Klage Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder 2023

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Vollzug gesetzt worden ist (Thüringer OVG LKV 2006, 181, 182; 2005, 180 = juris Rn. 39 m.w.N.; Kollhosser, NJW 1997, 3265, 3267 f.; Stelkens, LKV 2003, 489, 493 f. m.w.N.). Die Lehre vom fehlerhaften Verband besagt, dass eine ins (Rechts-) Leben getretene - körperschaftlich strukturierte - Person auch dann als rechtswirksam entstanden zu behandeln ist, wenn der Entstehungsakt an Mängeln leidet, die an sich zu seiner Nichtigkeit und zur rechtlichen Inexistenz des Verbandes führen müssten. Ein solcher Verband ist als wirksam entstanden anzusehen und kann nur durch Auflösung nach den hierfür geltenden Liquidationsgrundsätzen wieder rückgängig gemacht werden (st. Rspr., BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09 - juris Rn. 70; BGH, Urteile vom 12. Juli 2010 - II ZR 269/07, WM 2010, 1589 Rn. 6; vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, NJW 1992, 1501 unter II 2 a; vom 29. Juni 1970 -II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 8; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 4. Aufl. § 6 1 1 a, III 2; Stelkens, LKV 2003, 489, 493 f. jeweils m.w.N.).“ Übertragen auf das Verwaltungsorganisationsrecht bedeutet dies, dass ein fehlerhaft errichteter Verwaltungsträger als wirksam entstanden zu behandeln ist, sobald er "als solcher" seine Geschäfte aufnimmt (Stelkens, LKV 2003, 489, 493 f.; vgl. auch Thüringer OVG LKV 2002, 336, 338, 340; 2001, 415, 417; Stelkens aaO 494; ders. in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz 7. Aufl.§ 35 Rn. 64).“ Demzufolge ist die Beklagte nicht nur dem Rechtsschein nach eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, sondern bei Anwendung des UIG in dieser Rechtsform als existierende Stelle zu behandeln. 4. Beklagte als staatliche Behörde der Verwaltung Die     Beklagte   ist  als   rechtsfähige   Anstalt  des   öffentlichen  Rechts  auch    eine informationspflichtige „Stelle der Verwaltung“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG. Der Begriff „Stellen der Verwaltung“ des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG wie der Begriff „Behörden“ des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG entsprechen nach dem Willen des Gesetzgebers demjenigen des § 1 Abs. 4 VwVfG (vgl. zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 2 Rn. 4; Fluck/Theuer, in: Fluck/Fetzer/Fischer, a.a.O. § 2 UIG Rn. 63 f.; BT-Drs. 15/3406, S. 14; zu § 1 Abs. 1 S. 1 IFG: BT-Drs. 15/ 4493, S. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.05.2017 - OVG 12 N 72.16 - juris Rn.7). Danach ist Behörde jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit,    die   öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben    wahrnimmt.   Dies 11
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bestimmt      sich   nach   materiellen     Kriterien; auf    den     Anwendungsbereich     des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt es ebenso wenig an wie auf die Art der Verwaltungstätigkeit und die Art des Handelns. Maßgeblich ist danach, dass der Anwendungsbereich des UIG wie das IFG sich allein auf die Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne bezieht. In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Verwaltung grundsätzlich negativ im Wege der Abgrenzung zu anderen Staatsfunktionen zu bestimmen, d. h. als Behörde ist jede Stelle anzusehen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, Verwaltung in diesem Sinne ist die Tätigkeit außerhalb von Rechtsetzung und Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.11.2011 - 7 C 3/11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 15.11.2012 - 7 C 1/12 -, Rn. 20, juris; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 21.12.2010 - 2 K 89.09 - , Rn. 20, juris m. w. N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.05.2017 - OVG 12 N 72.16 - juris Rn.7). Öffentliche Verwaltungsaufgabe der Beklagten Dass die Beklagte geltend macht, sie handele bei der Verwaltung der Zusatzversorgung für Beschäftige im öffentlichen Dienst nicht in Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe überzeugt hier nicht. