Koalitionsvertrag Berlin CDU/SPD 2023

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Der Senat wird im Stadtgebiet einen Standort festlegen, wo ein Regenbogenhaus als
Community Center realisiert werden kann.

Safer Spaces und diskriminierungssensible Begegnungsräume schützen wir vor
Verdrängung. Wir erhöhen die Barrierefreiheit und unterstützen queere Veranstaltungen im
öffentlichen Straßenraum. Wir wollen die Förderung von Modellprojekten wie
„Diversitygerechtes Ausgehen in Berlin“ mit der Kampagne „Feiern? Safe.“ über die
Landesantidiskriminierungsstelle fortsetzen und verstärken.

Die Koalition unterstützt auch im Sport die Vielfalt aller sexuellen Lebensentwürfe, indem sie
Diversity- und Queer-Kompetenzen in allen Bereichen des Sports stärkt und
entsprechende Projekte auch finanziell fördert. Jugend- und Sportangebote wird die Koalition
weiter konsequent sichern und zu inklusiven Räumen entwickeln.

Berlin hat sich als Mitglied der „Fast Track Cities Initiative to End Aids“ zum Ziel gesetzt, die
HIV-Pandemie bis 2030 zu beenden und einen wirkungsvollen Beitrag gegen die
Stigmatisierung von Menschen mit HIV zu leisten. Die Koalition wird die HIV/AIDS-
Beratungs- und Versorgungsstrukturen im Rahmen der Fast Track Cities-Initiative „95-95-
95-0“ fortführen und verstetigen. Der Senat wird hierzu öffentliche Kampagnen durchführen
und das gesetzte Ziel mit entsprechenden Kommunikationsstrategien unter Beteiligung des
Fast Track City Netzwerks Berlin und einer zu benennenden Koordinierungsstelle bei der
Senatsverwaltung für Gesundheit begleiten.

Der Senat wird einen regelmäßigen Austausch zum Netzwerk von Beratungs- und
Testangeboten, queersensiblen Hausärztinnen und Hausärzte, Schwerpunkt-Praxen und
Kliniken sowie Selbsthilfeorganisationen pflegen. Ziel ist es, die Prävention sexuell
übertragbarer Infektionen sowie die Versorgung zu stärken, um auch kurzfristig auf akute
Ereignisse reagieren zu können.

Die besonderen Bedürfnisse von queeren Menschen im Gesundheitsbereich, vor allem die
Bedürfnisse von trans* Personen, wird die Koalition verstärkt berücksichtigen. Dabei wird die
Koalition medizinische Angebote für trans* Personen – mit dem Fokus auf trans* Frauen
– fördern und ausbauen.

Die Koalition will ein selbstbestimmtes, queeres Leben auch im Alter fördern. Das Angebot
spezifischer Einrichtungen für betreutes Wohnen sowie Pflegeangebote für ältere queere
Menschen wollen wir ausbauen. Die Qualifizierung und Sensibilisierung des Pflegepersonals
für queere Lebensweisen wird gefördert.

Die Koalition steht für die Rechte und den Schutz queerer Menschen weltweit ein. Sie wird
das Engagement im „Rainbow Cities Network“ fortsetzen.

Antidiskriminierung
Die Koalition setzt die Enquete-Kommission gegen Rassismus und Diskriminierung ein,
um unter Beteiligung von Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten strukturellen
Rassismus und Diskriminierungen in Gesellschaft und staatlichen Einrichtungen
aufzudecken und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.



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Das Landesantidiskriminierungsgesetz bleibt erhalten und wird weiter fortentwickelt. Die
Koalition prüft das Verhältnis zwischen dem Polizei- und Bürgerbeauftragten, der
Ombudsstelle des LADG und dem Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem
Ziel, Doppelzuständigkeiten zu vermeiden.

Die Arbeit von Fachstellen, Gremien und Kommissionen gegen Diskriminierung wird
fortgesetzt.

Die Koalition schafft die Position einer Ansprechpartnerin bzw. eines Ansprechpartners
im Senat zu Antiziganismus, um Betroffenen eine stärkere Einbindung und Beachtung in
Berlin zu gewährleisten.

