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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Übersicht der Untersuchungsausschüsse

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LANDTAG DES SAARLANDES
10. Wahlperiode Drucksache 10/1840

ur deren

Abschlußbericht
des Untersuchungsausschusses "Steuervollzug im Saarland"

zu dem Antrag der CDU-Landtagsfraktion
und der FDP-Landtagsfraktion auf Einsetzung
eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses
gemäß Art. 79 der Verfassung des Saarlandes

Ausgegeben: 14.03.1994
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Drucksache 10/1840 Landtag des Saarlandes - 10. Wahlperiode -
A. Allgemeines

Der Landtag des Saarlandes hat in seiner 24. Sitzung am 27. November 1991 ge-
mäß Art. 79 der Verfassung des Saarlandes und den 5$ 38 ff des Gesetzes über
den Landtag des Saarlandes auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion und der FDP-
Landtagsfraktion die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschus-
ses beschlossen, der sich mit Fragen des Steuervollzugs im Saarland befassen
sollte.

Gemäß Einsetzungsbeschluß (Drucksache 10/748) wurde folgender Unter-
suchungsauftrag formuliert:

"Gegenstand der Untersuchung sind folgende Fragen:

1. Ob und inwieweit Unternehmen im Saarland Steuerstundungen, Steuernach-
lässe und/oder Steuerbefreiungen gewährt wurden und gewährt werden, die
das in anderen Bundesländern übliche Maß überschreiten.

2. Ob bei der Gewährung von Steuerstundungen, Steuernachlässen und/oder
Steuerbefreiungen der Gleichheitsgrundsatz oder die Bindung der vollziehenden
Gewalt an das Gesetz beachtet wurden und werden?

3. Ob und in weichem Umfang die Gewährung von Steuerstundungen, Steuer-
nachlässen und/oder Steuerbefreiungen durch die politische Führung der Fi-
nanzverwaltung beeinflußt wurden?

4. Ob und in welchem Umfang Unternehmen über Möglichkeiten von Steuerstun-
dungen, Steuerbefreiungen und Steuernachlässen beraten und verbindliche
Auskünfte erteilt wurden, die das in anderen Bundesländern übliche Maß über-
steigen?

5. Ob bei der Erteilung von Auskünften die üblichen Zuständigkeiten eingehalten
wurden?

6. Ob und inwieweit im Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes einzelner
Unternehmen in das Saarland Steuervorteile, Steuerbefreiungen oder eine be-
stimmte steuerliche Behandlung gewährt oder zugesagt wurden?

7. Ob diese steuerliche Behandlung von der bisherigen steuerlichen Behandlung
dieser Unternehmen und der gängigen Verwaltungspraxis anderer Bundesländer
abweicht?

8. Ob Steuererstattungen an diese Unternehmen erfolgten und wer die damit ver-
bundenen Aufwendungen getragen hat bzw. trägt?

9. Ob und inwieweit im Zusammenhang mit der Veriegung des Sitzes einzelner
Unternehmen in das Saarland sonstige Beihilfen, Bürgschaften oder andere
staatliche Leistungen gewährt wurden?

10. Wer auf die Gewährung dieser Leistungen Einfluß genommen hat?
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Drucksache 10/1840 Landtag des Saarlande - 10. Wahlperiode -

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

Ob und inwieweit Mitglieder der Landesregierung oder einzelne Mitarbei-
ter/innen der Steuerverwaltung zugleich im Interesse von Unternehmen, die
eine Sitzverlegung in das Saarland betreiben oder betrieben haben, tätig wa-
ren?

Ob finanzielle Leistungen oder sonstige Vorteile an Mitglieder der Landesregie-
rung oder Landesbedienstete gewährt wurden?

Ob finanzielle Leistungen oder sonstige Vorteile mit Wissen bzw. im Interesse
der Landesregierung an Dritte gewährt wurden?

Ob und inwieweit Mitgliedern der Landesregierung sonstige persönliche Vor-
teile durch Unternehmen im o.g. Sinne gewährt wurden?

