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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Unterlagen zur zweiten Überprüfung der Promotion von Franziska Giffey

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Treie Universität;

 

PAkomm/GR Te.
Vermerk - vertraulich —

An: RA
Kopie: P,K, VP1, VP2, VP3, VP4
16.04.2021

Protokollgenehmigung zum Präsidiumstermin am 05.11.2020

Die Präsidiumsmitglieder P, K, VP1, VP2, VP3 haben beim Präsidiumstermin am 16.04.2021
nachfolgenden Protokollentwurf ohne Änderungen einstimmig beschlossen:

„Präsidiumstermin 05.11.2020

Anwesende: P,K, VP1, VP2, VP3, RA, P1, PAkomm/GR

Gegenstand: Weiteres Vorgehen nach Vorlage des Gutachtens von Herrn Prof.
Battis vom 04.11.2020

Das Präsidium hatte am 22.09.2020 beschlossen, Herrn Prof. Battis mit der
Erstellung eines Gutachtens zu folgender Frage zu beauftragen: „Ist es rechtmäßig,
auf der Grundlage von $ 34 Absätze 7 und 8 Berliner Hochschulgesetz (BerIH6)
eine Rüge zu erteilen, auch wenn das BerlHG dies nicht ausdrücklich regelt und die
jeweilige Promotionsordnung zur Entziehung eines Doktorgrades auf die
gesetzlichen Bestimmungen bzw. das BerlHG verweist?"

Dieses Gutachten wurde von Herrn Prof. Battis am 04.11.2020 vorgelegt.

Das Präsidium erörtert die Angelegenheit und insbesondere dieses Gutachten unter
Berücksichtigung des Gutachtens des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes vom
31.07.2020 sowie der gutachtlichen Stellungnahme von Herrn Prof. Gärditz vom
27.10.2020. Nach einer Gesamtwürdigung dieser Gutachten kommt das Präsidium
zu dem Schluss, dass eine Rüge allenfalls in einem minderschweren Fall zulässig
ist, der im Schlussbericht des Gremiums nicht dargetan wurde.

Das Präsidium beschließt Folgendes:

Das Präsidium beabsichtigt, seine Entscheidung vom 30.10.2019 aufzuheben und
erneut gem. $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG zu entscheiden. Es leitet daher ein Verfahren
zur Aufhebung der Entscheidung vom 30.10.2019 ein. Frau Dr. Giffey wird mit einem
Schreiben an ihren Anwalt noch am 05.11.20 über diese Entscheidung sowie über
die Vorlage des Gutachtens von Herrn Prof. Battis informiert und erhält eine Frist zur
Stellungnahme von 2 Wochen.

Die Öffentlichkeit wird am 06.11.20 durch eine Pressemitteilung über diese
Entscheidung und über die Vorlage des Gutachtens von Herrn Prof. Battis informiert.

Insbesondere im Hinblick auf die Personalsituation im Rechtsamt (eine nicht .
besetzte Juristenstelle) ist eine externe juristische Begleitung des Verfahrens
erforderlich, für die Herr Rechtsanwalt Dr. Bracher von der Kanzlei Redeker Sellner
Dahs angefragt werden soll.

HK I aZA

Koulouris
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I

Rechtsamt (FU-Berlin)

Von: Riedrich, Pia > im Auftrag von Battis, Ulrich
>
Gesendet: Mittwoch, 4. November 2020 11:06 %
An: Rechtsamt (FU-Berlin) ”
Ce: Battis, Ulrich -
Betreff: Gutachten zur Rechtmäßigkeit einer Rüge gem. $ 37 Abs. 7,8 BerlHG
Anlagen: 2020 11 04 - BerlHG - Gutachten Battis.pdf

Sehr geehrter Herr Präsident,

im Anhang sende ich Ihnen vorab mein Gutachten zur Rechtmäßigkeit einer Rüge gem. 8 37 Abs. 7,8 BerlHG. Das
Original geht Ihnen in den nächsten Tagen per Post zu.

Für Rückfragen stehe ich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,

Ulrich Battis

Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis
Rechtsanwalt

39°

STOCKEMANMN

GSK STOCKMANN

Rechtsanwälte Steuerberater

Partnerschaftsgesellschaft mbB, Sitz München; AG München PR 533
Mohrenstraße 42

10117 Berlin / Germany

F +49 30 203907-44

EEE Wo .2k.ce

„Hinweis gemäß $ 2 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA):

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—

bitten wir um Ihre unverzügliche telefonische Mitteilung unter +49 (89) 28 81 74 - O oder per E-Mail sowie Vernichtung
dieser Mittellung und beigefügter Anlagen."

