Koalitionsvertrag Berlin CDU/SPD 2023
Der Senat wird im Stadtgebiet einen Standort festlegen, wo ein Regenbogenhaus als Community Center realisiert werden kann. Safer Spaces und diskriminierungssensible Begegnungsräume schützen wir vor Verdrängung. Wir erhöhen die Barrierefreiheit und unterstützen queere Veranstaltungen im öffentlichen Straßenraum. Wir wollen die Förderung von Modellprojekten wie „Diversitygerechtes Ausgehen in Berlin“ mit der Kampagne „Feiern? Safe.“ über die Landesantidiskriminierungsstelle fortsetzen und verstärken. Die Koalition unterstützt auch im Sport die Vielfalt aller sexuellen Lebensentwürfe, indem sie Diversity- und Queer-Kompetenzen in allen Bereichen des Sports stärkt und entsprechende Projekte auch finanziell fördert. Jugend- und Sportangebote wird die Koalition weiter konsequent sichern und zu inklusiven Räumen entwickeln. Berlin hat sich als Mitglied der „Fast Track Cities Initiative to End Aids“ zum Ziel gesetzt, die HIV-Pandemie bis 2030 zu beenden und einen wirkungsvollen Beitrag gegen die Stigmatisierung von Menschen mit HIV zu leisten. Die Koalition wird die HIV/AIDS- Beratungs- und Versorgungsstrukturen im Rahmen der Fast Track Cities-Initiative „95-95- 95-0“ fortführen und verstetigen. Der Senat wird hierzu öffentliche Kampagnen durchführen und das gesetzte Ziel mit entsprechenden Kommunikationsstrategien unter Beteiligung des Fast Track City Netzwerks Berlin und einer zu benennenden Koordinierungsstelle bei der Senatsverwaltung für Gesundheit begleiten. Der Senat wird einen regelmäßigen Austausch zum Netzwerk von Beratungs- und Testangeboten, queersensiblen Hausärztinnen und Hausärzte, Schwerpunkt-Praxen und Kliniken sowie Selbsthilfeorganisationen pflegen. Ziel ist es, die Prävention sexuell übertragbarer Infektionen sowie die Versorgung zu stärken, um auch kurzfristig auf akute Ereignisse reagieren zu können. Die besonderen Bedürfnisse von queeren Menschen im Gesundheitsbereich, vor allem die Bedürfnisse von trans* Personen, wird die Koalition verstärkt berücksichtigen. Dabei wird die Koalition medizinische Angebote für trans* Personen – mit dem Fokus auf trans* Frauen – fördern und ausbauen. Die Koalition will ein selbstbestimmtes, queeres Leben auch im Alter fördern. Das Angebot spezifischer Einrichtungen für betreutes Wohnen sowie Pflegeangebote für ältere queere Menschen wollen wir ausbauen. Die Qualifizierung und Sensibilisierung des Pflegepersonals für queere Lebensweisen wird gefördert. Die Koalition steht für die Rechte und den Schutz queerer Menschen weltweit ein. Sie wird das Engagement im „Rainbow Cities Network“ fortsetzen. Antidiskriminierung Die Koalition setzt die Enquete-Kommission gegen Rassismus und Diskriminierung ein, um unter Beteiligung von Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten strukturellen Rassismus und Diskriminierungen in Gesellschaft und staatlichen Einrichtungen aufzudecken und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Seite 21 von 135 22
Das Landesantidiskriminierungsgesetz bleibt erhalten und wird weiter fortentwickelt. Die Koalition prüft das Verhältnis zwischen dem Polizei- und Bürgerbeauftragten, der Ombudsstelle des LADG und dem Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Ziel, Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Die Arbeit von Fachstellen, Gremien und Kommissionen gegen Diskriminierung wird fortgesetzt. Die Koalition schafft die Position einer Ansprechpartnerin bzw. eines Ansprechpartners im Senat zu Antiziganismus, um Betroffenen eine stärkere Einbindung und Beachtung in Berlin zu gewährleisten. Antisemitismus Berlin hat ein diverses, blühendes jüdisches Leben, welches integraler Bestandteil unserer Stadt ist. Dies nach Kräften in der gesamten Stadt zu schützen und zu unterstützen, sehen wir als unsere Aufgabe. Beim Kampf gegen Judenhass richten wir uns weiterhin nach der jetzigen Arbeitsdefinition im Landeskonzept gegen Antisemitismus. Die Koalition wird die Landeskonzeption „Berlin gegen jeden Antisemitismus!