Darmstadt

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Abb. 26: Suchräume für Windenergienutzung. Abb. 27: Prinzip der Rückführung von Wärme aus dem Kanalnetz. Abb. 28: Biomassepotenziale in Darmstadt. Abb. 29: Prozentuale Verteilung der Potenziale für die Nutzung Erneuerbarer Energien in der Wissen- schaftsstadt Darmstadt. Abb. 30: Entwicklung der Kosten für verschiedene Energieträger der regenerativen Stromerzeugung. Abb. 31: Übersicht über den Aufbau des Maßnahmenkataloges. Abb. 32: Kommunikative Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit. Abb. 33: Strukturen zur Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes. 11
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Vorbemerkung Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) ist von der Wissenschaftsstadt Darmstadt am 1. September 2012 beauftragt worden, auf Basis der Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit ein integriertes Klimaschutzkonzept für die Wissenschaftsstadt Dar- mstadt zu erstellen. Das IWU ist dabei vom Ingenieurbüro memo-consulting, Dipl.-Ing. Joachim Fahr- wald, unterstützt worden. 2002 wurde bereits ein Klimaschutzkonzept für die Wissenschaftsstadt Darmstadt vom Öko-Institut, Darmstadt, und dem Institut Wohnen und Umwelt erstellt. In diesem ersten Klimaschutzkonzept stand die Bestandsaufnahme über Energieverbräuche und die Potenziale der Energieeffizienz im Mit- telpunkt. Verschiedene Akteure der Stadtgesellschaft wirkten in einer Arbeitsgruppe „Energie“ bei der Erstellung des Konzeptes mit und über Gespräche wurden zusätzliche Erkenntnisse und Erfah- rungen für das Konzept ermittelt. Dennoch war es ein Gutachten, welches inhaltlich durch die wis- senschaftlichen Bearbeiterinnen und Bearbeiter bestimmt war. Das vorliegende Klimaschutzkonzept hat sich dagegen in besonderer Weise an den Beiträgen der Akteure der Stadtgesellschaft der Wissenschaftsstadt Darmstadt orientiert. Es legt den Schwerpunkt auf den Maßnahmenkatalog, dessen Inhalte in den Arbeitsgruppen, Werkstätten, im Klimaschutzbei- rat und in der erweiterten Steuerungsgruppe zusammengetragen worden ist. Somit ist das neue Kli- maschutzkonzept ein lebendiges Abbild davon, wie die Herausforderung Klimaschutz in der Wissen- schaftsstadt Darmstadt wahrgenommen wird und welche Lösungswege als notwendig und erfolgver- sprechend angesehen werden. Für die kommunale Politik und Verwaltung ergibt sich die wichtige Aufgabe, das bestehende Engagement der Akteure der Darmstädter Stadtgesellschaft weiter zu un- terstützen, zu befördern und für die weitere Zukunft mit zu nutzen. Eine Vorbildfunktion zu über- nehmen und damit Glaubwürdigkeit zu repräsentieren, stellt eine große Verantwortung für die kommunale Politik und Verwaltung dar. Die Herausforderung kommunaler Klimaschutz ist eine He- rausforderung aller Akteure der Darmstädter Stadtgesellschaft. Die Bearbeiter des vorliegenden Klimaschutzkonzeptes möchten sich bei den zahllosen Personen bedanken, die einen Beitrag zu der Erstellung des Klimaschutzkonzeptes geleistet haben. Es wäre nicht richtig einzelne Personen durch spezielle Namennennung hervorzuheben. Viele der Namen, denen der Dank gilt, sind in den Unterlagen zu finden, die im Internet auf den Klimaschutzseiten der Wissenschaftsstadt Darmstadt dokumentiert sind. www.darmstadt.de/klimaschutz 12