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nimmt die Beklagte eine öffentliche Aufgabe wahr (BVerfG, Beschluss vom 3.12.1998 - 1 BvR 484/96 - juris Rn. 10; OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2018 - 12 U 28/18 - juris Rn. 43; BGH, Urteile vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09 - juris Rn. 88; vom 24.11.2008 - IV ZR 134/07, BGHZ 178, 101 Rn. 25; vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 – juris Rn. 33; vom 20.09. 2006 -IV ZR 304/04 juris Rn.10; vom 16.03.1988 - IVa ZR 154/87, BGHZ - 103, 370, 383, jeweils m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2018 - 12 U 28/18 – juris Rn. 43). Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Beklagten nach dem Zweck ihrer Errichtung und satzungsgemäßen Aufgabe um eine "Stelle der öffentlichen Verwaltung" nach dem funktionellen Behördenbegriff gemäß dem oben dargelegten Maßstab der Rechtsprechung (vgl. auch zur KfW-Anstalt: VG Frankfurt a.M., Urteile vom 24.11.2022 - 11 K 1749/21 - juris und 20.11.2019 - 11 K 5067/17.F - juris Ls.-Rn. 44; zur Bundesrechtsanwaltskammer: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.05.2017 - OVG 12 N 72.16 - juris Rn.7). Handlungsformen der Beklagten Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe rein privatrechtlicher Handlungsformen bedient und hierfür nicht in Ausübung hoheitlicher Befugnisse tätig wird. Im Einzelnen: 12
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Die Beklagte bedient sich zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben privatrechtlicher Handlungsformen, indem sie zur Verwaltung der Zusatzversorgung mit den beteiligten Arbeitgebern privatrechtliche Gruppenversicherungsverträge abschließt (§ 2 VBLS). Die Beklagte ist insoweit nicht hoheitlich tätig (BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 68/09, ZTR - juris Rn. 47). Wie generell im Betriebsrentenrecht ist auch im öffentlichen Dienst zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und dem Durchführungsweg (Deckungsgeschäft) zu unterscheiden. Für die Beschäftigten der an der VBL beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ergibt sich die arbeitsrechtliche Grundverpflichtung kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Einbeziehung aus § 4 Versorgungstarifvertrag. Sie gibt dem Arbeitnehmer gegenüber      seinem   Arbeitgeber    einen   Versorgungsverschaffungsanspruch.      Wird   die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg, hier über die VBL, abgewickelt, kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten in Anspruch nehmen,        die    Versorgungsleistung       selbst     zu    erbringen.      Ein     solcher Versorgungsverschaffungsanspruch bestünde auch dann, wenn die Versorgung durch die VBL nicht dem tarifvertraglichen Anspruch entspräche (BVerfG, Beschluss vom 3.12.1998 - 1 BvR 484/96 - juris Rn. 9; vgl. BAG, Urteil vom 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 -, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, B III 2 b bb der Entscheidungsgründe; Urteil vom 5.12,1995 - 3 AZR 226/95 - <nicht veröffentlicht>, B I der Entscheidungsgründe). Erfüllt der Arbeitgeber seine tarifliche Versorgungsverpflichtung durch die Versicherung bei der VBL, entsteht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts keine vertragliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und der VBL. Die Rechtsprechung betrachtet vielmehr das Versicherungsverhältnis als eine Gruppenversicherung, bei der nur die Arbeitgeber Versicherungsnehmer sind, den Arbeitnehmern hingegen die Rolle von bloßen Bezugsberechtigten zufällt (BGHZ 103, 370 <377 ff.