“ zur Antisemitismusprävention fortführen und verstärkt umsetzen, um jüdisches Leben in Berlin zu schützen. Der Schutz jüdischer Einrichtungen wird garantiert. Wir arbeiten außerdem z. B. mit der jüdischen Gemeinde am Runden Tisch gegen antisemitische Gewalt eng zusammen. Die Koalition sorgt dafür, dass die im Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention festgehaltenen Fortbildungsmaßnahmen für die Polizei gestärkt, gleichartige Fortbildungsangebote für die Staatsanwaltschaft entwickelt und in den Fort- und Weiterbildungskatalog übernommen werden. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes ist über alle bei der Landesantidiskriminierungs-stelle gemeldeten antisemitischen Vorfälle unverzüglich zu informieren. Die vorhandenen Stellen beim Antisemitismusbeauftragten des Landes sollen entfristet werden. Wir prüfen den bedarfsgerechten Ausbau. In Abstimmung mit der Antidiskriminierungsbeauftragten der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie sollen geschulte Pädagoginnen und Pädagogen für die kurzfristige Beratung von Vorfällen betroffenen Schulen anbieten können und mittelfristig Bildungsangebote externer Träger an diese Schulen vermitteln. Ziel ist es, dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler NS- Gedenkstätten besuchen. Der Senat entwickelt das bestehende Programm fort, u. a. damit die Logistik solcher Reisen erleichtert wird. Die Koordination des Themenfeldes „Antisemitismus“ innerhalb des Senats soll geprüft und optimiert werden. Die Koalition prüft, inwieweit eine vergleichbare Regelung zu den „Ausführungsvorschriften über Beurlaubung und Befreiung vom Unterricht“ für Prüfungen an Hochschulen und Universitäten sowie weitere staatliche Prüfungen zu erlassen ist. Wir werden das Projekt Synagoge am Fraenkel-Ufer umsetzen. Seite 22 von 135 23
Islamfeindlichkeit Die Berliner Muslime sind ein fester Bestandteil unserer Stadt. Aufgrund ihrer florierenden kulturellen und religiösen Vielfältigkeit bereichern sie die Gesellschaft. Dennoch erfahren sie immer wieder Anfeindungen. Die Koalition wird die Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen sowie von muslimisch gelesenen Menschen nicht dulden und sämtliche Maßnahmen ergreifen, um jegliche Formen von Gewalt und Hass zu unterbinden. Ihre gesellschaftliche Teilhabe werden wir noch weiter stärken. Die Koalitionspartner werden mit muslimischen Gemeinden Berlins zusammenarbeiten. Lehrkräfte sollen in Bezug auf muslimische Kinder und den Islam sensibilisiert werden. Informationen über die Vielfältigkeit muslimischen Lebens in Deutschland sollen vermittelt werden, um möglicherweise vorhandene Stereotype zu durchbrechen. Schulklassen sollen zwischen unterschiedlichen Berliner Bezirken in den Dialog treten und durch geförderte, gemeinsame Projekte Vielfalt auf Augenhöhe leben. Dabei soll bewusst auf eine soziokulturelle Vermischung der sich treffenden Klassen geachtet werden. Begegnungsprojekte zwischen den Religionen und der Zivilgesellschaft sollen aktiv gefördert und weiterentwickelt werden. Projekte zur Förderung des interreligiösen und interkulturellen Austausches werden gefördert. Der 15. März wird entsprechend des Beschlusses der UN-Vollversammlung als „Internationaler Tag gegen Islamfeindlichkeit“ öffentlich thematisiert und gewürdigt. Die Berliner