2899. AStV-2 am 05.06.2023 - Fortsetzung Vorbereitung JI-Rat am 8./9. Juni 2023
Diplomatische Korrespondenz ID: BRUEEU_2023-06-06_42737 06.06.2023 VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH Von: Ständige Vertretung EU Brüssel An: DKOR_AS-EM, DKOR_Leitung Cc: DKOR_BKAMT_EXT, DKOR_BMF_EXT, DKOR_BMI_EXT, DKOR_BRUEDIP_A, DKOR_LUXE_A, DKOR_BMAS_EXT, DKOR_BMFSFJ_EXT, DKOR_EUROBMZ_EXT, DKOR_BMBF_EXT, DKOR_BMJ_EXT, DKOR_BMWK_EXT, DKOR_EUROBMWK_EXT Betreff: 2899. AStV-2 am 05.06.2023 - Fortsetzung Vorbereitung JI-Rat am 8./9. Juni 2023 | TOP 20 c) und d) AMM-VO und AsylverfVO Bezug: BRUEEU_2023-06-01_32526; Dokumente: 10065/23; 9711/1/23 REV1; 9710/1/23 REV1 Zweck: Zur Unterrichtung Verf.: Nienhoff (.BRUEEU POL-IN1-3-EU) Geschäftszeichen: Pol. 350.89/1 Zusatzinformationen: BMI: MinBüro, Büro PStÖ, Büro StE, Büro StK, ALM, ALB, ALÖS, ALV, StabE, UALMI, SVALB, UALÖSI, UALÖSII, E2, MI1, MI2, MI3, MI4, MI5, MI6, UAMII, MII1, B2, B3, B4, B5, DG I 2, VI4, VII4, ÖSI3, ÖSI4, ÖSII1, ÖSII2 AA: EU-K, 508-9, E-11 BMJ: EU-KOR, IVB2 BMAS: I5, I8, VIa1, VIa2, PGFlü BMBF: Ref. 221 BMF: EA4 BMFSFJ: Ref. EU, Ref. 103, BMWK: EA2 BMZ: 500 BKAmt: AS 3, AS 4, 131, 223, 132, 412 Anlagen: 1. Fortsetzung_DKOR_AStV050623_TOP20c+d I. Zusammenfassung und Wertung Präs. stellte die überarbeiteten Rechtstexte der Asyl- und MigrationsmanagementVO (AMM- VO) und Asylverfahrens-VO mit dem Ziel einer allg. Ausrichtung beim JI-Rat am 8. Juni zur Diskussion. Die meisten Änderungen zielen auf eine Entlastung der Außengrenzstaaten ab. Die vorgeschlagenen Änderungen gerade bei den Zuständigkeiten gehen insb. den Med5 (ESP, ITA, CYP, MLT und GRC) jedoch bei weitem nicht weit genug. Für eine andere Gruppe von MS gehen sie jedoch deutlich zu weit und zudem auch in die völlig falsche Richtung (FRA „könne den aktuellen Kompromiss nicht unterstützten mit einer kürzeren Verantwortung und geschwächten Grenzverfahren, es fehle an der Balance“; ähnlich NLD, AUT, SVN). Nur eine sehr kleine Gruppe von MS (FIN, LUX, PRT, IRL) teilte mit, die aktuellen Vorschläge (im Wege eines Kompromisses) wohl mittragen zu können. Wenige Tage vor dem JI-Rat scheinen die Positionen der MS sich nicht aufeinander zuzubewegen. Feedback: Bitte denken Sie daran, der AV Rückmeldung auf Bericht und Handlungsempfehlung zu geben. Seite 1 von 5
Diplomatische Korrespondenz ID: BRUEEU_2023-06-06_42737 06.06.2023 VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH Gespalten ist auch das Bild in Bezug auf die Frage, ob beim Konzept Sicherer Drittstaaten ein verpflichtendes Verbindungselement vorausgesetzt wird. Hier gibt es möglicherweise eine „blocking minority“ der dies ablehnenden MS. Nach Abschluss der wenig Optimismus verbreitenden Diskussion wies KOM darauf hin, dass der vorliegende Kompromiss keinesfalls perfekt sei, aber immer noch besser als das geltende Recht. Mit den vorliegenden Texten würde der Rat sich auf einen verpflichtenden Solidaritätsmechanismus einigen, welcher vorhersehbar sei und die Bedarfe der MS berücksichtige, sowie auf die Einführung von verpflichtenden Grenzverfahren, welche auch für die Außengrenzstaaten zur Verringerung des Migrationsdruckes beitragen würden. Auf dieser Grundlage könne man dann die noch ausstehenden Beratungen mit dem EP aufnehmen. KOM erinnerte auch daran, dass diese Vorschläge mit den weiteren Rechtsakten des GEAS gemeinsam verabschiedet werden sollen und betonte die Verbesserungen bei Eurodac und die Einführung eines verpflichtenden Screenings. Präs. kündigte erneute (eher marginale) Überarbeitung für Dienstag (6. Juni) an und wiederholte ihre Ankündigung, dass MS im AStV am Mittwoch konkret zu der Frage Stellung beziehen sollen, wer die Vorschläge nicht unterstützen könne. Zahlen würden in die Verordnungstexte erst nach einer Einigung der Ministerinnen und Minister eingefügt. DEU Position 1. Asylverfahrens-VO Ich machte deutlich, dass das verpflichtende Verbindungselement für eine DEU Zustimmung zentral sei und der Transit als hinreichendes Verbindungselement gestrichen werden müsse, da ein Transit keinesfalls einen