>; BAG, Urteil vom 5. Dezember 1995 - 3 AZR 226/95 -, B I 5 a cc der Entscheidungsgründe). Aufgrund seiner Bezugsberechtigung kann der Arbeitnehmer aber gegenüber der VBL die satzungsgemäßen Leistungen beanspruchen und auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen. Die im Rahmen der Satzung erlassenen Bestimmungen der VBL, sollen der inhaltlichen Umsetzung der Tarifverträge dienen und die Bedingungen für das privatvertragliche Versicherungsverhältnis vorgeben. Nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung sind sie daher als allgemeine Versicherungsbedingungen einzuordnen, die in der Tarifautonomie der    Tarifvertragsparteien  und    den    Vorschriften  des  Zivilrechts  eine   hinreichende 13
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Rechtsgrundlage finden (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2018 - 12 U 28/18 – juris Rn. 41, m.w.N.). Der Bundesgerichtshof geht daher davon aus, die Beklagte handele bei Erlass der Satzung nicht hoheitlich, soweit diese Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen i.S. des privaten Versicherungsrechts enthält (vgl. BGH, Urteile vom 03.03.2009 - 12 U 81/08 – juris Rn. juris Rn. 86; vom 14.11. 2007 - IV ZR 74/06 -juris Rn. 30; vom 23. Juni 1999 - IV ZR 136/98, BGHZ 142, 103, 105 ff.; jeweils m.w.N.). Eine Stelle öffentlicher Verwaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG kann sowohl eine Stelle sein, die öffentlich-rechtlich (hoheitlich oder schlicht hoheitlich) handelt, als auch eine Stelle, die privatrechtlich (fiskalisch oder verwaltungsprivatrechtlich) handelt (BVerwG, Urteil vom 18.10.2005 - 7 C 5.04 – Ls., juris Rn. 29; Landmann/Rohmer, a.a.O., UIG § 2 Rn. 5). Keine Rolle spielt, ob die Stelle die Umweltinformation aufgrund privatrechtlicher oder öffentlich- rechtlicher Handlungsformen erlangt hat. Erfasst wird damit grundsätzlich auch das fiskalische Handeln einer Behörde (BVerwG, Urteil vom 18.10.2005 – 7 C 5.04, NVwZ 2006, 343 Rn. 20 ff.; Merten, NVwZ 2005, 1157, 1159; Fluck/Theuer, in: Fluck/Fetzer/Fischer, Informationsfreiheitsrecht, § 2 UIG Rn. 91 ff.; s. auch EuGH, Urteil vom 17.6.1998 – Rs. C- 321/96, Slg. 1998, I-3609; Urteil vom 26.6.2003 - Rs. C-233/00, Slg. 2003, I-6625, 6672; ebenso für § 2 Abs. 1 IFG NRW OVG Münster, Beschluss vom 19.6.2002 – 21 B 589/02, NVwZ-RR 2003, 800). Die Anspruchsverpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG besteht daher unabhängig von der behördlichen Handlungsform (vgl. Landmann/Rohmer,a.a.O., UIG § 2 Rn. 5; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 119, 125, 170; BeckOK InfoMedienR/Debus, 36. Ed. 1.5.2022, IFG § 1 Rn. 143.11). Bei Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgabe muss die Beklagte dem Staat als Behörde zugeordnet werden. Zuordnung der Beklagten zum Staat Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, die Wahrnehmung der Aufgabe der Zusatzversorgung der Beschäftigen im öffentlichen Dienst sei keine dem Staat zugeordnete Behördentätigkeit. Wird die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe funktionell dem Staat nicht zugeordnet,     bedarf    dies   einer    staatsorganisations-      und   verfassungsrechtlich begründeten Rechtfertigung. Eine solche ist hier nicht erkennbar. Als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts gehört die Beklagte zur mittelbaren Staatsverwaltung, da sie mit 14
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Verleihung     der   Rechtsfähigkeit   insoweit    aus  der   unmittelbaren   Staatsverwaltung ausgegliedert wurde. Anders als eine Rundfunkanstalt, die zumindest für den journalistisch-redaktionellen Bereich nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG funktionell dem Staat nicht mehr zugeordnet werden darf, ist die Beklagte von einer solchen Zuordnung verfassungsrechtlich nicht ausgenommen. So sind Rundfunkanstalten     als   rechtsfähige    Anstalten  des   öffentlichen  Rechts   und   trotz Wahrnehmung einer "öffentlichen Aufgabe" keine Anstalten, die der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben bzw. der Ausübung