Moscheevereine werden durch Ehrenamtskoordinierung bei ihrer Arbeit im Kontext der gesellschaftlichen Teilhabe unterstützt. Hierfür werden geeignete Kriterien entwickelt. Das Islamforum wird mit einer Koordinierungsstelle unterstützt und ein „Landeskonzept muslimisches Leben“ in Berlin erarbeitet. Die Landesantidiskriminierungsstelle soll als Anlaufstelle erweitert und unterstützt werden. Der Senat wird einen Leitfaden hinsichtlich Islamfeindlichkeit für Polizei und Staatsanwaltschaft erarbeiten, äquivalent zum Leitfaden Antisemitismus. Die „Expert:innenkommission zu antimuslimischem Rassismus im Land Berlin“ wird die Koalition fortführen. Mit ihr werden wir eine ressortübergreifende Handlungsstrategie gegen antimuslimischen Rassismus auf den Weg bringen. Die Handlungsstrategie umfasst mindestens Monitoring, eine Sensibilisierungskampagne sowie die Stärkung der bestehenden Beratungs- und Empowermentstrukturen. Kampf gegen Extremismus Wir engagieren uns konsequent im Kampf gegen jede Form von Extremismus, Diskriminierung, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Rassismus. Die Stärkung zivilgesellschaftlicher Projekte und die konsequente Bekämpfung von menschenverachtenden Taten sowie von Hasskriminalität haben besondere Priorität. Berlin wird bestehende Landesprogramme weiterentwickeln, insbesondere das „Landesprogramm für Demokratie. Vielfalt. Respekt.“ und die Landeskommission gegen Gewalt. Die Landeszentrale für politische Bildung wird in ihrer wichtigen Arbeit weiter unterstützt. Die Koalition wird dabei die Schwerpunkte Stärkung der Demokratiebildung und Seite 23 von 135 24
Vermittlung der Werte des Grundgesetzes mit dem Ziel eines stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Stadt betonen. Wir stärken junge Menschen gegen Anwerbeversuche extremistischer Gruppierungen und verstetigen Extremismusprävention und Deradikalisierung durch langfristige pädagogische, integrative und therapeutische Arbeit. Das Berliner Landesprogramm Radikalisierungsprävention in der Islamismusprävention und die Landeskoordinierungsstelle Radikalisierungsprävention werden ausgebaut. Die Koalition verpflichtet sich, die Erstellung eines umfassenden Lagebildes zu Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Verschwörungsideologien und Islamismus durch zivilgesellschaftliche Fachprojekte dauerhaft zu gewährleisten. Geflüchtete Das Gesamtkonzept für Integration und Partizipation von geflüchteten Menschen unterstützen und entwickeln wir weiter. Berlin bringt sich aktiv in entsprechende Netzwerke (u. a. Solidarity Cities, Bündnis Städte Sichere Häfen) ein. Besonders Schutzbedürftige nach EU-Richtlinie 2013/33 sowie Frauen, Familien und LSBTIQ* werden ab Ankunft identifiziert. Wir werden ihnen niedrigschwellige Beratungen in Kooperation mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und dem Berliner Netzwerk für besonders Schutzbedürftige (BNS) sowie anderen Beratungsstrukturen anbieten. Hierzu wird bei Bedarf eine Clearingstelle errichtet. Die Koalition wird landesrechtliche Möglichkeiten und Instrumente ausschöpfen, um begründeten Familiennachzug zu erleichtern. Wir arbeiten vertrauensvoll mit der Härtefallkommission zusammen. Ziel ist dabei, ihre Empfehlungen und Entscheidungsbegründungen über eine Aufenthaltserteilung weiter zu berücksichtigen. Humanitäre Aspekte werden neben persönlichen Gründen im Zuge der Einzelfallprüfung bei Entscheidungen über Kommissionsersuchen besonders gewichtet. Gesundheitliche Einschränkungen, Behinderung, Alter und Pflege von Kindern oder Angehörigen sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen, insbesondere inwieweit diese Umstände Arbeit