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dispose this message and any attachment."
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Berlin, November 2020 Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis
Humboldt Universität Berlin

 

Gutachterliche Stellungnahme

im Auftrag der
Freien Universität Berlin

Zur Klärung der Rechtsfrage:

„Ist es rechtmäßig, auf der Grundlage von $ 34 Absätze 7 und 8 Berliner Hochschulgesetz
(BerIHG) eine Rüge zu erteilen, auch wenn das BerIHG dies nicht ausdrücklich regelt und die
jeweilige Promotionsordnung zur Entziehung eines Doktorgrades auf die gesetzlichen
Bestimmungen bzw. das BerIHG verweist?“

erstellt von

Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis
unter Mitarbeitvon Niklas Eder (LL.M., Maftr. en Droit)
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U

Inhaltsverzeichnis

I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
II. Gegenstand des Gutachtens
III. Ermessensentscheidung
IV. Die Rüge als Ermessensüberschreitung
V. Die Rechtmäßigkeit der Rüge als ungeklärte Rechtsfrage
1. Die Rüge vor den Gerichten
2. Die Rüge in der Literatur
3. Die Rüge in der Praxis
VI. Die Rüge als verfassungsrechtlich zulässige und gebotene Maßnahme
1. Anforderungen an die Bestimmtheit von Eingriffsgrundlagen
2. Minusmaßnahme oder Aliud
3. Verfassungsmäßigkeit der Rüge als Minusmaßnahme
4. Verhältnismäßigkeit und Differenzierungsgebot

VII. Zusammenfassung
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l.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

1. Der Präsident der FU Berlin ist nach $ 34 Abs. 7, 8 Berliner Hochschulgesetz
befugt, in rechtmäßiger Ausübung seines gesetzlich eingeräumten Ermessens statt

des Entzugs des Doktorgrades eine Rüge auszusprechen.

2. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das daraus
folgende Differenzierungsgebot gebieten in minderschweren Fällen eine Rüge
auszusprechen, auch wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage eine Rüge nicht

ausdrücklich regelt.

3. Die Rüge ist kein aliud zur Entziehung des Doktortitels. Sie genügt dem
rechtstaatlichen und demokratischen Vorbehalt des Gesetzes und dem
rechtstaatlichen Bestimmtheitsgebot.

4. Die Rüge ist eine typische Minusmafßnahme, wie sie auch in anderen
Rechtsgebieten vorkommt. Sie wird von dem Bundesverfassungsgericht etwa im
Versammlungsrecht als Ergebnis einer gerechten Abwägung gemäß dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit durchgesetzt.

5. Rüge und Entzug sanktionieren beide, mit unterschiedlicher Intensität, dass
ein/e Doktorand/in den Anforderungen guter wissenschaftlicher Praxis nicht genügt

hat.

6. Die Zulässigkeit einer Rüge ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung wird im
Wissenschaftsrecht von Rechtsprechung und juristischer Literatur kontrovers und

zum Teil in sich widersprüchlich behandelt,

7. Auch in anderen Universitäten als der FU Berlin werden Rügen ohne
ausdrückliche gesetzliche Regelung in minder schweren Fällen anstelle des

Titelentzugs ausgesprochen.

8. Auch Autoren, die die Rechtmäßigkeit des Ausspruchs einer Rüge ohne
ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage verneinen, befürworten die
Einführung einer Rüge de lege ferenda, um den in der Praxis vielfach ungerechten

Alles-oder-nichts-Mechanismus zu vermeiden.
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ll. Gegenstand des Gutachtens

Gegenstand des Rechtsgutachtens ist der von dem Präsidenten der Freien
Universität Berlin am 22. September 2020 erteilte Auftrag:

„Ist es rechtmäßig, auf der Grundlage von $ 34 Absätze 7 und 8 Berliner
Hochschulgesetz (BerIHG) eine Rüge zu erteilen, auch wenn das BerIHG dies nicht
ausdrücklich regelt und die jeweilige Promotionsordnung zur Entziehung eines

Doktorgrades auf die gesetzlichen Bestimmungen bzw. das BerIHG verweist?"

Gegenstand des Gutachtens ist damit allein die Frage nach der zulässigen Rechtsfolge
der $ 34 Abs. 7 und 8 BerIHG. Das Gutachten nimmt zu der Frage, welche
Voraussetzungen vorliegen müssen, damit der Tatbestand des $ 34 Abs. 7 BerIHG erfüllt
ist, keine Stellung.

