211104_IFG_Anfrage_Targeting

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Targeting im Wahlkampf bzgl. Böhmermann-Recherche

/ 16
PDF herunterladen
Dokumentenübersicht 1. Presseanfrage vom Redaktionsteam ZDF Magazin Royale an das BMAS 2. Antwort der BMAS-Pressestelle an das Redaktionsteam ZDF Magazin Royale 3. Interne Erläuterung vom 21.9.2021 zum Targeting betroffener Beiträge 4. Auszug aus Drucksache 19/32661 mit der Frage von und Antwort an MdB Kipping (DIE LINKE) 5. Ergänzende Angaben durch das BMAS an MdB Kipping (DIE LINKE) zur Antwort in Drucksache 19/32661 6. E‐Mail mit Stellungnahme der Agentur ressourcenmangel vom 4.10.2021 zum Sachverhalt 7. Fristlose Kündigung des Social Media Rahmenvertrags mit der Agentur ressourcenmangel vom 4.10.2021
1

Von:                    @ufe.de Gesendet: Dienstag, 21. September 2021 11:00 An: Presse BMAS Betreff: Microtargeting des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales | Aufforderung zur Stellungnahme Sehr geehrte Frau Dr. Haas, mein Name ist                    . Ich bin Journalist und recherchiere im Auftrag des "ZDF Magazin Royale" zum Thema "Microtargeting" auf Facebook. Hierzu möchten ich Sie zu folgenden Punkten um eine Stellungnahme bitten: Sie haben vom 4. Juni bis zum 1. Juli 2021 eine Anzeige geschaltet, wonach sich Betroffene von Misshandlungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrien für eine Entschädigungszahlung anmelden können (FB Werbe-ID: 3618452225046948). Diese Anzeige haben Sie gezielt an Menschen gerichtet, die sich laut Facebook für die “Sozialdemokratische Partei Deutschlands” interessieren. Warum? Sie haben eine Anzeige zum Thema “umweltfreundlicher Verkehr” vom 10. bis zum 13. August 2021 geschaltet (FB Werbe-ID: 211611477585768). Die Anzeigen haben sie gezielt an Menschen gerichtet, die sich sich laut Facebook für die “Sozialdemokratische Partei Deutschlands” interessieren. Warum? Wieso bewirbt Ihr Ministerium ein Wahlkampfthema wenige Wochen vor der Bundestagswahl und targetet damit Personen, die sich für die Sozialdemokratische Partei interessieren? Ihr Ministerium hat also während des Wahlkampfs staatliche Mittel verwendet, um potentielle SPD- Wähler:innen anzusprechen. Es liegt nahe, dass Sie damit gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.1977 (AZ: 2 BvE 1/76) verstoßen (‘Einsatz staatlicher Mittel zur Unterstützung einer Partei durch Werbung’). Was sagen Sie dazu? Ich bitte Sie, mir hierzu eine Stellungnahme bis Mittwoch, 22. September, 15 Uhr zuzusenden. Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße __________________________________________________________________ Redaktion
2