Antisemitismus
Berlin hat ein diverses, blühendes jüdisches Leben, welches integraler Bestandteil unserer
Stadt ist. Dies nach Kräften in der gesamten Stadt zu schützen und zu unterstützen, sehen
wir als unsere Aufgabe. Beim Kampf gegen Judenhass richten wir uns weiterhin nach der
jetzigen Arbeitsdefinition im Landeskonzept gegen Antisemitismus.

Die Koalition wird die Landeskonzeption „Berlin gegen jeden Antisemitismus!“ zur
Antisemitismusprävention fortführen und verstärkt umsetzen, um jüdisches Leben in Berlin
zu schützen. Der Schutz jüdischer Einrichtungen wird garantiert. Wir arbeiten außerdem z. B.
mit der jüdischen Gemeinde am Runden Tisch gegen antisemitische Gewalt eng
zusammen.

Die Koalition sorgt dafür, dass die im Landeskonzept zur Weiterentwicklung der
Antisemitismusprävention festgehaltenen Fortbildungsmaßnahmen für die Polizei gestärkt,
gleichartige Fortbildungsangebote für die Staatsanwaltschaft entwickelt und in den Fort- und
Weiterbildungskatalog übernommen werden.

Der      Antisemitismusbeauftragte         des Landes      ist  über    alle   bei    der
Landesantidiskriminierungs-stelle gemeldeten antisemitischen Vorfälle unverzüglich zu
informieren. Die vorhandenen Stellen beim Antisemitismusbeauftragten des Landes sollen
entfristet werden. Wir prüfen den bedarfsgerechten Ausbau. In Abstimmung mit der
Antidiskriminierungsbeauftragten der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie
sollen geschulte Pädagoginnen und Pädagogen für die kurzfristige Beratung von Vorfällen
betroffenen Schulen anbieten können und mittelfristig Bildungsangebote externer Träger an
diese Schulen vermitteln. Ziel ist es, dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler NS-
Gedenkstätten besuchen. Der Senat entwickelt das bestehende Programm fort, u. a. damit
die Logistik solcher Reisen erleichtert wird.

Die Koordination des Themenfeldes „Antisemitismus“ innerhalb des Senats soll geprüft und
optimiert werden.

Die Koalition prüft, inwieweit eine vergleichbare Regelung zu den „Ausführungsvorschriften
über Beurlaubung und Befreiung vom Unterricht“ für Prüfungen an Hochschulen und
Universitäten sowie weitere staatliche Prüfungen zu erlassen ist.

Wir werden das Projekt Synagoge am Fraenkel-Ufer umsetzen.

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Islamfeindlichkeit
Die Berliner Muslime sind ein fester Bestandteil unserer Stadt. Aufgrund ihrer florierenden
kulturellen und religiösen Vielfältigkeit bereichern sie die Gesellschaft. Dennoch erfahren sie
immer wieder Anfeindungen. Die Koalition wird die Diskriminierung von Musliminnen und
Muslimen sowie von muslimisch gelesenen Menschen nicht dulden und sämtliche
Maßnahmen ergreifen, um jegliche Formen von Gewalt und Hass zu unterbinden. Ihre
gesellschaftliche Teilhabe werden wir noch weiter stärken. Die Koalitionspartner werden mit
muslimischen Gemeinden Berlins zusammenarbeiten.

Lehrkräfte sollen in Bezug auf muslimische Kinder und den Islam sensibilisiert werden.
Informationen über die Vielfältigkeit muslimischen Lebens in Deutschland sollen vermittelt
werden, um möglicherweise vorhandene Stereotype zu durchbrechen. Schulklassen sollen
zwischen unterschiedlichen Berliner Bezirken in den Dialog treten und durch geförderte,
gemeinsame Projekte Vielfalt auf Augenhöhe leben. Dabei soll bewusst auf eine
soziokulturelle Vermischung der sich treffenden Klassen geachtet werden.

Begegnungsprojekte zwischen den Religionen und der Zivilgesellschaft sollen aktiv gefördert
und weiterentwickelt werden. Projekte zur Förderung des interreligiösen und
interkulturellen Austausches werden gefördert. Der 15. März wird entsprechend des
Beschlusses der UN-Vollversammlung als „Internationaler Tag gegen Islamfeindlichkeit“
öffentlich thematisiert und gewürdigt.

