des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.20216 mit Gesetz vom 18.08.20217, schafft einen rechtlichen Die Hinweise dienen dazu, die mit dem Straßenbau- projekt verbundenen Auswirkungen auf das globale Klima im Rahmen der Planfeststellung bzw. Plange- 1 Nach IPCC (2007): Klimaänderung 2007. Synthesebericht in UBA nehmigung für den Bau oder die Änderung einer Bun- Glossar (https://www.umweltbundesamt.de/service/glossary/t). desfernstraße in der Baulast des Bundes fachlich an- 2 § 2 Nr. 1 Bundes-Klimaschutzgesetz gem. Anhang V Teil 2 der EU gemessen und entsprechend den gesetzlichen Governance-Verordnung ((EU) 2018/1999) in der jeweils geltenden Fassung. Anforderungen zu berücksichtigen. Sie beziehen sich 3 auf die ordnungsgemäße Ermittlung, Beschreibung GWP100 = Global Warming Potential, Treibhausgaspotenzial, bezo- gen auf 100 Jahre, nach dem Fünften Sachstandsbericht des IPCC und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf (IPCC 2013/2014: AR5). die Freisetzung von Treibhausgasemissionen (THG- 4 Anteil 2020 nach UBA (2021): Nationaler Inventarbericht zum Deut- Emissionen) im Sinne des Bundes-Klimaschutzge schen Treibhausgasinventar 1990–2020. setzes (KSG) sowie deren Berücksichtigung im 5 Richtlinien zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen ohne oder mit Abwägungsprozess gemäß § 17 Absatz 1 Satz 4 lockerer Randbebauung, Ausgabe 2012, Fassung 2020. Bundesfernstraßengesetz (FStrG). 6 BVerfG, Beschl. v. 24.03.2021, 1 BvR 265/18 u. a. Adressaten sind die Autobahn GmbH des Bundes 7 Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes BGBl. I und die Straßenbaubehörden der Länder als Vorha- S. 3905.
Rahmen für den Klimaschutz in Deutschland. Grund- Maßnahmen zur Erreichung dieser gesetzlichen Ziele lage bildet die Verpflichtung nach dem Übereinkom- sind im KSG selbst nicht festgesetzt. Hierzu bedarf men von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention es der Aufstellung, Fortschreibung und Aktualisierung der Vereinten Nationen8, wonach der Anstieg der glo- von Klimaschutzprogrammen nach § 9 KSG sowie balen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter bei Überschreitung der zulässigen Jahresemissions- 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius mengen für einen Sektor eines Sofortprogramms des gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen überwiegend zuständigen Bundesministeriums nach ist (§ 1 Satz 3 KSG). § 8 KSG. Mit den Klimaschutzprogrammen legt die Bundesregierung fest, welche Maßnahmen erforder- Mit dem KSG werden nationale Klimaschutzziele nor- lich und voraussichtlich geeignet sind, die Klimaziele miert. Nach § 3 KSG sind die Treibhausgasemissio- des KSG zu erreichen. Die Umsetzung hat durch das nen im Vergleich zum Jahr 1990 schrittweise wie folgt jeweils zuständige Bundesministerium und ggf. durch zu mindern: den Gesetzgeber zu erfolgen.11 1. bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent9, Die Ziele und der Zweck des KSG sind bei der ge- 2. bis zum Jahr 2040 um mindestens 88 Prozent10, stuften Straßenplanung auf allen Ebenen – von der Bundesverkehrswegeplanung bzw. Bedarfsplanung12 3. bis zum Jahr 2045 Netto-Treibhausgasneutrali- über das Raumordnungsverfahren und die Linienbe- tät, stimmung bis zur Zulassung eines Straßenbauvorha- 4. nach dem Jahr 2050 sollen negative Treibhaus- bens (Planfeststellung bzw. Plangenehmigung) – ge- gasemissionen erreicht werden. mäß § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG zu berücksichtigen. Der globale Klimaschutz und die nationalen Klima- Zur Erreichung dieser Ziele werden konkrete Jahres- schutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes sind emissionsmengen für einzelne Sektoren nach der An- als öffentlicher Belang in die planerische Abwägung lage 2 zu § 4 KSG festgesetzt. Ab dem Jahr 2031 nach § 17 Absatz 1 Satz 4 FStrG einzustellen13 und werden in Anlage 3 zu § 4 KSG jährliche Minderungs- sind auf die Vermeidung bzw. Minderung der THG- ziele festgelegt; die Aufteilung in zulässige Jahres- Emissionen ausgerichtet. Klimaschutzgesichtspunk- emissionsmengen nach den einzelnen Sektoren ab te sind in diesem Sinne zu berücksichtigen, soweit 2031 erfolgt durch Rechtsverordnung gem. § 4 Ab- keine entgegenstehenden, überwiegenden rechtli- satz 6 KSG (siehe § 4 Absatz 1 Satz 8 KSG): chen oder sachlichen Gründe vorliegen (BT-Drs. Tabelle 2 Zulässige Jahresemissionsmengen für die Jahre 2020 bis 2030 (Anlage 2 zu § 4 KSG) Jahresemissionsmenge in 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent Energiewirtschaft 280 257 108 Industrie 186 182 177 172 165 157 149 140 132 125 118 Gebäude 118 113 108 102 97 92 87 82 77 72 67 Verkehr 150 145 139 134 128 123 117 112 105 96 85 Landwirtschaft 70 68 67 66 65 63 62 61 59 57 56 Abfallwirtschaft und Sonstiges 9 9 8 8 7 7 6 6 5 5 4 (Fundstelle: BGBl. I 2021, 3907) Tabelle 3 Jährliche Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040 (Anlage 3 zu § 4 KSG) 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 Jährliche Minderungsziele 67 % 70 % 72 % 74 % 77 % 79 % 81 % 83 % 86 % 88 % gegenüber 1990 (Fundstelle: BGBl. I 2021, 3907) 8 Das Übereinkommen von Paris (ÜvP) wurde auf der 21. Vertrags- staatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Natio- nen (COP21) im Dezember 2015 verabschiedet. Das ÜvP wurde mit dem Gesetz zu dem Übereinkommen von Paris vom 12.12.2015 (BGBl. I 2016, S. 2082) ratifiziert. 9 Das Minderungsziel von 65 % ist sektorenübergreifend; von 11 Posser in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2021, Kapitel 2, § 9, Rn. 1, 11. 1.242 Mio. t CO2-eq (1990) auf 438 Mio. t CO2-eq (2030); im Sektor 12 Verkehr liegt das Minderungsziel bei 48 %; von 163 Mio. t CO2-eq Siehe auch Faßbender, Der Klima-Beschluss des BVerfG – Inhalte, (1990) auf 85 Mio. t CO2-eq (2030). Folgen und offene Fragen in: NJW 2021, 2085 (2091). 10 13 Das entspricht maximal 149 Mio. t CO2-eq (2040). BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 69.
