kmk-urheberrecht-konsultation

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahme der Kultusministerkonferenz zur Urheberrechtsreform

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KULTUSMINISTER KONFERENZ Sekretartat der Kultusmlnlalerkonlanmz • Postfach 11 03 42 · 10833 Berlln perE-Mail Der Generalsekretär GeschZ · 111 B - 4874/2.1 Bundesministerin·· der Justiz und für Verbraucherschutz Frau Christine Lambrecht 11015 Berlin Bearbeitung Martina Elschenbroich Telefon +49 228 501-685 +49 228 501-m hochschulen@kmk.org Fax E-MaJI konsultation-urheberrecht@bmjv.bund.de .Berlin, 4. September 2019 Öffentliche Konsultation zur Umsetzung der EU-Richtlinien im Urheberrecht (DSM-RL (EU) 2019n90 und Online-SatCab-RL (EU)_ 2019n89) Sehr geehrte Frau Bundesministerin, sehr geehrte Frau Lambrecht, mit der von Ihrem Hause mit Schreiben vom 28.06.2019 eingeleiteten öffentlichen · Konsultation zur Umsetzung dero.g. EU-Richtlinien im Urheberrecht wird den interessierten Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Kultusministerkonferenz begrüßt die damit eröffnete Möglichkeit einer frühen Positionierung bzgl. der aus Ländersicht bestehEmden Umsetzungsbedarfe und sonstiger im Rahmen der anstehende·n Novaliierung des Urheberrechtsgesetzes zu berücksichtigenden Aspekte. Anliegend darf ich Ihnen die Stellungnahme der Kultusministerkonferenz zur Umsetzung der DSM-RL 2019 u.a. mit der Bitte um Einbeziehung in die weiteren Beratungen übermitteln. Da es sich hierbei um eine erste Einschätzung handelt, mitder noch keine inhaltliche Vorfestlegung verbunden ist, wird einer Publikation der Stellungnahme der Kultusministerkonferenz im Internet hiermit ausdrücklich widersprochen. Mit freund.Ji9hen Grüj3.SP. Udo Michalük ' -, Anlagt SEKRET AR IAT DER KULTUSMINISTERKONFERENZ BERLIN · Taubenstraße 10 · 10117 Berlin · Postfach 11 03 42 · 10833 Berlin · Telefon +49 30 25418-499 SONN ·. Graurheindorfer Straße 157 · 53117 Sonn · Postfach 22 40 · ~012 Bonn ' Telefon +49 228 50H>
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28.08.2019 Stellungnahme der Kultusministerkonferenz im Rahmen der Öffentlichen Konsultation des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Umsetzung der DSM-RL 2019n90 u.a. Die Kultusministerkonferenz (KMK) dankt dem BMJV für die Öffentliche Konsultation zur Umsetzung der EU-Richtlinien im Urheberrecht und nimmt diese zum Anlass für eine kurze erste Einschätzung der DSM-RL 2019/790 und der sich daraus ergebenden Novel- lierungsbedarfe in den Bereichen Hochschulen und Forschung, Schule sowie Kultur für das deutsche Urheberrechtsgesetz. Damit ist noch keine inhaltliche Vorfestlegung ver- bunden, da die Positionen der KMK in einer Arbeitsgruppe vorbereitet werden, die im Herbst ihre ßeratungen aufnehmen und im Zuge eines Referentenentwurfs des BMJV zum gegebenen Zeitpunkt finalisieren wird. Die KMK geht davon aus, dass dem BMJV insbesondere die aus den Beschlüssen des Bundesrates vom 16.12.2016 (BR-Drs. 565/16) zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates überdas Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt sowie vom 12.05.2017 (BR-Drs. 312/17) zum Entwurf eines UrhWissG formulierten Petita bekannt sind. Diese sind Grundlage für die Positionierung der KMK im jetzt anstehenden Novellierungsverfahren. Der vom BMJV vorgeschlagenen Gliederung folgend wird zu den die KMK betreffenden Punkten in der gebotenen Kürze wie folgt Stellung genommen: 1. Zu