REB2011

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Übersicht der Waffenexporte und Exportländer der letzten 10 Jahre

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Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2011 Rüstungsexportbericht 2011
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Impressum Herausgeber                                            Das Bundesministerium für Wirtschaft und Bundesministerium für Wirtschaft                       Technologie ist mit dem audit berufundfamilie® und Technologie (BMWi)                                 für seine familienfreundliche Personalpolitik Öffentlichkeitsarbeit                                  ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von 11019 Berlin                                           der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der www.bmwi.de                                            Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. Stand September 2012 Gestaltung und Produktion PRpetuum GmbH, München Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Auf­drucken oder Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln.
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Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2011 Rüstungsexportbericht 2011
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4 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung.....................................................................................................................................................................................6 I. Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter......................................................................................................7 1. Deutsches Exportkontrollsystem............................................................................................................................................................ 7 2. Anwendung der Politischen Grundsätze............................................................................................................................................. 8 II. Deutsche Rüstungsexportpolitik im internationalen Rahmen........................................................................................... 11 1. Abrüstungsvereinbarungen.....................................................................................................................................................................11 2. Waffenembargos...........................................................................................................................................................................................11 3. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU..................................................................................................................11 4. EU-Richtlinie zur innergemeinschaftlichen Verbringung von Verteidigungsgütern.................................................12 5. 	Rahmenabkommen über Maßnahmen der Erleichterung der Umstrukturierung und Tätigkeit der europäischen Rüstungsindustrie...............................................................................................................................12 6. Wassenaar-Arrangement..........................................................................................................................................................................12 7. VN-Waffenregister......................................................................................................................................................................................13 8. Internationale Diskussion über Kleinwaffen und leichte Waffen.........................................................................................14 9. Initiative für einen „Arms Trade Treaty“............................................................................................................................................15 10. Outreach-Aktivitäten..................................................................................................................................................................................16 III. Genehmigungen zur Ausfuhr von Rüstungsgütern sowie Kriegswaffenausfuhren................................................... 17 1. Genehmigungen zur Ausfuhr von Rüstungsgütern (Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter).........................17 a) Einzelgenehmigungen..................................................................................................................................................................................18 b) Sammelausfuhrgenehmigungen.............................................................................................................................................................20 c) Abgelehnte Ausfuhranträge.......................................................................................................................................................................20 d) Wichtigste Bestimmungsländer...............................................................................................................................................................21 e) Verteilung der Einzelgenehmigungen auf Ausfuhrlisten (AL)-Positionen...........................................................................21 f) Ausfuhrgenehmigungen in den Jahren 2002 bis 2011...................................................................................................................22 g) Anteil der Genehmigungswerte für Kriegswaffen 2011................................................................................................................23 h) Kleinwaffengenehmigungen 2002 bis 2011.......................................................................................................................................24 i) Genehmigungen für Vermittlungsgeschäfte 2011...........................................................................................................................30 2. Ausfuhr von Kriegswaffen............................................................................................................................................................ 30 a) Kriegswaffenausfuhren im Berichtsjahr 2011...................................................................................................................................30 (1) Bundeswehrausfuhren...........................................................................................................................................................................32 (2) Kommerzielle Ausfuhren.......................................................................................................................................................................32 b) Kriegswaffenausfuhren in den Jahren 2002 bis 2011.....................................................................................................................33 3. Deutscher Rüstungsexport im internationalen Vergleich............................................................................................. 34