19/14337, S. 36), siehe weiterführende Hinweise un- eine UVP nach dem UVPG in der Fassung ab dem ter Ziff. III. bis VI. Maßstab der Berücksichtigung ist 16.05.2017 durchzuführen, erfolgt die Ermittlung und Dar- der in § 1 KSG umschriebene Zweck und die in § 3 stellung der durch das Straßenbauvorhaben verursachten KSG festgelegten Ziele. THG-Emissionen durch den Vorhabenträger im UVP-Be- richt nach Maßgabe des § 16 UVPG.20 Im Rahmen der Zulassungsverfahren für Fernstraßen- bauprojekte ist ausschließlich auf die Anforderungen des Bei laufenden Planungen für Vorhaben, für die vor dem § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG einzugehen. § 13 Absatz 1 16.05.2017 das Verfahren zur Unterrichtung über voraus- Satz 3 sowie Absatz 2 KSG gelten hingegen für Investi- sichtlich beizubringende Unterlagen in der bis dahin gel- tionen und sonstige Beschaffungen des Bundes.14 tenden Fassung des § 5 Absatz 1 UVPG eingeleitet wurde oder die Unterlagen nach § 6 UVPG in der bis dahin gel- 2. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung tenden Fassung dieses Gesetzes vorgelegt wurden, ist Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Umweltverträglichkeitsprüfung nach den bis zum (UVPG) hat die Intention, dass behördliche Entschei- 15.05.2017 geltenden Vorschriften durchzuführen (§ 74 dungen mit Umweltbezug erst getroffen werden, nach- Absatz 2 UVPG). Für diese Verfahren sind die Auswirkun- dem die vorhersehbaren Umweltfolgen eines Projekts gen auf das Makroklima (noch) nicht Teil der Umweltver- hinreichend genau ermittelt und bewertet worden sind. träglichkeitsprüfung (siehe Ziff. II.2). Auch das Inkrafttre- ten des KSG gebietet keine andere Beurteilung und führt Für bestimmte Pläne und Projekte, so auch für den nicht zu einer nachträglichen „Aufladung“ und Erweite- Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen, ist rung des Begriffs der Umweltauswirkungen bei der Um- nach Maßgabe der §§ 6–13 ff. UVPG eine Umwelt- weltverträglichkeitsprüfung um den Aspekt des globalen verträglichkeitsprüfung durchzuführen, die unselbst- Klimas.21 Die Ziele und der Zweck des KSG nach § 13 ständiger Teil der Zulassungsentscheidung ist (§ 4 Absatz 1 Satz 1 KSG sind ungeachtet dessen in laufen- UVPG). Als Schutzgüter nennt § 2 Absatz 1 UVPG den Verfahren stets zu berücksichtigen, da im KSG keine u. a. das Klima (Nummer 3). Übergangsregelung getroffen worden ist. Der maßgebli- Seit der Änderung der UVP-Richtlinie15 und deren che Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechts- Umsetzung in nationales Recht16 ist neben dem loka- lage ist die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde. len Klima nun auch das Makroklima Gegenstand der In den Fällen, in denen aufgrund der Übergangsregelung Prüfung.17 Dies folgt insbesondere aus dem 13. und das UVPG in der bis zum 15.05.2017 geltenden Fassung 7. Erwägungsgrund der UVP-ÄnderungsRL: Danach Anwendung findet, erfolgt die Berücksichtigung der sind zukünftig die Aspekte des Klimawandels ange- großräumigen Klimawirkungen nach Maßgabe des § 13 messen in die UVP zu integrieren. Der Klimawandel Absatz 1 Satz 1 KSG daher nicht im Rahmen der Um soll neben anderen Umweltthemen wie z. B. dem weltverträglichkeitsprüfung; die Vorschriften über die Schutz der biologischen Vielfalt ein wichtiger Be- Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG sind standteil der Bewertung und Entscheidungsfindung diesbezüglich nicht einschlägig, d. h. die besonderen ver- sein. Anlage 4 Nummer 4 Buchstabe c Doppelbuch- fahrensrechtlichen Regelungen, insbesondere Ausle- stabe gg des UVPG bestimmt hierzu, dass die Aus- gungs- und Beteiligungsverpflichtungen, sind nicht zu wirkungen des Vorhabens auf das Klima, z. B. durch beachten. Dies hat zur Folge, dass auch veränderte in- Art und Ausmaß der mit ihm verbundenen Treibhaus- haltliche Anforderungen hinsichtlich der Prüfung der glo- gasemissionen zu betrachten ist.18 balen Klimawirkungen nicht die Wiederholung bereits ab- solvierter Verfahrensschritte der UVP auslösen.22 Auch in Die Bewertung und Berücksichtigung der im UVP-Be- diesen Fällen sind die THG-Emissionen nach der unter richt darzustellenden Umweltauswirkungen (nach Abschnitt V. dargestellten Vorgehensweise zu ermitteln. Maßgabe des § 16 UVPG und der Anlage 4 zum Die Darstellung erfolgt dann nicht im UVP-Bericht nach UVPG) erfolgen inhaltlich nach Maßgabe der gelten- Maßgabe des UVPG, sondern im Erläuterungsbericht den Fachgesetze. nach RE 2012. Festzuhalten ist, dass bei jedem Neubau- oder Ände- III. Berücksichtigung der großräumigen rungsvorhaben zwingend Aussagen zu dessen Auswir- Klimawirkungen durch THG-Emissionen kungen auf die nationalen Klimaschutzziele nach Maß- in den Planungsunterlagen19 gabe des § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG zu treffen sind. Die Die Verpflichtung aus § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG, die Zie- Darstellung des Vorhabenträgers muss vollständig, über- le und den Zweck des KSG zu berücksichtigen, steht sichtlich und nachvollziehbar aufbereitet sein. Ein Fach- neben den verfahrensrechtlichen Vorgaben des UVPG. Ist beitrag Klima ist nicht zwingend erforderlich, kann aber erstellt werden, wenn es sich als zweckmäßig erweist. 14 BT- Drs. 19/30230, S. 22, 37, siehe auch Klinski, Das Bundes-Kli- Wird das Gesamtprojekt in mehreren Teilschritten aus- maschutzgesetz in: NVwZ 2020, 1 sowie Schink, Das Berücksichti- geführt, so bildet den rechtlichen Bezugspunkt der Ab- gungsgebot des § 13 Klimaschutzgesetz in: NuR 2021, 1, BVerwG, schnitt, über den in einem eigenständigen Verfahren ent- Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 79. schieden wird.23 Für später folgende Planungsabschnitte 15 Änderung der UVP-RL 2011/92/EU vom 13.12.2001 mit Ände- wird empfohlen zu prüfen, ob ein „vorläufiges positives rungsRL 2014/52/EU vom 16.05.2014. 16 Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umwelt- 20 verträglichkeitsprüfung vom 20.07.2017. Es ist möglich, den UVP-Bericht in den Erläuterungsbericht entspre- 17 chend der RE 2012 zu integrieren. Siehe auch BVerwG, Urt. v. 24.02.2021, Az.: 9 A 8.20, Leitsatz. 21 18 Siehe BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 66. Hinweis: die Anfälligkeit des Vorhabens gegenüber dem Klimawandel 22 (Klimaanpassung) wird in den vorliegenden Hinweisen ausgeklammert. Siehe BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 66. 19 23 Anlage 1 enthält ein Prüfschema. U. a. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000, 4 A 18/99, juris Rn. 39.