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1 Einleitung 1.1 Ziele und Aufgaben eines integrierten Klimaschutzkonzeptes Angesichts des zu beobachtenden Klimawandels sind auf allen internationalen, staatlichen und un- ter-staatlichen Ebenen die Herausforderungen eindeutig, und zwar Klimaschutz und Klimaanpassung als wesentliche Aufgaben der Zukunftssicherung wahrzunehmen. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 % und bis 2050 sogar um über 80 % gege- nüber dem Basisjahr 1990 zu senken. Für die Erreichung dieser Ziele stellt neben der Verbesserung der Energieeffizienz der verstärkte Einsatz der Erneuerbaren Energien einen zentralen Baustein dar. Die Bundesregierung strebt hier für das Jahr 2020 folgende Ziele an: Der Anteil an Erneuerbaren Energien soll bei dem Bruttostromverbrauch auf mindestens 35 % und beim Wärmeverbrauch auf 14 % bzw. beim gesamten Bruttoendenergieverbrauch auf 18 % ansteigen (BMW/BMU 2012 Erster Mo- nitoringbericht). Bei der Umsetzung von Klimaschutzzielen sind die Städte und Gemeinden in besonderem Maße ge- fragt, denn auf der lokalen Ebene wird hier ein großer Teil klimarelevanter Emissionen produziert. Hier sind auch die entsprechenden Einsparpotenziale zu finden, die es zu erschließen gilt, um die angestrebten Klimaschutzziele erreichen zu können. Klimaschutz ist bisher noch keine kommunale Pflichtaufgabe, dennoch stellen sich immer mehr Städ- te und Gemeinden dieser Herausforderung. Das Klimaschutzziel der Reduzierung der Treibhausgas- emissionen um 40 % wird auch von den kommunalen Spitzenverbänden getragen. Um Klimaschutz- potenziale breit und möglichst effizient zu erschließen, sind lokale integrierte (nachhaltige) Klima- schutzkonzepte ein wichtiges Instrument. Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und för- dert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Aktivitäten, die einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Sie decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab, von der Konzepterstellung bis hin zu investiven Maßnahmen. Von den Programmen und Projekten der Natio- nalen Klimaschutzinitiative profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Kommunen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen (BMU 2013). Integrierte Klimaschutzkonzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf Basis einer fortschreibbaren Energie- und CO2-Bilanz, Potenzialbetrachtungen durchführen, die zur Bestimmung von Klimaschutz- zielen herangezogen werden und dass die Maßnahmen zielgruppenspezifisch und auf die Handlungs- bereiche zugeschnitten entwickelt werden. Darüber hinaus soll eine Abschätzung der Investitionskos- ten und eine überschlägige Betrachtung der kommunalen und regionalen Wertschöpfung in dem Konzept dargestellt werden. Letztlich sind Kontrollinstrumentarien vorzuschlagen und eine Konzepti- on für eine offensive Öffentlichkeitsarbeit auszuarbeiten. Wesentliches Element eines integrierten Klimaschutzkonzeptes ist es, dass es in einem partizipativen Verfahren unter Mitwirkung der wesent- lichen Entscheidungsträger und der Betroffenen, das heißt auch in Zusammenwirken mit den Bürge- rinnen und Bürgern der Stadt erstellt wird. Letzteres ist entscheidend für eine erfolgreiche Umset- zung der im Konzept dargestellten Ziele. 1.2 Rahmenbedingungen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt Die Wissenschaftsstadt Darmstadt ist kreisfreie Stadt im Süden des Bundeslandes Hessen mit einer aktuellen Bevölkerungszahl von 150.708 Einwohnern (Stand 30.06.2013). Sie gehört zum Verwal- 13
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tungsbezirk Südhessen und ist der Metropolregion Frankfurt-RheinMain zuzurechnen. Besonderes Kennzeichen der Stadt ist der hohe Anteil an Wissenschaftseinrichtungen, in erster Linie ist hierbei die Technische Universität Darmstadt zu nennen, und zahlreiche Unternehmen mit innovativen For- schungs- und Entwicklungsabteilungen. Dies führte dazu, dass Darmstadt seit 1997 den Titel Wissen- schaftsstadt trägt. 