oder Spracherwerb erschwert haben. Wir schöpfen alle landesrechtlichen Spielräume aus, um aus der Ukraine geflohenen Drittstaatsangehörigen, die sich bereits vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine aufgehalten haben, ein Bleiberecht zu gewähren. Dazu gehören z. B. Stipendien-Programme für Studierende oder Übergangsregelungen durch Fiktionsbescheinigungen. Geflüchtete müssen bedarfsgerecht und nachhaltig untergebracht werden. Besonders wichtig ist das für Familien mit Kindern. Unser Ziel ist, die besonders Schutzbedürftigen im Blick zu haben und ihnen eine geeignete Unterbringung in Form einer Wohnung, vor allem für Familien, zur Verfügung zu stellen und ihnen den Zugang zu erleichtern. Wohnberechtigungsscheine werden auch für Geflüchtete, unabhängig von der Dauer des Aufenthaltsstatus in Berlin, ausgestellt, sofern rechtlich keine Bedenken bestehen. Seite 24 von 135 25
Wir verstärken die Regelstruktur, um Geflüchtete aus LAF-Unterkünften und Unterkünften der Wohnungslosenhilfe psychosozial zu versorgen. Damit verstärken wir zugleich das Angebot an bedarfsgerechter Beratung, Betreuung und medizinische Versorgung im sozialen und gesundheitlichen Bereich und stellen uns auf Sprachmittlungsbedarfe ein. Psychosoziale Zentren werden wir stärken und eine dauerhafte Finanzierung gewährleisten. Eine Überführung in das Regelsystem wird geprüft. Seite 25 von 135 26
Inneres, Sicherheit und Ordnung Erfolgreiche Innenpolitik nutzt die volle Bandbreite des Dreiklangs „Prävention – Intervention – Repression“. Wir wollen die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden so stärken, dass sie Recht und Gesetz in allen Teilen der Stadt durchsetzen können. Die Koalition lehnt jede Form von Menschenfeindlichkeit, verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ab. Auch die Zivilgesellschaft ist dabei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Hasskriminalität. Die Koalition wird in dieser Legislaturperiode bis zu 1.000 weitere Kräfte bei Polizei und Feuerwehr sowie im Landesamt für Einwanderung und im Landeseinbürgerungszentrum beschäftigen. Wir stärken unter anderem die Abschnitte für eine spürbar präsentere Polizei auf den Straßen Berlins, zum Beispiel bei der Fahrradstaffel, KOB 100 und dem Zentralen Objektschutz. Die Koalition will zudem die Kapazitäten der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden für die Bekämpfung von Cybercrime ausbauen. Der Zentrale Objektschutz soll gestärkt werden und erhält weitere Befugnisse. Wir prüfen, die Bußgeldstelle zu einer Einrichtung mit einem eigenen Wirtschaftsplan umzubauen. Wir stärken die Digitalisierung und automatisierte Bearbeitung in der Bußgeldstelle. Die Koalition modernisiert und verbessert die Ausstattung der Polizei. Das umfasst auch die personenbezogene Schutzausstattung und -ausrüstung der Einsatzkräfte. Auf Basis einer Bestandsanalyse ermöglichen wir eine strategische und nachhaltige Modernisierung und den Ausbau des Fuhrparks und erhöhen unter dieser Maßgabe auch die Anzahl von Elektro- und gegebenenfalls Hybridfahrzeugen. Wir werden alle Beschaffungen strategisch und bedarfsgerecht möglichst klimaneutral gestalten. Für die Stahlbootflotte der Wasserschutzpolizei schaffen wir ab 2024 jährlich ein neues Stahlboot an. Um flexibler auf besondere Lagen reagieren zu können, prüft die Koalition die Anschaffung eines eigenen Polizeihubschraubers für Berlin in dieser Legislaturperiode. Wir setzen das Drohnen- und Drohnenabwehr-Konzept der Polizei um. Für die Feuerwehr beschaffen wir weitere Drohnen, insbesondere Opferdrohnen. Wir schaffen einen Löschroboter an. Die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr werden mit Kameras ausgestattet, um Angriffe auf ihre Beschäftigten besser dokumentieren zu können. Die Koalition wird ein Sonderinvestitions- und Sanierungsprogramm auflegen und die Finanzmittel zur Instandsetzung, Modernisierung und zum Ausbau von für Polizei- und Feuerwachen deutlich erhöhen. Dabei denken wir die Schaffung von Dienstwohnungen mit. Insbesondere der Bau und die Sanierung der Feuerwachen der Freiwilligen Feuerwehren Müggelheim, Wilhelmshagen und Mahlsdorf werden ausfinanziert. Die Sanierung wird konsequent an Klimaschutzkriterien ausgerichtet. Mit dem Ziel der bedarfsgerechten und frühzeitigen Einplanung von notwendigen Brandschutz- und Rettungsdienstangeboten im Zuge von Neubaumaßnahmen stellen wir die Koordination zwischen der Stadtentwicklungsverwaltung, den Bezirken sowie den städtischen Wohnungsbaugesellschaften sicher. Die Koalition prüft, wie die polizeiliche Arbeit lokal an besonders kriminalitätsbelasteten Orten, Kiezen und Bereichen gestärkt werden kann. Wir prüfen die Errichtung eines Katastrophenschutzzentrums. Wir stellen die kooperative Leitstelle der Polizei Berlin und Feuerwehr fertig. Seite 26 von 135 27
Wir führen unverzüglich, dauerhaft und flächendeckend Bodycams für Polizei, Feuerwehr und Ordnungsämter ein, um für eine bessere Dokumentation und mehr Transparenz der Einsätze zu sorgen, und evaluieren dies wissenschaftlich. Die Koalition wird die Einsatzverfügbarkeit von Distanz-Elektroimpulsgeräten („Tasern“) bei der Polizei Berlin zur Vermeidung des Schusswaffengebrauches und zur Verhinderung von akuten Suiziden ausweiten und hierfür die erforderlichen Rechtsgrundlagen schaffen. Die Evaluierung wird fortgesetzt. Wir verfolgen an kriminalitätsbelasteten Orten einen ganzheitlichen und ressortübergreifenden Ansatz. Wir wollen die Einrichtung von Messerverbotszonen an kriminalitätsbelasteten Orten ermöglichen. Die Koalition führt anlassbezogen den Videoschutz an kriminalitätsbelasteten Orten ein, um die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen. Die Notwendigkeit wird regelmäßig kriminologisch evaluiert und dem Abgeordnetenhaus und der zuständigen Senatsverwaltung berichtet. Zur Bekämpfung des Fahrraddiebstahls startet die Koalition den Pilotbetrieb von stationärer Videoüberwachung an zwei ausgewählten Fahrradabstellanlagen und evaluiert die Ergebnisse hinsichtlich der Kosten, Nutzen und Eingriff in die Privatsphäre. Sicherheit und Sauberkeit werden stärker zusammengedacht. Die Koalition fördert daher städtebauliche Maßnahmen zur Kriminalprävention, insbesondere durch Stadtmöbel als Überfahrschutz und Aus- bzw. Beleuchtung. Sie sorgt für Sauberkeit und Ordnung sowie Vandalismusprävention. Die Sicherheit von Parkanlagen werden wir durch eine berlinweite Konzeption zwischen Land und Bezirken erhöhen. Die Sauberkeit wird u. a. durch eine noch enger verzahnte Zusammenarbeit zwischen bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern, BSR und den Ordnungsämtern verbessert. Wir werden der BSR die Möglichkeit zur unverzüglichen Beseitigung illegaler Abfallablagerungen auf öffentlichem Straßenland durch Sammelaufträge der Berliner Bezirke übertragen. Wir werden das Pilotprojekt „Saubere und lebenswerte Parks“ der BSR ausweiten und verstetigen. Für eine sichere und saubere Stadt schaffen wir ein Veranstaltungssicherheitsgesetz. Die Koalition wird das ASOG überarbeiten. Die Nutzung von Bodycams in privatem Wohnraum, insbesondere in den Fällen der häuslichen Gewalt, wird rechtssicher festgeschrieben. Wir werden Ergänzungen mit dem Ziel prüfen, aufgrund richterlicher Anordnung Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen zur Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerster Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität einsetzen zu können. Verhaltensbezogene Kontrollen aufgrund kriminalistischer oder polizeilicher Erfahrungswerte bleiben unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote zulässig. Wir schaffen die rechtlichen Voraussetzungen für einen bis zu fünftägigen Präventivgewahrsam. Die Koalition strebt an, den finalen Rettungsschuss von Polizeibeamtinnen und -beamten als Ultima Ratio rechtssicher zu regeln, um Menschen in höchster Gefahr für Leib und Leben zu schützen. Die Koalition evaluiert das Versammlungsfreiheitsgesetz bis Mitte 2024 und nimmt den Begriff der „öffentlichen Ordnung“ wieder auf. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Schutz der Pressefreiheit und zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten. Seite 27 von 135 28
Um Vollzugsdefizite bei der Kontrolle des geltenden Waffenrechts abzubauen, setzt sich die Koalition für einen besseren Informationsaustausch der zuständigen Behörden ein und stärkt die Waffenbehörde im LKA Berlin. Gleichzeitig wollen wir eine engere Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden und den Krankenkassen forcieren. Wir setzen den Kampf gegen Organisierte Kriminalität in allen Phänomenbereichen fort. Insbesondere wollen wir die Vermögensabschöpfung stärken und ressortübergreifend mit dem LKA Berlin, der Staatsanwaltschaft und der Senatsverwaltung für Finanzen die Wirtschaftskriminalität und die Geldwäsche bekämpfen. Wir leiten eine Bundesratsinitiative für eine Ergänzung des Strafgesetzbuches wegen „Bedrohung von Zeugen und Gerichtspersonen“ ein und führen Aussteigerprogramme mit dem Schwerpunkt für Frauen unvermindert fort. Die Koalition fördert die Arbeit des Landesfeuerwehrverbands und stärkt den Feuerwehrsport. Wir stärken das Ehrenamt, die Fördervereine und erhöhen die Aufwandsentschädigung beim Ehrenamt der Freiwilligen Feuerwehr. Wir schaffen die landesrechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des sogenannten Feuerwehrführerscheins auch für die Hilfsorganisationen. Die Brandschutzerziehung und - aufklärung sowie der vorbeugende Rettungsdienst werden gesetzlich verankert und die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen gestärkt. Wir nehmen den 175. Geburtstag der Berliner Feuerwehr im Jahr 2026 zum Anlass, mit den unterschiedlichsten nationalen und internationalen Formaten im Verlauf des Jubiläumsjahres auf die Berliner Feuerwehr aufmerksam zu machen. Wir prüfen die Errichtung eines Landesamtes für Katastrophenschutz. Dazu intensivieren wir unsere Arbeit mit Betreibern der kritischen Infrastruktur und der Wirtschaft. Wir fördern die Einrichtung und Ausstattung der Katastrophenschutz-Leuchttürme und der Katastrophenschutzzentren. Der Verfassungsschutz bleibt für die Koalition ein unverzichtbarer Baustein der Berliner Sicherheitsarchitektur zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaat und wird gestärkt. Wir passen das Berliner Verfassungsschutzgesetz den aktuellen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an. Neben der Schaffung verhältnismäßiger Regelungen zur Bestandsdatenauskunft von Telekommunikationsunternehmen führen wir auch eine Ermächtigung für die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Verdachtsfälle ein. Rechtsextremismus ist derzeit die größte Gefahr für unsere Demokratie. Darüber hinaus stellt auch der Phänomenbereich des Islamismus eine große Bedrohung dar. Daher wird der Bereich der Islamismusbekämpfung im Verfassungsschutz gestärkt. Unsere Gesellschaft steht aber auch vor der Herausforderung linksextremistischer Bestrebungen – dagegen werden