Gesamturteil“ im Sinne der Rechtsprechung24 insbeson- Inanspruchnahme von Böden oder Biotopen mit Funktio- dere hinsichtlich der verkehrlichen Effekte getroffen wer- nen als Treibhausgasspeicher oder Treibhausgassenke den kann. (bspw. Moore und Wälder) vermieden werden kann. Der Grundsatz der vorrangigen Vermeidung ergibt sich be- IV. Darstellung von Maßnahmen zur Reduktion von reits aus der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der THG-Emissionen durch den Vorhabenträger §§ 13 ff. BNatSchG, die bei der Inanspruchnahme (und Neuanlage) von Böden und Biotopen im Zuge des Stra- Die vom Vorhabenträger zur Erreichung der Planungsziele ßenbauvorhabens zu beachten ist. Danach sind erhebli- in Betracht kommenden Varianten sind auf ihre Klimaver- che Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfä- träglichkeit hin zu untersuchen. Hierzu sind die Vorzugs- higkeit des Naturhaushalts (i. S. d. § 1 Absatz 1 Nummer 2 variante und die weiteren auf der Ebene der Entwurfs- und BNatSchG) vorrangig zu vermeiden und nicht vermeid- Genehmigungsplanung noch vernünftigerweise in Be- bare erhebliche Beeinträchtigungen zu kompensieren. tracht zu ziehenden Planungsvarianten hinsichtlich jeweils Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktions- möglicher Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen zu fähigkeit des Naturhaushalts ist nach § 1 Absatz 3 Num- vergleichen (siehe hierzu Anlage 2). Der Variantenver- mer 4 BNatSchG insbesondere auch das Klima durch gleich sowie das Ergebnis dieses Variantenvergleichs Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspfle- sind in den Planungsunterlagen (UVP-Bericht bzw. Erläu- ge zu schützen. Werden demnach durch das Straßenbau- terungsbericht) darzustellen. Sind bei einzelnen Varianten vorhaben Böden oder Biotope mit Funktionen als Treib- signifikante Unterschiede in Bezug auf die THG-Emissio- hausgasspeicher oder Treibhausgassenke (vgl. Anlage 1 nen zu erwarten, erfolgt deren vollständige und umfas- zur BKompV) tangiert, ist dieser Belang im Rahmen der sende Beschreibung nach Maßgabe der unter Ziff. V. auf- naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu berücksichti- geführten Methoden. Anhaltspunkte für entsprechend zu gen. Ergänzend ist daher auch auf die Darstellungen der treffende Feststellungen können insbesondere die Stre- Konfliktbewertung und Maßnahmenplanung im Land- ckenlänge, die Art und Anzahl der Ingenieurbauwerke schaftspflegerischen Begleitplan (LBP) Bezug zu nehmen. (z. B. Tunnelführung oder Einschnitt) die Ausgestaltung von Knotenpunkten, zu überwindende Höhenmeter sowie Daneben kann geprüft werden, ob der Einsatz von erneu- die Wertigkeit der in Anspruch zu nehmenden Böden oder erbaren Energien in Form von Photovoltaik-Anlagen an Biotope der jeweiligen Varianten sein. Für die Vorzugs- der Straße möglich ist. Durch die Eigenversorgung von variante erfolgt die Beschreibung nach Maßgabe der Ziff. Betriebsanlagen wie Tunnelanlagen oder Raststätten mit V. obligatorisch. erneuerbaren Energien kann zusätzlich, über das recht- lich notwendige Maß hinaus, positiv zu der Gesamtbilanz Hinsichtlich der THG-Lebenszyklusemissionen (siehe der THG-Emissionen des Vorhabens beigetragen werden. Ziff. V.1 und V.2.a)) können beim Variantenvergleich die Streckenlänge sowie die Art und Anzahl der Bauwerke V. Ermittlung und Beschreibung der berücksichtigt werden. So kann die Entscheidung zwi- THG-Emissionen durch den Vorhabenträger schen einem Tunnel oder Einschnitt relevante Auswirkun- 1. Hintergründe zur Prognosemethode gen auf die THG-Bilanz haben. Der Einsatz CO2-freundli- cher Bauweisen bzw. Baustoffe erlangt demgegenüber Um feststellen zu können, inwieweit das Straßenbau- erst in der anschließenden Ausführungsplanung Bedeu- vorhaben den Zielen und dem Zweck des KSG ent- tung. Im Rahmen der Ausschreibung der Bauleistungen spricht, sind die zu erwartenden und dem Vorhaben sowie der Baustellenablaufplanung sind weitere Maßnah- anzulastenden THG-Emissionen im Wege einer Ab- men zur Minderung der THG-Emissionen zu prüfen. Ent- schätzung zu ermitteln. Dies betrifft nur diejenigen scheidende Kriterien sind dann die Wahl der Baustoffe THG-Emissionen, die dem konkreten Einzelvorhaben hinsichtlich der Ausstattungselemente, die Recyclingquo- zugerechnet werden können (Ursachen-Wirkzusam- te der Baustoffe sowie die Wiederverwendung minerali- menhang). Dementsprechend bleiben die THG-Emis- scher Baustoffe oder Bodenmaterials vor Ort (siehe auch sionen in der Fahrzeugproduktion sowie die Gewin- Ausführungen unter Ziff. V.2.a)). In der Entwurfs- und Ge- nung und Herstellung der Kraftstoffe außer Betracht. nehmigungsplanung können hierzu noch keine konkreten Das Berücksichtigungsgebot ist sektorenübergreifend Festlegungen getroffen werden. Ein Hinweis auf entspre- zu verstehen. Es verweist auf Zweck und Ziel des KSG, chende Vorgaben bzw. Regelungen in den Vergabeunter- die auf eine Gesamtbilanz gerichtet sind. Daher sind lagen kann jedoch zweckmäßig sein. Die Festlegungen grundsätzlich alle in Anlage 2 zum KSG genannten der äußeren Maße des Straßenkörpers, Regelquerschnit- Sektoren in den Blick zu nehmen25, soweit das Straßen- te, Knotenpunkte u. Ä. sind durch maßgebliche Normen bauvorhaben diesbezüglich Auswirkungen aufweist. und Richtlinien bestimmt. Insofern kommen Vermei- Die Ermittlung der THG-Emissionen für Straßenbauvor- dungs- und Minderungsmaßnahmen nicht in Betracht. haben erfolgt getrennt für die folgenden Teilbereiche: Hinsichtlich der verkehrsbedingten THG-Emissionen THG-Lebenszyklusemissionen: Bau, Erhaltung • (siehe Ziff. V.1 und V.2.b)) können beim Variantenver- und Betrieb der Straßeninfrastruktur und seiner gleich die Länge der Strecke, die Stärke der Längsnei- Bauwerke (Sektor Industrie im Sinne des KSG) gung sowie der Beitrag zur Stauvermeidung und zu einem besseren Verkehrsfluss durch planfreie Strecken und Ver- Verkehrsbedingte THG-Emissionen durch die • zicht auf Lichtsignalanlagen berücksichtigt werden. Nutzung der Straßenverkehrsinfrastruktur nach Fertigstellung (Sektor Verkehr im Sinne des KSG) In Bezug auf die landnutzungsbedingten THG-Emissio- nen (siehe Ziff. V.1 und V.2.c)) ist darzustellen, inwiefern Landnutzungsbedingte THG-Emissionen: In- • durch die Trassenwahl oder die Lage von Bauwerken die anspruchnahme (und Neuanlage) von Böden 24 25 U. a. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000, 4 A 18/99, juris Rn. 39. Siehe BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 83f.