A. I. Allgemeine Vorbemerkungen zur Richtlinie Die DSM-RL kann als evolutionäre Weiterentwicklung der InfoSoe-AL 2001/29 bewer- tet werden, wenngleich diese überwiegend in engen Korridoren erfolgt. ln einzelnen Bereichen werden durchaus zukunftsweisende Weiterentwicklungen des nationalen Urheberrechts ermöglicht, wie etwa für den Bereich von Text und Data Mining (vgl. Erwägungsgründe 8 ff., 17), oder der Einstieg in eine Neujustierung des "ob" und "wie~· von Vergütungspflichten bei Schrankenregelungen (vgl. Erwägungsgrund 24) eröff- net. Dies liegt auf der Linie des Beschlusses des Bundesrates vom 16.12.2016 (BR- Drs. 565/16, Nrn. 11, 32). Weit hinter den Erfordernissen eines auf der Höhe der Zeit befindlichen und nichtkom- merziellen Zugangs zu Digitalisaten im Bereich aller Kultureinrichtungen zurück bleibt die DSM-RL jedoch im Bereich der Museen und in öffentlicher Trägerschaft ressortie- renden Theater. Letztere wurden nicht in den Kanon der "Einrichtung des Kulturerbes"
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-2- aufgenommen. Erstere können weiterhin ihre digitalisierten Inhalte nicht online stel- len. Beides hat der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme zum UrhWissG in 2017 gefordert (BR-Drs. 312/17, Nr. 4c, auch schon in BR-Drs. 565/16, Nrn. 16, 27). 2. Zu A. II Gesetzlich erlaubte Nutzungen (Art. 3 bis 7) 1. Text und Data Mining zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung Unmittelbare Folge der DSM-RL ist, dass die bisher vergütungspflichtig ge- stellte Regelung des § 60d UrhG vergütungsfrei zu fassen, § 60d Abs. 1 Satz 2 ersatzlos zu streichen und§ 60 h Abs. 1 Satz 1 entsprechend anzupassen sind (Erwägungsgrund 17). Ferner muss die Regelung des § 60d UrhG auf die Einrichtungen des Kulturerbes erweitert (Art. 3 Abs. 1 DSM-RL) und in Abs. 3 an die Vorgaben von Art. 3 Abs. 2 DSM-RL angepasst werden. 3. Grenzüberschreitende Unterrichts- und Lehrtätigkeiten ln Art. 5 Abs. 2 DSM-RL wird die Möglichkeit eingeräumt, Lehrbücher teilweise oder ganz aus nationalen Schrankenregelungen herauszunehmen. Von dieser Möglichkeit sollte jedenfalls für den Bereich von Hochschulen und Wissen- schaft kein Gebrauch gemacht werden. Wissenschaftliche Texte werden nie ausschließlich nur für die Lehre oder nur für die Forschung, sondern stets für Lehre und Forschung gleichermaßen publiziert. Eine Differenzierung nach akademischer Lehre und Forschung in der Wissenschaft wäre daher dem Hochschulsystem in Deutschland systemfremd ("Einheit von Forschung und Lehre 4. Erhaltung des Kulturerbes ln seinen Stellungnahmen zum UrhWissG hatte der Bundesrat bereits gefor- dert, Museen eine gesetzliche Erlaubnis einzuräumen, ihre Bestände über das Internet öffentlich zugänglich zu machen, um dadurch einer breiten Öffentlich- keit besseren Zugang zu urheberrechtlich geschützten Kulturgütern im Bestand der Museen zu ermöglichen. Dies ist erforderlich, damit insbesondere Museen ihren kulturellen Auftrag in zeitgemäßer Weise erfüllen können. Damit würde insbesondere kleinen Museen die Möglichkeit eröffnet, ohne bürokratischen Aufwand zur Verbreitung kulturellen Wissens beizutragen. Derselbe Rege- lungsansatzsollte für die Theater in öffentlicher Trägerschaft übernommen wer- den. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass Art. 8 Abs. 1 DSM-RL nicht zu einer Einschränkung der nach § 60f Abs. 1 in Verbindung mit § 60e Abs. 3 UrhG normierten Privilegierung von Ausstellungen führt.