Ob und inwieweit Vorteile an Parteien des Landes flossen und ob die Gewäh-
rung dieser Vorteile im Zusammenhang mit bestimmten steuerlichen Behand-
lungen oder der Gewährung sonstiger staatlicher Leistungen für die o.g. Unter-
nehmen standen?

Ob und inwieweit Familienangehörige einzelner Regierungsmitglieder oder frü-
here Mitarbeiter/innen der Landesverwaltung bei Unternehmen im 0.9. Sinne
beschäftigt waren bzw. sind oder sonstige Vorteile erhalten haben?

Ob Mitglieder der Landesregierung oder führende Ministerialbeamte an Unter-
nehmen im o.g. Sinne oder deren Tochtergesellschaften beteiligt sind?”

Von den Fraktionen des saarländischen Landtages wurden folgende Abgeordnete
als Ausschußmitglieder benannt:

SPD-Fraktion

Mitglieder stellv. Mitglieder
Dieter Gruschke Gerlinde Neumann
Leo Stefan Schmitt Irmtraud Engeldinger
Marlis Schwenk Horst Edig

Karin Lawall Isolde Ries
CDU-Fraktion

Mitglieder stellv. Mitglieder
Peter Müller Albrecht Feibel
Alfons Vogtel Jürgen Schreier
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FDP-Fraktion
Mitglieder stellv. Mitglieder

Joachim Kiefaber Norbert Wagner !

Der Abg. Dieter Gruschke wurde zum Vorsitzenden, der Abg. Peter Müller zum
stellv. Vorsitzenden bestimmt.

Der Untersuchungsausschuß ist zu insgesamt 53 Sitzungen zusammengetreten;
hiervon dienten 44 der Beweisaufnahme bzw. der Anhörung des Betroffenen und 9
der Beratung.

Wie bereits in dem dem Plenum am 15. Juli 1992 vorgelegten Zwischenbericht des
Untersuchungsausschusses zu den Fällen Vibro-Ram W. B. Mulorz OHG und Fir-
mengruppe GPT/AHG (Drucksache 10/1090) dargelegt wurde, hat der Unter-
suchungsausschuß in seiner 1. Sitzung am 6. Dezember 1991 den Minister der Fi-
nanzen, Hans Kasper, als Betroffenen gemäß 5 54 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über
den Landtag des Saarlandes festgestellt. Ihm wurde zu Beginn des Untersuchungs-
verfahrens Gelegenheit zu einer zusammenhängenden Sachdarstellung gegeben.

In der gleichen Sitzung hat der Untersuchungsausschuß beschlossen, Akten beizu-
ziehen, die mit dem Untersuchungsauftrag in Zusammenhang stehen.

Dies waren im einzelnen:

- Akten der Finanzbehörden betreffend die Unternehmensgruppe Johannesbad

- Akten der Finanzbehörden betreffend die Unternehmensgruppe AHG/GPT

- Akten der Staatsanwaltschaft Saarbrücken betreffend das Verfahren Vibro-
Ram/Mulorz OHG

- Akten des Rechnungshofs des Saarlandes betreffend die Feststellungen der
TN 23, Ziffer 1 und 2 des Jahresberichts 1990

- Akten der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ? betreffend das Ermittiungsverfahren
Hüller/Gian

 

1 Abg. Norbert Wagner legte am 29. Oktober 1992 sein Mandat als Abgeordneter
des saarländischen Landtages nieder. Durch Beschluß des Plenums vom
26. Januar 1994 wurde Frau Abg. Brunhilde Müller als stellvertretendes Mitglied
benannt.

2 Dieses Aktenvorlageersuchen wurde in der Sitzung am 8. Januar 1992 auf die
Vorlage der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung beschränkt. Vom
gleichzeitig beschlossenen Vorbehalt, zu einem späteren Zeitpunkt die
vollständigen Akten anzufordern, wurde kein Gebrauch gemacht.
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Drucksache 10/1840 Landtag des Saarlandes - 10. Wahlperiode -

Dieser erstmalige Aktenbeiziehungsbeschluß wurde im Verlauf des Untersuchungs-
verfahrens wie folgt ergänzt:

12. Februar 1992:

- die persönlichen Steuerakten von Wolfgang Glahn ab 1986
die bei der Finanzkasse geführten Unterlagen von Wolfgang Glahn ab 1986

