H-2-LT-u-gA-Ideal-Lehrer_geschwrzt

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Zentrale Abiturprüfungen im Beruflichen Gymnasium

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Berufliches Gymnasium                                      Zentralabitur Deutsch gA 2020 Themenkorridor 2 Realistische Tendenzen in der Lyrik des 19. Jahrhunderts Aufgabenart: Literarischer Text – untersuchend gA Heinrich Kämpchen (1847-1912) Ideal und Prosa Wer nie im Schacht die       Keilhau  1  schwang, Wer nie, von Pulverdampf umgeben, Nach Luft und Atem röchelnd rang, Der kennt dich nicht, du Bergmannsleben. 5 Man wirft uns in die Gruft hinein, Wer bürgt, daß nicht zerschmettert färben Wir unten blutig das Gestein? Es geht auf Leben oder Sterben. Und wer den Bergebau besang 10 Und wer ihn pries in Melodien, Er wolle nur zwei Monde lang  2 Mit uns durch seine Grüfte ziehen. Er habe nur wie wir im Schacht, Durchleuchtet nie von Tageshelle, 15 So manche schwere Schicht vollbracht, Den bleichen Tod als Mitgeselle .      3 Und meinen Kopf setz‘ ich zum Pfand, Ihm sind die Lieder ausgegangen – Das Schaumgold „Ideal“ verschwand 4 20 Dort, wo die „Prosa“ angefangen. (144 Wörter) 1 Keilhaue = keilförmige, etwas gebogene Hacke zum Loshauen von Gestein 2 Monde = Monate 3 Geselle = hier: Kamerad im Bergwerk 4 Schaumgold = unechtes Gold aus einer Legierung von Kupfer und Zink Seite 1 von 6              Literarischer Text untersuchend (gA)                      Text
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Berufliches Gymnasium                                    Zentralabitur Deutsch gA 2020 Textvorlage Heinrich Kämpchen: Ideal und Prosa. In: Karl Otto Conrady (Hg.): Das große deutsche Gedichtbuch. Von 1500 bis zur Gegenwart. München 1997 (5. Aufl.), S. 386. Rechtschreibung und Zeichensetzung folgen der Textvorlage. Erlaubte Hilfsmittel: Rechtschreiblexikon Auswahl- und Lesezeit: 20 Minuten Arbeitszeit: 4 Zeitstunden Aufgabenstellung 1. Analysieren Sie das Gedicht Ideal und Prosa von Heinrich Kämpchen (1898). 2. Nehmen Sie Stellung zu der Kernaussage des lyrischen Ichs, wie ein Künstler Realität abbilden sollte. Seite 2 von 6            Literarischer Text untersuchend (gA)          Aufgabenstellung
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Berufliches Gymnasium                                     Zentralabitur Deutsch gA 2020 Unterrichtliche Voraussetzungen Die Interpretation von literarischen Texten ist Gegenstand aller drei Schuljahre des Deutschunterrichts des Beruflichen Gymnasiums. Durch die unterrichtliche Arbeit zum Lyrikkorridor sind die Schülerinnen und Schüler mit der Untersuchung von Motiven, sprachlicher Gestaltung, Wirkung und Intention lyrischer Texte insbesondere aus den realistischen Tendenzen der Lyrik im 19. Jahrhundert vertraut. Lehrplan und Standard-Bezug - erwartete Schülerleistung – Anforderungsbereiche Aufgabe 1: Analysieren Sie das Gedicht Ideal und Prosa von Heinrich Kämpchen (1898). Die Schülerinnen und Schüler können Inhalt, Aufbau und sprachliche Gestaltung literarischer Texte analysieren, Sinnzusammenhänge zwischen einzelnen Einheiten dieser Texte herstellen und sie als Geflechte innerer Bezüge und Abhängigkeiten erfassen. (Bildungsstandards 2.4.1.). Mögliche Antworten könnten sein: -   Kurze und präzise Zusammenfassung des Inhalts o Das lyrische Ich kritisiert, wie seine harte und lebensbedrohliche Arbeit im Bergbau bisher in literarischen Werken idealisiert und nicht realistisch abgebildet werde. Es behauptet, dass jeder, der einmal das Leben im Bergbau am eigenen Leib erfahren habe, eben dieses nie wieder idealisierend darstellen werde. -   Analyse und Deutung o Sprechsituation  Lyrisches Ich spricht, außer in der letzten Strophe, im lyrischen Wir – es ist Teil der Bergmänner o Gedichtform  Nähe zum Volkslied o äußerer Aufbau und innerer Aufbau  5 Strophen à 4 Verse Seite 3 von 6             Literarischer Text untersuchend (gA)       Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium                                    Zentralabitur Deutsch gA 2020    Kreuzreim    4-hebiger Jambus mit abwechselnd männlicher und weiblicher Kadenz  Enjambements in Strophe 2, Verse 6-7; Strophe 3, Verse 11-12; Strophe 5, Verse 19-20  Inversion  Gedankenstrich o Inhalt:  Strophe 1: Umschreibung der harten Umstände des Bergbaus  Strophe 2: Bergbau als