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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Übersicht der Waffenexporte und Exportländer der letzten 10 Jahre

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Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2006 (Rüstungsexportbericht 2006) Inhaltsverzeichnis ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................................................................ 3 I.      ZUM DEUTSCHEN EXPORTKONTROLLSYSTEM FÜR RÜSTUNGSGÜTER ................................... 5 1. DEUTSCHES EXPORTKONTROLLSYSTEM ................................................................................................................ 5 2. ANWENDUNG DER POLITISCHEN GRUNDSÄTZE ..................................................................................................... 8 II.     DEUTSCHE RÜSTUNGSEXPORTPOLITIK IM INTERNATIONALEN RAHMEN ........................... 10 1. ABRÜSTUNGSVEREINBARUNGEN ......................................................................................................................... 10 2. WAFFENEMBARGOS ............................................................................................................................................ 10 3. GEMEINSAME AUßEN- UND SICHERHEITSPOLITIK IM RAHMEN DER EU .............................................................. 11 4. RAHMENABKOMMEN ÜBER MAßNAHMEN DER ERLEICHTERUNG DER UMSTRUKTURIERUNG UND TÄTIGKEIT DER EUROPÄISCHEN RÜSTUNGSINDUSTRIE .................................................................................................................... 13 5. WASSENAAR ARRANGEMENT .............................................................................................................................. 13 6. VN-WAFFENREGISTER ........................................................................................................................................ 15 7. INTERNATIONALE DISKUSSION ÜBER KLEINWAFFEN UND LEICHTE WAFFEN ...................................................... 15 8. OUTREACH-AKTIVITÄTEN ................................................................................................................................... 17 III. GENEHMIGUNGEN VON RÜSTUNGSGÜTERN SOWIE KRIEGSWAFFENAUSFUHREN............... 17 1. GENEHMIGUNG VON RÜSTUNGSGÜTERN (KRIEGSWAFFEN UND SONSTIGE RÜSTUNGSGÜTER)............................ 19 a) Einzelgenehmigungen.................................................................................................................................... 19 b) Sammelgenehmigungen................................................................................................................................. 21 c) Abgelehnte Ausfuhranträge ........................................................................................................................... 22 d) Wichtigste Bestimmungsländer ..................................................................................................................... 23 e) Verteilung der Einzelgenehmigungen auf AL-Positionen.............................................................................. 30 f) Ausfuhrgenehmigungen in den Jahren 1996 bis 2006 ................................................................................... 33 g) Anteil der Genehmigungswerte für Kriegswaffen 2006 ................................................................................ 34 h) Kleinwaffengenehmigungen 1996 bis 2006................................................................................................... 36 2. AUSFUHR VON KRIEGSWAFFEN ........................................................................................................................... 46 a) Kriegswaffenausfuhren im Berichtsjahr 2006............................................................................................... 46 (1) Bundeswehrausfuhren................................................................................................................................................47 (2) Kommerzielle Ausfuhren...........................................................................................................................................47 b) Kriegswaffenausfuhren in den Jahren 1997 bis 2006 ................................................................................... 50 3. DEUTSCHER RÜSTUNGSEXPORT IM INTERNATIONALEN VERGLEICH ................................................................... 51 IV. MILITÄRISCHE HILFEN................................................................................................................................ 52 V. RÜSTUNGSKOOPERATIONEN ...................................................................................................................... 53 Anlagen: 1         Politische Grundsätze 2         Ausfuhrliste, Kriegswaffenliste 3         Waffenembargos im Jahr 2006 4         Deutsche Meldung zum VN-Waffenregister für das Jahr 2006 1