Die Berliner Moscheevereine werden durch Ehrenamtskoordinierung bei ihrer Arbeit im
Kontext der gesellschaftlichen Teilhabe unterstützt. Hierfür werden geeignete Kriterien
entwickelt. Das Islamforum wird mit einer Koordinierungsstelle unterstützt und ein
„Landeskonzept muslimisches Leben“ in Berlin erarbeitet.

Die Landesantidiskriminierungsstelle soll als Anlaufstelle erweitert und unterstützt
werden. Der Senat wird einen Leitfaden hinsichtlich Islamfeindlichkeit für Polizei und
Staatsanwaltschaft erarbeiten, äquivalent zum Leitfaden Antisemitismus.

Die „Expert:innenkommission zu antimuslimischem Rassismus im Land Berlin“ wird
die Koalition fortführen. Mit ihr werden wir eine ressortübergreifende Handlungsstrategie
gegen antimuslimischen Rassismus auf den Weg bringen. Die Handlungsstrategie umfasst
mindestens Monitoring, eine Sensibilisierungskampagne sowie die Stärkung der
bestehenden Beratungs- und Empowermentstrukturen.

Kampf gegen Extremismus
Wir engagieren uns konsequent im Kampf gegen jede Form von Extremismus,
Diskriminierung, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und
Rassismus. Die Stärkung zivilgesellschaftlicher Projekte und die konsequente Bekämpfung
von menschenverachtenden Taten sowie von Hasskriminalität haben besondere Priorität.

Berlin wird bestehende Landesprogramme weiterentwickeln, insbesondere das
„Landesprogramm für Demokratie. Vielfalt. Respekt.“ und die Landeskommission gegen
Gewalt. Die Landeszentrale für politische Bildung wird in ihrer wichtigen Arbeit weiter
unterstützt. Die Koalition wird dabei die Schwerpunkte Stärkung der Demokratiebildung und

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Vermittlung der Werte des Grundgesetzes mit dem Ziel eines stärkeren gesellschaftlichen
Zusammenhalts in der Stadt betonen. Wir stärken junge Menschen gegen Anwerbeversuche
extremistischer   Gruppierungen       und    verstetigen    Extremismusprävention   und
Deradikalisierung durch langfristige pädagogische, integrative und therapeutische Arbeit.
Das Berliner Landesprogramm Radikalisierungsprävention in der Islamismusprävention und
die Landeskoordinierungsstelle Radikalisierungsprävention werden ausgebaut.

Die Koalition verpflichtet sich, die Erstellung eines umfassenden Lagebildes zu
Antisemitismus,         Rechtsextremismus,       Rechtspopulismus,   Rassismus,
Verschwörungsideologien und Islamismus durch zivilgesellschaftliche Fachprojekte
dauerhaft zu gewährleisten.

Geflüchtete
Das Gesamtkonzept für Integration und Partizipation von geflüchteten Menschen
unterstützen und entwickeln wir weiter.

Berlin bringt sich aktiv in entsprechende Netzwerke (u. a. Solidarity Cities, Bündnis Städte
Sichere Häfen) ein.

Besonders Schutzbedürftige nach EU-Richtlinie 2013/33 sowie Frauen, Familien und
LSBTIQ* werden ab Ankunft identifiziert. Wir werden ihnen niedrigschwellige Beratungen in
Kooperation mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und dem Berliner
Netzwerk für besonders Schutzbedürftige (BNS) sowie anderen Beratungsstrukturen
anbieten. Hierzu wird bei Bedarf eine Clearingstelle errichtet.

Die Koalition wird landesrechtliche Möglichkeiten und Instrumente ausschöpfen, um
begründeten Familiennachzug zu erleichtern. Wir arbeiten vertrauensvoll mit der
Härtefallkommission     zusammen.     Ziel   ist   dabei,   ihre   Empfehlungen     und
Entscheidungsbegründungen über eine Aufenthaltserteilung weiter zu berücksichtigen.
Humanitäre Aspekte werden neben persönlichen Gründen im Zuge der Einzelfallprüfung bei
Entscheidungen über Kommissionsersuchen besonders gewichtet. Gesundheitliche
Einschränkungen, Behinderung, Alter und Pflege von Kindern oder Angehörigen sind bei der
Entscheidung zu berücksichtigen, insbesondere inwieweit diese Umstände Arbeit oder
Spracherwerb erschwert haben.