Von: Göpner-Reinecke, Christine -KS1 BMAS Gesendet: Mittwoch, 22. September 2021 um 16:30 An:                   @ufe.de Betreff: AW: Microtargeting des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales | Aufforderung zur Stellungnahme Sehr geehrter Herr            , vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir Ihnen gerne „laut BMAS“ bzw. „laut eines Sprechers“ beantworten: „Wir halten uns grundsätzlich an die Vorgaben und damit das Zurückhaltungsgebot des von Ihnen zitierten Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.1977. Entsprechend agieren wir in der Öffentlichkeitsarbeit und damit auch im Bereich Social Media. Im Bereich Social Media fokussieren wir die Bewerbung von Posts grundsätzlich nicht auf parteispezifische Zielgruppen und haben unsere Dienstleister entsprechend angewiesen. Dennoch mussten wir jetzt dank Ihres Hinweises feststellen, dass der Dienstleister, der unser Facebook- Werbekonto betreut, in der Tat für die beiden von Ihnen genannten Posts bei der Bewerbung u.a. “Personen mit dem Merkmal: Sozialdemokratische Partei Deutschlands” bei der Auswahl der Zielgruppe „getaggt“ hat. Das ist aus Sicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) ein Fehler, der nicht passieren darf. Er widerspricht eindeutig den Vorgaben des BMAS an den Dienstleister und ist ohne Wissen des BMAS erfolgt. Das bedauern wir ausdrücklich. Es geht auf einen internen Fehler und ein individuelles Fehlverhalten beim Dienstleister zurück, der die Anzeigen bucht und bearbeitet. Der Dienstleister erklärt, dass es sich um eine wiederholte Unachtsamkeit gehandelt hat, die wohl wie folgt zustande gekommen sein muss: Beim Einrichten der Werbeparameter für eine Anzeige schlägt Facebook qua Algorithmus Begriffe in Ähnlichkeit zu bereits eingegebenen Begriffen vor. Vor „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ steht „Sozialer Wandel“ und dahinter „Demokratie“ gefolgt von „Regierung“ und „Politik“. Die Agentur geht davon aus, dass hier ein vorgeschlagener Terminus angeklickt, aber nicht noch einmal kritisch überprüft wurde. Der Dienstleister ist zur Zeit weiter bemüht, den Fehler im Detail zu rekonstruieren. Seitens des BMAS prüfen wir, ob weitere Kontrollmechanismen zu etablieren sind, um solche externen Fehler zukünftig zu entdecken und zu vermeiden. Als BMAS müssen wir uns darauf verlassen, dass die Dienstleister sich an die Vorgaben des BMAS halten. Das ist in diesem Fall nicht geschehen. Deshalb prüfen wir auch die Auswahl eines neuen Dienstleisters für das Online-Marketing. Bei den beiden genannten Posts handelt es sich um sogenannte Service-Posts, die die Öffentlichkeit informieren und mit geringen Budgets versehen waren. Der Post für die Stiftung Anerkennung und Hilfe ist eine Erinnerung für Menschen, die sich bis Ende Juni 2021 in Bezug auf selbst erlebtes Unrecht hilfesuchend an die Stiftung Anerkennung und Hilfe wenden konnten. Damit der Post mehr Menschen als die bisherigen Kanal-Abonnent*innen erreicht, haben wir ihn mit knapp 400 Euro im Zeitraum vom 3. bis zum 30. Juni 2021 beworben. Der Zeitraum ist länger als
3

üblich, da es hier um ein hochsensibles Thema geht und eventuell Betroffene Zeit benötigen, um sich zu melden und das ihnen widerfahrene Unrecht zu thematisieren. Im Service-Post vom 10. August 2021 ging es darum, Menschen zu aktivieren, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, um sowohl ihre Gesundheit zu fördern als auch, durch Entlastung des ÖPNV, einen positiven Effekt für andere auf dem Arbeitsweg (in Pandemiezeiten) zu erlangen. Der Facebook-Post wurde mit knapp 300 Euro für die Laufzeit vom 10. bis zum 12. August 2021 beworben, so dass auch dieser Post mehr als die bisherigen Kanal-Abonnent*innen erreichen konnte.“ Für ein Hintergrundgespräch steht Ihnen auf Wunsch der Geschäftsführer der Agentur Ressourcenmangel, Benjamin Minack, zur Verfügung. Sie erreichen ihn telefonisch unter 030 / oder per E-Mail an                  @ressourcenmangel.de. Freundliche Grüße Christine Göpner-Reinecke
4

Post „Mit dem Rad zur Arbeit“, 10.08.2021 Kanäle: Facebook und Instagram Briefing: pro Kanal das niedrige Budget (299 Euro) Laufzeit: 10.08. - 12.08.2021 Zielgruppen-Größe: 3,1 Mio. (potenziell) Facebook: öffentlich hier in der Ads-Libary: facebook.com/ads/library/?id=211611477585768 Screenshot aus dem internen Facebook Ad-Manager Instagram: öffentlich hier in der Ads-Libary: facebook.com/ads/library/?id=119890793612347 Screenshot aus dem internen Facebook Ad-Manager 210603_Anmeldung-Stiftung-Anerkennung_Facebook, 03.06.2021
5

Kanäle: FB Briefing: Hohe Prio bis 30.06., Ausgaben: 699 € (nur FB!) Laufzeit: 03.06.-30.06.2021 ZG-Größe: 11. Mio. Personen (potenziell) öffentlich hier in der Ads-Libary: facebook.com/ads/library/?id=3618452225046948 Screenshot aus dem internen Facebook Ad-Manager Interessen haben eine ODER-Verknüpfung, Interesse an der SPD ist keine notwendige Bedingung, um diesen Post angezeigt zu bekommen. „Warum wird mir diese Werbeanzeige angezeigt?“-Beispiele:
6