oder Biotopen mit Funktionen als Treibhausgas- Infrastruktur und Fahrzeuge des Straßen-, Schie- speicher oder Treibhausgassenke (Sektor Land- nen- und Luftverkehrs sowie der Binnenschiff- nutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirt- fahrt in Deutschland“30 basiert. schaft im Sinne des KSG). Für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung Es erfolgt ein Vergleich des Prognose-Nullfalls (ohne erfolgt die Abschätzung der THG-Lebenszyklus- Vorhaben) mit dem Planfall (bei Umsetzung des Vor- emissionen projektspezifisch anhand des aktuel- habens) der gewählten und ggf. der weiteren in die len Planungsstandes. Hierfür sind ebenfalls die umfassende Betrachtung einbezogenen Varianten Methode aus dem BVWP-Methodenhandbuch (siehe Ziff. IV). heranzuziehen und Emissionsdaten der Tabelle 64 des BVWP-Methodenhandbuchs (siehe Ta- Das Berücksichtigungsgebot des § 13 Absatz 1 belle 2 Zulässige Jahresemissionsmengen für die Satz 1 KSG verlangt, die CO2-relevanten Auswirkun- Jahre 2020 bis 2030 (Anlage 2 zu § 4 KSG) dieses gen des Vorhabens mit einem vertretbaren Aufwand Hinweispapieres) auf Grundlagen aktueller Daten zu ermitteln. Dementsprechend sind die Anforderun- zugrunde zu legen. gen an die Ermittlung in den nachfolgenden Ziffern „mit Augenmaß“ festgelegt und anzuwenden.26 Zur Berechnung der THG-Emissionen wird in ei- nem ersten Schritt die Fläche aus Länge und Die quantitative Abschätzung der THG-Lebenszy- Querschnitt berechnet. Hierzu werden die in Ta- klusemissionen und der verkehrsbedingten THG- belle 4 dargestellten spezifischen THG-Emissio- Emissionen erfolgt nach den im Methodenhandbuch nen pro Quadratmeter und Jahr zugrunde gelegt. zum Bundesverkehrswegeplan 203027 beschriebenen Diesen pauschalisierten Angaben liegt ein Mix Methoden. Dies ermöglicht eine Berechnung der von Beton, Asphalt, Schotter, Kies und Zement THG-Lebenszyklusemissionen der Infrastruktur so- für Deckschichten, Trag- und Bindeschichten wie der Emissionen aus dem prognostizierten Fahr- und den Unterbau zugrunde; eine baustoffspezi- betrieb (verkehrsbedingte THG-Emissionen). Hin- fische Betrachtung findet nicht statt (siehe so- sichtlich der landnutzungsbedingten THG-Emissionen gleich). Der Energieaufwand für den Straßenbau findet eine Betrachtung von Inanspruchnahme von und Baustellenbetrieb ist hier mit eingerechnet Böden und Biotopen nach den Vorgaben der natur- (Transport und Energie nehmen 18 % ein). Auch schutzrechtlichen Eingriffsregelung statt. Eine ab- bei den Brücken- und Tunnelabschnitten liegt schließende Monetarisierung mit spezifischen Scha- den Zahlen der Tabelle 4 eine pauschalisierte An- denskosten ist an dieser Stelle nicht erforderlich. gabe über alle Bauweisen zugrunde. 2. Prognose der THG-Emissionen Tabelle 4 THG-Emissionen im Lebenszyklus von a) Abschätzung der THG-Emissionen bei der Le- Bundesfernstraßen benszyklusbetrachtung der Straße (Bau, Erhal- tung und Betrieb der Straße) Bereich THG-Emissionen Unter den Begriff der THG-Lebenszyklusemissio- Grundangaben nen fallen alle THG-Emissionen, die mit dem Bau, Bundesautobahn 6,2 kg CO2-eq/(m²*a) der Erhaltung (Erneuerung und Instandsetzung) Bundesstraße 4,6 kg CO2-eq/(m²*a) und dem Betrieb der zu bewertenden Infrastruktur- maßnahme verbunden sind28. Sie werden in CO2- Aufschläge für Ingenieurbauten Äquivalenten pro Jahr (CO2-eq/a) angegeben. Aufschlag für Brückenabschnitte 12,6 kg CO2-eq/(m²*a) Für Projekte des Bedarfsplans (Anlage zum Fern- Aufschlag für Tunnelabschnitte 27,1 kg CO2-eq/(m²*a) straßenausbaugesetz) sind die THG-Emissionen im entsprechenden Projektdossier im Projektin- Abgrenzung zur Ausführungsplanung/Vergabe formationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrs- wegeplan (BVWP) dargestellt29. Grundlage dieser Der o. g. Ermittlung werden pauschalisierte Anga- Darstellung ist die Methode aus dem BVWP-Me- ben aus einem aktuellen Baustoffmix zugrunde thodenhandbuch (Berechnung der Nutzenkom- gelegt. Eine projektspezifische Betrachtung sowie ponente „Veränderung der Lebenszyklusemissi- Details der Bauausführung (Einsatz von Baustof- onen von Treibhausgasen der Infrastruktur (NL)“, fen) erfolgen im Rahmen der Ausführungsplanung/ Kap. 3.3.9/S. 162 ff./Tab. 64), welche auf der Vergabe (LPH 5 Ausführungsplanung31 und LPH 6 UBA-Studie „Treibhausgas-Emissionen durch Vorbereitung der Vergabe32)33 und sind nicht Ge- genstand des Zulassungsverfahrens. Dies ist ge- 26 Siehe BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 80, 82. 30 27 UBA (2013): Treibhausgas-Emissionen durch Infrastruktur und Fahr- BMVI (2016): Methodenhandbuch zum Bundesverkehrswegeplan zeuge des Straßen-, Schienen- und Luftverkehrs sowie der Binnen- 2030 (FE-Projekt-Nr.: 97.358/2015) https://www.bmvi.de/Shared- schifffahrt in Deutschland – Arbeitspaket 4 des Projektes „Weiter- Docs/DE/Anlage/G/BVWP/bvwp-methodenhandbuch.pdf?__ entwicklung des Analyseinstrumentes Renewbility“ = UBA Texte blob=publicationFile. 96/2013 („Mottschall & Bergmann-Studie“). 28 Im Methodenhandbuch werden die Begrifflichkeiten „Erstinvestition“ 31 Leistungsphase 5 der „Honorarordnung für Architekten und Ingeni- für den Bau und „Ersatzinvestition“ bzw. „Reinvestition“ für die Er- eure“, HOAI. Letzte Neufassung vom 10.07.2013 (BGBl. I S. 2276). haltung (Erneuerung und Instandsetzung) verwendet. 32 29 Leistungsphase 6 der „Honorarordnung für Architekten und Ingeni- Es erfolgt keine direkte Angabe der THG-Emissionen, diese können eure“, HOAI. Letzte Neufassung vom 10.07.2013 (BGBl. I S. 2276). aber über die Jährlichen Nutzen (145 €/t) bzw. aus der Differenz der 33 Gesamtemissionen (unter 1.8 Nr. 1.3) und der Veränderung der Ab- Siehe OVG Lüneburg, Urt. v. 22.04.2016, 7 KS 35/12, Rn. 379, gasemissionen (PV+GV) (unter 1.6) abgeleitet werden. BVerwG, Urt. v. 17.12.2013, 4 A 1.13, Rn. 60.