Wir schöpfen alle landesrechtlichen Spielräume aus, um aus der Ukraine geflohenen
Drittstaatsangehörigen, die sich bereits vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine
aufgehalten haben, ein Bleiberecht zu gewähren. Dazu gehören z. B. Stipendien-Programme
für Studierende oder Übergangsregelungen durch Fiktionsbescheinigungen.

Geflüchtete müssen bedarfsgerecht und nachhaltig untergebracht werden. Besonders
wichtig ist das für Familien mit Kindern. Unser Ziel ist, die besonders Schutzbedürftigen im
Blick zu haben und ihnen eine geeignete Unterbringung in Form einer Wohnung, vor
allem für Familien, zur Verfügung zu stellen und ihnen den Zugang zu erleichtern.
Wohnberechtigungsscheine werden auch für Geflüchtete, unabhängig von der Dauer des
Aufenthaltsstatus in Berlin, ausgestellt, sofern rechtlich keine Bedenken bestehen.




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Wir verstärken die Regelstruktur, um Geflüchtete aus LAF-Unterkünften und Unterkünften
der Wohnungslosenhilfe psychosozial zu versorgen. Damit verstärken wir zugleich das
Angebot an bedarfsgerechter Beratung, Betreuung und medizinische Versorgung im sozialen
und gesundheitlichen Bereich und stellen uns auf Sprachmittlungsbedarfe ein.

Psychosoziale Zentren werden wir stärken und eine dauerhafte              Finanzierung
gewährleisten. Eine Überführung in das Regelsystem wird geprüft.




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Inneres, Sicherheit und Ordnung

Erfolgreiche Innenpolitik nutzt die volle Bandbreite des Dreiklangs „Prävention –
Intervention – Repression“. Wir wollen die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden so stärken,
dass sie Recht und Gesetz in allen Teilen der Stadt durchsetzen können. Die Koalition lehnt
jede Form von Menschenfeindlichkeit, verfassungsfeindlichen Bestrebungen und Gewalt als
Mittel der politischen Auseinandersetzung ab. Auch die Zivilgesellschaft ist dabei ein
wichtiger Baustein im Kampf gegen Hasskriminalität.

Die Koalition wird in dieser Legislaturperiode bis zu 1.000 weitere Kräfte bei Polizei und
Feuerwehr sowie im Landesamt für Einwanderung und im Landeseinbürgerungszentrum
beschäftigen. Wir stärken unter anderem die Abschnitte für eine spürbar präsentere Polizei
auf den Straßen Berlins, zum Beispiel bei der Fahrradstaffel, KOB 100 und dem Zentralen
Objektschutz. Die Koalition will zudem die Kapazitäten der Ermittlungs- und
Strafverfolgungsbehörden für die Bekämpfung von Cybercrime ausbauen. Der Zentrale
Objektschutz soll gestärkt werden und erhält weitere Befugnisse. Wir prüfen, die
Bußgeldstelle zu einer Einrichtung mit einem eigenen Wirtschaftsplan umzubauen. Wir
stärken die Digitalisierung und automatisierte Bearbeitung in der Bußgeldstelle.

Die Koalition modernisiert und verbessert die Ausstattung der Polizei. Das umfasst auch
die personenbezogene Schutzausstattung und -ausrüstung der Einsatzkräfte. Auf Basis einer
Bestandsanalyse ermöglichen wir eine strategische und nachhaltige Modernisierung und den
Ausbau des Fuhrparks und erhöhen unter dieser Maßgabe auch die Anzahl von Elektro- und
gegebenenfalls Hybridfahrzeugen. Wir werden alle Beschaffungen strategisch und
bedarfsgerecht möglichst klimaneutral gestalten. Für die Stahlbootflotte der
Wasserschutzpolizei schaffen wir ab 2024 jährlich ein neues Stahlboot an. Um flexibler auf
besondere Lagen reagieren zu können, prüft die Koalition die Anschaffung eines eigenen
Polizeihubschraubers für Berlin in dieser Legislaturperiode. Wir setzen das Drohnen- und
Drohnenabwehr-Konzept der Polizei um. Für die Feuerwehr beschaffen wir weitere Drohnen,
insbesondere Opferdrohnen. Wir schaffen einen Löschroboter an. Die Einsatzfahrzeuge der
Feuerwehr werden mit Kameras ausgestattet, um Angriffe auf ihre Beschäftigten besser
dokumentieren zu können.