1.2.1 Entwicklung und Abgrenzung des Gebietes Die Stadt Darmstadt hat den Charakter einer Bandstadt und gliedert sich in neun Ortsteile. Das Stadtgebiet wird fast vollständig vom Landkreis Darmstadt-Dieburg umschlossen, nur im Norden grenzt Darmstadt zudem an den Landkreis Offenbach. Die Gemarkungsfläche deckt eine Fläche von rund 122 km² ab. Aus dem 11. Jahrhundert stammt die älteste urkundliche Erwähnung der Stadt Darmstadt. Darmstadt wurde im 16. Jahrhundert Residenzstadt und somit zum Zentrum der Region Hessen-Darmstadt. Dies ist auch der Hintergrund, dass Darmstadt weiterhin wichtige Verwaltungsstadt ist (z. B. Sitz des Re- gierungspräsidenten Südhessen) und zahlreiche öffentliche Gebäude in der Stadt zu finden sind (z. B. Landesmuseum). Für die räumliche Entwicklung der Stadt gab es kaum natürliche Hindernisse. Mit dem Bau der Rhein-Neckar-Bahn und dem Einsetzen der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhun- derts nahm außerdem die Bedeutung der Stadt Darmstadt als Wohn- und Arbeitsstätte in der Region zu. 1937 erfolgten die Eingemeindungen von Arheilgen und Eberstadt, die mittlerweile an die Kernstadt angrenzen. Räumlich deutlich abgesetzt ist noch der Ortsteil Wixhausen, der erst 1977 eingemeindet wurde. Große Teile der Gemarkungsfläche sind mit Wald bedeckt, so dass Darmstadt auch als die Stadt im Wald bezeichnet wird. Die Bebauung reicht westlich und östlich des Stadtzentrums sowie südlich von Eberstadt bis an den Wald heran. 1.2.2 Geografische Einbindung Die Stadtlandschaft von Darmstadt wird geprägt durch die bewaldeten Odenwaldhöhen im Osten und die Oberrheintalniederung im Westen. Insgesamt treffen vier naturräumliche Einheiten in Dar- mstadt aufeinander. Darmstadt ist arm an Gewässern, es gibt keinen größeren Fluss im Stadtgebiet. Darmstadt gehört zum Klimaraum Südwest-Deutschland. Das bedeutet, es herrschen milde Winter und warme Sommer vor und die Niederschlagsmenge ist gering. Die Jahresdurchschnittstemperatu- ren liegen zwischen 9 bis 10 ° Celsius. Im langjährigen Mittel ist Darmstadt die sonnigste Stadt Hes- sens mit 1.685,5 Stunden Sonnenschein. Der Sonderbeitrag Wetter und Klima des statistischen Am- tes der Wissenschaftsstadt Darmstadt vom 2. Halbjahr 2011 zeigt, dass in Darmstadt die Zahl der heißen Tage – Tage, bei denen das Tagesmaximum die Grenze von 30° Celsius überschreitet - in den letzten 50 Jahren von ca. 5 Tagen auf 15 Tage angestiegen ist. 1.2.3 Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung Die Wissenschaftsstadt Darmstadt ist eine weiterhin dynamisch wachsende Stadt und die Bevölke- rung ist in den letzten 22 Jahren um gut 5 % auf 150.708 Einwohner angestiegen (Stand 30.06.2013). Dieser Zuwachs ist vor allem auf Bevölkerungsgewinne in den beiden Stadtteilen Arheilgen und Kra- 14
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nichstein zurückzuführen. In der Altersstruktur macht sich der hohe Anteil an Studierenden deutlich bemerkbar. Die Altersjahrgänge von 20 bis 30 Jahren sind besonders stark vertreten, denn in Dar- mstadt gibt es rund 37.000 Studentinnen und Studenten. Tab. 1: Entwicklung der Bevölkerungszahl in der Wissenschaftsstadt Darmstadt (Quelle: Statistisches Amt). Jahr                                        1990     1993      1996        1999          2002      2005        2008         2011 EW                                          137.705   138.405   137.092     135.547    137.225     139.103     140.999      147.930 Bevölkerungsprognosen liegen für den Zeithorizont bis zum Jahr 2030 vor. Im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan, der 2006 verabschiedet worden ist, wird von einem Bevölkerungszuwachs auf 148.900 Einwohnern bis zum Jahr 2020 ausgegangen. Diese Zahl ist mittlerweile längst überholt, siehe oben. In der folgenden Grafik sind verschiedene Bevölkerungsprognosen dargestellt. 