staatlicher Verwaltung im Rahmen ihrer Berichterstattung dienen und dem staatlichen Bereich in diesem Sinne zuzuordnen wären (vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 9.02.2012 - 5 A 166/10 - juris Rn.37, m.w.N.). Für die Verwaltung der Zusatzversorgung durch die Beklagte ist nicht im Ansatz eine Verfassungslage erkennbar, die eine Staatsfreiheit rechtfertigen könnte. Der Einwand der Beklagten,      dass    sie     nach     der    Rechtsprechung       des    Bundesgerichtshofs staatsorganisationsrechtlich weder dem Bund noch dem Land zugeordnet werden könne (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 46/09 juris Rn. 42), dürfte den Vorgaben des Grundgesetzes widersprechen und kann eine fehlende funktionelle Zuordnung zum Staat gerade nicht rechtfertigen. Die der Beklagten zugewiesene Verwaltungsaufgabe vermag keinen vom Staat unabhängigen Tätigkeitsbereich zu begründen, der aus dem Anwendungsbereich des UIG herausfallen soll. Unter Zugrundelegung des funktionellen Behördenbegriffs verbleibt die Beklagte daher eine „Stelle der Verwaltung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG und übt materielle Verwaltungstätigkeit aus, indem sie die ihr übertragene öffentliche Aufgabe wahrnimmt. 5. Zuordnung der Beklagten zum Bund Die Beklagte ist dem Bund zugeordnet und unterfällt damit dem Anwendungsbereich des UIG. Gemäß § 1 Abs. 2 findet das UIG Anwendung auf informationspflichtige Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Zweck dieser Regelung ist es, den Anwendungsbereich des UIG ausdrücklich auf die Bundesebene zu beschränken (Landmann/Rohmer, a.a.O., UIG § 1 Rn. 17). Indem § 1 Abs. 2 UIG an den Begriff der informationspflichtigen Stelle anknüpft, hängt der Anwendungsbereich maßgeblich von dieser Begriffsbestimmung ab (Landmann/Rohmer, a.a.O., UIG § 1 Rn. 18). Mit dem Begriff des Bundes sind alle dem Bund als öffentlich-rechtlicher Körperschaft zugeordneten informationspflichtigen Stellen gemeint. Erfasst werden alle Stellen, die in der Trägerschaft 15
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des Bundes stehen. (Landmann/Rohmer, a.a.O., UIG § 1 Rn.19). Daneben werden ausdrücklich auch die bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts erfasst.  Gemeint    ist  die  gesamte     mittelbare   Bundesverwaltung,      also   Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts (BVerfG, Urteil vom 10.5.1960 - 1 BvR 190/58 u.a., BVerfGE 11, 105, 108; Beschluss vom 12.1.1983 – 2 BvL 23/81, BVerfGE 63, 1 (42) zu Art. 87 GG). Beklagte unterliegt der Aufsicht des BMF Die   Unterscheidung     von    Bundes-    und    Landesbehörden     richtet  sich   nach    der organisatorischen      Zuordnung       der     Behörden        gemäß     dem      einschlägigen Verwaltungsorganisationsrecht von Bund und Ländern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 1 Rn. 21a, Rn. 21 b und 27). Nichts anderes kann für die Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich des UIG des Bundes und dem Landesrecht gelten. Daher ist für den Bereich    der   mittelbaren    Staatsverwaltung     die    Aufsichtskompetenz      über    den Selbstverwaltungsträger das maßgebliche Kriterium für die staatsorganisationsrechtliche Zuordnung. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers des UIG, wonach hinsichtlich der Kontrolle einer Person des Privatrechts gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG eine „unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts“ dem Bund zugeordnet wird. Unerheblich ist, ob die Aufsicht durch staatsvertragliche Vereinbarung unter dem Vorbehalt der Abänderbarkeit oder der dem Bund originär zustehenden Staatsgewalt begründet ist. Die Beklagte unterliegt gemäß § 3 Abs. 1 VBLS für die Pflichtversicherung (sog. VBLKLassik) sowie    die   damit   zusammenhängenden         Bereiche    der   umfassenden     Fach-    und Rechtsaufsicht des BMF, während die BaFin im Rahmen des VAG die Aufsicht über den Abrechnungsverband