Die Koalition wird ein Sonderinvestitions- und Sanierungsprogramm auflegen und die
Finanzmittel zur Instandsetzung, Modernisierung und zum Ausbau von für Polizei- und
Feuerwachen deutlich erhöhen. Dabei denken wir die Schaffung von Dienstwohnungen mit.
Insbesondere der Bau und die Sanierung der Feuerwachen der Freiwilligen Feuerwehren
Müggelheim, Wilhelmshagen und Mahlsdorf werden ausfinanziert. Die Sanierung wird
konsequent an Klimaschutzkriterien ausgerichtet. Mit dem Ziel der bedarfsgerechten und
frühzeitigen Einplanung von notwendigen Brandschutz- und Rettungsdienstangeboten im
Zuge von Neubaumaßnahmen stellen wir die Koordination zwischen der
Stadtentwicklungsverwaltung,     den       Bezirken     sowie      den      städtischen
Wohnungsbaugesellschaften sicher.

Die Koalition prüft, wie die polizeiliche Arbeit lokal an besonders kriminalitätsbelasteten
Orten, Kiezen und Bereichen gestärkt werden kann. Wir prüfen die Errichtung eines
Katastrophenschutzzentrums. Wir stellen die kooperative Leitstelle der Polizei Berlin
und Feuerwehr fertig.


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Wir führen unverzüglich, dauerhaft und flächendeckend Bodycams für Polizei, Feuerwehr
und Ordnungsämter ein, um für eine bessere Dokumentation und mehr Transparenz der
Einsätze zu sorgen, und evaluieren dies wissenschaftlich.

Die Koalition wird die Einsatzverfügbarkeit von Distanz-Elektroimpulsgeräten („Tasern“)
bei der Polizei Berlin zur Vermeidung des Schusswaffengebrauches und zur Verhinderung
von akuten Suiziden ausweiten und hierfür die erforderlichen Rechtsgrundlagen schaffen.
Die Evaluierung wird fortgesetzt.

Wir    verfolgen     an    kriminalitätsbelasteten Orten einen  ganzheitlichen und
ressortübergreifenden Ansatz. Wir wollen die Einrichtung von Messerverbotszonen an
kriminalitätsbelasteten Orten ermöglichen.

Die Koalition führt anlassbezogen den Videoschutz an kriminalitätsbelasteten Orten ein, um
die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen. Die Notwendigkeit wird regelmäßig
kriminologisch evaluiert und dem Abgeordnetenhaus und der zuständigen Senatsverwaltung
berichtet. Zur Bekämpfung des Fahrraddiebstahls startet die Koalition den Pilotbetrieb von
stationärer Videoüberwachung an zwei ausgewählten Fahrradabstellanlagen und
evaluiert die Ergebnisse hinsichtlich der Kosten, Nutzen und Eingriff in die Privatsphäre.

Sicherheit und Sauberkeit werden stärker zusammengedacht. Die Koalition fördert daher
städtebauliche Maßnahmen zur Kriminalprävention, insbesondere durch Stadtmöbel als
Überfahrschutz und Aus- bzw. Beleuchtung. Sie sorgt für Sauberkeit und Ordnung sowie
Vandalismusprävention. Die Sicherheit von Parkanlagen werden wir durch eine berlinweite
Konzeption zwischen Land und Bezirken erhöhen. Die Sauberkeit wird u. a. durch eine noch
enger verzahnte Zusammenarbeit zwischen bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern,
BSR und den Ordnungsämtern verbessert. Wir werden der BSR die Möglichkeit zur
unverzüglichen Beseitigung illegaler Abfallablagerungen auf öffentlichem Straßenland durch
Sammelaufträge der Berliner Bezirke übertragen. Wir werden das Pilotprojekt „Saubere und
lebenswerte Parks“ der BSR ausweiten und verstetigen. Für eine sichere und saubere Stadt
schaffen wir ein Veranstaltungssicherheitsgesetz.