rechtfertigt, da die CO2-Bilanz bei der Herstellung nen die Differenzen zwischen dem DTVW5,S37 im der jeweiligen Baustoffe dem Vorhabenträger re- Prognose-Nullfall und Planfall mehr als 5 % des gelmäßig nicht bekannt ist. Diese sind im Wesent- Prognose-Nullfalls betragen, mindestens aber lichen von dem eingesetzten Brennstoff oder der 100 Kfz/24 h.; es ist dann auch die Strecke der Energiequelle für die eingesetzte elektrische Ener- entgegengesetzten Fahrtrichtung einzubeziehen, gie abhängig. Verlässliche Angaben werden umso unabhängig von der Höhe der Differenz des schwieriger, je mehr Vorprodukte in die Betrach- DTVW5,S zwischen Prognose-Nullfall und Planfall tung einfließen34. Richtiges Instrument für die Be- auf dieser Strecke. Bei der Verkehrsprognose ist rücksichtigung der CO2-Bilanz ist somit die zeitlich – soweit in den Daten nicht vorhanden – zusätz- nachgelagerte Detaillierung der Bauleistungen im lich der primär induzierte Verkehr38 einzubezie- Rahmen der Ausführungsplanung und Vorberei- hen. tung der Vergabe (LPH5/LPH6), für die ebenfalls Sind die Verkehrsprognosen für den planfestzu- das Berücksichtigungsgebot des § 13 KSG gilt. stellenden Streckenabschnitt älter als die dem Dies gilt entsprechend für die Recyclingquote des BVWP 2030 zugrunde gelegten und liegen dies- in der Ausführungsplanung zu bestimmenden bezüglich auch keine anderen aussagekräftigen Baustoffes. Daten vor, kann ausnahmsweise auf die im ent- b) A bschätzung der THG-Emissionen durch die sprechenden Projektdossier in PRINS vorliegen- Nutzung der Straße (Straßenverkehr) den Zahlen zurückgegriffen werden. Die Erstel- lung bzw. Aktualisierung einer Verkehrsprognose Verkehrsbedingte THG-Emissionen resultieren lediglich zur Beurteilung der Klimawirkungen wäre aus der Energiegewinnung (insbesondere Ver- in diesen Fällen unverhältnismäßig.39 Dies gilt brennung von Kraftstoffen) für die Fortbewegung auch in den Fällen, in denen sonst keine Verkehrs- von Fahrzeugen. Betrachtet wird die durch die prognose zu erstellen ist, bspw. für Ausbaupro- Planung ausgelöste Veränderung der THG-Emis- jekte mit Standstreifen oder Kurvenbegradigun- sionen, die mit der verkehrlichen Nutzung des gen zur Entschärfung von Unfallschwerpunkten. Projektes voraussichtlich verbunden ist (Differenz In diesen Fällen genügt eine verbal-argumentative zwischen Prognose-Nullfall und dem Planfall (mit Auseinandersetzung mit den verkehrsbedingten Belastungen und Entlastungen). Sie wird in CO2- THG-Emissionen. Äquivalenten pro Jahr (CO2-eq/a) angegeben. Im Einzelfall kann es auch zulässig sein, die Zahlen Für Projekte des Bedarfsplans (Anlage zum Fern- aus Verkehrsprognosen für ein Gesamtvorhaben straßenausbaugesetz) ist die Veränderung der auf einzelne Streckenabschnitte „herunterzurech- THG-Emissionen im entsprechenden Projektdos- nen“, allerdings nur, wenn der gegenständliche sier im Projektinformationssystem (PRINS) zum Streckenabschnitt keine klimarelevanten Beson- Bundesverkehrswegeplan (BVWP) dargestellt35. derheiten gegenüber den übrigen Abschnitten Grundlage dieser Darstellung ist die Methode aus aufweist und die gegenständliche Planfeststellung dem BVWP-Methodenhandbuch (Berechnung keine „Pilotwirkung“ für das Gesamtprojekt oder der Nutzenkomponente „Veränderung der Ab- Vorwirkung für andere Abschnitte entfaltet.40 gasbelastungen (NA)“, hier: NA3 Kohlendioxid- Auf der Basis der Daten der Verkehrsprognose Emissionen CO2, Kap. 3.3.3/S. 141/Tab. 56). wird nach der Methode NA3 der Ausstoß pro Jahr Zur Abschätzung der projektbezogenen ver- für folgende Emissionsbereiche aufaddiert: kehrsbedingten THG-Emissionen wird auch für • THG-Emissionen des Verkehrs mit konven- die Entwurfs- und Genehmigungsplanung die tionellen Antrieben (Otto/Diesel): Methode aus dem BVWP-Methodenhandbuch herangezogen. Die Anwendung der Methode er- Differenz der jährlichen CO2-Emissionen folgt auf Grundlage der Daten des aktuellen Pla- (Prognose Nullfall – Planfall) nungsstandes. • THG-Emissionen bei Pkw mit Gasantrieb: Basis der Abschätzung ist die Verkehrsprognose Differenz der jährlichen CO2-Emissionen aus der Verkehrsuntersuchung. Sie ist maßgeb- (Prognose Nullfall – Planfall) lich für den Prognosehorizont hinsichtlich der verkehrlichen THG-Emissionen. In das Untersu- • THG-Emissionen bei der Erzeugung von elek- chungsnetz sind alle Netzelemente (Strecken und trischem Strom für Pkw mit Elektroantrieb: Knotenpunkte) des Straßennetzes einzubezie- hen, bei denen sich zwischen Prognose-Nullfall 37 DTVW5,S = durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke des gesamten und Planfall die Verkehrsbelastungen merklich Kfz-Verkehrs auf einer Strecke an den Werktagen von Montag bis unterscheiden. Als Faustregel36 gilt, dass alle Freitag (ohne Feiertage) außerhalb der Schulferien des jeweiligen Strecken berücksichtigt werden sollten, bei de- Landes. 38 „Primär induzierter Verkehr“ bedeutet, dass durch die Verbesserun- gen der Verkehrsinfrastruktur im Planfall bei ansonsten unveränder- 34 Siehe BVerwG, Beschl. v. 18.02.2021, 4 B 25/20, OVG Berlin-Bran- ten mobilitätsbestimmenden Einflussgrößen eine zusätzliche Nach- denburg, Urt. v. 12.03.2020, OVG 11 A 7.18 zum Einsatz von Stahl- frage ausgelöst wird, die im Bezugsfall nicht entstanden wäre. rohren bei einer Gas-Anbindungsleitung. (Methodenhandbuch, Kap. 2.3.1, S. 75). 35 39 Angabe der „Veränderung der Abgasemissionen (PV+GV)“ unter Siehe BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 91f. Nr. 1.6 und 1.7 NA3. 40 Dies hat das BVerwG in seinem Urteil vom 04.05.2022 zur VKE 2.2 36 Richtlinien für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (RWS) der A 14 (Az.: 9 A 7.21, Rn. 93) zugelassen, da es sich um einen Entwurf 2019. „Lückenschluss im Lückenschluss“ handelte.