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Inhaltsverzeichnis                                                                                                                                                                                                   5 Anlagen 1	Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern..............................................................................................................................................................36 2 Gemeinsamer Standpunkt der EU........................................................................................................................................................40 3 Ausfuhrliste Teil I..........................................................................................................................................................................................47 4 Kriegswaffenliste...........................................................................................................................................................................................71 5 Waffenembargos im Jahr 2011...............................................................................................................................................................73 6 Wichtigste Bestimmungsländer............................................................................................................................................................76 7 Ausfuhrgenehmigungen nach Ländergruppen und Ländern im Jahr 2011.....................................................................82 8 Vermittlungsgeschäfte nach Ländern 2011................................................................................................................................... 111 9 Liste des Entwicklungsausschusses der OECD über Entwicklungsländer und -gebiete......................................... 113
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6 Zusammenfassung Die Bundesregierung legt hiermit ihren dreizehnten                              Auf Entwicklungsländer3 entfielen im Berichtsjahr Rüstungsexportbericht vor, der sich auf das Jahr 2011                           9,3 Prozent des Gesamtwerts aller Einzelgenehmigun- bezieht.1 Die „Politischen Grundsätze der Bundesregie­                          gen (2010: 7,7 Prozent)4. Der Wert der erteilten Sam- rung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen                              melausfuhrgenehmigungen für Ausfuhren im Rahmen Rüstungsgütern“ in der Fassung vom 19. Januar 2000                              wehrtechnischer Kooperationen zwischen EU- und unterscheiden zwischen Rüstungsexporten in EU-Mit-                              NATO-Partnern belief sich im Berichtsjahr auf ca. gliedstaaten, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder                             5,38 Milliarden Euro (2010: 737,3 Millionen Euro).Wie (Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz), die grund-                            bereits im Rüstungsexportbericht 2010 ausgeführt, sätzlich nicht zu beschränken sind, und Ausfuh­ren in                           beruht dieser erhöhte Wert auf technischen Umstel- alle sonstigen Staaten (sog. Drittländer). Der Export                           lungen (nähere Erläuterungen siehe Abschnitt III 1b). von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungs­gütern in Drittländer wird restriktiv gehandhabt.2                                        Neben den Werten der erteilten Ausfuhrgenehmigun- gen werden bei Kriegswaffen auch die tatsächlichen Alle Anträge auf Ausfuhrgenehmigung werden im                                   Ausfuhren erfasst (2011: 1,285 Milliarden Euro, 2010: je­weiligen Einzelfall nach sorgfältiger Abwägung vor                           2,119 Milliarden Euro). Der Gesamtwert ist damit gegen­ allem der außen-, sicherheits- und menschenrechts­                              über dem Vorjahr um 834 Millionen Euro zurück­ge­ politischen Argumente entschieden. Wichtige Kriterien                           gangen. Da die erteilten Genehmigungen nicht unbe­ jeder Entscheidung sind dabei u. a. Konfliktprävention                          dingt im selben Jahr für eine Ausfuhr ausgenutzt und Beachtung der Menschenrechte im Empfangsland.                               wer­den, fallen Genehmigungs- und Ausfuhrzahlen in der Regel auseinander. Der Anteil an Ausfuhren in Im Jahr 2011 wurden für Rüstungsgüter Einzelausfuhr­                            EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder belief genehmigungen im Wert von insgesamt ca. 5,414 Milli-                            sich im Berichtsjahr auf ca. 32 Prozent (2010: 77 Pro- arden Euro erteilt (2010: ca. 4,754 Milliarden Euro).                           zent). Die Erhöhung des Anteils von Drittländern an Ein Anteil von 58 Prozent dieses Wertes entfiel dabei                           den tatsächlichen Kriegswaffenausfuhren ist u.a. auf auf EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder,                                 Lieferungen an Brunei, Singapur und den Irak in Höhe 42 Prozent auf Drittländer. Der Gesamtwert der Einzel-                          von insgesamt 674 Millionen Euro zurückzuführen. ausfuhrgenehmigungen ist gegenüber dem Vorjahr um ca. 660 Millionen Euro gestiegen, liegt aber unter-                          Einzelheiten zur deutschen Rüstungsexportpolitik im halb des bisherigen Höchstwertes von 2008 (ca. 5,788                            internationalen Rahmen ergeben sich aus Kapitel II Milliarden Euro).                                                               und Kapitel III Nr. 3. Die gesamten Genehmigungen im Jahr 2011 nach Ländern geordnet sind in der Anlage 7 beschrieben. 1    Die bisherigen Rüstungsexportberichte wurden als Bundestags-Drucksachen veröffentlicht und sind im Internet abrufbar unter: http://www.bmwi.de. 2    Siehe Anlage 1, „Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ Abschnitt III Nr. 1, Satz 1. 3    Entwicklungsländer und -gebiete entsprechend der Liste des Entwicklungsausschusses (Development Assistance Committee = DAC) der OECD ohne die Länder der mittleren Einkommensgruppe, oberer Bereich (4. Spalte der genannten Liste), zu denen auch der NATO-Partner Türkei sowie u. a. Brasilien, Malaysia und Südafrika zählen. Die Liste ist als Anlage 9 des Rüstungsexportberichts beigefügt. 4    Einzelheiten hierzu siehe unter III. 1. a).
