2022-05-13anschreibenvonstmuvmindirchristianbarth

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Stellungnahmen/Schreiben zu bayerischen AKWs und Widerspruch

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Bayerisches Staatsministerium für
Umwelt und Verbraucherschutz

 

Der Amtschef

  

Bundssministerium für Umwelt, Naturschutz,
nukleare Sicherheit und Verpraucherschutz
- Dienststelie Berlin -

    
  
   

StMUV - Postfach 81 01 40 - 81901 München

Herrn Staatssekretär

Stefan Tidow

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

   
 
   
    
       
  
 

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11055 Berlin
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18. Mai ZU22 |
UStszK/zE. as
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Ihre Nachricht Unser Zeichen Telefon +49 (89) 9214-2110 München yotunı z. Yeilnahme /

      

87-U8811.00-2022/19-1 Dr. Erdmann Unger 13.05.2022 , \weilsren Vorgehen

OD Beantwrnrtung

Qw. Verönlassung
Üm.d.B. um Rücksprache
O 2.d.A. / weglegen

Frist Eingang St-Büro:

  
   

ACK/UMK in Wilhelmshaven vom 11.05.2022 bis 13.05.2022;
Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Bereich Elektrizität;!‘P'@ an:
Voraussetzungen für eine befristete Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken

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Anlage: g K mÜ
Juristisches Gutachten zur Laufzeitverlängerung von Herrn RA Dr. Raetzke;
Technische Bewertung zur Laufzeitverlängerung der TÜV SÜD Industrie Service r
GmbH W-
N

Sehr geehrter Herr Staatssekretär,

im Verlauf des Kamingesprächs im Rahmen der letzten UMK in Wilhelmshaven hat
Frau Bundesministerin Lemke zur Möglichkeit einer Wiederinbetriebnahme von un-
längst abgeschalteten und einer Laufzeitverlängerung von noch im Leistungsbetrieb
befindlichen Kernkraftwerken zwei Punkte vorgebracht, zu denen ich Ihnen gerne
nachfolgend die Ergebnisse einer diesbezüglichen durch das Bayerische Umweltmi-
nisterium veranlassten Prüfung zusammenfassen möchte:

Die Betriebsgenehmigungen der deutschen Kernkraftwerke wurden unbefristet er-
teilt, Selbst für Anlagen, die eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (SAG) nach
$ 7 Abs. 3 Atomgesetz (AtG) erhalten haben, ist die Betriebsgenehmigung weiterhin
gültig. Die SAG verändert bzw. ergänzt lediglich den Genehmigungsbestand, ist also
der Sache nach eine Änderungsgenehmigung.

Standort Öffentliche Verkehrsmittel Telefon/Telefax E-Mail
Rosenkavalierplatz 2 UA4 Arabellapark +49 89 9214-00 / amtschefbuero@stmuv.bayern.de

8 81925 München +49 89 9214-2266 Internet
I www.simuv.bayern.de
&
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Die gegenwärtige Ausstiegsregelung in $ 7 Abs. 1a AtG ordnet die Beendigung des Leis-
tungsbetriebs an, wenn entweder eine zugeteilte Strommenge produziert worden ist oder ein
festes Enddatum erreicht wird. Für die Laufzeitverlängerung müsste der Gesetzgeber das
anlagenspezifisch festgelegte Enddatum entsprechend umstellen. Die Reststrommengen
wären entweder aufzustocken oder ganz abzuschaffen.

Die Betriebsgenehmigungen für die noch im Leistungsbetrieb befindlichen Anlagen würden
nach einer solchen AtG-Änderung weitergelten. Auch die Betriebsgenehmigungen für die
zum 31.12.2021 abgeschalteten Anlagen sind noch vorhanden. Es ist kraft Gesetzes nur die
„Berechtigung zum Leistungsbetrieb“ erloschen. Damit ist keine einzige konkrete Regelung
der Betriebsgenehmigungen aufgehoben worden; sie haben nur für den Leistungsbetrieb zur
Stromerzeugung ihre Gestattungswirkung verloren. Wird die Gestattungswirkung per Gesetz
wiederhergestellt, sind die Genehmigungen wieder vollständig nutzbar. Es bedarf also keiner
Genehmigungsverfahren, sondern nur eines normalen Gesetzgebungsverfahrens.

Auch aus der Anforderung des $ 19a AtG, wonach alle zehn Jahre eine Periodische Sicher-
heitsüberprüfung (PSÜ) durchgeführt werden muss, ergeben sich keine Hinderungsgründe
für eine Laufzeitverlängerung. Die PSÜ ist nicht mit den kontinuierlich im Aufsichtsverfahren
durchzuführenden Überprüfungen der Anlagen zu verwechseln, deren Sinn die Bestätigung
der Gewährleistung der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Vor-
sorge gegen Schäden ist. Die PSÜ ist vielmehr in die Zukunft gerichtet und soll Verbesse-
rungspotentiale aufzeigen, durch deren Umsetzung das ohnehin hohe Sicherheitsniveau der
Kernkraftwerke jenseits der Schadensvorsorge weiter optimiert werden kann.

Die Durchführung einer PSÜ erfolgt dabei anhand der für die Anlagen verfügbaren Daten
und Dokumentationen, ohne dass dafür der Leistungsbetrieb unterbrochen werden müsste.
Ebenso wurden in der Vergangenheit aus der PSÜ oder auf anderem Weg abgeleitete tech-
nische Maßnahmen zur Optimierung entweder betriebsbegleitend oder im Rahmen der oh-
nehin für den Brennelementwechsel und für wiederkehrende Prüfungen erforderlichen jährli-
chen Betriebsunterbrechung umgesetzt.

Im Ergebnis ließe sich somit im Fall einer auf einige Jahre befristeten Verlängerung der Lauf-
zeiten selbst für Anlagen wie das Kernkraftwerk Isar 2, dessen PSÜ im Jahr 2019 fällig ge-
wesen wäre und wegen der aus damaliger Sicht weniger als drei bevorstehenden Betriebs-
jahre gem. $ 19a Abs. 2 AtG nicht mehr durchgeführt wurde, eine PSÜ nachholen. Mit dieser
Vorgehensweise wären weder Einschränkungen der Verfügbarkeit der Anlagen noch Zuge-
ständnisse hinsichtlich der kerntechnischen Sicherheit verbunden. Bei anderen Anlagen wie
dem Kernkraftwerk Gundremmingen Block C liegt die letzte PSÜ ohnehin erst fünf Jahre zu-
rück, sodass sich in dieser Hinsicht ohnehin keinerlei Handtungsbedarf ergäbe.
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Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung der in den beiliegenden Unterlagen aufgeführ-
ten weiteren Argumente erscheint die vom BMWK und Ihrem Haus am 07.03.2022 heraus-
gegebene „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“
wenig überzeugend. Angesichts der erschütternden Entwicklungen der letzten Wochen und
der sich verstärkt abzeichnenden Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die Energie-
versorgung Europas und speziell die Gasversorgung Deutschlands rege ich an, die Empfeh-
lung „Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der
drei noch bestehenden Atomkraftwerke auch angesichts der aktuellen Gaskrise nicht zu
empfehlen“ einer kritischen Neubewertung zu unterziehen. Wenn - wie Herr Bundesminister
Dr. Habeck mehrfach betont hat - diversifiziert werden soll und jede Kilowattstunde zählt,
sollten wir nicht auf über zehn Milliarden Kilowattstunden verzichten, die jedes Kernkraftwerk
pro Jahr bereitstellen kann.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Dr. Christian Barth
Ministerialdirektor
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