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5 Ausfuhrgenehmigungen nach Ländergruppen im Jahr 2006 6 Outreach-Aktivitäten 2
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Zusammenfassung Unter Bezug auf Abschnitt V der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export 1 von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ in der Fassung vom 19. Januar 2000 legt die Bundesregierung hiermit ihren achten Rüstungsexportbericht vor, der sich auf das Jahr 2006 2 bezieht. 3 Die effektiven Ausfuhren von Kriegswaffen betrugen im Berichtsjahr 1,3 Mrd. € (2005: 1,6 Mrd. €). Der Anteil an Ausfuhren in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellten Länder belief sich 4 wie im Vorjahr auf ca. 64%. Der Anteil der klassischen Entwicklungsländer an diesen Ausfuhren ist 2006 auf ca. 1,5 % stark zurückgegangen (2005:12,6 %). Für die Rüstungsgüter insgesamt, die in einer international weitgehend harmonisierten sog. Militärgüterliste aufgeführt sind und zusätzlich zu Kriegswaffen u. a. diverse militärische Ausrüstungsgegenstände, aber auch z. B. Pistolen, Jagd- und Sportwaffen umfassen, gibt es gegenwärtig keine Statistik über tatsächliche Ausfuhren, sondern nur eine statistische Erfassung der beantragten Ausfuhrgenehmigungen. Hintergrund ist die unterschiedliche Systematik in der EU-Ausfuhrliste („Common List“) und dem Eurostat-Warenverzeichnis; anders als bei Kriegswaffen müssen die Unternehmen die erfolgten Ausfuhren sonstiger Rüstungsgüter nicht melden. Die aus den Ausfuhrgenehmigungen resultierenden tatsächlichen Ausfuhren liegen erfahrungsgemäß deutlich unter den Genehmigungswerten. Im Berichtsjahr wurden für Rüstungsgüter insgesamt Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von ca. 4,2 Mrd. € erteilt (2005: ebenfalls ca. 4,2 Mrd. €). 72,5 % entfallen auf EU-, NATO- und 1 Siehe Anlage 1. 2 Die bisherigen Rüstungsexportberichte wurden als BT-Drucksachen (für das Jahr 1999: 14/4179; für 2000: 14/7657, für 2001: 15/230, für 2002: 15/2257, für 2003: 15/4400, für 2004: 16/507, für 2005: 16/3730) veröffentlicht und sind im Internet abrufbar unter: http://www.bmwi.bund.de (Auswahl „Außenwirtschaft und Europa“ – Auswahl „Finanzierung und Recht“ – Auswahl „Exportkontrolle / Embargos“). Für die englischen Versionen: Auswahl „english“ – Auswahl „publications“. 3 Die Ausfuhr von Rüstungsgütern aus Deutschland in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird als „Verbringung“ bezeichnet (vgl. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 4c Nr. 2 Außenwirtschaftsverordnung - AWV). In diesem Bericht werden jedoch aus Gründen der Vereinfachung auch Verbringungen als „Ausfuhren“ oder „Exporte“ bezeichnet. 4 Entwicklungsländer und –gebiete entsprechend der Liste des Ausschusses für Entwicklungshilfe (Development Assistance Committee = DAC) der OECD von 2006 ohne die Länder mit hohem und oberem mittleren Einkommen (zu denen auch die NATO-Partner Türkei und Slowenien sowie Malaysia und Saudi-Arabien zählen, 4. Spalte der genannten Liste). 3
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NATO-gleichgestellte Länder und 27,5 % auf Drittländer (2005: 61 % bzw. 39 %). Auf klassische Entwicklungsländer entfielen im Berichtsjahr 9,5 % des Gesamtwerts aller 5 Einzelgenehmigungen (2005: 22 %). Der Wert der erteilten Sammelausfuhrgenehmigungen für Ausfuhren im Rahmen wehrtechnischer Kooperationen zwischen EU- und NATO-Partnern belief sich im Berichtsjahr auf ca. 3,5 Mrd. € (2005: 2 Mrd. €). 5 Einzelheiten hierzu siehe unter III. 1. a) und b). 4