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7 I.	Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter 1. Deutsches Exportkontrollsystem                                            geführten Rüstungsgüter, die keine Kriegswaffen sind (sog. sonstige Rüstungsgüter), setzt hingegen lediglich Der deutsche Rüstungsexport wird durch das Grund­                            eine Genehmigung nach AWG /AWV voraus. gesetz (GG), das Gesetz über die Kontrolle von Kriegs- waffen (KrWaffKontrG)5 und das Außenwirtschafts­                             Das KrWaffKontrG bestimmt, dass der gesamte Um­­ gesetz (AWG) i. V. m. der Außenwirtschaftsverordnung 6 gang mit Kriegswaffen (Herstellung, Erwerb und (AWV)7 geregelt. Die Leitlinien für die Genehmigungs-                        Überlassung der tatsächlichen Gewalt, jede Art der behörden bilden die „Politischen Grundsätze der                              Beförderung sowie Vermittlungsgeschäfte) einer vor- Bundes­regie­rung für den Export von Kriegswaffen und                        herigen Genehmigung der Bundesregierung bedarf sonstigen Rüstungsgütern” vom 19. Januar 20008 und                           (vgl. §§ 2–4a KrWaffKontrG). Für kommerzielle der Gemein­same Standpunkt der EU betreffend                                 Geschäfte ist das Bundesministerium für Wirtschaft gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von                          und Technologie (BMWi) die Genehmigungsbehörde; Militärtechnologie und Militärgütern vom 8. Dezem-                           die anderen Ministerien (Bundesministerium der ber 2008.9                                                                   Finanzen, Bundesministerium des Innern und Bundes­ ministerium der Verteidigung), die in ihrem Geschäfts- Nach dem AWG und der AWV ist die Ausfuhr aller                               bereich mit Kriegswaffen umgehen, sind jeweils für Rüstungsgüter genehmigungspflichtig. Die Rüstungs­                           die Genehmigungen in ihrem Geschäftsbereich selbst güter sind in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (AL,                       zuständig. Anlage zur AWV) abschließend aufgeführt. Sie er­­ 10 strecken sich auf 22 Positionen (Nr. 0001 bis Nr. 0022),                     Nach § 6 KrWaffKontrG besteht kein Anspruch auf die noch weiter untergliedert sind. Diese Positionen                         Erteilung einer Genehmigung für die Ausfuhr von lehnen sich, ebenso wie die Militärgüterliste der EU                         Kriegswaffen. Diese ist zwingend zu versagen, wenn die (Common Military List), eng an die entsprechende                             Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedens­ Liste des Wassenaar Arrangements (Munitions List) an,                        störenden Handlung verwendet, völkerrecht­liche Ver- welche die Bundesregierung in Erfüllung ihrer politi­                        pflichtungen der Bundesrepublik Deutschland beein- schen Verpflichtungen in nationales Recht überführt                          trächtigt werden oder aber der Antragsteller nicht die hat (nähere Erläuterungen zum Wassenaar Arrange-                             für die Handlung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. ment unter Abschnitt II. 6, zur EU unter Abschnitt II. 3 und 4).                                                                      In allen übrigen Fällen entscheidet die Bundesregie­rung über die Erteilung von Exportgenehmigungen nach Einige Rüstungsgüter im Sinne der AL sind zugleich                           pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Kriegswaffen im Sinne von Art. 26 Abs. 2 GG, sowie                           Gemein­samen Standpunkts der EU (vormals EU-Ver- des KrWaffKontrG. Sie sind in den 62 Positionen der                          haltenskodex) und der „Politischen Grundsätze der Kriegswaffenliste (Anlage zum KrWaffKontrG) aufge-                           Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und führt und auch vollständig