19. Februar 1992:

- Steuerakten in Sachen Architekt S. seit 1985
- Steuerakten in Sachen Z. seit 1985 ?
- Steuerakten der Firma S. und persönliche Steuerakten von R. seit 1985 *

als Materialien wurden foigende Drucksachen beigezogen:

- Bundestagsdrucksache 12/1150, Ziffer 26
- Bundestagsdrucksache 12/1286, EP 60, zu Nr. 45

25. Februar 1992:

- die persönlichen Steuerakten und die bei der Finanzkasse geführten Unterlagen
des Dr. Johannes Zwick ®

10. März 1992:

- Prüfmitteilung des Bundesrechnungshofes und der dazugehörigen Stellungnahme
des Ministeriums der Finanzen in Sachen Johannesbad

31. März 1992:

- Akten des Finanzministeriums in Sachen CSL GmbH und J. Wegener OHG

3 Gegen das Aktenvorlageersuchen wurde von seiten der Steuerpflichtigen Klage
beim Finanzgericht des Saarlandes eingereicht, die erstinstanzlich zurückgewiesen
wurde. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde durch Entscheidung des
Bundesfinanzhofs vom 22.02.1993 stattgegeben. Dem saarländischen
Finanzministerium wurde die Vorlage der Steuerakten an den
Untersuchungsausschuß untersagt.

4 Mit Hinweis auf die Entscheidung des SBundesverfassungsgerichts vom
17. Juni 1984 (BvE 11/83 und 15/83) - sog. Flick-Urteil - und den hierin
formulierten Grundsätzen, wonach Akten u.a. nur dann vorgelegt werden können,
wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte mit dem Untersuchungsgegenstand ergeben,
verweigerte das Finanzministerium die Vorlage der angeforderten Firmenakten und
begrenzte die Vorlage auf die persönlichen Steuerakten.

5 In der Sitzung am 2. Februar 1993 hat der Ausschuß beschlossen, die hiermit im
Zusammenhang stehende Beweisaufnahme in Sachen Unternehmensgruppe
Johannesbad bis zur endgültigen Klärung der steuerrechtlichen Fragen durch das
Bundesfinarızministerium auszusetzen.

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5

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8. September 1992:

- Steuerakten in Sachen Edelsteinhändler H.
30. August 1993:

- Protokolle der staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren
R.

Weitere Anträge auf Aktenbeiziehung wurden im Laufe des Verfahrens von den
Antragstellern zurückgezogen.

Am 8. Januar 1992 faßte der Untersuchungsausschuß folgende auf dem sog.
Flick-Urteil des Bundesverfassungsgerichts beruhende Beschlüsse, die von der her-
ausgebenden Stelle zur Voraussetzung für die Zustellung von Steuerakten gemacht
wurden:

- Über die dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnisse wird nur in nicht-öf-
fentlicher Sitzung beraten und Beweis erhoben,

- alle Teile von Niederschriften und Berichten, die dem Steuergeheimnis unterlie-
gende Angaben betreffen, sind geheimzuhalten,

- alle Mitglieder des Untersuchungausschusses, dessen Mitarbeiter und etwaige
Sachverständige verpflichten sich in strafrechtlich relevanter Form
(8 353 b Abs. 2 Nr. 1 StGB) zur Geheimhaltung der dem Steuergeheimnis unter-
liegenden Angaben. ®

B. Die Vorgeschichte des Untersuchungsverfahrens
Anlaß für das Untersuchungsverfahren waren insbesondere

- die Ausstellung fehlerhafter und später korrigierter Gewerbesteuermeßbescheide
der Johannesbad AG, eines Unternehmens der Zwick-Gruppe, für die Jahre
1983 bis 1989

- die Fernsehsendung "Die Abschöpfer”, ausgestrahlt im November 1991 in der
ARD-Serie "Unter Deutschen Dächern", in der über angebliche personelle Ver-
flechtungen zwischen Mitarbeitern des Ministeriums und der Allg. Hospitalge-
sellschaft (AHG) bzw. der Johannesbad AG sowie über angeblich besonders
günstige Ansiediungs- und Steuerkonditionen berichtet wurde