Produkt aus torbedingten Emissionen ist unter Beachtung der Richtlinie VDI 3782 Blatt 746 vorzunehmen. o Differenz der jährlichen Fahrleistung (Prognose Nullfall – Planfall) c) erücksichtigung des Einflusses der Landnut- B zung auf THG-Emissionen (LULUCF47) o Durchschnittlicher Energieverbrauch (0,21 kWh/Fz-km) Für die der Ermittlung und Darstellung nachgela- 41 gerten Bewertung der THG-Emissionen ist auch o Emissionsfaktor (414 g/kWh) die Landnutzung einzubeziehen. Im Hinblick auf • Staubedingte THG-Emissionen an Auto- das globale Klima sind sowohl die langfristig ge- bahnkreuzen und -dreiecken: bundenen Kohlenstoffvorräte in organischen Böden (Moore und Anmoore) als auch die in der Differenz der staubedingten Wartezeiten lebenden Biomasse der Biotope (ober- und un- (Prognose Nullfall – Planfall) terirdisch) gebundenen Kohlenstoffvorräte zu be- (Emissionsfaktor bei Pkw: 0,011 t/Fz-Std42 rücksichtigen. und bei Lastkraftwagen und Lastzügen: Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Anfor- 0,063 t/Fz-Std)43 derungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes und Bei den THG-Emissionen des Verkehrs mit kon- des Bundesnaturschutzgesetzes. In der Eingriffs- ventionellen Antrieben und bei Pkw mit Gasan- regelung werden auch die Treibhausgasspei- trieb findet nach der Methode NA3 eine getrenn- cher- und senkenfunktionen von Böden und Bio- te Berechnung für Otto-Motoren (2.625 g/l), topen betrachtet. Diesel-Motoren (2.775 g/l) und Gasantrieb statt. Wie unter Ziff. IV dargestellt, ist bei der Prüfung Es werden Emissionen für definierte Streckenab- der vernünftigerweise in Betracht kommenden schnitte und definierte Stunden bzw. Stunden- Varianten vorrangig darauf zu achten, eine Inan- gruppen aufsummiert. Bei der Berechnung des spruchnahme von für den Klimaschutz wertvollen spezifischen Kraftstoffverbrauchs (Otto/Diesel) Böden und Biotopen zu vermeiden. Der Grund- bzw. fahrleistungsabhängigem Emissionsfaktor satz der Vermeidung ergibt sich bereits aus der (Gas) fließen als Faktoren ein: naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 13 ff. BNatSchG, die bei der Inanspruchnah- • Straßentyp (nach HBEFA bzw. BVWP) me (und Neuanlage) von Böden und Biotopen im • Verkehrszustand (flüssig, dicht, gesättigt, stop Zuge des Straßenbauvorhabens zu beachten ist. and go) Besonders wertvoll im Hinblick auf den Klima- • Zulässige Höchstgeschwindigkeit und schutz sind Böden und Biotope, die als CO2-Sen- ken oder CO2-Speicher wirken. Als kohlenstoff- Längsneigung44. • reiche Böden sind insbesondere alle organischen Gem. der BVWP-Methode werden die CO2-Emis- Böden (Moore, Anmoore), aber auch bestimmte sionen für die Antriebsarten Diesel, Otto und Gas Mineralböden (mit terrestrischen Feuchtgebie- unter Verwendung des HBEFA-Ansatzes ermit- ten, Grünland i. e. S.) einzustufen48. Bei der Ein- telt. Dabei ist darauf zu achten, die aktuellste Ver- bindung von Kohlenstoff spielen daneben insbe- sion der HBEFA zu verwenden (aktuelle Version sondere Wälder und weitere Gehölze eine 4.2 vom Februar 2022). Das Handbuch liefert die entscheidende Rolle als Netto-Kohlenstoffsenke. Emissionsfaktoren für unterschiedliche Verkehrs- Zur Ermittlung der Böden mit einem hohen bis situationen (auch Stau). Über die Eingabemaske hervorragenden Corg-Vorrat wird auf die Boden- können Fahrzeugkategorie, die zu berechnenden zustandserhebung für landwirtschaftlich genutz- Schadstoffe bzw. der Kraftstoffverbrauch, die te Flächen und für Wälder hingewiesen, die einen Verkehrssituation und das Bezugsjahr ausge- pauschalen Ansatz bieten.49 Die für den Boden- wählt werden. Die Zusammensetzung der Fahr- schutz zuständigen Landesämter für Geologie zeugkategorien ist entsprechend TREMOD bieten häufig eine landesweite Fachbewertung (2020)45 vorzunehmen, wenn keine projektbezo- für die Klimaschutzfunktion der Böden an, die ge- genen Daten vorliegen. Die Berechnung der mo- nutzt werden kann. Zur Identifizierung der rele- vanten Flächen kann auf die bundesweite Karte 41 der organischen Böden zurückgegriffen wer- 414 g/kWh = (6 ct/kWh) • (145 €/t)-1. 42 0,011 t/Fz-Std = (1,609 €/Fz-Std) • (145 €/t)-1. 46 43 2020; KFZ-Emissionsbestimmung. 0,063 t/Fz-Std = (9,107 €/Fz-Std) • (145 €/t)-1. 47 44 LULUCF = Land Use, Land-Use Change and Forestry. Die Berücksichtigung des Faktors Längsneigung ist in der Methode 48 NA3 nicht vorgesehen. Das HBEFA liefert entsprechende Methoden, Vgl. Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar um die Längsneigung in den Emissionsfaktoren zu berücksichtigen. 1990 – 2020, Tabelle 336 Mittlere Kohlenstoffvorräte in Mineralbö- 45 den Deutschlands in Abhängigkeit von der Landnutzung [t C • ha-1] Transport Emission Model: „Aktualisierung der Modelle TREMOD/ sowie daraus abgeleitete Kohlenstoffvorratsunterschiede nach TREMOD-MM für die Emissionsberichterstattung 2020 (Berichtspe- Landnutzungsänderung für das Jahr 2020. riode 1990-2018)“/Berichtsteil „TREMOD“. ifeu – Institut für Energie- 49 und Umweltforschung Heidelberg. Im Auftrag des Umweltbundes- Jacobs u. A., (2018) Landwirtschaftlich genutzte Böden in Deutsch- amtes. UBA-Texte 116/2020. Dessau-Roßlau, Juni 2020: Dieses land – Ergebnisse der Bodenzustandserhebungen – Thünen-Institut, bildet den motorisierten Verkehr in Deutschland hinsichtlich seiner Thünen Report 64; Wellbrock u. A., (2016) Dynamik und räumliche Verkehrs- und Fahrleistungen, Energieverbräuche und den zugehö- Muster forstlicher Standort in Deutschland. Ergebnisse der Boden- rigen THG- und Luftschadstoffemissionen für den Zeitraum 1960 bis zustandserhebung im Wald 2006 bis 2008 – Thünen-Institut, Thünen 2018 und in einem Trendszenario bis 2050. Report 43.