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I.       Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter 1. Deutsches Exportkontrollsystem Der deutsche Rüstungsexport wird durch das Grundgesetz, das Gesetz über die Kontrolle von 6                                               7 Kriegswaffen (KWKG) und das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) i. V. m. der 8 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt. Die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern” vom 19. 9 Januar 2000 gaben im Berichtsjahr – zusammen mit den seit Mitte 1998 geltenden Kriterien des 10 EU-Verhaltenskodex – den Genehmigungsbehörden Leitlinien für den ihnen gesetzlich eingeräumten Entscheidungsspielraum an die Hand. Die Koalitionsvereinbarung für die seit dem 22.11.2005 amtierende Bundesregierung sieht das Fortgelten dieser 11 Rüstungsexportbestimmungen vor . Nach dem AWG / der AWV ist die Ausfuhr aller Rüstungsgüter genehmigungspflichtig. Die 12 Rüstungsgüter sind in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (AL, Anlage zur AWV) abschließend aufgeführt. Sie erstrecken sich auf 22 Positionen (Nr. 0001 bis Nr. 0022), die noch weiter untergliedert sind. Diese Positionen lehnen sich, ebenso wie die „Military List“ der EU, eng an die entsprechende Liste des Wassenaar-Arrangements (Munitions List) an, welche die Bundesregierung in Erfüllung ihrer politischen Verpflichtungen hier in nationales Recht überführt hat (vgl. zum Wassenaar-Arrangement näher unter II. 5. dieses Berichts, zur EU unter II.3). Einige Rüstungsgüter im Sinne von AWG, AWV und AL sind zugleich Kriegswaffen im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG). Sie sind in den 62 Positionen der Kriegswaffenliste 6 Ausführungsgesetz zu Art. 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.11.1990, BGBl. I S. 2506 (zuletzt geändert durch Art. 24 der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I S. 2407.). 7 Neugefasst durch Bekanntmachung vom 26.6.2006, BGBl. I S. 1386. 8 AWV in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1993 (BGBl. I S. 2493),zuletzt geändert durch Verordnung vom 1.2.2007 (BAnz. Nr. 24, S. 1225). 9 Siehe Anlage 1. 10 Siehe Annex zu Anlage 1. 11 Zeile 6419: „Wir halten an den derzeit geltenden Rüstungsexportbestimmungen fest […].“ 12 Siehe Anlage 2a. 5
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13 (Anlage zum KWKG) aufgeführt und auch vollständig in Teil I Abschnitt A der AL enthalten. Für die Ausfuhr dieser Waffen ist zunächst eine Genehmigung nach dem KWKG („Beförderungsgenehmigung zum Zweck der Ausfuhr”), dann eine Ausfuhrgenehmigung nach AWG/AWV erforderlich. Die Ausfuhr der in Teil I Abschnitt A der AL aufgeführten Rüstungsgüter, die keine Kriegswaffen sind (sog. ”sonstige Rüstungsgüter”), setzt hingegen – lediglich – eine Genehmigung nach AWG/AWV voraus. Das KWKG bestimmt, dass der gesamte Umgang mit Kriegswaffen (Herstellung, Erwerb und Überlassung der tatsächlichen Gewalt, jede Art der Beförderung sowie Vermittlungsgeschäfte) einer vorherigen Genehmigung der Bundesregierung bedarf (vgl. §§ 2 - 4a KWKG). Für kommerzielle Geschäfte ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Genehmigungsbehörde; die anderen Ministerien (Bundesministerium der Finanzen, Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Verteidigung), die in ihrem Geschäftsbereich mit Kriegswaffen umgehen, sind jeweils für die Genehmigungen in ihrem Geschäftsbereich selbst zuständig. Für bestimmte Auslandstransporte mit deutschen Schiffen oder Flugzeugen ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen die Genehmigungsbehörde (vgl. § 1 Erste Verordnung zur Durchführung des KWKG v. 1. Juni 1961, BGBl. I S. 649, zuletzt geändert durch Gesetz v. 28. Februar 1992, BGBl. I S. 376). Nach § 6 KWKG besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für die Ausfuhr von Kriegswaffen. Diese ist zwingend zu versagen, wenn die Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung verwendet, völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt werden oder aber der Antragsteller nicht die für die Handlung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. In allen übrigen Fällen entscheidet die Bundesregierung über die Erteilung von Exportgenehmigungen nach pflichtgemäßem Ermessen, das sie entsprechend der oben erwähnten „Politischen Grundsätzen” ausübt. Seit Mitte 1998 werden bei dieser Entscheidung zusätzlich die Kriterien des EU-Verhaltenskodex, der jetzt integraler Bestandteil der neu gefassten Politischen Grundsätze ist, herangezogen. Die Ausfuhr der sog. sonstigen Rüstungsgüter richtet sich nach den Ausfuhrvorschriften von AWG/AWV. Nach dem der Systematik des AWG zugrunde liegenden Grundsatz der Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs ergibt sich für den Antragsteller grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung der Ausfuhrgenehmigung (§§ 1 i. V. m. 3 AWG), es sei denn, dass wegen Verletzung 13 Siehe Anlage 2b. 6