Die Koalition wird das ASOG überarbeiten. Die Nutzung von Bodycams in privatem
Wohnraum, insbesondere in den Fällen der häuslichen Gewalt, wird rechtssicher
festgeschrieben. Wir werden Ergänzungen mit dem Ziel prüfen, aufgrund richterlicher
Anordnung Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen zur Bekämpfung terroristischer
Straftaten und schwerster Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität einsetzen zu
können. Verhaltensbezogene Kontrollen aufgrund kriminalistischer oder polizeilicher
Erfahrungswerte      bleiben      unter      Beachtung       der     verfassungsrechtlichen
Diskriminierungsverbote zulässig. Wir schaffen die rechtlichen Voraussetzungen für einen bis
zu fünftägigen Präventivgewahrsam.

Die Koalition strebt an, den finalen Rettungsschuss von Polizeibeamtinnen und -beamten
als Ultima Ratio rechtssicher zu regeln, um Menschen in höchster Gefahr für Leib und Leben
zu schützen.

Die Koalition evaluiert das Versammlungsfreiheitsgesetz bis Mitte 2024 und nimmt den
Begriff der „öffentlichen Ordnung“ wieder auf. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Schutz
der Pressefreiheit und zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten.

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Um Vollzugsdefizite bei der Kontrolle des geltenden Waffenrechts abzubauen, setzt sich die
Koalition für einen besseren Informationsaustausch der zuständigen Behörden ein und stärkt
die Waffenbehörde im LKA Berlin. Gleichzeitig wollen wir eine engere Zusammenarbeit mit
den Gesundheitsbehörden und den Krankenkassen forcieren.

Wir setzen den Kampf gegen Organisierte Kriminalität in allen Phänomenbereichen fort.
Insbesondere wollen wir die Vermögensabschöpfung stärken und ressortübergreifend mit
dem LKA Berlin, der Staatsanwaltschaft und der Senatsverwaltung für Finanzen die
Wirtschaftskriminalität und die Geldwäsche bekämpfen. Wir leiten eine Bundesratsinitiative
für eine Ergänzung des Strafgesetzbuches wegen „Bedrohung von Zeugen und
Gerichtspersonen“ ein und führen Aussteigerprogramme mit dem Schwerpunkt für Frauen
unvermindert fort.

Die Koalition fördert die Arbeit des Landesfeuerwehrverbands und stärkt den
Feuerwehrsport. Wir stärken das Ehrenamt, die Fördervereine und erhöhen die
Aufwandsentschädigung beim Ehrenamt der Freiwilligen Feuerwehr. Wir schaffen die
landesrechtlichen      Voraussetzungen     für    die   Einführung     des    sogenannten
Feuerwehrführerscheins auch für die Hilfsorganisationen. Die Brandschutzerziehung und -
aufklärung sowie der vorbeugende Rettungsdienst werden gesetzlich verankert und die
Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen gestärkt. Wir nehmen den
175. Geburtstag der Berliner Feuerwehr im Jahr 2026 zum Anlass, mit den
unterschiedlichsten nationalen und internationalen Formaten im Verlauf des Jubiläumsjahres
auf die Berliner Feuerwehr aufmerksam zu machen.

Wir prüfen die Errichtung eines Landesamtes für Katastrophenschutz. Dazu intensivieren
wir unsere Arbeit mit Betreibern der kritischen Infrastruktur und der Wirtschaft. Wir fördern
die Einrichtung und Ausstattung der Katastrophenschutz-Leuchttürme und der
Katastrophenschutzzentren.

Der Verfassungsschutz bleibt für die Koalition ein unverzichtbarer Baustein der Berliner
Sicherheitsarchitektur zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaat und wird gestärkt. Wir
passen das Berliner Verfassungsschutzgesetz den aktuellen Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts an. Neben der Schaffung verhältnismäßiger Regelungen zur
Bestandsdatenauskunft von Telekommunikationsunternehmen führen wir auch eine
Ermächtigung für die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Verdachtsfälle ein.

