Bonn_Masterplan

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Masterplan Energiewende und Klimaschutz Bonn Vor dem Hintergrund des – global wie lokal dramatischen – Klimawandels stellt sich die Stadt Bonn in einem partei- und institutionsübergreifenden Konsens dieser Herausforderung und entwickelt einen kommunalen Masterplan Klimaschutz. Wenn die Erwärmung der Erdatmosphäre auf maximal zwei Grad beschränkt werden soll, liegen die Schlüssel dafür in unserer Hand. Den Städten und Gemeinden Deutschlands kommt eine besondere Verantwortung zu, tragen ihre Emissionen doch erheblich zum Klimawandel bei. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten, der urbane Raum ist für drei Viertel der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich. Kommunaler Klimaschutz ist deshalb einer der wichtigsten Hebel zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Hierbei kommt der Bundesstadt Bonn als Sitz des Klimasekretariats der Vereinten Nationen und als Mitglied des ICLEI-Städtenetzwerks eine wichtige Vorbildfunktion zu. Die Stadt Bonn ist sich dieser Verantwortung bewusst und hatte sich als Mitglied des Klimabündnisses der Städte verpflichtet, bis zum Jahr 2010 die CO2-Emissionen gegenüber dem Referenzjahr 1987 um 50% zu senken. Mehrmals wurden CO2-Bilanzen zur Abschätzung der Emissionen in Bonn erstellt. Seit 2003 nimmt die Stadt Bonn am European Energy Award (EEA) teil. Auf Basis der Auditergebnisse des EEA wurde 2007 ein Aktionsprogramm Klimaschutz aufgestellt, durch das eine Reihe von Maßnahmen initiiert wurde. Anfang 2011 ging die neugeschaffene Bonner Energieagentur an den Start, der eine wichtige Funktion vor allem beim Klimaschutz im Gebäudebereich zukommt. Mit der Veröffentlichung des 4. Berichtes des International Panel on Climate Change ist klar geworden, dass der Klimawandel sich schneller vollziehen wird, als noch vor wenigen Jahren prognostiziert. Die Notwendigkeit, ambitionierte Klimaschutzziele festzulegen und umfassende Maßnahmen zu deren Erreichung zu ergreifen, erweist sich heute als noch dringender als zur Zeit der Gründung des Städtebündnisses. 2009 sagte die Bundesregierung zu, bis zum Jahr 2020 die CO2-Emissionen in Deutschland bis 2020 um 40 % und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken. Um den globalen Temperaturanstieg auf 2 Grad zu begrenzen, ist nach den jüngsten Ergebnissen der Klimaforschung sogar eine Reduzierung der CO2-Emissionen in den Industrienationen bis 2050 um 90 bis 95 % erforderlich.
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Nach dem Vorbild der Bundesregierung und unter Berücksichtigung der aktuellen Empfehlungen der Klimaforschung setzt sich die Bundesstadt Bonn das Ziel, die CO2-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 90 bis 95 % gegenüber 1990 zu senken. Als mittelfristiges Ziel wird eine Reduzierung der Emissionen um 40 % bis 2020 angestrebt. Diese ehrgeizigen, aber notwendigen Ziele erfordern ein ambitioniertes, gut geplantes Vorgehen. Handlungsbedarf für Bonn ist auch durch den Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010“ der Deutschen Umwelthilfe deutlich geworden. Die Aufgaben des kommunalen Klimaschutzes sind zu wichtig, um an den Grenzen von Parteien, Institutionen und partikularen Interessen zu scheitern. Die kommunalen Akteure müssen sich deshalb um einen ziel- und konsensorientierten Dialog bemühen, der die politischen Parteien ebenso umfasst wie die Akteure der kommunalen Verwaltung und der lokalen Wirtschaft, die Arbeitnehmervertreterinnen und –vertreter, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Vertreterinnen und Vertreter der umliegenden Kommunen und Kreise. Wie die Ergebnisse der Studie Energieregion Rhein-Sieg zeigen, ist das Potenzial für eine CO2-freie Energieversorgung in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis vorhanden. Für