20000 Veränderung Einwohnerstand ggü. 2011 15000 10000                                                               Stadt Darmstadt 2012 Zuwanderung 750 5000                                                               Stadt Darmstadt 2012 Zuwanderung 500 0                                                               Stadt Darmstadt 2012 Zuwanderung 250 HessenAgentur 2010 -5000 Hessisches Statistisches -10000 Landesamt 2008 2011       2015        2020           2025          2030 Prognosejahr Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung bis 2030 im Vergleich der Bevölkerungsprognosen (Quelle: Eigene Darstel- lung, Stadt Darmstadt, Demografiebericht, Hessisches Statistisches Landesamt, Hessenagentur). Die neueren Prognosen gehen alle von einem weiteren Wachstum der Bevölkerung bis zum Jahre 2030 aus. Die verschiedenen Szenarien für die Stadt Darmstadt errechnen eine Bevölkerungszahl von rund 151.000 bis zu 162.000 Einwohnern für das Jahr 2030. Die Zahl 160.000 wird in den nachfolgen- den Klimaschutzszenarien als Basisgröße für das Jahr 2030 verwendet. Auf Grund des demografischen Wandels wird die Anzahl der Haushalte sowohl noch stärker als auch zeitlich langfristiger anwachsen als die Bevölkerungszahl. Während die obigen Szenarien für die Be- völkerung einen Zuwachs um 3 bis 10 % abbilden, ergeben sich für die Haushalte Zuwachswerte von 5 bis 12 %. Mit dem Anstieg der Haushaltszahl steigt auch die Nachfrage nach Wohnraum deutlich an. Grundsätzlich führen drei Faktoren, die mit der Bevölkerungsentwicklung und dem demografi- schen Wandel einhergehen, zu einem erhöhten Energiebedarf in der zukünftigen städtebaulichen Entwicklung. Erstens, durch die Verkleinerung der Haushaltsgröße, und zweitens, durch den Anstieg des durchschnittlichen Einkommens erhöht sich die Wohnfläche pro Kopf. Drittens, Vergleiche von 15
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Haushaltstypen unterschiedlichen Alters zeigen, dass mit zunehmendem Alter der Energiebedarf ansteigt (s. nachfolgende Abb.), unter anderem auch deshalb, weil die Verweildauer in den Wohnun- gen länger wird. Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung, vermehrte Nachfrage nach Wohnraum und die Altersentwicklung werden in Darmstadt wahrscheinlich den Bedarf nach Energie im Bereich der Wohngebäude und der privaten Haushalte noch erhöhen. Abb. 2: Pro Kopf Kosten für den Energieverbrauch im Lebenszyklus (Quelle: Prognos AG). Die in den zwei Zuwanderungsszenarien prognostizierten Veränderungen der Altersstruktur zeigen beide sehr deutlich, dass insbesondere die Alterskohorten über 55 Jahre einen starken Zuwachs er- fahren werden. Das sind genau die Haushalte, die nach der obigen Darstellung von Energieverbräu- chen im Lebenszyklus besonders viel Energie pro Kopf in Anspruch nehmen. 30% 25% 20% Veränderung 2030 zu 2011 15% 10% 5% 0% -5% -10% Modell "Zuwanderung 250" -15%                                                   Modell "Zuwanderung 750" 0-14 15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65-74 75+- Alterskohorte Abb. 3: Veränderungen der Bevölkerungsanteile nach Alterskohorten zwischen 2011 und 2030 (Quelle: Eigene Berechnungen, Stadt Darmstadt, Demografiebericht). Durch seine Lage im Verdichtungsraum Rhein-Main-Neckar verfügt Darmstadt über günstige Voraus- setzungen als Wirtschaftsstandort. Über 30 wissenschaftliche Einrichtungen und forschende Unter- 16