wir vorgehen. Gewalt kann nie ein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Der Verfassungsschutz wird die Berlinerinnen und Berliner über die Gefahren der verschiedenen Phänomenbereiche informieren. Wir schützen die Betroffenen von sogenannten „Feindeslisten“ durch frühzeitige Information, Schutz durch Meldesperren und konsequente Strafverfolgung der Täterinnen und Täter. Freiwillige öffentliche Leistungen sollen nur an Organisationen gezahlt werden, die sich im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen. Seite 28 von 135 29
Die Beschäftigten der Berliner Verwaltung verdienen hohe Anerkennung, Respekt und Wertschätzung für ihre Leistungen. Sie sichern mit ihrem täglichen Einsatz unser Gemeinwesen. Ein modernes öffentliches Dienst- und Personalrecht, das mehr Spielräume eröffnet und Beteiligungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördert, ist ein Schlüssel für eine funktionierende Stadt. Wir wollen die „Ausbildungsoffensive 500” fortführen. Die Koalition wird die Feuerwehrlaufbahnverordnung bis Ende der Legislatur novellieren. Wir schaffen einen Laufbahnzweig Rettungsdienst. Wir erhöhen die Ausbildungskapazitäten vor allem im gehobenen Dienst und passen die Ausbildungsstruktur im mittleren Dienst an. Wir wollen erhöhte Ausbildungskapazitäten sicherstellen und halten an den Plänen für einen Campus BFRA fest. Wir werden außerdem die Polizeiakademie am Campus Ruhleben errichten. Wir werden die Gründung eines „Oberstufenzentrums Sicherheit“ prüfen. Wir wollen eine zeitnahe Errichtung der Blaulicht-Kita. Die Altersgrenze im Feuerwehrtechnischen Dienst und bei der Polizei im Vollzugsdienst wird auf dem jetzigen Niveau festgeschrieben. Wir prüfen die Einführung einer Feuerwehrrente. Zusätzlich wird den Anwärterinnen und Anwärtern analog der Regelung bei der Polizei für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst Freie Heilfürsorge gewährt. Die Anhebung des Einstiegsamts auf A8 wird geprüft. Wir novellieren das Dienstunfallrecht unter Berücksichtigung der aktuellen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse. Zur ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge gehört für uns auch die psychologische Unterstützung unserer Einsatzkräfte, insbesondere auch während der Ausbildung. Ein ressortübergreifender Handlungsleitfaden „Prävention von Gewalt gegenüber Bediensteten des öffentlichen Dienstes“ wird in der Landeskommission Berlin gegen Gewalt entwickelt und die Umsetzung mit Ressourcen ausgestattet. Darüber hinaus wird die Koalition eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Ursachen und der Dimension von Gewalt gegen Sicherheits- und Einsatzkräfte in Auftrag geben. In den Sicherheitsbehörden soll sich die Diversität der Berliner Stadtgesellschaft abbilden. Extremistisches, rassistisches, queerfeindliches, islamfeindliches und antisemitisches Gedankengut hat hier keinen Platz. Wir werden gegen extremistische Tendenzen für alle Bewerberinnen und Bewerber im öffentlichen Dienst bei der Einstellung und bei der Übernahme von Führungsaufgaben eine Abfrage im Bundeszentralregister vornehmen. Darüber hinaus wird bei konkreten Anlässen bei Beschäftigten in den Bereichen Justiz, Strafvollzug, Polizei, Katastrophenschutz, Feuerwehr und kritische Infrastruktur eine Zuverlässigkeitsprüfung durch den Verfassungsschutz durchgeführt. Die laufende Berliner Polizeistudie wird fortgesetzt. Ebenso wird die Koalition eine Enquete-Kommission gegen Rassismus und Diskriminierung in Gesellschaft und Behörden einsetzen. Die Koalition steht für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch bei der Polizei Berlin, die entsprechenden Empfehlungen werden auf ihre Praxistauglichkeit geprüft und überarbeitet. Wir halten daran fest, dass es sich um unverbindliche Empfehlungen handelt. Gewaltprävention ist dann erfolgreich, wenn alle Verantwortlichen fachübergreifend zusammenarbeiten. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt ist dafür das zentrale Seite 29 von 135 30