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-3- 3. Zu A. 111. Vergriffene Werke (Artikel 8 bis 11) Aufgrund von Art. 8 der DSM-RL wird folgender Anpassungsbedarf gesehen: § 60e Abs. 5 UrhG sollte auf vergriffene Werke, Werke geringen Umfangs, histori- sche Presseerzeugnisse und sonstige Schutzgegenstände sowie um die öffentli- che Zugänglichmachung von vergriffenen Werken und sonstigen Schutzgegen- ständen erweitert werden. Ferner sind alle in Art. 2 Abs. 3 DSM-RL genannten Einrichtungen des Kulturerbes in die Norm einzubeziehen und die Dokumentliefe- rung an forschende Wirtschaftsunternehmen zuzulassen. Der in §§ 51ff. VGG festgesetzte Zeitschnitt (1966) für die Nutzung vergriffener Werke sollte gestrichen oder zumindest weit nach vorn gesetzt werden. Wenn ein Werk vergriffen ist, kann davon ausgegangen werden, dass durch die Nutzung im Rahmen der Wissenschaft oder durch Einrichtungen des kulturellen Erbes nicht mehr in die Verwertungsinteressen der Rechteinhaber eingegriffen wird ("Feh- lende Primärmarktrelevanz"). Das berechtigte und verfassungsrechtlich abgesi- cherte Interesse wissenschaftlicher und kultureller Einrichtungen und deren Nutzer am Zugriff auf derartige Werke ist daher vorrangig. Die Behinderung von zeitge- schichtlicher Forschung durch die Nichtnutzbarkeit von Zeitungen im derzeitigen gesetzlichen Rahmen (§ 60e Abs. 5 UrhG) stellt einen besonders krassen Fall ei- nes vordigitalen Rechtemanagements dar und sollte daher im Zuge der Novaliie- rung des UrhG ausgeschlossen werden. 4. A. VI. Gemeinfreie Werke der bildenden Kunst (Artikel14) An einer raschen Umsetzung der Richtlinienvorgaben besteht ein hohes Interesse der KMK. 5. Zu A IX. 1. Verantwortlichkeit von Upload-Piattformen - Erfasste Plattformen Es ist klarzustellen, dass zur Sicherung der Informations- und Wissenschaftsfrei- heit nicht-kommerziell agierende Dienstsanbieter (wie z.B. Preprint-Server wie ar- Xiv oder ChemRxiv, CER-Service-Server und Hochschui-Repositorien) nicht als "Online-Diensteanbieter'' im Sinne des Art. 2 Nr. 6 DSM-RL zu qualifizieren sind. Dies muss auch dann gelten, wenn kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen bei der Bereitstellung von Werken in der Öffentlichkeit zum Teil durch EU- Beihilferecht gezwungen sind, Marktpreise für Dienste zu nehmen.
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-4- 6. A. X. Urhebervertragsrecht (Artikel18 bis 23) 1. Angemessene Vergütung Erwägungsgrund 24 der DSM-RL sollte zum Anlass genommen werden, eine Neujustierung des "ob" und "wie" von Vergütungspflichten bei Schrankenrege- lungen in Angriff zu nehmen. Ziel sollte es sein, die Vergütungspflicht unter den generellen Vorbehalt nachgewiesener Primärmarktrelevanz zu stellen. Leitend dabei sollte der Gedanke sein, dass Schrankenregelungen nur einen konditio- nierten zustimmungsfreien Zugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte eröff- nen und daher kein Automatismus zwischen Schranke und dem grundsätzlich anerkannten Gebot eines gerechten Ausgleichs besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn - auch in konditionierter Form -das Verleihen von E-Books in den Anwendungsbereich des§ 27 UrhG einbezogen werden sollte. Das BMJV sollte daher umgehend auf Basis vorhandener Primärmarktstudien eine umfassende empirische Studie zu der Thematik in Auftrag geben. 7. Zu C. Sonstige Anmerkungen a) Entfristung des UrhWissG Satz 3 des Erwägungsgrundes 24 der DSM-RL entzieht der Befristung des UrhWissG, die vor allem aufgrund der Vergütungsregelung in § 60h Abs. 3 Satz 1 UrhG erfolgt ist, die Grundlage. Daher sollte bereits im Gesetzgebungs- verfahren zur Umsetzung der DSM-RL das UrhWissG ohne die in § 142 UrhG vorgesehenen Evaluierung entfristen. § 142 UrhG ist daher ersatzlos zu strei- chen. b) E-Lending Im Rahmen der Umsetzung der DSM-RL in nationales Recht ist es wün- schenswert, die Rahmenbedingungen für die Ausleihe von E-Medien durch öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken durch eine Anpassung der Rechtslage für E-Medien an die für gedruckte Werke geltende Rechtslage zu verbessern. Wie bereits zum UrhWissG angeregt, könnte dies durch eine Er- gänzung von § 27 Abs. 2 UrhG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 UrhG erfolgen. c) Zweitveröffentlichungsrecht nach§ 38 Abs. 4 UrhG Die Umsetzung der DSM-RL in nationales Recht sollte ferner dazu genutzt werden, § 38 Abs. 4 UrhG um eine deklaratorische Ergänzung abzurunden, dass die Hochschulen in Trägerschaft der öffentlichen Hand vom Anwen- dungsbereich der Norm erfasst werden. d) Schrankenfestigkeit des Digitalen Rechtemanagements Nach derzeitiger Rechtslage finden· die gesetzlichen Schrankenregelungen zugunsten von wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen aufgrund der §§ 95a ff. UrhG weitgehend keine Anwendung bei digitalen Inhalten. Dieser
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- 5- Tatbestand ist bei weiter ansteigenden Anteilen digitaler Medien, über die im Bereich der Universitäten und Forschungseinrichtungen bereits mehr als die Hälfte der Informationsversorgung erfolgt, problematisch und wird jedenfalls mittelfristig zu einer Anpassung des einschlägigen Rechtsrahmens führen müssen. Die anstehende Urheberrechtsnovelle sollte dafür genutzt werden, das derzeit geltende DRM-Systeme einer entsprechenden Überprüfung zu un- terziehen (Erwägungsgrund 7).
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