6 Als in der Saarbrücker Zeitung vom 27. Mai 1992 dem Steuergeheimnis
unterliegende Aussagen von Zeugen veröffentlicht wurden, die diese tags zuvor in
einer nicht-öffentlichen Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses
gemacht hatten, wurde am 28. August 1992 vom Finanzministerium bei der
Staatsanwaltschaft Saarbrücken Strafanzeige gegen Unbekannt wegen eines
Vergehens nach $ 353 b Abs. 2 Nr. 1 StGB gestellt. Die Staatsanwaltschaft
leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen die Mitglieder des
Untersuchungsausschusses ein, die an dieser Sitzung vom 26. Mai 1992
teilgenommen hatten. Das Verfahren wurde eingestellt.

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- der Prüfbericht 1990 des Rechnungshofs des Saarlandes, in dem es u. a. heißt:

"Entscheidungen der obersten Finanzbehörde haben Vorbildcharakter für die Fı-
nanzämter in anderen Fällen. Der Rechnungshof sieht durch das Verhalten des
Ministers der Finanzen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Gesetz-
mäßigkeit der Verwaltung in erheblichem Maße gefährdet. Die beispielhaft ange-
führten Entscheidungen halten sich nicht mehr im Rahmen des ministeriellen Er-
messens, weshalb sie als rechtlich unzulässig zu beanstanden waren."

(Quelle: Prüfbericht 1990 des Rechnungshofs des Saarlandes, S. 76).

Der Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses vorausgegangen
waren eine von der CDU-Landtagsfraktion beantragte Aussprache über den Haus-
halts- und Steuervollzug im Saarland in der Landtagssitzung vom 4. September
1991 und eine Sondersitzung des Ausschusses für Haushalts- und Finanzfragen
vom 27. Juni 1991, in der der Minister der Finanzen über die "Angelegenheit" Jo-
hannesbad AG, Bad Füssing, berichtete.

C. Die untersuchten Einzelfälle und ihre Ergebnisse

Dieser Bericht schreibt die Fälle fort, die seit der Vorlage des Zwischenberichts an
das Plenum {Drucksache 10/1090) in der Sitzung vom 15. Juli 1992 untersucht
wurden:

1. Klos / Weyand

In der Sitzung am 7. April 1992 verabschiedete der Untersuchungsausschuß fol-
genden Beweisbeschluß:

a) Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:

1. ob und in welcher Weise seitens des Finanzministeriums oder einzelner Be-
diensteter des Finanzministeriums auf den Ablauf und das Ergebnis einzeiner
Steuer-, Steuerstraf- oder Steuervolistreckungsverfahren Einfluß genommen
wurde;

2. ob und inwieweit im Zusammenhang mit dem Steuerstrafverfahren Vibro
Ram / Mulorz weitere Steuer-, Steuerstraf- oder sonstige Strafverfahren ein-
geleitet wurden und zu welchem Ergebnis diese Verfahren führten;

3. weiche Umstände zur Versetzung des ehemaligen Leiters der Strafsachen-
stelle der Finanzverwaltung beim Finanzamt Saarbrücken führten;

4. welche Weisungen dem Leiter der Strafsachenstelle seitens des ehemaligen
Persönlichen Referenten des Finanzministers, Erich Müller, oder sonstiger
Vertreter des Finanzministeriums erteilt wurden, inwieweit diese von früheren
Weisungen des Finanzministers oder der Finanzverwaltung abwichen und
weiche Konsequenzen dies für die Behandlung einzelner Steuer- bzw.
Steuerstrafverfahren hatte;
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5, welche Weisungen dem Leiter der Steuerfahndung seitens des damaligen Per-
sönlichen Referenten des Finanzministers, Erich Müller, oder sonstiger Vertre-
ter des Finanzministeriums erteilt wurden, inwieweit diese von früheren Wei-
sungen der Finanzverwaltung oder des Finanzministers abwichen und welche
Konsequenzen dies für die Behandlung einzelner Steuerverfahren hatte;

6. welche Umstände zur Versetzung des ehemaligen Leiters der Steuerfahndung
führten; .