in Teil I Abschnitt A der AL                      sonstigen Rüstungsgütern”. enthalten. Für die Ausfuhr dieser Waffen ist zunächst eine Genehmigung nach dem KrWaffKontrG („Beför-                              Die Ausfuhr der sog. sonstigen Rüstungsgüter richtet derungsgenehmigung zum Zweck der Ausfuhr”), dann                             sich nach den Ausfuhrvorschriften von AWG/AWV. eine Ausfuhrgenehmigung nach AWG/AWV erforder-                               Nach dem der Systematik des AWG zugrunde liegen­ lich. Die Ausfuhr der in Teil I Abschnitt A der AL auf-                      den Grundsatz der Freiheit des Außenwirtschaftsver- 5    Ausführungsgesetz zu Art. 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.11.1990, BGBl. I S. 2506 (zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 27. Juli 2011, BGBl. I S. 1595). 6    Neugefasst durch Bekanntmachung vom 27.5.2009, BGBl. I S. 1150, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 15. Dezember 2011, BAnz. 2011, 4653) 7    AWV in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1993 (BGBl. I S. 2493), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 17. Januar 2012 (BAnz. 2012 Nr. 13, 282). 8    Siehe Anlage 1. 9    Siehe Anlage 2. 10   Näheres www.bafa.de.
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8                                                        I. Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter kehrs ergibt sich für den Antragsteller grundsätz­lich  entspricht der von Anträgen auf Genehmigungsertei- ein Anspruch auf Erteilung der Ausfuhr­­geneh­­mi­gung  lung. Bedeutende Vorhaben werden ebenfalls der Bun- (§§ 1 i. V. m. 3 AWG), es sei denn, dass wegen Gefähr-  desregierung zur Entscheidung vorgelegt. Zweck der dung der in § 7 Abs. 1 AWG aufgeführten Rechtsgüter     Voranfrage ist, den Ausgang des folgenden Genehmi- eine Genehmigung versagt werden kann. § 7 Abs. 1        gungsverfahrens im Interesse der Planungssicherheit Ziffer 1–3 AWG haben folgenden Wortlaut:                möglichst frühzeitig zu präjudizieren; eine Voranfrage ersetzt jedoch nicht die auf jeden Fall erforderliche „(1) Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirt­       Ausfuhrgenehmigung. schaftsverkehr können beschränkt werden, um Bei Ausfuhrvorhaben, die im Hinblick auf das Empfän- 1. die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundes­   gerland, das Rüstungsgut oder den Geschäftsumfang republik Deutschland zu gewährleisten,                  von besonderer Bedeutung sind, wird in der Regel der Bundessicherheitsrat befasst. Beim Bundessicherheits- 2. eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der      rat handelt es sich um einen Kabinettausschuss, der Völker zu verhüten,                                     unter Vorsitz der Bundeskanzlerin tagt. Ihm gehören die Bundesminister/-innen des Auswärtigen, der 3. zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der    Finanzen, des Innern, der Justiz, der Verteidigung, für Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden...“ Wirtschaft und Technologie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Wie auch bei den Kriegswaffen wird das Ermessen der Bundesregierung bei der Erteilung von Ausfuhrgeneh­ migungen für sonstige Rüstungsgüter entsprechend        2. Anwendung der Politischen Grundsätze dem Gemeinsamen Standpunkt der EU und den „Poli­ tischen Grundsätzen der Bundesregierung für den         Das KrWaffKontrG und das AWG definieren den Rah- Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungs­gü­      men, innerhalb dessen die Bundesregierung über tern” ausgeübt.                                         einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum verfügt. Um eine gleichmäßige Ausübung des der Bundesregie- Zuständig für die Erteilung/Versagung von Ausfuhr­      rung zustehenden Ermessens zu gewährleisten und genehmigungen nach AWG/AWV ist das Bundesamt            dabei angewandte politisch wichtige Entscheidungs- für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), welches     kriterien transparent zu machen, gelten seit 1982 zum Geschäftsbereich des BMWi gehört.11 Vorhaben        (Neufassung vom 19. Januar 2000) die „Politischen von besonderer politischer Tragweite legt das BAFA      Grundsätze der Bundesregierung für den Export von der Bundesregierung zur politischen Beurteilung vor.    Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“, auf deren Basis die Einzelfälle entschieden werden. In der Praxis hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das Institut der Voranfrage herausgebildet. Dieses      Diese Grundsätze enthalten u. a. folgende wesentliche ermöglicht Unternehmen, frühzeitig zu klären, ob bei    Elemente: Zustandekommen des Kaufvertrages auch die erfor- derliche Ausfuhrgenehmigung zu einem späteren           →→ Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Zeitpunkt – vorbehaltlich unveränderter Umstände –           Exportentscheidung von hervorgehobener Bedeu- erteilt würde. Die Voranfragen werden nach den glei-         tung, unabhängig davon, um welches mögliche chen Kriterien wie Anträge auf Ausfuhrgenehmigung            Empfängerland es sich handelt. So werden Rüs- entschieden.                                                 tungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt, wenn „hinreichender Verdacht“ besteht, dass das betref- Voranfragen, die Kriegswaffen betreffen, sind an das         fende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu Auswärtige Amt, bei sonstigen Rüstungsgütern an das          sonstigen fortdauernden und systematischen Men- BAFA zu richten. Die verfahrensmäßige Behandlung             schenrechtsverletzungen missbraucht wird. Für 11   Im Internet unter www.bafa.de
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I. Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter                                                        9 diese Frage spielt die Menschenrechtssituation im     →→ Das „besondere Interesse“ der Bundesregierung an Empfängerland eine wichtige Rolle. Die Grundsätze        der fortbestehenden Kooperationsfähigkeit der sind restriktiver als der Gemeinsame Standpunkt          deutschen wehrtechnischen Industrie im EU- und der EU (nähere Erläuterungen unter Abschnitt II.3.),     NATO-Bereich wird gerade auch vor dem Hinter- wonach erst bei bestehendem „eindeutigen Risiko“         grund der Entwicklung einer gemeinsamen euro- keine Ausfuhrgenehmigung erteilt werden soll.            päischen Verteidigungspolitik ausdrücklich hervor- gehoben. →→ Im Anschluss an den Allgemeinen Teil wird zwi- schen EU-, NATO- und NATO- gleichgestellten           →→ In die Entscheidung über die Genehmigungsfähig- Ländern (Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz)         keit von Rüstungsexporten in Drittländer fließt einerseits sowie sonstigen Ländern (sog. Drittlän-       neben dem besonders zu berücksichtigenden Men- dern) andererseits unterschieden. Bei der ersten         schenrechtskriterium und der Beurteilung der Ländergruppe stellen Genehmigungen die Regel             äußeren und inneren Lage auch mit ein, inwieweit und Ablehnungen die Ausnahme dar, bei der zwei-          die nachhaltige Entwicklung des Empfängerlandes ten Gruppe werden Genehmigungen zurückhal-               durch unverhältnismäßige Rüstungsausgaben tend erteilt.                                            ernsthaft beeinträchtigt wird. →→ Für die Gruppe der Drittländer gilt dabei Folgendes:   →→ Das Verhalten des Empfängerlandes gegenüber der Der Export von Kriegswaffen wird nur ausnahms-           internationalen Gemeinschaft, etwa im Hinblick weise genehmigt, wenn im Einzelfall besondere            auf die Bekämpfung des internationalen Terroris- außen- oder sicherheitspolitische Interessen             mus und der organisierten Kriminalität, die Einhal- Deutschlands für die Erteilung einer Genehmigung         tung internationaler Verpflichtungen – insbeson- sprechen. Für sonstige Rüstungsgüter werden              dere des humanitären Völkerrechts – sowie im Genehmigungen nur erteilt, sofern die im Rahmen          Bereich der Nichtverbreitung, Abrüstung und Rüs- des Außenwirtschaftsrechts zu schützenden                tungskontrolle sind weitere Entscheidungskriterien Belange nicht gefährdet sind (§ 7 Abs. 1 AWG, wie        bei der Genehmigungsfähigkeit von Rüstungsex- zuvor unter 1. zitiert).                                 