Gremium. Wir verabschieden ein Landespräventionsgesetz. Darüber hinaus stärken wir die kiezorientierte Gewaltprävention der bezirklichen Präventionsräte. Wir wollen polizeiliche Maßnahmen in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Nachstellung (sogenanntes Stalking) ausschöpfen und erweitern. Hasskriminalität aufgrund von Frauenfeindlichkeit ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik zu erfassen und strafrechtlich konsequent zu verfolgen. Wir prüfen die Einrichtung einer koordinierenden Stelle, die die Zusammenarbeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes mit den Senatsverwaltungen hinsichtlich psychisch auffälliger Personen sicherstellt. Die Koalition strebt die Erhebung von Daten zur Identifikation von Orten im öffentlichen Raum in Berlin an, an denen es häufig zu sexistischen Übergriffen und sexualisierter Gewalt kommt. Polizei und Feuerwehr entwickeln spezifische Konzepte für Einsätze im Kontext von Clubkultur und Nachtleben. Wir werden den ressortübergreifenden Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt sowie von sexuellem Missbrauch von Kindern verbessern und streben eine landesgesetzliche Regelung an. Zum Schutz vor Partnerschaftsgewalt, häuslicher und sexualisierter Gewalt stärken wir Betroffene, helfen Kindern und Jugendlichen, die häusliche Gewalt miterleben müssen, und leisten zielgerichtete Täterarbeit. Digitale Gewalt ist echte Gewalt. Wir werden entsprechende Online-Beratungsangebote und die digitale Kompetenz von Schutzeinrichtungen für Betroffene von Gewalttaten voranbringen und dabei auch sexualisierte Inhalte berücksichtigen. Wir wollen den Fonds zur Unterstützung von Betroffenen extremistischer Gewalt ausbauen, um unbürokratische Schutzmaßnahmen, Betroffenenhilfe und Erhellung des Dunkelfeldes zu ermöglichen. Wir stärken junge Menschen gegen Anwerbeversuche extremistischer Gruppierungen und verstetigen Extremismusprävention und Deradikalisierung. Das Berliner Landesprogramm Radikalisierungsprävention in der Islamismusprävention und die Landeskoordinierungsstelle Radikalisierungsprävention werden gestärkt. Wir richten einen Islamismusmonitor im straf- und vereinsrechtlich relevanten Kontext bei der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung ein. Wir werden bestehende Programme um Prävention von Linksextremismus weiterentwickeln. Auf Grundlage des Landeskonzepts zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention wird die Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jüdischer Gemeinde und Zivilgesellschaft weiterentwickelt. Hierzu gehört der Runde Tisch „Antisemitische Gewalt“, Fortbildungsmaßnahmen und Studien zur Erhellung des Dunkelfeldes antisemitischer Gewalt. Wir werden die Bearbeitung von Anträgen nach dem Opferentschädigungsgesetz evaluieren und zum effektiveren Schutz von Opfern von Straftaten durch die erforderlichen Maßnahmen beschleunigen. Die Koalition wird das Landeseinwanderungsamt (LEA) als Einwanderungs-, Aufenthalts- und Sicherheitsbehörde stärken. Die Digitalisierung wird vorangetrieben; insbesondere sollen die Terminvorlaufzeiten deutlich verkürzt werden. Für Partizipation ist ein gesichertes Aufenthaltsrecht eine wichtige Voraussetzung. Die Koalition hält die Fachkräftezuwanderung für wichtig und setzt sich dafür ein, dass die Verfahren Seite 30 von 135 31