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nehmen mit internationaler Bedeutung (z. B. Merck, Telekom, Gesellschaft für Schwerionenfor- schung, European Space Operations Centre der European Space Agency) und rund 120.000 Erwerbs- tätige bei über 150.000 Einwohnern verdeutlichen diese herausragende Situation. Der Standort Dar- mstadt ist auch durch erhebliche Anteile des produzierenden Gewerbes geprägt, so dass der Struk- turwandel in diesem Bereich auch für Darmstadt spürbar war. So gingen zwischen 1992 und 1997 ungefähr 10.000 Arbeitsplätze verloren. Mittlerweile steigt die Zahl wieder deutlich an. Dieser struk- turelle Wandel schlägt sich auch in der Energie- und CO2-Bilanz der Stadt nieder und wird sich wahr- scheinlich fortsetzen. In dem Zeitraum von 1987 bis 2009 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) ist die Zahl der Erwerbstä- tigen in Darmstadt von 106.099 auf 122.500 angestiegen. Darunter fallen auch die sozialversiche- rungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort Darmstadt, deren Anzahl sich seit zehn Jahren um den Wert von 88.000 Personen bewegt. In der folgenden Tabelle ist die Verteilung dieser Beschäftigten auf die verschiedenen Wirtschaftsbranchen wiedergegeben. Tab. 2: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort in Darmstadt nach Wirtschaftsabschnitten (Quelle: Statistisches Amt). Wirtschaftsabschnitt                                                     Stand 31.12.2010 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei                                                             51 Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe                                                      18.495 Baugewerbe                                                                                   2.025 Handel, Verkehr, Gastgewerbe                                                                14.646 Information und Kommunikation                                                                7.164 Finanz- und Versicherungsdienstleister                                                       7.164 Grundstücks- und Wohnungswesen                                                               2.137 Freiberufliche, wissenschaftliche, technische Dienst-                                       15.545 leister, sonstige wirtschaftliche Dienstleister Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversiche-                                       22.856 rung, Erziehung und Unterricht, Gesundheit und Sozi- alwesen Kunst, Unterhaltung und sonstige Dienstleister                                               4.629 Summe                                                                                       88.371 1.2.4 Flächennutzung Die Tabelle 3 zeigt auf den ersten Blick, dass Darmstadt über ein hohes Biomassepotenzial im Bereich Holz verfügt, denn die Waldbestände decken 44,9 % der Gemarkungsfläche ab und repräsentieren somit die flächengrößte Nutzungsart. Die Siedlungs- und Verkehrsflächen, das sind zusammenge- nommen Gebäude- und Freiflächen, Betriebsflächen, Verkehrsflächen sowie Erholungsflächen, neh- men zwar insgesamt 36,7 % der Fläche ein, reichen aber nicht an den Flächenanteil des Waldes he- ran. Die landwirtschaftlichen Flächen kommen auf 18,7 % der Gemarkungsfläche. 17
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Tab. 3: Entwicklung der Flächennutzungen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt (Quelle: Statistisches Amt). Nutzungsart                          31.12.1988          31.12.2001           31.12.2008 Gebäude- und Freiflächen                       2.361               2.457               2.479 Betriebsflächen                                  304                 291                  299 Erholungsflächen                                 366                 396                  455 Verkehrsflächen                                1.221               1.255               1.249 Landwirtschaftliche Flächen                    2.651               2.443               2.279 Waldflächen                                    5.445               5.480               5.482 Wasserflächen                                     85                  78                   79 Flächen anderer Nutzung                           76                  96                  154 Summe                                        