porten. Auch im Rahmen dieser restriktiven Genehmi­              Das deutsche System der Exportkontrolle für Rüs- gungs­praxis für Drittländer können daher z. B. legi-    tungsgüter gewährleistet in zuverlässiger Weise time Sicherheitsinteressen solcher Länder im Ein-        die Sicherung des Endverbleibs der exportierten zelfall für die Genehmigung einer Ausfuhr                Rüstungsgüter. Die Bundesregierung hat seit Jahr- sprechen. Dies kann insbesondere dann der Fall           zehnten gute Erfahrungen mit diesen Regelungen sein, wenn die jeweiligen Sicherheitsinteressen          gemacht. Soweit, in wenigen Einzelfällen, eine auch international von Belang sind, wie beispiels-       Umleitung bekannt geworden ist, verfolgt die Bun- weise bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen         desregierung entsprechende Hinweise mit Nach- und der Bekämpfung des internationalen Drogen-           druck. Bei erwiesenen Verstößen gegen Endver- handels. Bei der Ausfuhr von Marinerüstung in            bleibszusicherungen wird die Erteilung von Drittländer kann das Interesse der Staatengemein-        Ausfuhrgenehmigungen für den betreffenden schaft an sicheren Seewegen und einer effektiven         Empfänger grundsätzlich so lange ausgesetzt, bis Ausübung der jeweiligen Staatsgewalt in den Küs-         der Sachverhalt geklärt und die Gefahr erneuter tengewässern einen wichtigen Aspekt darstellen.          ungenehmigter Reexporte ausgeräumt ist. Neben der hohen Bedeutung der Seewege für das Funktionieren des Welthandels spielt die in einigen      Die Prüfung des Endverbleibs vor Erteilung der Weltregionen zunehmende Bedrohung durch Pira-            Ausfuhrgenehmigung entspricht dem in Europa terie, Rauschgift-, Waffen- und Menschenschmug-          üblichen System. Es ist als wirksames Kontroll­ gel, Umweltdelikte und illegale Fischerei eine           system anerkannt und genießt weltweit hohes immer größere Rolle.                                     Ansehen.
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10                                                        I. Zum deutschen Exportkontrollsystem für Rüstungsgüter Durch die ex-ante-Prüfung wird von vornherein gesichert, dass Rüstungsgüter nicht an Empfänger geliefert werden, bei denen die Gefahr besteht, dass die Güter umgeleitet werden. Wenn Zweifel am gesicherten Endverbleib beim Empfänger bestehen, werden Ausfuhranträge abgelehnt. Schließlich sagt die Bundesregierung zu, jährlich dem Bundestag einen Rüstungsexportbericht über die Entwicklungen des jeweils abgelaufenen Kalen- derjahrs vorzulegen, was mit diesem Bericht nun- mehr zum 13. Mal erfolgt. Der Gemeinsame Standpunkt vom 8. Dezember 200812 sieht acht spezielle Kriterien für die Ent- scheidung über Exportanträge vor (siehe Anlage 2, Artikel 2) und ist integraler Bestandteil der „Politi- schen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungs- gütern“. Bei jedem Antrag – wie etwa bei Ausfuhr- anträgen in Staaten des Maghreb und des Nahen/ Mittleren Ostens – prüft die Bundesregierung sehr gründlich vor dem Hintergrund der Lage in der Region und dem betroffenen Land u.a. die Bedeu- tung der beantragten Ausfuhren für die Aufrecht- erhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region (Kriterium 4 des Gemeinsamen Stand- punkts der EU). Im Licht der unterschiedlichen politischen Entwicklungen in Staaten der Region und entsprechend den bereits benannten Entschei- dungsgrundlagen ist eine differenzierende Betrach- tung geboten. 12  Einzelheiten hierzu unter Abschnitt II. 3.
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