7.ob und inwieweit im Vorfeld der Beweisaufnahme durch diesen Unter-
suchungsausschuß vorbereitende Gespräche im Finanzministerium geführt
wurden;

b) durch die Vernehmung folgender Zeugen:
- Staatsanwalt Raimund Weyand, zu 1 bis 4
- Regierungsoberrat Joachim Klos, zu 1, 2,5 bis 7

Anlaß für diesen von der CDU-Landtagsfraktion beantragten Beweisbeschluß waren
entsprechende Ausführungen der beiden Zeugen anläßlich ihrer Vernehmung in
Sachen Vibro Ram OHG.

Zu den Beweisthemen 1, 4 und 5

Hierzu führten die Zeugen folgende Fälle an:
Durchsuchung der Geschäftsstelle des 1. FC Saarbrücken
Hierzu sagte der Zeuge Klos aus:

1985 fand auf Anordnung der Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung der Ge-
schäftsräume des 1. FC Saarbrücken statt. Ausgelöst wurde die staatsanwalt-
schaftliche Maßnahme durch das Ergebnis einer Lohnsteueraußenprüfung des zu-
ständigen Finanzamts. Der Durchsuchungstermin, der bereits zweimal verschoben
worden war, wurde auf Weisung der Staatsanwaltschaft den vorgesetzten Dienst-
behörden nicht bekanntgegeben.

Am Vormittag des Durchsuchungstages fand zeitgleich anläßlich des Wiederauf-
stiegs des 1. FC Saarbrücken in die erste Bundesliga ein Empfang der Mannschaft
in der Staatskanzlei statt. Der damalige Persönliche Referent des Betroffenen, Erich
Müller, habe das Vorgehen wegen der zeitlichen Parallelität moniert und ihn und
den Leiter der Strafsachenstelle, den Zeugen Weyand, angewiesen, neben der Un-
terrichtung auf dem Dienstweg aufgrund der Anweisung für die Straf- und Bußgeld-
verfahren vom 11.04.1985 künftig den Persönlichen Referenten über Vorgänge,
die von öffentlichem Interesse sein könnten, unmittelbar zu unterrichten. Die un-
mittelbare Berichtspflicht an den Persönlichen Referenten sei rechtlich nicht zu be-
anstanden. Möglicher Grund für die Weisung seien gewisse Schwierigkeiten zur
damaligen Zeit im Informationsfluß zwischen OFD und Ministerium gewesen. An
diesem grundsätzlichen Informationsbedürfnis der politischen Führung sei nichts zu
kritisieren.
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Drucksache 10/1840 Landtag des Saarlandes - 10. Wahlperiode -

Der Zeuge vertrat die Auffassung, es könne sich bei diesem Fall möglicherweise
um einen Versuch der Einflußnahme gehandelt haben, insbesondere deswegen,
weil der Fall an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden sei, und grundsätzlich
das sachliche Weisungsrecht der Staatsanwaltschaft dem organisatorischen und
personellen Weisungsrecht des Finanzministeriums vorgehe.

Zum gleichen Fall erklärte der Zeuge Weyand, daß er bereits vor der Durchsuchung
der Geschäftsräume des 1. FC Saarbrücken vom Persönlichen Referenten Erich
Müller mit dem Begehren angerufen worden sei, den Durchsuchungstermin mit
Blick auf den Empfang beim Ministerpräsidenten zu verschieben. Er bestätigte die
Aussage Klos', daß dieser Fall möglicherweise der Auslöser für die Weisung des
Persönlichen Referenten Müller war, ihn persönlich - neben der Unterrichtung auf
dem Dienstweg - von Ereignissen von besonderer Bedeutung unmittelbar zu unter-
richten. Eine Nachfrage bei einem der Amtsvorgänger von Erich Müller habe erge-
ben, daß es nach dessen Wissen eine solche Weisung zuvor nicht gab.