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der in § 7 Abs. 1 AWG aufgeführten Rechtsgüter eine Genehmigung versagt werden kann. § 7 Abs. 1 AWG hat folgenden Wortlaut: ”(1) Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr können beschränkt werden, um 1. die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten, 2. eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten oder 3. zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden”. Wie auch bei den Kriegswaffen wird das Ermessen der Bundesregierung bei der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen entsprechend der „Politischen Grundsätze“ und des Verhaltenskodex der EU ausgeübt. Zuständig für die Erteilung/Versagung von Ausfuhrgenehmigungen nach AWG/AWV ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), welches zum Geschäftsbereich des 14 BMWi gehört . Sensitive Vorhaben legt das BAFA der Bundesregierung zur politischen Beurteilung vor. Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, die Genehmigungsverfahren in der Exportkontrolle, unter Beachtung der bestehenden internationalen Verpflichtungen, zu beschleunigen und zu entbürokratisieren. In der Praxis hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das Institut der Voranfrage herausgebildet. Dieses Institut ermöglicht es Unternehmen, frühzeitig zu erfahren, ob bei Zustandekommen des Kaufvertrages auch die erforderliche Ausfuhrgenehmigung zu einem späteren Zeitpunkt – vorbehaltlich unveränderter Umstände - erteilt wird. Die Voranfragen werden nach den gleichen Kriterien wie Anträge auf Ausfuhrgenehmigung entschieden. Voranfragen, die Kriegswaffen betreffen, sind (im Unterschied zu Anträgen, für die das BMWi Genehmigungsbehörde ist, s. o.) an das Auswärtige Amt, bei sonstigen Rüstungsgütern an das BAFA zu richten. Die verfahrensmäßige Behandlung entspricht der von Anträgen auf Genehmigungserteilung. Bedeutende Vorhaben werden auch hier der Bundesregierung zur Entscheidung vorgelegt. Dabei ist es Sinn und Zweck der Voranfrage, den Ausgang des folgenden Genehmigungsverfahrens im Interesse der Planungssicherheit möglichst frühzeitig zu 14 Im Internet unter www.bafa.de. 7
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präjudizieren; eine Voranfrage ersetzt aber niemals die auf jeden Fall erforderliche Ausfuhrgenehmigung. Die Entscheidungen über Exportvorhaben werden maßgeblich unter Berücksichtigung außen-, sicherheits- und/oder bündnispolitischer Interessen getroffen. Bei Ausfuhrvorhaben, die im Hinblick auf das Empfängerland, das Rüstungsgut oder den Geschäftsumfang von besonderer Bedeutung sind, wird in der Regel der Bundessicherheitsrat eingeschaltet. Beim Bundessicherheitsrat handelt es sich um einen Kabinettsausschuss, der unter Vorsitz der Bundeskanzlerin tagt. Ihm gehören die Bundesminister/innen des Auswärtigen, der Finanzen, des Innern, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft und Technologie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. 2. Anwendung der Politischen Grundsätze Das KWKG und das AWG bilden einen Rahmen, welcher der Bundesregierung in der Großzahl aller Fälle einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet; eine Ausnahme bilden lediglich die praktisch wenig bedeutsamen Fälle, in denen das KWKG zwingend die Erteilung einer Genehmigung untersagt (vgl. § 6 Abs. 3 KWKG, s. oben 1.). Um eine gleichmäßige Ausübung des der Bundesregierung zustehenden politischen Ermessens zu gewährleisten und dabei angewandte politisch wichtige Entscheidungskriterien transparent zu machen, gelten seit 1982 (im Januar 2000 neu gefasst) die „Politischen Grundsätze“, auf deren Basis die Einzelfälle entschieden werden. Die am 19. Januar 2000 vom Bundeskabinett beschlossene Neufassung der Grundsätze hat folgende wesentliche neue Elemente eingeführt: Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Exportentscheidung von hervorgehobener Bedeutung, unabhängig davon, um welches mögliche Empfängerland es sich handelt. So werden Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt, wenn „hinreichender Verdacht“ besteht, dass das betreffende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht wird. Für diese Frage spielt die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle. Die Grundsätze gehen hier weiter als der EU-Verhaltenskodex (vgl. hierzu näher unten unter II.3.), wonach erst bei insofern bestehendem „eindeutigen Risiko“ keine Ausfuhrgenehmigung erteilt werden soll. 8