Das Gutachten bezieht sich nicht auf konkrete Fälle und beantwortet die Frage nach

der zulässigen Rechtsfolge im Allgemeinen.

Ferner beschäftigt es sich nicht mit Frage, unter welchen Voraussetzungen eine
Entscheidung nach $ 34 Abs. 7 und 8 BerIHG zurückgenommen werden kann oder muss,
oder unter welchen Bedingungen ein Verfahren nach $ 34 Abs. 7 und 8 BerIHG neu
aufgenommen werden muss.

Als Hintergrund für dieses Gutachten dienen das Gutachten des Wissenschaftlichen
Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 31. Juli 20201 sowie das
Gutachten von Professor Gärditz vom 27. Oktober 2020.2 In beiden Gutachten wird
neben der einer Reihe anderer und weitergehender Rechtsfragen zu der Zulässigkeit
einer Rüge nach dem BerlHG Stellung genommen. Das Gutachten des Wissenschaftlichen
Parlamentsdienstes befasst sich zwar nur zu einem kleinen Teil mit der hier relevanten
Rechtsfrage, und das Gutachten von Professor Gärditz befasst sich - im Gegensatz zu
diesem Gutachten - im Wesentlichen mit einem konkreten Fall, Beide Gutachten nehmen
zu der Frage der Zulässigkeit der Rüge nur kurz Stellung. Gleichwohl bieten sie nützliche
Ansatzpunkt für die ausführlicheren Erklärungen in diesem Gutachten.

Dieses Gutachten befasst sich nach einleitenden Feststellungen (III.) zunächst mit
der in dem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des
Abgeordnetenhauses dargestellten Auffassung, dass eine Rüge, welche auf Grundlage

' „Gutachten zu einer Reihe von Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Entzug eines Doktortitels aufgrund der Aufdeckung
von Plagiaten“, Wissenschaftlicher Parlamentsdienst des Abgeordnelenhauses von Berlin, 21. Juli 2020, abrufbar unter:

htps /lwww,parlament-

 

(zuletzt besucht am 3. November 2020), Das Gutachten wurde auf Anfrage der AFD-Fraktion erstellt.
® Gärditz, Gutachtliche Stellungnahme betreffend die Überprüfung einer Dissertation durch die Freic Universität Berlin (Fall
Dr. Franziska Giffey), 27. Oktober 2020.
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von $ 34 Abs. 7 und 8 BerIHG ergehe, rechtswidrig sei (IV.). Es stellt die Argumente dar,
welche für die Rechtswidrigkeit einer solchen Rüge angeführt werden, und prüft
anschließend, unter Berücksichtigung relevanter verwaltungsrechtlicher
Rechtsprechung und Literatur sowie angesichts der üblichen Praxis, deren
Überzeugungskraft (V.). Anschließend prüft das Gutachten u.a. in Auseinandersetzung
mit dem Gutachten von Professor Gärditz, die verfassungsrechtlichen Anforderungen,
denen verwaltungsrechtliches Handeln im allgemeinen und die Erteilung einer Rüge
nach $ 34 Abs. 7 und 8 BerIHG im konkreten zu genügen hat (V].) und kommt zu einem
abschließenden Ergebnis (V11.).
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II. Ermessensentscheidung

$ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG räumen dem Normananwender eine
Ermessensentscheidung an. Die Ermessensentscheidung ist von dem Leiter oder der
Leiterin der Hochschule auf Vorschlag des zuständigen Gremiums zu treffen.

Die $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG lauten:

(7) Ein von einer staatlichen Hochschule gemäß $ I Absatz 2 verliehener

akademischer Grad kann wieder entzogen werden,

I. wenn sich nachträglich herausstellt, dass er durch Täuschung erworben
worden ist oder dass wesentliche Voraussetzungen fir die Verleihung nicht

vorgelegen haben,

2. wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Inhaber oder die Inhaberin

der Verleihung eines akademischen Grades unwürdig war,

3. wenn sich der Inhaber oder die Inhaberin durch späteres Verhalten der

Führung eines akademischen Grades unwürdig erwiesen hat.

(8) Über die Entziehung eines von einer staatlichen Hochschule gemäß $ 1
Absatz 2 verliehenen akademischen Grades entscheidet der Leiter oder die
Leiterin der Hochschule auf Vorschlag des Gremiums, das für die
Entscheidung über die dem akademischen Grad zu Grunde liegenden

Prüfungsleistungen zuständig ist. $ 32 Absatz 2 gilt entsprechend.