die Realisierung einer klimaneutralen Energieversorgung ist jedoch eine regionale Kooperation unerlässlich, da nur in der Region die Flächen bereitstehen, die zur Energieerzeugung z.B. aus Windkraft und Biomasse benötigt werden. Die Stadt Bonn wird daher den Masterplan Klimaschutz in enger Zusammenarbeit mit dem benachbarten Rhein-Sieg-Kreis konzipieren. Unser Leitbild ist dabei eine sichere, bezahlbare, klimaverträgliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung. Maßnahmen 1. Der Rat der Stadt Bonn spricht sich gegenüber der Bundesregierung für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie aus. 2. Die Energiepolitik folgt dem Grundsatz der „drei großen E“: Energieeinsparung – Energieeffizienz - Erneuerbare Energien. 3. a) Die Verwaltung wird beauftragt, geeignete Maßnahmen (s. Handlungsfelder) zu ergreifen, um die CO2-Reduktionsziele von 90 bis 95 % bis 2050 gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu erreichen. b) Die Verwaltung wird Maßnahmen vorschlagen und stufenweise realisieren, die geeignet sind, eine Reduzierung der
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Emissionen um 40 % bis 2020 gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu bewirken. Die haushalterischen Auswirkungen sind bei den vorgeschlagenen Maßnahmen darzustellen. c)Die Erreichung der CO2-Reduktionsziele ist jährlich darzustellen, das Maßnahmenpaket ggf. anzupassen. d)Dazu erstellt die Verwaltung einen Masterplan, der auf der CO2-Bilanz 2010 aufbaut, die jährlich fortgeschrieben wird. In der jährlichen CO2-Bilanz wird anhand der mit Ecospeed ermittelten Daten abgeleitet, wo (noch) wesentliche Emissionen auftreten und wo weitere Einsparpotenziale für die Zukunft liegen. Entsprechende Schwerpunkte für Maßnahmen werden identifiziert. e) Dazu werden für alle kommunalen Handlungsfelder Maßnahmen mit zeitlichen Vorgaben zusammengestellt, die der Zielerreichung dienen. f) Alle Maßnahmen sollten – soweit möglich – im Vorfeld hinsichtlich Aufwand und Nutzen (CO2-Einsparung) betrachtet werden. Ebenso muss ein Monitoring der Effekte erfolgen. g) Bei der Erreichung der CO2-Ziele sind die haushalterischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. 4. a) Es wird ein Klimaschutzbeirat gegründet, der unter Beteiligung von Politik und Vertreterinnen und Vertretern gesellschaftlicher Gruppen das Energiekonzept/Masterplan begleitet. b) Die Bundesstadt Bonn entwickelt bis Mitte 2012 in Kooperation mit den Nachbarkommunen und dem Rhein-Sieg-Kreis eine strategische Ausrichtung für die zukünftige Energiepolitik mit einem überregionalen tragfähigen Energiekonzept in den Schwerpunkten Strom und Gas sowie Wärme und Verkehr. c) Dazu werden ausgehend von den gemeinsamen und verbindlichen Zielen des Masterplans Klimaschutz regelmäßige Foren zum fachlichen Austausch der verschiedenen Akteure und zum quantitativen Abgleich der Fortschritte etabliert. d) Innerhalb des Amtes für Umwelt wird eine “Leitstelle Klimaschutz” eingerichtet. Ihre Aufgabe ist die permanente Steuerung der Klimaschutzbemühungen sowie die durchgehende Abstimmung mit allen Stellen der Stadt Bonn. Die Aufgabenzuweisung und Kompetenz sind festzulegen (Beispiel Dienstanweisung, Zeichnungsberechtigung). e) Es ist mittelfristig anzustreben, die Bonner Energieagentur zu einer regionalen Klimaschutzagentur weiter zu entwickeln,