freiwillige Versicherung führt (§ 3 Abs. 3 VBLS). Das BMF ist im Rahmen ihrer Aufsicht nach § 3 Abs. 1 S. VBLS berechtigt, für die Beklagte rechtsverbindliche Willenserklärungen abzugeben, wenn die zuständigen Organe ihren gesetzlichen      oder      satzungsmäßigen        Verpflichtungen      nicht     nachkommen. Satzungsänderungen und Ausführungsbestimmungen bedürfen gemäß § 14 Abs. 1 S. 3 VBLS der Genehmigung des BMF, das – soweit Änderungen bzw. Bestimmungen nicht ein Verhandlungsergebnis       der   Tarifvertragsparteien     zur   Regelung     des    materiellen Leistungsrechts oder von Finanzierungsfragen zum Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV) wiedergeben – seine Entscheidung im Einvernehmen mit mindestens zwei Dritteln 16
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Mehrheit von Bund und an der VBL beteiligten Ländern trifft. Dadurch ist den Interessen und Belangen der Länder als Mitträger der VBL hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus vertritt das BMF die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 S. VBLS und kann für diese rechtsverbindliche Willenserklärungen abgeben, wenn ihre zuständigen Organe verhindert sind.   Die Rechnungen der Beklagten werden gemäß § 3 Abs.                     2 VBLS vom Bundesrechnungshof geprüft. Die Beklagte ist daher eine dem Bund zugeordnete Anstalt des öffentlichen Rechts. Dass die Länder der Beklagten beigetreten und damit neben dem Reich bzw. dem Bund zu Mitträgern (Anstaltsherren) der Anstalt geworden sind, steht einer Zuordnung zum Bund nicht entgegen. Der Anstaltsträger einer rechtfähigen Anstalt ist verpflichtet, für eine hinreichende Ausstattung der Anstalt mit finanziellen Mitteln zu sorgen (zur sog. Anstaltslast: BVerwG 8 C 20.10 - Urteil vom 23. November 2011 – juris Rn. 25). Das Institut der Anstaltslast geht über die Verpflichtung, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Anstalt durch eine      ausreichende       Finanzausstattung       aufrechtzuerhalten,      nicht     hinaus (Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl. 2004, § 88 Rn. 13 f.; Kemmler, DVBl 2003, 100; Stelkens, DVBl 2003, 22). Das Rechtsinstitut Anstaltslast besagt, dass der Anstaltsträger verpflichtet ist, seine Anstalt, solange er sie betreibt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben imstande zu halten (VG Gießen Urteil vom 19.12.2007 - 8 E 1792/05 - juris Rn. 116 m.w.N.). Die Anstaltspflicht aus der Anstaltslast folgt aus der Rechtsstellung des Trägers, seiner organisatorischen Verantwortung und seiner Aufgabenerfüllungspflicht. Die Verpflichtung des Anstaltsträgers, seine Aufgabe sachgerecht zu erfüllen, und die organisatorischen Pflichten gegenüber einem selbständigen Teil der Verwaltung bestehen nicht gegenüber der Anstalt selbst, sondern gegenüber der Allgemeinheit. Mit dem Beitritt zur ZRL bzw. VLB haben sich die Länder der Aufsicht des RMF bzw. BMF über die von ihnen mitgetragene Anstalt im Wege staatsvertraglicher Vereinbarung unterworfen. Die Anknüpfung an die Trägerschaft der Länder für die organisatorische Zuordnung der Beklagten und die den Ländern satzungsgemäß zugestandenen Mitwirkungsrechte hat daher hinter der Aufsicht des Bundes zurückzutreten. Zudem     wäre   es   mit  dem    verfassungsrechtlichen   Grundsatz     der   Trennung     der Verwaltungskompetenzen, dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip unvereinbar, wenn das Verwaltungshandeln der Beklagten aufgrund der gemeinsamen Trägerschaft von Bund und Ländern weder dem Anwendungsbereich des UIG des Bundes noch dem Landesrecht unterfiele. 17