Ausdrücklich vorgesehene Rechtsfolge des $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG ist der Entzug
des akademischen Grades — oder, im gegenteiligen Fall, die Entscheidung, dass der
akademische Grad nicht entzogen werden soll. Eine Rüge fällt nicht unter die
ausdrücklich vorgesehenen Rechtsfolgen. Wählt der Leiter oder die Leiterin der
Hochschule trotzdem die Rüge als Rechtsfolge, so kann darin eine
Ermessensüberschreitung liegen. Eine Ermessensüberschreitung liegt vor, wenn eine
nicht mehr im Rahmen des Ermessens liegende Rechtsfolge gewählt wird oder eine
andere nach dem Gesetz nicht vorgesehene Maßnahme ergriffen wird.3 In Bezug auf die
hier zu prüfendenden Rechtsvorschriften läge eine Ermessensüberschreitung also dann
vor, wenn die Rüge keine zulässige Rechtsfolge der $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG ist. Ob dies
der Fall ist, wird im Folgenden geprüft.

? So auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes, Fn. 1,S. 8f., mit Verweis auf Ziekow,
Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 4. Aufl, 2020, $ 40 Rn. 44; Schwarz, in: Fehling, Kastner, Störmer (Hrsg),
Verwaltungsrecht, 4, Aufl, 2016, $ 114 VwGO Rn. 50.
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IV. Die Rüge als Ermessensüberschreitung

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des
Abgeordnetenhauses stellt fest, dass eine Rüge keine zulässige Rechtsfolge der $ 34 Abs.
7 und 8 BerlHG sei.!

Zwar habe das OVG Münster 5 offengelassen „ob bei geringfügigeren
Täuschungshandlungen auch ein nicht vorgesehenes Sanktionsmittel anstelle der in
einer Prüfungsordnung allein vorgesehenen Sanktion ergriffen werden kann“®. Auch
werde in der Literatur teilweise vertreten, dass Prüfungsbehörden Sanktionen
verhängen könnten, die zwar rechtlich nicht vorgesehen seien, welche jedoch weniger
belastend wirkten als die geregelte Sanktion.? Dies solle dann gelten, wenn es sich nur
um leichte Verstöße handelte.® Dieser Ansicht sei jedoch weder grundsätzlich zu folgen,
noch ließen sich Verstöße gegen die Sorgfalt wissenschaftlichen Arbeitens im Rahmen
der $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG als „leichte Verstöße“ qualifizieren.? Das Gutachten geht
davon aus, dass in „vorsätzlichen Fällen des Plagiieren(s)“ ein hoher Unwertgehalt
vorläge, sodass die von der genannten Literatur gestellten Anforderungen im Rahmen
der $ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG regelmäßig nicht vorlägen.!° Im Übrigen käme es darauf
jedoch auch nicht an, da die in der zitierten Literatur vertretenen Auffassungen ohnehin
insgesamt abzulehnen seien.!! Diese Auffassungen bauten auf der Meinung auf, dass der
verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine weitere Differenzierung
verlangen könnte, selbst wenn in einer Prüfungsordnung nur eine Sanktion für den Fall
eines Fehlverhalten vorgesehen sei.1? Die Rechtsprechung, welche zur Rechtfertigung
dieser Meinung angeführt werde, lasse diesen Schluss jedoch nicht zu.!?

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes geht auf die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ein.!* In dem zitierten Urteil
stellt das BVerwG fest, dass einer Prüfungsbehörde jegliche Sanktionierung verwehrt sei,
wenn das in Rede stehende Fehlverhalten zwar „einen nicht völlig zu

vernachlässigenden Unwertgehalt“ verkörpere, das Gewicht dieses Fehlverhaltens

4 Siehe Fn. 1, S. 7-10.

5OVG Münster Urt. v.4.1.2018 - 14 A 610/17, Rn. 69.

6 Siehe Fn. 1,8. 6, mit Verweis auf OVG Münster Urt. v. 4.1.2018 — 14 A 610/17.

7 Siche Fn. 1,8. 7 mit Verweis auf Haase, in: Johlen/Oerder, Münchener Anwaltshandbuch Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2017, $
I6 Rn. 342,

8 Siehe Fn. 1,S. 7 mit Verweis auf Haase, ebenda.

9 Siehe Fn. 1,8.7.

10 Ebenda.

I Ebenda.

12 Ebenda, mit Verweis auf Niehmes/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 240.
13 Siehe Fn. 1, 8.7.

" Ebenda, S. 7f. mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 -6C 19/11.
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