Drucksache 19/32661                           –4–               Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 6. Abgeordnete          Wie viele targeted ads, die als explizite Zielgrup- Katja Kipping        pe Interessierte einer bestimmten Partei hatten, (DIE LINKE.)         wurden von Bundesministerien (bitte einzeln auf- schlüsseln) in der vergangenen Legislaturperiode geschaltet, und welches Budget wurden hierfür jeweils aufgewendet (www.rnd.de/politik/jan-boe hmermann-kritisiert-schmutzige-facebook-tricks- der-parteien-ATF2Q6KUNNDFPBBKGUJKGM CEAQ.html)? Antwort des Stellvertretender Chef des Presse- und Informationsamtes Tilman Seeger vom 5. Oktober 2021 Die Bundesministerien haben 676 targeted ads geschaltet und in der 19. Legislaturperiode ausgespielt, bei denen unter den Zielgruppen auch an Inhalten einer bestimmten Partei Interessierte waren. Davon entfallen 648 targeted ads auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)* mit einem Gesamtvolumen von 17.303,37 Euro und 28 tar- geted ads zur allgemeinen Corona- und Impfaufklärung auf das Bun- desministerium für Gesundheit mit einem Gesamtvolumen von 11.922,78 Euro. Es handelt sich um die reinen Schaltkosten inkl. Mehr- wertsteuer (ohne Agenturhonorare und ohne Kreationskosten). Alle wei- teren Bundesministerien und das Bundespresseamt haben Fehlanzeige gemeldet. * Ergänzende Angaben des BMAS: Bei der Erstellung der Zielgruppen sind einem mit der Betreuung des Online-Marketings des BMAS beauf- tragten Dienstleister Fehler unterlaufen – es wurde entgegen den Vorga- ben des BMAS, welche die Nennung einer politischen Partei untersagen, und ohne Kenntnis des BMAS gehandelt. Aufgrund dieses grundlegen- den Verstoßes des Dienstleisters gegen die Vorgaben des BMAS wurde dem Dienstleister fristlos gekündigt. Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen 7. Abgeordnete          Bei wie vielen, in Deutschland lebenden, tür- Gökay Akbulut        kischen Staatsangehörigen gab es im Rahmen (DIE LINKE.)         der Teilnahme an dem automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) einen Datenaustausch mit türkischen Behörden seit der Einführung des Gesetzes, und zu wie vielen Ermittlungsverfahren hat dies bisher geführt?
7

Ergänzende Angaben zur Schriftlichen Frage von Katja Kipping MdB Das BMAS hat in der vergangenen Legislaturperiode insgesamt 346.067,42 € (inkl. MwSt.) für die Bewerbung von redaktionellen Beiträgen und Kampagnen in den sozialen Medien ausgegeben, bei denen der für das Online-Marketing beauftragte Dienstleister entgegen der expliziten Anweisungen des BMAS als einen von durchschnittlich 10-15 Parametern __ auch das Interesse an einer bestimmten politischen Partei ausgewählt hat. Die Zuordnung von Nutzer*innen zu einer Interessenskategorie erfolgt im Falle von Facebook auf Grundlage eines Facebook-eigenen Algorithmus, der nicht veröffentlicht wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass Personen, die mit einer Facebookseite interagiert   und/oder   diese   abonniert    haben,   in   den   Interessenskategorien zusammengefasst werden. Bei übergreifenden Kategorien kann entsprechend davon ausgegangen werden, dass die Interaktion mit mehreren Seiten entscheidend für die __ Sortierung in die entsprechenden Kategorien ist. Das Verfahren unterstellt algorithmisch, dass sich Personen mit bestimmten Themen befassen. Da Zielgruppenparameter als UND bzw. ODER-Kriterien angelegt werden, führen mehr Kriterien zu einer breiteren Ausspielung. Die betroffenen Beiträge wurden also nicht nur an Personen mit dem entsprechenden Interessenskriterium ausgespielt, sondern zusätzlich auch an diese. Die gewichtete Betrachtung der Ausspielung gemäß der Zielgruppenparameter führt zu den in der Tabelle angegebenen Ausgabensumme von 17.303,37 € (inkl. MwSt.) bei 648 beworbenen Beiträgen. Bei der Erstellung der Zielgruppen sind dem mit der Betreuung des Online-Marketings beauftragten Dienstleister Fehler unterlaufen – es wurde entgegen den Vorgaben des BMAS gehandelt, welche die Nennung einer politischen Partei untersagen und damit auch gegen das Neutralitätsgebots des BMAS verstoßen. Aufgrund dieses grundlegenden Verstoßes des Dienstleisters gegen die Vorgaben des BMAS wurde dem Dienstleister fristlos gekündigt.
8