12.235              12.224               12.209 Der Vergleich der Entwicklung der Flächennutzungsarten zwischen 1988 und 2008 verdeutlicht, dass jeweils der Anteil der Gebäude- und Freiflächen (plus 5 %) sowie der Verkehrsflächen (plus 2,3 %) leicht und der Anteil der Erholungsflächen (plus 24,3 %) – hier vor allem durch statistische Zuordnun- gen und durch die Umsetzung der Eingriffs- und Ausgleichsregelung hervorgerufen - stärker ange- stiegen sind. Dieser Anstieg ging fast ausschließlich zu Lasten der landwirtschaftlichen Flächen (minus 14 %). Diese Zahlen entsprechen weitgehend dem bundesweiten Trend. 1.2.5 Leitbilder zur Stadtentwicklung In den letzten Jahrzehnten prägten zwei grundlegende Leitbilder die stadtpolitischen Diskussionen der Stadt Darmstadt und wie die Stadt von außen wahrgenommen wurde und wird: •    Darmstadt die Stadt der Kultur •    Wissenschaftsstadt Darmstadt Das erste Leitbild wird durch die Bedeutung des Jugendstils für die Stadt Darmstadt unterlegt und spielt weiterhin eine große Rolle. Mittlerweile dürfte das Leitbild der Wissenschaftsstadt jedoch prä- gender sein, weil es auch die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt mit aufgreift. Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Leitbilder auf den verschiedensten Handlungsebenen und für verschiedene Zwecke entwickelt. Im Folgenden werden einige beispielhaft herausgegriffen: •   Im Flächennutzungsplan von 2006 wird formuliert: Die besonderen Funktionen der Stadt in- nerhalb des Verdichtungsraumes Rhein-Main-Neckar sollen als Standort vielfältiger gewerbli- cher, kultureller und sozialer Aktivitäten weiter ausgebaut werden. Ziel ist es, die Wirt- schaftskraft und Steuerkraft der Stadt sowie die Lebensqualität für die Bürger/innen der Stadt zu erhalten und auszubauen. In weiteren Leitlinien wird das pragmatische Ziel Innen- vor Außenentwicklung erwähnt. •   Leitbilder des Landschaftsplans zum obigen Flächennutzungsplan beziehen sich auf die ver- schiedensten Funktionen von Natur und Landschaft, wie z. B. Erholungsfunktion, Klimafunk- tion, Landschaftsbild, Arten- und Biotopschutz. •   Ein Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung ist im Agenda21-Dokument aus dem Jahr 2000 zu finden, welches folgende Abschnittstitel enthält: I. Wohnen – attraktiv und in Balance, II. 18
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Wirtschaft und Konsum – zukunftssicher, III. Darmstadt – im Einklang mit Natur und Umwelt, IV. Soziale Gerechtigkeit – auch bei der Arbeit, V Darmstadt – lokal und global vernetzt, VI. Wissenschaft und Kultur, Bildung und Information – in der Wissenschaftsstadt. •    Gesundheitspolitisches Leitbild (auf Basis der Charta von Ottawa). •    Städtebauliches Leitbild der Stadt und der Technischen Universität zum Campus und umge- benden Naherholungsflächen. •    Leitbild für den öffentlichen Raum (Präventionskonferenz 2011). •    Das Verkehrspolitische Leitbild und das Wirtschaftspolitische Leitbild der Industrie- und Han- delskammer Rhein-Main. •    das Leitbild der Metropolregion Rhein-Main, welches die Stadt Darmstadt einschließt. In den Leitbildern des Landschaftsplans und des Agenda-Dokuments sind auch explizite Aussagen zum Klima und zum Klimaschutz zu finden. 