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Im Anschluss an den Allgemeinen Teil wird wie in der ersten Fassung zwischen EU-, NATO- und diesen gleichgestellten Staaten (Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz) einerseits sowie sonstigen Staaten (sog. Drittstaaten) andererseits unterschieden. Bei der ersten Ländergruppe stellen Genehmigungen die Regel und Ablehnungen die Ausnahme dar, bei der zweiten Gruppe werden Genehmigungen wie bisher zurückhaltend erteilt. Für die Gruppe der Drittländer gilt dabei Folgendes: Der Export von Kriegswaffen wird nur ausnahmsweise genehmigt, wenn im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen Deutschlands für die Erteilung einer Genehmigung sprechen. Für sonstige Rüstungsgüter werden Genehmigungen nur erteilt, sofern die im Rahmen des Außenwirtschaftsrechts zu schützenden Belange nicht gefährdet sind (§ 7 Abs. 1 AWG, wie oben unter 1. zitiert). Auch im Rahmen dieser restriktiven Genehmigungspraxis für Drittländer können daher z. B. legitime Sicherheitsinteressen solcher Länder im Einzelfall für die Genehmigung einer Ausfuhr sprechen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweiligen Sicherheitsinteressen auch international von Belang sind. Die Abwehr terroristischer Bedrohungen und die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels sind denkbare Beispiele. Bei der Ausfuhr von Marinerüstung in Drittstaaten kann das Interesse der Staatengemeinschaft an sicheren Seewegen und einer effektiven Ausübung der jeweiligen Staatsgewalt in den Küstengewässern einen wichtigen Aspekt darstellen. Neben der überragenden Bedeutung der Seewege für den Welthandel geht es dabei um die in einigen Weltregionen zunehmende Bedrohung durch Piraterie, Rauschgift-, Waffen- und Menschenschmuggel, Umweltverschmutzung und illegale Fischerei. Das „besondere Interesse“ der Bundesregierung an der fortbestehenden Kooperationsfähigkeit der deutschen wehrtechnischen Industrie im NATO- und EU-Bereich wird gerade auch vor dem Hintergrund der Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik ausdrücklich hervorgehoben. In die Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit von Rüstungsexporten in Drittstaaten fließt neben dem besonders zu berücksichtigenden Menschenrechtskriterium und der Beurteilung der inneren und äußeren Lage auch mit ein, inwieweit die nachhaltige Entwicklung des Empfängerlandes durch unverhältnismäßige Rüstungsausgaben ernsthaft beeinträchtigt wird. 9
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Das Verhalten des Empfängerlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft, etwa im Hinblick auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität, die Einhaltung internationaler Verpflichtungen – insbesondere des humanitären Völkerrechts – sowie im Bereich der Nichtverbreitung, Abrüstung und Rüstungskontrolle sind weitere Entscheidungskriterien. Die Sicherstellung des Endverbleibs erhält mit ausführlicheren Regeln größeres Gewicht als zuvor. Der EU-Verhaltenskodex wurde zum „integralen Bestandteil“ der Grundsätze erklärt. Schließlich sagte die Bundesregierung zu, jährlich dem Bundestag einen Rüstungsexportbericht über die Entwicklungen des jeweils abgelaufenen Kalenderjahrs vorzulegen, was mit diesem Bericht nunmehr zum achten Mal erfolgt. II.    Deutsche Rüstungsexportpolitik im internationalen Rahmen 1. Abrüstungsvereinbarungen Die Exportkontrollpolitik für konventionelle Rüstungsgüter wird in bestimmten Bereichen durch verbindliche völkerrechtliche Abrüstungsvereinbarungen beeinflusst. Die Bundesregierung hat entsprechende Initiativen unterstützt und tritt nachdrücklich für strikte Anwendung der international vereinbarten Regelungen ein. Darüber hinaus befürwortet sie alle Schritte, die zu einer weltweiten Anerkennung dieser Verpflichtungen führen können. Die Aktivitäten der Bundesregierung in diesem Bereich sind ausführlich im Jahresabrüstungsbericht 2006 wiedergegeben, auf den insoweit verwiesen wird. 2. Waffenembargos Die internationale Staatengemeinschaft hat eine Reihe von Waffenembargos beschlossen, die in der deutschen Exportpolitik durch Anpassung der AWV (§§ 69 ff.) oder die Nichterteilung von 10
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