Stellungnahme zum Entwurf zur Regelung von Compliance, Transparenz und Gremienkontrolle im Medienstaatsvertrag

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Stellungnahme zum Entwurf zur Regelung von Compliance,
Transparenz und Gremienkontrolle im Medienstaatsvertrag
31.01.2023

Die in § 31a des Entwurfs vorgesehene Regelung zur Transparenz greift in ihrer jetzigen
Fassung deutlich zu kurz, da ein Informationszugangsrecht auf Antrag, soweit keine
journalistisch-redaktionellen Inhalte betroffen sind, hierdurch nicht sichergestellt wird. Es
fehlt eine Vorgabe hinsichtlich der Anwendbarkeit der Informationsfreiheits- oder
Transparenzgesetze (im Folgenden: IFG) auf die Rundfunkanstalten beziehungsweise eine
eigenständige Regelung zum Informationszugang, wie sie bisher nur in § 47 des
NDR-Staatsvertrags enthalten ist.

Ein Informationszugangsrecht auf Antrag muss zwingend neben die in § 31a geregelten
Veröffentlichungspflichten treten, damit von echter Transparenz gesprochen werden kann.
Dies gilt umso mehr als die aktuell in § 31a enthaltenen Vorgaben teils sehr ungenau und
wenig rechtssicher formuliert sind (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 2 “[...] sowie sonstige
Informationen, die von wesentlicher Bedeutung für die jeweilige Rundfunkanstalt sind [...]”).

Aktuell gibt es einen Flickenteppich an verschiedenen Regelungen und die Anwendbarkeit
der Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetze ist nicht in Bezug auf alle
Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio gewährleistet.

Der HR (Hessen), Radio Bremen und der SR (Saarland) sind informationspflichtig, soweit
sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (Bremen: § 3 Nr. 9 BremIFG;
Hessen: § 81 Abs. 1 Nr. 8 HDSIG; Saarland: § 1 S. 3 SIFG). Der WDR
(Nordrhein-Westfalen) ist informationspflichtig, es sei denn journalistisch-redaktionelle
Informationen oder Ergebnisse der Prüfung des Landesrechnungshofs oder des sonst
zuständigen Rechnungshofs sind betroffen (§ 55a WDR-Gesetz, § 2 IFG-NRW). In Berlin
und Brandenburg gibt es in den Informationsfreiheitsgesetzen (IFG Bln und AIG
Brandenburg) keine explizite Regelungen zu Rundfunkanstalten. Hier ist von einer
Informationspflicht des RBB auszugehen, es besteht aber eine gewisse Rechtsunsicherheit
hinsichtlich des anwendbaren Rechts. Die Informationspflicht des NDR (Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) ergibt sich aus dem
NDR-Staatsvertrag (§ 47 NDR-Staatsvertrag).

Geht man davon aus, dass das anzuwendende Landesgesetz nach dem Sitzland bestimmt
wird, ist auf den MDR (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) mit Sitz in Leipzig das
Sächsische Transparenzgesetz anwendbar (vgl. SächsOVG, 02.02.2018, 3 A 755/17. Mit
dem Beschluss verneinte das Gericht die Anwendbarkeit des IZG LSA). § 4 Abs. 3 Nr. 6 des
neu eingeführten Sächsischen Transparenzgesetzes sieht insoweit vor, dass
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
wahrnehmen und dies staatsvertraglich geregelt ist, informationspflichtig sind. Eine solche
staatsvertragliche Regelung fehlt.
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Auch mit Blick auf den SWR sehen die maßgeblichen Landesgesetze (Baden-Württemberg
und Rheinland-Pfalz) vor, dass das IFG bzw. Transparenzgesetz für die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten nur gilt, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen
und dies staatsvertraglich geregelt ist (Baden-Württemberg: § 2 Abs. 2 Nr. 4 LIFG BW;
Rheinland-Pfalz: § 3 Abs. 7 LTranspG RP). Auch hier fehlt die notwendige staatsvertragliche
Regelung.

Das ZDF hat seinen Sitz in Mainz und untersteht deshalb grundsätzlich dem
Landestransparenzgesetz von Rheinland-Pfalz. Da auch der ZDF-Staatsvertrag bisher keine
Regelung trifft, ist auch hier das LTranspG allerdings nicht anwendbar.
Schließlich enthält auch der Deutschlandradio-Staatsvertrag keine Regelung zur
Informationsfreiheit. Dieses könnte staatsvertraglich dem Recht des IFG-NRW oder IFG Bln
unterworfen werden, da es in beiden Ländern einen Sitz hat (vgl. Schoch, IFG 2. Aufl. 2016,
§ 1 Rn. 100).

Eine Sondersituation besteht schließlich in Bezug auf den BR, da Bayern (ebenso wie
Niedersachsen, dort besteht allerdings ein Anspruch auf Informationszugang aufgrund des
NDR-Staatsvertrags) bisher kein Informationsfreiheitsgesetz hat.

Um die notwendige Transparenz und auch eine Einheitlichkeit zwischen den verschiedenen
Institutionen herzustellen, bedarf § 31a insofern zwingend einer Ergänzung. Diese
Ergänzung muss sicherstellen, dass die Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetze des
jeweiligen Sitzlandes zur Anwendung kommen bzw. ein eigenständiger
Informationszugangsanspruch besteht, sofern es im Sitzland kein
Informationsfreiheitsgesetz gibt.


Hannah Vos, Head of Legal
Arne Semsrott, Projektleiter
FragDenStaat, Open Knowledge Foundation
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