1.2.6 Bisherige Aktivitäten zum Klimaschutz Entsprechend der Vielzahl der Akteure der Stadtgesellschaft in Darmstadt existiert auch eine Vielfalt an Aktivitäten, die direkt oder indirekt den Klimaschutz unterstützen bzw. unterstützen sollen. Diese Vielfalt lässt sich nicht annähernd abbilden. Hier nur einige zufällig ausgewählte Beispiele: Einrich- tung des Energy Centers der Technischen Universität Darmstadt, zahlreiche Projekte der HSE zur Nutzung Erneuerbarer Energien, Gründung der ENTEGA Energieeffizienz GmbH, vorbildliches Ener- giemanagement der Firma Merck KGaA, HEAG mobilo nutzt für das Straßenbahnnetz ausschließlich Ökostrom und Anschaffung mehrerer Hybridbusse, Beratungs- und Informationsaktivitäten der Hes- sischen Energiesparaktion, Beratungen zur Energieeffizienz der Industrie- und Handelskammer, Bau von Passivhäusern durch den Bauverein, Gründung der Energiegenossenschaft Darmstadt. Für die Stadt Darmstadt lassen sich neben der Durchführung von einzelnen Projekten zur Energieein- sparung folgende Klimaschutzaktivitäten auflisten: •    Seit 1995 Mitglied im Klima-Bündnis europäischer Kommunen. •    Im Jahr 2000 Verabschiedung des Agenda21-Dokuments mit Zielen und Maßnahmen zum Klimaschutz. •    2002 Fertigstellung des ersten Klimaschutzgutachtens durch das Öko-Institut und das Institut Wohnen und Umwelt im Auftrag der Wissenschaftsstadt Darmstadt. •    2003 Erstellung des ersten „ökologischen Mietspiegels“ durch das Institut Wohnen und Um- welt, in dem die energetische Beschaffenheit als Merkmal aufgenommen worden ist. •    2004 Einrichtung der Stelle eines Klimaschutzbeauftragten im Aufgabenbereich der Leitung des Agenda-Büros der Wissenschaftsstadt Darmstadt. •    Seit 2006 Kooperation mit der Verbraucherberatung in Bezug auf eine qualifizierte Energie- beratung. •    2008 Zielsetzung in allen kommunalen Liegenschaften, bei der Straßenbeleuchtung und im Straßenbahnnetz ausschließlich Ökostrom zu verwenden. •    2008 bis 2010 Teilnahme an dem Projekt „Klimaschutz in Kommunen“ zusammen mit den Städten Eisenach und Rheinberg. •    2010 Erarbeitung einer Energie- und CO2-Bilanz für den Zeitraum von 1990 bis 2009. Bisher ist eine Absenkung der CO2-Emissionen von 12,23 t CO2 pro Einwohner und Jahr (Bezugsjahr 1990) auf 10,29 t (Bezugsjahr 2009) erreicht worden. 19
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•   2010 Unterzeichnung der Hessischen Charta „100 Kommunen für den Klimaschutz“. •   Seit 2010 steht im Internet ein flächendeckendes Solardachkataster zur Verfügung, welches kostenfrei Informationen zu jedem Gebäudedach in Darmstadt über die potenzielle Eignung für die Nutzung von Solaranlagen zur Verfügung stellt. •   Ende 2012 Beauftragung des Instituts Wohnen und Umwelt zur Erstellung eines „Integrierten Klimaschutzkonzeptes für die Wissenschaftsstadt Darmstadt“ unter Nutzung des Förderprog- ramms der Bundesregierung. •   2013 Konzepterstellung Energetische Stadtsanierung Mollerstadt durch die NH Projektstadt. 1.2.7 Bisherige Ziele zum Klimaschutz Mit der Mitgliedschaft der Wissenschaftsstadt Darmstadt im Klima-Bündnis sind verschiedene Zielde- finitionen übernommen worden. Das ursprüngliche Ziel des Klima-Bündnisses lautete, bis zum Jahre 2010 bezogen auf das Basisjahr 1987 die CO2-Emissionen pro Einwohner zu halbieren. Im Agenda21-Dokument sind mehrere Ziele benannt: Reduktion der CO2-Emissionen pro Einwohner um 90 % bis zum Jahre 2050 und Reduktion der CO2-Emissionen in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie ebenfalls um 90 % bis zum Jahre 2050. Das Klimaschutzkonzept von 2002 greift diese Ziele auf und benennt konkrete Teilziele bezogen auf das Basisjahr 1990: Reduktion der CO2-Emissionen pro Einwohner um 35 % bis zum Jahre 2010, um 40 % bis zum Jahr 2020 und um 80 % bis zum Jahr 2050. Als weitere Orientierungen für den Klimaschutz in Darmstadt dienten zudem die Klimaschutzziele der Bundesregierung von 2010 und die des Wiener Kongresses von 2006. Abb. 4:Bisher entwickelte Ziele des Klimaschutzes in der Wissenschaftsstadt Darmstadt. 1.3 Verbrauchsdaten und Situation der Energieversorgung (fossil) Die letztjährigen Verbrauchswerte zeigen, dass trotz Zuwachs an Einwohnern und Erwerbstätigen die Verbrauchswerte für Strom und Gas relativ stabil geblieben sind (s. Tab. 4). 20
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