Strafanzeige Hüller gegen die AHG

Ein weiterer Fall, der vom Zeugen Klos geschildert wurde, betraf eine bei der
Steuerfahndung eingegangene Strafanzeige eines Herrn Hüller aus dem Jahre
1987, die u.a. auch an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gerichtet war. Ein Sach-
gebietsleiter der Steuerfahndung habe den damaligen Persönlichen Referenten Erich
Müller über diese Strafanzeige informiert, da es sich bei dem betroffenen Steuer-
pflichtigen um ein Unternehmen gehandelt habe, das sich im Saarland ansiedeln
wollte. Am gleichen Tag sei diese Anzeige per Bote vom Finanzministerium abge-
holt worden und nicht mehr bei der Steuerfahndung aufgetaucht. Rückfragen über
den Verbleib der Strafanzeige seien nicht notwendig gewesen, da sich später her-
ausgestellt habe, daß auch bei anderen Behörden eine gleichlautende Anzeige vor-
gelegen und die Staatsanwaltschaft Düsseldorf das Verfahren eingestellt habe.
Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten sei die Angelegenheit damit erledigt gewe-
sen.

Zusammengefaßt sei dies jedoch ein "sonderlicher Vorfall" gewesen, wenn eine
Anzeige an die Steuerfahndung per Boten abgeholt werde und dann nicht mehr zu-
rückkomme . Auf den Vorhalt des Abg. Schmitt, diese Anzeige sei nach Rück-
sprache mit Erich Müller zur zuständigen Staatsanwaltschaft Düsseldorf weiterge-
leitet worden, erklärte der Zeuge Klos, dies sei ihm nicht bekannt gewesen.

zZ n Fragen n

Hierzu führte der Zeuge Klos aus, die Sache Vibro Ram habe bei seiner Versetzung
von der Steuerfahndung zur Oberfinanzdirektion keine Rolle gespielt. Die Ver-
setzung, die sich mit seiner Zustimmung vollzogen habe, sei von ihm nicht als
Strafaktion gesehen worden.

Der Zeuge Weyand erklärte, er habe von Dritten gehört, daß er versetzt werden
solle. Tatsächliche Umstände, die für seine Versetzung maßgeblich gewesen seien,
kenne er nicht, da man ihm keine genannt habe.
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Zu Frage 7

Hierzu erklärte der Zeuge Klos, der Dienstherr habe mit vollem Recht erfahren wol-
len, worüber er aussage. Es gäbe nicht den leisesten Verdacht, daß seine Zeugen-
aussage in eine bestimmte Richtung hätte gelenkt werden sollen. Im übrigen lasse
er sich vom Ministerium in diesem Bereich nicht disziplinieren.

Als Ergebnis der Beweisaufnahme wird festgestellt:

Eine unzulässige Einflußnahme in den von den Zeugen geschilderten Fällen lag nicht
vor.

IV. CSL GmbH

Hierzu verabschiedete der Untersuchungsausschuß in seiner Sitzung am
30. April 1992 folgenden Beweisbeschluß:

a) Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:

1. ob und in welchem Umfang das o.g. Unternehmen über die Möglichkeit eines
Steuererlasses beraten wurde;

2. welche Erkenntnisse und Feststellungen der Weisung des Finanzministers
vom 28. August 1987 zugrunde lagen;

3. unter weichen Umständen die unter Ziffer 2 genannte Weisung zustande
kam;

4. ob bei der unter Ziffer 2 genannten Weisung die Bindung der voliziehenden
Gewalt an das Gesetz beachtet wurde;

b) durch Vernehmung folgender Zeugen:

Staatssekretär a. D. Rüdiger Furkel, zu den Nrn. 1 - 4
- Ministerialrat Dr. Dietmar Moench, zu den Nrn. 1-4
- Ministerialdirigent Gerhard Kropf, zu den Nrn. 1 - 4

- Vizepräsident des Finanzgerichts des Saarlandes Hansjürgen Schwarz, zu
Nr. 3 und 4

- Herr Bohnenberger, CSL, zu den Nrn. 1 - 3

- Herr Kandler, zu den Nrn. 1 - 3

- Regierungsdirektor Wolfgang Sieberger, zu Nr. 4
- Regierungsdirektor Werner Gretscher, zu Nr. 4

- Ltd. Ministerialrat Erich Müller, zu den Nrn. 1 - 4

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