2021-07-01-21-tlvwa-unterrichtung-nsvf-bei-sammelruckfuhrungen-th
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Weisungen zu Aufenthaltstgesetz, Asylgesetz und Familiennachzug“
Freistaat Thüringen & Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Postfach 90 04 62 - 99107 Erfurt Thüringer Landesverwaltungsamt Jorge-Semprün-Platz 4 99423 Weimar = vorab per E-Mail - Rechtzeitige Ankündigung aller durch den Freistaat Thüringen organi- sierten Sammelrückführungsmaßnahmen gegenüber der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter Bei der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter (NSFV) handelt es sich um eine unabhängige nationale Stelle zur Prävention von Folter und Miss- handlung in Deutschland, die auf Grundlage des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Optional Protocol to the Convention Against Torture - OPCAT) einge- richtet wurde. Deutschland hat das OPCAT am 20. September 2006 unterzeichnet und mit Zustimmungsgesetz vom 26. August 2008 ins nationale Recht umgesetzt. Zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem OPCAT haben die Länder am 235. Juni 2009 einen Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mecha- nismus aller Länder nach Artikel 3 des OPCAT unterzeichnet. Sie einigten sich darauf, einen "gemeinsamen nationalen Mechanismus im Sinne des Ar- tikels 3 des Fakultativprotokolls zu schaffen (Kommission), der gegenüber Bund, Ländern und Vereinten Nationen einheitlich auftreten kann" (s. Präam- bel des Staatsvertrags). Nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Staatsvertrages ‚gewähren die Länder den Mitgliedern der Kommission die in Artikel 20 des OPCAT genannten Rechte und Befugnisse. Gemäß Artikel 20 Buchstaben a und b OPCAT sind die Vertragsstaaten ver- pflichtet, den nationalen Präventionsmechanismen Zugang zu allen Informa- tionen zu gewähren, welche - die Anzahl der Personen, denen an Orten der Freiheitsentziehung im Sinne von Artikel 4 die Freiheit entzogen ist, sowie die Anzahl dieser Orte und ihre Lage betreffen; - die Behandlung dieser Personen und die Bedingungen ihrer Frei- _ heitsentziehung betreffen. - Die Definition der Freiheitsentziehung im OPCAT ist nach Einschätzung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) weit: Es sind alle informationen zum Schutz ihrer personenbezogenen Daten durch das TMMJV und Ihre Ansprechpartner hierzu Auf Wunsch übersenden wir Ihnen eine Papierfassung. Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Ihr/e Ansprechpartner/in: Herr Zabold Durchwahl: Telefon +49 361 57351-1170 Telefax +49 361 57351-1111 Stefan.Zabold@ tmmjv.thueringen.de Ihr Zeichen: Ihre Nachricht vom: Unser Zeichen: (bitte bei Antwort angeben) 2072/E-3017/2017-3 Erfurt, 1. Juli 2021 Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Werner-Seelenbinder-Straße 5 99096 Erfurt \ www.thueringen.de
Formen der Freiheitsentziehung erfasst (Artikel 4 OPCAT). Allein die Mög- lichkeit des Entzuges der Freiheit ist ausreichend, um die Zuständigkeit der NSVF zu begründen. Das einer zwangsweisen Rückführung immanente frei- heitsbeschränkende Element löst nach Einschätzung des BMI damit auch die Zuständigkeit der NSVF aus. Auch Artikel 20 OPCAT sollte nach Auffas- sung des BMI im Sinne eines konstruktiven Umgangs mit den Verpflichtun- gen aus dem Fakultativprotokoll nicht restriktiv ausgelegt werden. Die NSFV wandte sich nach Kenntnis des TMMJV im I. Quartal 2021 an sämtliche Länder und monierte, dass im Rahmen einer Länderabfrage der NSFC vom Dezember 2020 bekannt wurde, dass mehrere Bundesländer in den letzten Jahren begonnen haben, eigenständige Rückführungsmaßnah- men zu organisieren. Hiervon sei die Nationale Stelle - mit Ausnahme von Bayern - nicht unterrichtet worden. Darin sieht die Nationale Stelle eine deut- liche Behinderung der Ausübung des ihr übertragenen Mandats. Anlässlich dieser Länderschreiben wurde die Thematik in verschiedenen Bund-Länder-Gremien erörtert. In diesem Zusammenhang wurde das BMI um Prüfung gebeten, ob das Mandat der NSVF eine Befugnis zur Beobach- tung von Rückführungsmaßnahmen der Länder umfasst. Im Rahmen der 10. Bund-Länder-Tagung Asyl und Rückkehr am 09. Juni 2021 wurde die Angelegenheit unter TOP 15 erörtert. Das BMI führte hierzu aus, dass der Bund die Notwendigkeit der Kooperation von Ländern und der NSVF sieht und das Mandat der NSVF aus dortiger Sicht eine Befugnis zur Beobachtung von Rückführungsmaßnahmen der Länder umfasst. Weiterhin führte das BMI hinsichtlich der Frage der Vertraulichkeit aus, dass die Mitar- beiter der NSVF entsprechende Verpflichtungserklärungen abgegeben ha- ben, sicherheitsüberprüft werden und sämtliche Daten zu Rückführungsmaß- nahmen stets als „VS-NfD“ eingestuft werden. Nach Einschätzung des BMI sowie der Bundespolizei (BPOL) ist die Vertraulichkeit der NSVF gegeben. Die BPOL informierte in diesem Zusammenhang zudem darüber, dass die seitens der BPOL organisierten Charter- bzw. Sammelrückführungsmaßnah- men stets im Vorfeld bei der NSVF angezeigt werden. Einzelmaßnahmen oder Linienrückführungen werden seitens der BPOL hingegen nicht im Vor- feld bei der NSVF gemeldet. Entsprechend der Verfahrensweise der Bundespolizei bitte ich künftig, etwa- ige seitens Thüringen organisierte Charter- bzw. Sammelrückführungsmaß- nahmen rechtzeitig im Vorfeld bei der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter anzuzeigen, um der NSVF im Rahmen ihres Mandates die Gelegen- heit einzuräumen, die Maßnahmen angemeldet oder auch unangemeldet zu beobachten. Sollten seitens des Landesverwaltungsamtes entsprechende Anzeigen ge- genüber der NSVF ergehen bitte ich zudem um nachrichtliche Beteiligung des TMMJV. Im Auftrag £ \ N \ Seite 2 von 2