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da die regionale Zusammenarbeit Voraussetzung für die Beschleunigung der Energiewende und die Umsetzung der Klimaschutzziele ist. 5. Die Bundesstadt Bonn stellt zur Finanzierung und Erarbeitung des Konzepts einen Förderantrag nach der BMU Klimaschutzinitiative 6. Eine besondere Bedeutung bei der Energiewende in der Bundesstadt Bonn kommt als wichtigstem Ver- und Entsorger den Stadtwerken Bonn (SWB) zu. Die Stadt Bonn setzt sich dafür ein, dass die SWB den Anteil an Atomstrom schnellstmöglich auf Null senken und den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben. Klimaschutz als Querschnittsaufgabe Ein integrierter Masterplan Klimaschutz kann nicht bei Einzelmaßnahmen stehen bleiben, sondern muss alle wesentlichen kommunalen Handlungsfelder in den Blick nehmen, die über ein Mindestmaß an CO2-Relevanz verfügen. Jedes der Handlungsfelder „Entwicklungsplanung und Raumordnung“, „Kommunale Gebäude und Anlagen“, „Versorgung und Entsorgung“, „Verkehr und Mobilität“, „Interne Organisation“ sowie „Kommunikation und Kooperation“ muss a) qualitativ und quantitativ auf seinen Ist-Zustand geprüft werden, b) mit überprüfbaren und umsetzungsfähigen Zielen verbunden werden sowie c) mit entsprechenden Maßnahmen und Instrumenten versehen werden. ANHANG Handlungsfelder (nach European Energy Award) 1. Handlungsfeld Entwicklungsplanung und Raumordnung Dazu gehören: - Beachtung des aktualisierten Integrierten Freiraumsystems - Verbesserung des Kleinklimas: Pflanzung zusätzlicher Bäume und Sträucher, Entsiegelung von Flächen, Dachbegrünung auf städtischen Gebäuden und Förderung privater Dachbegrünungen - konsequente Festsetzungen in der Bauleitplanung nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. b BauBG, Vorlage eines entsprechenden
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Planungsentwurfs durch die Verwaltung zur Installation von Solaranlagen bzw. anderer Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien - Einführung eines öffentlichen Ausgleichsflächenkatasters - Definition von Energieleitlinien durch die Verwaltung, die als Grundregeln bei der Planung kommunaler Neubauten bzw. Sanierungen im Bestand im Sinne einer rationellen Energieverwendung zu berücksichtigen sind. - energetische Sanierung und Einsatz Erneuerbarer Energien bei den (städtischen) Wohnungsbaugesellschaften 2. Handlungsfeld Kommunale Gebäude und Anlagen Dazu gehören - Einleitung einer dauerhaften Kampagne für Energieeinsparung, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien - Umsetzung von Wärmedämm- und energetischen Modernisierungsmaßnahmen an allen städtischen Gebäuden - Einsatz von Contracting- bzw. Intracting-Modellen bei öffentlichen Gebäuden und Liegenschaften - Neubau öffentlicher Gebäude in Anlehnung an Passivhausstandards - Stromversorgung der öffentlichen Gebäude über die Stadtwerke mit 100 % Strom aus nachweislich erneuerbaren Quellen - Auftrag an das städtische Gebäudemanagement, bei der Bestandssanierung und bei Neubauten Dächer und Fassaden mit PV-Modulen auszustatten (soweit technisch und wirtschaftlich machbar) - schrittweise Umstellung des städtischen Fuhrparks auf E- Fahrzeuge (an die technische Entwicklung angepasst) - Erhöhung des „Solarthermie-Zuschusstopfes“ und Straffung der Verfahren 3. Handlungsfeld Versorgung und Entsorgung In diesem Handlungsfeld kommt der SWB für Bonn eine entscheidende Bedeutung zu. Die Stadt Bonn setzt sich dafür ein, dass die SWB folgende Ziele verfolgt:
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- Nutzung aller Möglichkeiten, mit einer wettbewerbsfähigen, attraktiven Preisgestaltung die Bonner Privat– und Geschäftskunden mit kernenergiefreien Strom zu versorgen. - Erhöhung des Anteils „erneuerbaren“ Stroms im Portfolio der Stadtwerke auf mindestens 50 % bis 2020 und auf 100 % bis 2050 - schnellstmögliche Senkung des Atomstromanteils am Portfolio der Stadtwerke Bonn (Zielplanung: Null Atomstromanteil ab 2015) - Förderung der Errichtung von dezentralen BHKWs sowie Ausbau der konzerneigenen Gesellschaft für Energie und Gebäudemanagement (EGM) - Verstärkung der Werbung für Naturstrom - Beteiligung an weiteren Projekten für Erneuerbare Energien - Weiterentwicklung und Umsetzung eines intelligenten Energie- Managements zur Steuerung einer optimalen Abstimmung von Stromerzeugung und -verbrauch - Bis Mitte 2012 Vorlage eines umsetzbaren Konzeptes inkl. Finanzplanung zum Ausbau der Eigenerzeugung von Energie und Erhöhung ihrer Eigenbeteiligung an Anlagen alternativer Energiegewinnung, notfalls über einen begrenzten Zeitraum nicht gewinnorientiert. 