lebensbedrohlicher Gewaltakt („man wirft uns“)  Strophe 3: Kritik an Dichter/Sänger/weiteren Autoren – Idealisierung des Bergbaus unangemessen  Strophe 4: erneute Beschreibung der lebensbedrohlichen Arbeitsumstände  Strophe 5: Fazit wer einmal den Bergbau miterlebt hat, wird ihn nie wieder idealisieren o Rhetorische Mittel zur Betonung der oben genannten Inhalte  Anaphern: „Wer nie“; „Und wer“ zur Abgrenzung der „Kumpel“ von allen anderen Personen als eine Gemeinschaft  Personifikation und Apostrophe: „du Bergmannsleben“ zeigt starke Identifikation der Bergleute mit ihrem Beruf und dadurch auch die starke Ablehnung falscher Darstellung  Rhetorische Frage  Antithese „Leben oder Sterben“ zur Veranschaulichung der Gefahr der Bergmannstätigkeit o Weitere Besonderheiten der sprachlichen Gestaltung  Semantisches Feld ‚Tod, Gewalt, Leid: „Atem röchelnd rang“, „Gruft“, „zerschmettert“, „blutig“, „Leben oder Sterben“, „den bleichen Tod als Mitgeselle“  Verwendung des Konjunktivs als Appell tatsächlicher Teilhabe („er habe“; „er wolle“)  Semantisches Feld ‚Farbsymbolik‘: „bleichen Tod“, „Durchleuchtet nie von Tageshelle“, „blutig“ (die Farbe Rot im starken Kontrast zu der Dunkelheit/Schwärze) Seite 4 von 6            Literarischer Text untersuchend (gA)       Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium                                    Zentralabitur Deutsch gA 2020 o Realistische Tendenzen inhaltlicher Art  Einforderung von Deckungsgleichheit zwischen Realität und Abbild  Fokussierung auf das Arbeitermilieu im Bergbau  Objektive Darstellung eines Menschen/einer Menschenmasse; geprägt durch Herkunft, psychische Dispositionen, Milieu und Zeitumstände o Deutung  Kritik an den unmenschlichen Lebensbedingungen im Bergbau, die teilweise lebensbedrohlich sind  Kritik an der Darstellung der Alltagssituation der Bergleute in der Literatur durch die idealisierende Form der Dichtung, die den Alltag nicht richtig beschreibt und falsch abbildet  Kritik an den Dichtern, sich einer zu sehr idealisierenden Sprache zu bedienen  Wunsch der Bergleute nach realistischer Darstellung ihrer Arbeitswelt  Aufforderung an Dichter, selbst die Arbeit erleben und somit das Leid und die Gefahr nachvollziehen  Appell an Dichter, in „realistischer“ Weise zu schreiben Anforderungsbereiche I bis III Aufgabe 2: Nehmen Sie Stellung zu der Kernaussage des lyrischen Ichs, wie ein Künstler Realität abbilden sollte. Die Schülerinnen und Schüler können die in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen kritisch zu eigenen Wertvorstellungen, Welt- und Lebenskonzepten in Beziehung setzen (Bildungsstandards 2.4.1). Mögliche Antworten könnten sein: -   Wertschätzung der Arbeiterrealität -   Bezugnahme auf die im Unterricht behandelte Lyrik und der Darstellung von Realität in ebendieser Seite 5 von 6            Literarischer Text untersuchend (gA)       Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium                                   Zentralabitur Deutsch gA 2020 -   Bezugnahme auf die Darstellung von Realität in anderen literarischen Werken, z.B. „Im Krebsgang“ -   Möglichkeit von Literatur ist, Kritik an Glorifizierung von harter Realität zu üben -   Stellungnahme, inwieweit Literatur die Welt verändern kann -   Stellungnahme, inwiefern Idealisierung mithilfe der Literatur ihre Berechtigung hat Andere individuelle Gedankengänge sind möglich. Anforderungsbereiche II und III Bewertungskriterien für die Noten „gut“ und „ausreichend“ Die Note „gut“ verlangt - bei Schwerpunktsetzungen - die differenzierte und kompetente Erfüllung des Erwartungshorizontes, ohne jedoch auf Vollständigkeit im Detail zu drängen. Die sprachlich-stilistische Gestaltung der Arbeit muss flüssig, korrekt sowie verständlich und der Aufbau klar gegliedert sein. Für die Note „ausreichend“ genügt es, wenn unter Anwendung grundlegender Verfahren, Begriffe und Argumentationstechniken die Fragestellungen und Sachverhalte im Ansatz treffend bearbeitet werden, also die Textaussage grundlegend und richtig erfasst wird, sowie korrekte Vergleichsergebnisse im Ansatz dargestellt werden. Der Aufbau muss erkennbar geordnet, der Stil verständlich und die sprachliche Gestaltung weitgehend fehlerfrei sein. Seite 6 von 6           Literarischer Text untersuchend (gA)       Erwartungshorizont
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