den50. Die Inanspruchnahme der oben beschrie- BKompV abzusehen, da diese abhängig vom benen Böden ist zu dokumentieren. Standort stark variieren.54 Eine besondere Bedeutung kommt den Mooren Nicht vermeidbare Eingriffe sind durch Aus- zu. Moore können allerdings in Abhängigkeit der gleichs- oder Ersatzmaßnahmen entsprechend Nutzungsart und Nutzungsform Senken oder der Bundeskompensationsverordnung (BKompV) Quellen von Treibhausgasen darstellen.51 Zur Er- bzw. der landesrechtlichen Vorgaben55 zu kom- füllung der Speicherfunktion von Moorböden be- pensieren. Dabei sollte die Funktion als Treib- hausgassenke oder Treibhausgasspeicher Be- nötigen sie einen ganzjährig hohen Wasserstand. rücksichtigung finden. Fällt der Grundwasserstand und gelangt Sauer- stoff an den im Torf gespeicherten Kohlenstoff, Soweit eine funktionsspezifische Kompensation so entweicht durch den Abbau organischen Ma- mit dem Ziel einer Wiederherstellung oder Opti- terials vor allem CO252. mierung der Treibhausgasspeicher- oder -sen- kenfunktion erforderlich ist, können Kompensati- Es wird empfohlen, zur Bewertung der Moore die onsmaßnahmen derart gestaltet werden, dass die Ansätze aus der Handreichung zum Vollzug der Bindung von Kohlenstoff auf der Kompensations- Bundeskompensationsverordnung53 zu nutzen. fläche gezielt unterstützt wird. Da viele Moore (teil) Die Bewertung der Klimafunktionen erfolgt gem. entwässert sind und daher CO2 emittieren, ist die BKompV nach einer sechsstufigen Skala (Anla- Wiedervernässung von Mooren eine gute Mög- ge 1 zur BKompV). In der Handreichung zur lichkeit der Kompensation hinsichtlich der Funk- BKompV werden die hochwertigen Funktions- tion als Treibhausgassenke. Auch die Umwand- ausprägungen wie folgt konkretisiert: lung von Acker in Grünland bindet große Mengen an Kohlenstoff.56 Werden Wälder in Anspruch ge- – hervorragend: Moorböden und moorähnliche nommen, bietet sich zur Kompensation in erster Böden mit hervorragendem Corg-Vorrat bzw. Linie die Wiederbewaldung mit standortgerechten hoher Torfmächtigkeit (> 70 cm) unabhängig Arten an (S. 79 Handreichung BkompV). Um eine von der Nutzung oder weitgehend intakte tatsächliche Wiederherstellung oder wirksame Moore unabhängig von der Torfmächtigkeit, Optimierung der Klimaschutzfunktionen zu errei- chen, sind die Maßnahmen zur Wiedervernässung – sehr hoch: Moorböden und moorähnliche von Moorböden oder zur Waldentwicklung durch Böden mit sehr hohem Corg-Vorrat bzw. mitt- Aufforstung oder Sukzession so zu bemessen, lerer Torfmächtigkeit (30 cm bis 70 cm) un- dass die geleistete Einsparung an organischem abhängig von der Nutzung oder leicht degra- Kohlenstoff annähernd der durch den Eingriff ver- dierte Moore mit dauerhafter moortypischer ursachten Beeinträchtigung entspricht (S. 80 Vegetationsbedeckung und höchstens ex- Handreichung BKompV). Bei der Umwandlung tensiver Nutzung unabhängig von der Torf- von Wald sind darüber hinaus die Waldgesetze mächtigkeit und der Länder zu beachten.57 – hoch: Moorböden und moorähnliche Böden Der Vorhabenträger ist gehalten, sich mit den im mit hohem Corg-Vorrat bzw. geringer Mäch- LBP dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaß- tigkeit des Torfes bzw. organischen Bodens nahmen unter Berücksichtigung der oben aufge- führten Grundsätze verbal-argumentativ ausein- (< 30 cm) unabhängig von der Nutzung. anderzusetzen. Bei Betroffenheit von organischen Von einer Bilanzierung der Biomasse von Wäl- Böden mit langfristig gebundenen Kohlenstoff- dern und anderen gehölzdominierten Biotopen vorräten kann wegen der hohen Klimarelevanz ist in Übereinstimmung mit der Handreichung zur eine besondere Betrachtung notwendig werden. Nach Möglichkeit sind besonders klimawirksame 50 Tegetmeyer, C., Barthelmes, K.-D., Busse, S. & Barthelmes, A. Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, die geeig- (2021) Aggregierte Karte der organischen Böden Deutschlands. 2., überarbeitete Fassung. Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe 54 01/2021. Einen Ansatz zur Ermittlung des absorbierten Kohlendioxids, der 51 Biomasse und der ober- und unterirdischen Kohlenstoffmasse bietet Intakte Moore binden Kohlenstoff und stoßen Methan aus (anaero- die Kohlenstoffinventur im Rahmen der Bundeswaldinventur des ber Abbau organischer Substanz), wobei der klimatische Effekt der Thünen-Instituts für Waldökosysteme (https://bwi.info). Kohlenstoffaufnahme wichtiger ist als der Methanausstoß. Eine Ent- 55 wässerung fördert den aeroben Abbau organischer Substanzen, Hintergrund ist, dass einige Bundesländer weiterhin für die Aufgabe wodurch der Ausstoß von Methan gestoppt, aber CO2 und das kli- der Planfeststellung und Plangenehmigung in Auftragsverwaltung für maschädlichere Lachgas in die Atmosphäre abgegeben werden. den Bau oder die Änderung von Bundesautobahnen und von sons- 52 tigen Bundesfernstraßen zuständig sind (Art. 143e GG) und die UBA (2022) Emissionen der Landnutzung, Landnutzungsänderung BKompV keine Anwendung findet. und Forstwirtschaft. https://www.umweltbundesamt.de/daten/ 56 klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der- Hinweise zur Änderung des Kohlenstoffvorrates kann bspw. der Na- landnutzung-aenderung#bedeutung-von-landnutzung-und-forst tionale Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar 1990 wirtschaft. – 2020 liefern. So würde bspw. die Änderung von Ackerannuell in Grün- 53 land i. e. S. in 20 Jahren zu einer Kohlenstoffabscheidung von ins- BfN & BMU – Bundesamt für Naturschutz & Bundesministerium für gesamt 28,23 t C/ha führen; siehe Tabelle 336 Mittlere Kohlenstoff- Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg.) (2021): Hand- vorräte in Mineralböden Deutschlands in Abhängigkeit von der reichung zum Vollzug der Bundeskompensationsverordnung, No- Landnutzung [t C • ha-1] sowie daraus abgeleitete Kohlenstoffvor- vember 2021. URL: https://www.bfn.de/eingriffsregelung, aufgeru- ratsunterschiede nach Landnutzungsänderung für das Jahr 2020. fen am 15.08.2022. siehe S. 38 ff.: Erfassung und Bewertung der 57 Klimaschutzfunktionen durch Treibhausgasspeicher oder -senken), So sieht bspw. das Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt nach § 8 Ab- S. 79 ff: Maßgaben zum Ausgleich und Ersatz der Klimaschutzfunk- satz 2 eine Aufforstung, die mindestens der umzuwandelnden Flä- tionen durch Treibhausgasspeicher und -senken. che entspricht, vor.