4. Handlungsfeld Verkehr und Mobilität Dazu gehören: - konsequente Umsetzung der Beschlüsse zur „Umweltfreundlichen Verkehrspartnerschaft“ - Einleitung einer dauerhaften lokalen Kampagne für die Verkehrsarten des Umweltverbundes - Ausbau des Radverkehrsnetzes mit Schließung aller Lücken, Umsetzung des bestehenden Routenkonzeptes (u.a. Velo-City- Ring) - Einrichtung von Radschnellrouten wegen stark zunehmender Nutzung von schnelleren E-Bikes und "Pedelecs", - Ausbau des Schienennetzes und Angebotsoptimierung im Bestandsnetz - klarer Vorrang bei Ampelschaltungen für den Umweltverbund
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- Ausweitung der Fußgängerbereiche in der Innenstadt und den Bezirkszentren - Einführung einer städtischen City-Logistik als Alternative zum Warentransport mit dem Pkw („Wir bringen den Einkauf zu Ihnen nach Hause.“) - Beschaffung ausschließlich emissionsarmer Dienstfahrzeuge von maximal 120 g CO2 pro Kilometer - Einführung eines städtischen Mobilitätsmanagements mit Minimierung der Treibstoffkosten und Emissionen 5. Handlungsfeld Interne Organisation Dazu gehören: - Schaffung einer Leitstelle Klimaschutz (z.B. als Aufwertung einer bereits bestehenden Stelle) mit Querschnittsaufgaben zwischen Politik und Verwaltung. Wesentliche Aufgaben dieser Stabsstelle sind: 1.  Entwicklung von Kennzahlen und Beschlussvorlagen an die Politik 2.   jährliche Erstellung einer CO2-Bilanz und eines darauf aufbauenden Zielabgleichs mit Bericht an den Rat 3.   Umsetzungskontrolle für Masterplan Klimaschutz auf der Basis der beschlossenen Kennzahlen 4.   Klima-Check für alle städtischen Beschlussvorlagen, d.h. Prüfung und Bewertung der CO2-Relevanz 5.   fortlaufende Information an die relevanten Akteure und klimaschutzbezogenen Institutionen - Fort- und Weiterbildungseinheiten für städtische Mitarbeiter zu klimaschutzbezogenem Verwaltungshandeln - weiterer Ausbau der Bonner Energieagentur - konsequent umweltfreundliches Beschaffungswesen gemäß Beschluss des Hauptausschusses vom 11.10.2007 (Drucksache: 0712169NV4) - systematische Umstellung auf energieoptimierte IT-Strukturen und weitere energetisch relevante Geräte bzw. Verbrauchsmaterialien
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- Energetische Beratung ansiedlungswilliger Unternehmen, ggf. unter Einbeziehung Dritter - weitere Beteiligung am Klimabündnis, European Energy Award, DUH-Wettbewerb, SolarLokal und „Solar-Bundesliga“ 6. Handlungsfeld Kommunikation und Kooperation Wesentliche Aufgaben sind: - verbindliche Abstimmung mit und Einbeziehung von örtlichen Unternehmen bzw. Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer in den Masterplan Klimaschutz - Auflage eines Bürgerfonds für klimagerechte Geldanlagen bei der Sparkasse KölnBonn - Etablierung eines Kriteriums „Klimafreundlichkeit“ bei der Kreditvergabe durch die Sparkasse KölnBonn - kommunale Informationskampagne an allen Bonner Schulen und Kindergärten zu Problemen und Lösungsansätzen im Themenfeld Klimawandel - Bürgerbeteiligungsmodelle, kleinteilige Fondlösungen, Unterstützung von Bürgerinitiativen bei genossenschaftlichen Energieprojekten - klare und langfristig verbindliche Verankerung der Ausgaben für den Masterplan Klimaschutz im städtischen Haushalt, Absicherung durch langfristige Haushaltstitel - frühzeitige und transparente Bürgerbeteiligung bei klimaschutzbezogenen Planungsvorhaben - Kooperation mit lokalen Medien im Themenfeld kommunaler Klimaschutz, z.B. im Rahmen eines städtischen Stromsparwettbewerbs
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