Von:                  @ressourcenmangel.de Gesendet: Montag, 4. Oktober 2021 09:03 An: Lösche, Nina-Suzanne -KS2 BMAS Betreff: Einordnung Social Ads für das BMAS Liebe Nina, anbei unsere Stellungnahme zum Sachverhalt. Ich möchte mich nochmals für diesen dummen Fehler entschuldigen. Herzliche Grüße Benjamin
9

Stellungnahme der Agentur ressourcenmangel zum Sachverhalt, 4.10.2021 Für das BMAS kommen bezahlte Werbemittel auf Social Media wie folgt zum Einsatz: 1.   Bewerbung von redaktionellen Beiträgen auf Facebook und Instagram 2.   Kampagnen auf Facebook und Instagram 3.   Bewerbung von redaktionellen Beiträgen auf Twitter 4.   Kampagnen auf Twitter Übergeordnete Einordung Fehler, aber kein absichtsvolles Handeln Das BMAS betreibt zur Reichweitensteigerung der eigenen Social Media Kanäle auf Facebook, Instagram und Twitter Werbung. Diese soll eine breite Öffentlichkeit erreichen. Die Zielgruppen dieser Werbung umfassen regelmäßig mehrere Millionen Bürger:innen. Bei der Erstellung der Zielgruppen sind Fehler unterlaufen – es wurde entgegen dem Briefing des BMAS gehandelt. Zielgruppen wurden fortan immer wieder kopiert, ohne zu überprüfen, welche Targetingkriterien hinterlegt waren. Ein absichtsvolles Handeln, das heißt ein gezieltes Targeting von SPD-Anhänger:innen, kann deswegen nicht unterstellt werden. Vielmehr fehlte es offensichtlich an politischem Gespür und Verständnis für die Sensibilität bei der Auswahl der Targetingoptionen. Entsprechend kann der Vorgang als grob fahrlässig und fehlerhaft beschrieben werden – ein absichtsvolles Handeln ist nicht erkennbar. Marginale Auswirkungen für die Zusammensetzung der Zielgruppen Die Auswertungen der Zusammensetzung der Zielgruppen zeigen: Das Kriterium „SPD-Interesse“ ändert die Größe der Zielgruppe in vielen Fällen nicht, sie bleibt gleich groß. Entsprechend waren diejenigen Personen, die durch das Kriterium hinzugefügt wurden, bereits durch andere Kriterien Teil der Zielgruppe. Wenn die Aktivierung des Kriteriums einen Effekt hat, vergrößert es die Zielgruppen minimal, im Durchschnitt um 5%. Unter der Annahme, dass die Werbemittel an Personen der Zielgruppen gleichmäßig ausgespielt wurden (was nicht nachvollziehbar ist), betrifft dies also insgesamt maximal 5% des Gesamtbudgets. Dies ist eine Momentaufnahme (03.Oktober 2021) – mit Blick auf die politische Gesamtsituation ist davon auszugehen, dass der Anteil SPD-Interessierte in den Jahren 2018 bis 2020 im Durchschnitt eher geringer war als heute. Prozess für Anzeigenschaltungen Bewerbung redaktioneller Beiträge Die Social-Media-Redaktion postet einen mit dem BMAS abgestimmten Betrag auf Facebook oder Instagram. Soll dieser Beitrag beworben werden, teilt das BMAS dies digital oder telefonisch dem rsm-Social-Media-Team mit und gibt außerdem Auskunft über die Höhe des Werbebudgets. Zielgruppen werden hier in der Regel nicht erneut abgestimmt, vielmehr wird auf bestehende Zielgruppensets zurückgegriffen. Dieser Auftrag wird rsm-intern von der Social-Media-Redaktion an das Online-Marketing-Team weitergeleitet. Im Online-Marketing wird geprüft, ob es für das Thema des Beitrags in der 1
10

Zur nächsten Seite