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Aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des BGH, wonach sich die VBL nach Zweck und Organisation weder in die Bundes- noch in die Landesorganisation einordnen ließe (BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09 - juris Rn. 68), folgt nichts anderes. Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da sie sich mit der Frage befasst, ob Bund und Land bei der Verwaltungsvereinbarung im Rahmen ihrer Organisations- und Verwaltungshoheit gehandelt haben. Vielmehr geht der BGH offensichtlich mit einem Teil der Literatur davon aus, dass die Beklagte eine Einrichtung jedes der beteiligten Länder und des Bundes sei (vgl. Gilbert/Hesse/Weiß/Schneider, 58. EL Januar 2020, VBL-S § 3 Rn. 1; Maunz, NJW 1962, S. 1641). Danach würden sich der Bund und die Länder durch ihre körperschaftsähnliche Beteiligung an der Anstalt als gleichberechtigte Mitträger der Beklagten gerieren, der sie jeweils den Status einer selbständigen Verwaltungsorganisation zuerkennen (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 44; Vetter a.a.O.,  S.   242).   Mit   der  Bedeutung     der   Aufsichtskompetenz des    BMF für     die staatsorganisationsrechtliche Zuordnung der VBL hat sich der BGH in dem betreffenden Rechtsstreit jedenfalls nicht befasst. Die hier vertretene Zuordnung der Beklagten zum Bund wird auch durch nachfolgende Erwägungen gestützt: 6. Gründung und Fortführung der ZRL – bundesunmittelbare Anstalt des Bundes nach Art. 130 GG Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09) spricht die Gründungsverfügung vom 26. Februar 1929 (RBB 1929 S. 7, Anl. K 2) für eine reichsunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts, da mit Unterzeichnung des Vertrages nur das Land Preußen der ZRL beitritt. Danach dürfte die Trägerschaft des Reiches mit dem Errichtungsakt auf Grund der Zuordnung zum Reich als bestehend vorausgesetzt worden sein. Durch die Gründungsverfügung war die ZRL als Bestand von sachlichen und persönlichen    Mitteln   aus   der  Staatsverwaltung    ausgegliedert und   in  Form    einer unselbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet worden (Vetter, a.a.O.; S. 221, 223). Anstaltsträger waren zunächst das Reich und das Land Preußen (BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09 – juris 36). Anders als der Bundesgerichtshof meint, wurde mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit durch das Land Preußen die ZRL nicht der Verwaltungsorganisation des Landes Preußen zugeordnet (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2011 - IV ZR 76/09 – juris Rn.38). Vielmehr genügte nach damaliger Rechtsauffassung dieser Akt der Organisationsgewalt durch das Land Preußen gemäß ihrer Verwaltungskompetenz nach Art. 14 WRV, da der ZRL keine Hoheitsbefugnisse übertragen werden sollten. Ein kompliziertes, zeitaufwendiges und 18
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womöglich unnötiges Gesetzgebungsverfahren konnte damit umgangen werden (vgl. auch Gilbert/Hesse, a.a.O., Historische Wurzeln der Zusatzversorgung, Rn.1). Die Auflösung der Reichsbehörden durch die Besatzungsmächte ließ nur die Aufsichtsbehörden der ZRL wegfallen, brachte die Anstalt als solche aber nicht zum Erlöschen (vgl. vgl. BGH, a.a.O. - juris Rn.63). Mit Ländervereinbarung vom 26.03.1949 wurde die Fortführung der ZRL beschlossen und durch Satzung die Anstaltsaufsicht in Wahrnehmung der bisherigen Zuständigkeit des Reichsministers der Finanzen durch den Bayerischen Staatsminister der Finanzen geregelt (§ 4 LV; Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Beschäftigten desöffentlichen Dienstes 47. Ergänzungslieferung 2011 unter Nr. 322 – Anl. K 3). Mit    Inkrafttreten   des     Grundgesetzes      untersteht     die    ZRL    aufgrund    der verfassungsrechtlichen      Regelung      zur    Überleitung     von      Verwaltungs-     und Rechtsprechungseinrichtungen nach Art. 130 Abs. 3 GG der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde. Nach dieser Vorschrift des Grundgesetzes als lex specialis für die mittelbare Staatsverwaltung unterstehen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes weder landesunmittelbar waren noch auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhten, der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde (vgl. Dürig/Herzog/Scholz, GG, Kommentar, 98. EL März 2022, Art. 130 Abs. 3 Rn. 24; v.Mangoldt/Klein/Starck Art. 130 Rn. 14). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts       ist    hierbei    maßgeblich      auf    die    geschichtliche Entstehungsgeschichte der betreffenden Anstalt abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.1987 - 7 C 2/85 -, NJW 1988, 354). Wie dargelegt wurde die ZRL auf Grundlage der staatsvertraglichen Vereinbarung zwischen dem Reich und dem Land Preußen gegründet und weist daher einen staatsvertraglichen Entstehungstatbestand durch eine entsprechende Ländervereinbarung nicht auf. Die Beklagte kann nach ihrer vorstehend aufgeführten Entstehungsgeschichte auch nicht als landesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts angesehen werden. Mit Organisationserlass des BMF vom 23.05.1950 erklärt der Bundesminister für Finanzen die Übernahme der Aufsicht über die Zusatzversorgungsanstalt des Reichs und der Länder und ihre Führung an Stelle des früheren Reichsministers der Finanzen nach den Vorschriften der Anstaltssatzung (vgl. Gilbert/Hesse, a.a.O. unter Nr. 323 – Anl. K 4). Die Übernahme erfolgte im Einvernehmen mit den an der Anstalt beteiligten Ländern, obgleich deren Zustimmung nicht erforderlich gewesen sein dürfte. Eine Übertragung der Aufsicht auf ein Land (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20.02.1987 - 7 C 2/85 – NJW 1988, 354) oder zur gemeinsamen Ausübung durch Bund und Länder wäre verfassungswidrig (vgl. Art. 91 a bis e GG) 19
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Nach all dem ist die Beklagte eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts. Als informationspflichtigen Stelle nach UIG Abs. 2 Nr. 1 UIG steht Beklagten auch kraft Gesetzes die Befugnis zu, durch Verwaltungsakt über Informationszugangsbegehren zu entscheiden. 7. Portfolioangaben der „VBLklassik“ als Umweltinformationen Die begehrten Portfolioangaben sind Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 a) sowie b) UIG. Danach sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG oder auf Faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 a) UIG), oder den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 b) UIG). Zu den Umweltbestandteilen zählen etwa Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG), zu den Faktoren gehören u.a. Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung sowie Emissionen, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne der Nr. 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG). Mit Blick auf die Zielsetzung des Gesetzes, einen erweiterten Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen sicherzustellen, sind die genannten Fallgruppen weit auszulegen (BVerwG, Urt. v. 21.02.2008, 4 C 13.07, juris Rn. 11 ff.; EuGH, Urt. v. 12.06.2003 - Rs. C-316/01 -, ZUR 2003, 363-; BT-Drs. 15/3406, S. 11). Nicht nur die Schärfung des Umweltbewusstseins der Bürger in der Europäischen Union ist Ziel der Richtlinie, sondern der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen sollen im Interesse einer Verbesserung des Umweltschutzes gleichermaßen dazu beitragen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksame Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen (1. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4/EG). Offenheit und Transparenz im Umgang mit Umweltinformationen werden durch die Richtlinie 2003/4/EG ausgebaut und fortgesetzt (2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4/EG). Gemessen daran beziehen sich die begehrten Angaben zu den getätigten Investitionen und gehaltenen Kapitalanlagen der Beklagten auf Umweltinformationen, denn es handelt sich um Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren auswirken bzw. wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 a) UIG) sowie auch den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 b). Im Einzelnen: 20
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