Rechtsextremismus ist derzeit die größte Gefahr für unsere Demokratie. Darüber hinaus
stellt auch der Phänomenbereich des Islamismus eine große Bedrohung dar. Daher wird der
Bereich der Islamismusbekämpfung im Verfassungsschutz gestärkt. Unsere Gesellschaft
steht aber auch vor der Herausforderung linksextremistischer Bestrebungen – dagegen
werden wir vorgehen. Gewalt kann nie ein legitimes Mittel der politischen
Auseinandersetzung sein. Der Verfassungsschutz wird die Berlinerinnen und Berliner über
die Gefahren der verschiedenen Phänomenbereiche informieren. Wir schützen die
Betroffenen von sogenannten „Feindeslisten“ durch frühzeitige Information, Schutz durch
Meldesperren und konsequente Strafverfolgung der Täterinnen und Täter.

Freiwillige öffentliche Leistungen sollen nur an Organisationen gezahlt werden, die sich im
Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen.

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Die Beschäftigten der Berliner Verwaltung verdienen hohe Anerkennung, Respekt und
Wertschätzung für ihre Leistungen. Sie sichern mit ihrem täglichen Einsatz unser
Gemeinwesen. Ein modernes öffentliches Dienst- und Personalrecht, das mehr
Spielräume eröffnet und Beteiligungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördert, ist ein
Schlüssel für eine funktionierende Stadt.

Wir wollen die „Ausbildungsoffensive 500” fortführen. Die Koalition wird die
Feuerwehrlaufbahnverordnung bis Ende der Legislatur novellieren. Wir schaffen einen
Laufbahnzweig Rettungsdienst. Wir erhöhen die Ausbildungskapazitäten vor allem im
gehobenen Dienst und passen die Ausbildungsstruktur im mittleren Dienst an.

Wir wollen erhöhte Ausbildungskapazitäten sicherstellen und halten an den Plänen für einen
Campus BFRA fest. Wir werden außerdem die Polizeiakademie am Campus Ruhleben
errichten. Wir werden die Gründung eines „Oberstufenzentrums Sicherheit“ prüfen. Wir
wollen eine zeitnahe Errichtung der Blaulicht-Kita.

Die Altersgrenze im Feuerwehrtechnischen Dienst und bei der Polizei im Vollzugsdienst
wird auf dem jetzigen Niveau festgeschrieben. Wir prüfen die Einführung einer
Feuerwehrrente. Zusätzlich wird den Anwärterinnen und Anwärtern analog der Regelung bei
der Polizei für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst Freie Heilfürsorge gewährt. Die
Anhebung des Einstiegsamts auf A8 wird geprüft. Wir novellieren das Dienstunfallrecht unter
Berücksichtigung der aktuellen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse. Zur ganzheitlichen
Gesundheitsvorsorge gehört für uns auch die psychologische Unterstützung unserer
Einsatzkräfte, insbesondere auch während der Ausbildung.

Ein ressortübergreifender Handlungsleitfaden „Prävention von Gewalt gegenüber
Bediensteten des öffentlichen Dienstes“ wird in der Landeskommission Berlin gegen
Gewalt entwickelt und die Umsetzung mit Ressourcen ausgestattet. Darüber hinaus wird die
Koalition eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Ursachen und der Dimension von
Gewalt gegen Sicherheits- und Einsatzkräfte in Auftrag geben.

In den Sicherheitsbehörden soll sich die Diversität der Berliner Stadtgesellschaft abbilden.
Extremistisches, rassistisches, queerfeindliches, islamfeindliches und antisemitisches
Gedankengut hat hier keinen Platz. Wir werden gegen extremistische Tendenzen für alle
Bewerberinnen und Bewerber im öffentlichen Dienst bei der Einstellung und bei der
Übernahme von Führungsaufgaben eine Abfrage im Bundeszentralregister vornehmen.
Darüber hinaus wird bei konkreten Anlässen bei Beschäftigten in den Bereichen Justiz,
Strafvollzug, Polizei, Katastrophenschutz, Feuerwehr und kritische Infrastruktur eine
Zuverlässigkeitsprüfung durch den Verfassungsschutz durchgeführt. Die laufende Berliner
Polizeistudie wird fortgesetzt. Ebenso wird die Koalition eine Enquete-Kommission gegen
Rassismus und Diskriminierung in Gesellschaft und Behörden einsetzen.