net sind, die THG-Bilanz zu verbessern, vorzu- 3. Prüfschritte der zuständigen sehen. Dies kann in der Bewertung und Abwä- Planfeststellungsbehörde gung berücksichtigt werden (Ziff. VI.). a) Feststellung der mit dem Vorhaben verbundenen Auswirkungen auf die THG-Bilanz gem. den Angaben VI. Bewertung der Auswirkungen auf die des Vorhabenträgers THG-Emissionen durch die zuständige Behörde und Behandlung im Abwägungsprozess Die zuständige Planfeststellungsbehörde entnimmt die mit dem Vorhaben verbundenen Wirkungen auf 1. Bewertung und Abwägung nach § 17 Absatz 1 das globale Klima hinsichtlich der THG-Emissionen Satz 4 FStrG aus dem UVP-Bericht bzw. dem Erläuterungsbericht Die durch den Vorhabenträger in einem Fachbeitrag, des Vorhabenträgers. Dies betrifft die zu erwartenden im UVP-Bericht nach Maßgabe des § 16 UVPG oder verkehrsbedingten THG-Emissionen und die THG- Lebenszyklusemissionen der bevorzugten Variante im Erläuterungsbericht dargestellten großräumigen sowie die Inanspruchnahme von klimarelevanten Bö- Klimawirkungen sind durch die zuständige Planfest- den und Biotopen (siehe Ziff. V.2.c)). Es erfolgt die stellungsbehörde zu bewerten und als öffentlicher Feststellung, dass das Vorhaben Belang in die Abwägung nach § 17 Absatz 1 Satz 4 FStrG einzustellen. – im Hinblick auf die verkehrsbedingten THG- Emissionen emissionserhöhend wirkt oder kli- Die Bewertung und die Einstellung in den Abwä- maneutral ist bzw. emissionsmindernd wirkt (die- gungsprozess hat für das jeweilige Straßenbauvor- se Möglichkeit besteht bei Verlagerungen des haben nach den Umständen des Einzelfalles zu erfol- Verkehrs; eine Verbesserung der THG-Bilanz gen, im Folgenden werden hierzu Hinweise anhand kann durch eine Verflüssigung des Verkehrs z. B. der gesetzlichen Anforderungen und der bisherigen aufgrund der Aufhebung von Lichtzeichenrege- Rechtsprechung gegeben. lungen bzw. eine Verkehrsstauvermeidung fest- 2. Anforderungen aus Art. 20a GG und gestellt werden), § 13 Absatz 1 Satz 1 KSG – im Hinblick auf die THG-Lebenszyklusemissio- nen emissionserhöhend wirkt und Das Erfordernis, in der Abwägung auch Aspekte des globalen Klimaschutzes und der Klimaverträglichkeit – im Hinblick auf die Landnutzung klimarelevante zu berücksichtigen, folgt aus Art. 20a GG und § 13 Böden oder Biotope in Anspruch nimmt und Absatz 1 Satz 1 KSG. Nach Art. 20a GG schützt der diesbezügliche Vermeidungs- und Kompensati- Staat auch in Verantwortung für die künftigen Gene- onsmaßnahmen vorsieht. rationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rah- b) Bewertung der mit dem Vorhaben verbundenen Aus- men der verfassungsmäßigen Ordnung durch die wirkungen auf die THG-Bilanz Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Recht- Die zu erwartenden projektbedingten zusätzlichen sprechung. Der Schutzauftrag des Art. 20a GG THG-Emissionen sind mit den nationalen Klimazielen umfasst auch die Verpflichtung zum Klimaschutz des § 3 KSG, d. h. dem Ziel der schrittweisen Redu- einschließlich des Ziels zur Herstellung der Klimaneu- zierung der Gesamtemissionen bis hin zur für 2045 tralität.58 Dieser Schutz ist nicht nur von der Gesetz- angestrebten Netto-Treibhausgasneutralität und der gebung, sondern auch bei abwägenden Entschei- 2050 angestrebten negativen Treibhausgasemissio- dungen der Exekutive zu berücksichtigen. Im nen in Relation zu setzen. Zu den Zielen zählen auch Konfliktfall sind die Klimabelange in einen Ausgleich die festgelegten sektorenspezifischen Jahresemissi- mit den anderen Verfassungsgütern und Verfas- onsmengen nach § 4 und Anlage 2 zum KSG (siehe Ziff. II.1).61 Dabei werden sungsprinzipien zu bringen. – die THG-Lebenszyklusemissionen dem Ziel des Das aus Art. 20a GG folgende Abwägungsgebot wird Sektors „Industrie“ zugeordnet (siehe Anlage 1 auf einfachgesetzlicher Ebene durch das Berücksich- Nummer 2 zum KSG). tigungsgebot des § 13 Absatz 1 Satz 1 des KSG kon- kretisiert und ergänzt (siehe Ziff. II.1). – die verkehrsbedingten THG-Emissionen dem Ziel des Sektors „Verkehr“ zugeordnet (siehe Anla- Für die zuständige Planfeststellungsbehörde bedeutet ge 1 Nummer 4 zum KSG). dies, dass sie im Rahmen der Abwägung die Auswir- kungen der Planungsentscheidung auf den Klima- Es ist darzustellen, welche Bedeutung das gegen- schutz – bezogen auf die in §§ 1, 3 KSG konkretisier- ständliche Vorhaben für die Klimaschutzziele hat. Bei ten nationalen Klimaziele (siehe Ziff. II.1) – in die der Bewertung in Bezug auf die jeweiligen Sektoren- Entscheidungsfindung einzustellen hat.59 Dabei ist in ziele des KSG sind die Minderungseffekte durch Klima- den Blick zu nehmen, ob und inwieweit die Planung schutz- und Sofortprogramme der Bundesregierung Einfluss auf die THG-Emissionen hat und die Errei- nach KSG einzubeziehen. Solche Maßnahmen können chung der Klimaziele gefährden könnte.60 im Sektor Verkehr z. B. die Förderung der Elektromobi- lität, die Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Personennah- oder -fernverkehrs oder die Förderung 58 Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 24.03.2021, 1 BvR 2656/18 u. a. des Radverkehrs sein. Bereits der Klimaschutzplan 59 Schlacke in EurUP 2020, 338 (343), aufgegriffen BVerwG, Urt. v. 04.05.2022, Az.: 9 A 7.21, Rn. 71. 61 Siehe Fellenberg in: Klimaschutzrecht, Fellenberg, Guckelberger, 60 Kinski in: NVwZ, 2020, 1 (6). 2022, § 13 KSG, Rn. 20.