Die Koalition steht für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch bei der Polizei
Berlin, die entsprechenden Empfehlungen werden auf ihre Praxistauglichkeit geprüft und
überarbeitet. Wir halten daran fest, dass es sich um unverbindliche Empfehlungen handelt.

Gewaltprävention ist dann erfolgreich, wenn alle Verantwortlichen fachübergreifend
zusammenarbeiten. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt ist dafür das zentrale

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Gremium. Wir verabschieden ein Landespräventionsgesetz. Darüber hinaus stärken wir
die kiezorientierte Gewaltprävention der bezirklichen Präventionsräte.

Wir wollen polizeiliche Maßnahmen in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Nachstellung
(sogenanntes Stalking) ausschöpfen und erweitern. Hasskriminalität aufgrund von
Frauenfeindlichkeit ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik zu erfassen und strafrechtlich
konsequent zu verfolgen. Wir prüfen die Einrichtung einer koordinierenden Stelle, die die
Zusammenarbeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes mit den Senatsverwaltungen
hinsichtlich psychisch auffälliger Personen sicherstellt.

Die Koalition strebt die Erhebung von Daten zur Identifikation von Orten im öffentlichen
Raum in Berlin an, an denen es häufig zu sexistischen Übergriffen und sexualisierter
Gewalt kommt. Polizei und Feuerwehr entwickeln spezifische Konzepte für Einsätze im
Kontext von Clubkultur und Nachtleben. Wir werden den ressortübergreifenden Schutz vor
häuslicher und sexualisierter Gewalt sowie von sexuellem Missbrauch von Kindern
verbessern und streben eine landesgesetzliche Regelung an. Zum Schutz vor
Partnerschaftsgewalt, häuslicher und sexualisierter Gewalt stärken wir Betroffene, helfen
Kindern und Jugendlichen, die häusliche Gewalt miterleben müssen, und leisten
zielgerichtete Täterarbeit.

Digitale Gewalt ist echte Gewalt. Wir werden entsprechende Online-Beratungsangebote
und die digitale Kompetenz von Schutzeinrichtungen für Betroffene von Gewalttaten
voranbringen und dabei auch sexualisierte Inhalte berücksichtigen. Wir wollen den Fonds zur
Unterstützung von Betroffenen extremistischer Gewalt ausbauen, um unbürokratische
Schutzmaßnahmen, Betroffenenhilfe und Erhellung des Dunkelfeldes zu ermöglichen.

Wir stärken junge Menschen gegen Anwerbeversuche extremistischer Gruppierungen und
verstetigen    Extremismusprävention       und     Deradikalisierung.   Das      Berliner
Landesprogramm Radikalisierungsprävention in der Islamismusprävention und die
Landeskoordinierungsstelle Radikalisierungsprävention werden gestärkt. Wir richten einen
Islamismusmonitor im straf- und vereinsrechtlich relevanten Kontext bei der für Inneres
zuständigen Senatsverwaltung ein. Wir werden bestehende Programme um Prävention von
Linksextremismus weiterentwickeln.

Auf Grundlage des Landeskonzepts zur Weiterentwicklung der Antisemitismusprävention
wird die Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jüdischer Gemeinde und
Zivilgesellschaft weiterentwickelt. Hierzu gehört der Runde Tisch „Antisemitische
Gewalt“, Fortbildungsmaßnahmen und Studien zur Erhellung des Dunkelfeldes
antisemitischer Gewalt.

Wir werden die Bearbeitung von Anträgen nach dem Opferentschädigungsgesetz
evaluieren und zum effektiveren Schutz von Opfern von Straftaten durch die erforderlichen
Maßnahmen beschleunigen.

Die Koalition wird das Landeseinwanderungsamt (LEA) als Einwanderungs-, Aufenthalts-
und Sicherheitsbehörde stärken. Die Digitalisierung wird vorangetrieben; insbesondere
sollen die Terminvorlaufzeiten deutlich verkürzt werden. Für Partizipation ist ein gesichertes
Aufenthaltsrecht    eine     wichtige     Voraussetzung.     Die     Koalition      hält   die
Fachkräftezuwanderung für wichtig und setzt sich dafür ein, dass die Verfahren

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