hinreichenden Bezug zu dem Drittstaat begründe. Wie andere MS seien wir nicht überzeugt, dass es einer spezifischen Kappungsgrenze für die Grenzverfahren bedürfe. Ich erinnerte insoweit an unsere bekannte Position dazu, unter welchen Bedingungen wir diese Kappungsgrenze mittragen könnten (insb. Faktor 4). Die einfache Notifizierung der Anpassungsmaßnahmen mit einem gestärkten Monitoring durch die KOM zu verbinden, könnten wir akzeptieren, wenn KOM hier auch mit konkreten Handlungsmöglichkeiten ausgestattet werde, also z.B. den MS konkrete Empfehlungen geben dürfe. Ich bekräftigte, dass wir an unserer Forderung festhielten, nicht nur (wie aktuell vorgesehen) unbegleitete Minderjährige aus dem Grenzverfahren auszunehmen, sondern auch eine pauschale Ausnahme von begleiteten Minderjährigen und deren Familien fordern. LUX, PRT und IRL halten ebenfalls an ihren entsprechenden Forderungen fest. 2. AMM-VO Ich erklärte, dass wir die Vorschläge der Präs. bei der Ersteinreisezuständigkeit und der Regelung zum Erlöschen nach Ablehnung im Grenzverfahren im Wege eines Gesamtkompromisses mittragen würden. Auch die weiteren Vorschläge könnten wir unterstützen, auch wenn wir von der Regelung zur „Gefahr von Migrationsdruck“ nicht überzeugt seien. Mit Blick auf die Überprüfungsklausel für Geschwister, erinnerte ich an dieser Stelle an unsere Feedback: Bitte denken Sie daran, der AV Rückmeldung auf Bericht und Handlungsempfehlung zu geben. Seite 2 von 5
Diplomatische Korrespondenz ID: BRUEEU_2023-06-06_42737 06.06.2023 VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH bekannte Position, dass deren Aufnahme in die Definition der Familienangehörigen der AMM- VO für uns nur in Frage komme, wenn effektive Maßnahmen zur wirksamen Reduzierung von irregulärer Sekundärmigration beschlossen werden und die Gesamtbalance im Übrigen stimme. Für uns sei weiterhin nicht nachvollziehbar, dass wir zu Offsets verpflichtet werden können, wenn gleichzeitig Dublin-Überstellungen nicht funktionieren. Ein funktionierendes Dublin- System sei für uns untrennbar mit einer Verpflichtung zur Personensolidarität verbunden. II. Im Einzelnen Präs. erläuterte, in den überarbeiteten Textfassungen die Diskussionen der letzten Woche (beide Sitzungen der JI-Referenten und Sitzung des AStV) berücksichtigt und Änderungswünsche soweit wie möglich umgesetzt zu haben. Präs. gehe davon aus, dass technische Punkte inzwischen - soweit möglich - abgeräumt seien. Die neusten Änderungen beträfen in erster Linie die AMM-VO. Hier sei nach der Diskussion der letzten Woche die Dauer der Zuständigkeit des Ersteinreisesstaten auf 30 Monate verkürzt worden. Auch die gänzlich neue Regelung, dass eine Zuständigkeit nach abgeschlossener und negativer Entscheidung im Asylgrenzverfahren erlöschen kann, wurde auf 18 Monate verkürzt. Dies solle einen positiven Anreiz zur Nutzung des Grenzverfahrens darstellen und die Außengrenzstaaten dahingehend entlasten, dass sie nicht dauerhaft für die Rückführung nicht rückführbarer zuständig bleiben. Beide Vorschläge seien mit Blick auf eine bessere Balance aufgenommen worden. In Bezug auf die AsylverfahrensVO wies Präs. darauf hin, dass die Vorgabe, Personen mit hoher Rückführungswahrscheinlichkeit auch nach Erreichen der (von den Med5 geforderten) expliziten Kappungsgrenze im Grenzverfahren zu prüfen - vorausgesetzt es sind Unterbringungsplätze im Rahmen der adäquaten Kapazität vorhanden - in der neuen Fassung gestrichen worden sei. Verbindungselement Das verpflichtende Verbindungselement (betrifft AsylverfVO) zwischen einem Antragsteller und einem Drittstaat bei der EU-weiten Anwendung des Konzepts sicherer Drittstaaten ist neben DEU auch LUX, BEL, PRT und FRA sehr wichtig. Dass dabei auch ein Transit in der von der Präs. vorgeschlagenen Form eine Verbindung begründen soll, lehnen diese MS (bis auf PRT) ab. FRA und LUX sprachen sich dafür aus, die Voraussetzungen für einen Transit hier weiter anzuheben und klarer zu definieren (FRA: ein 24-Stunden Transit hier keinesfalls ausreichend; LUX: sprachliche Verbindungen könnten nicht genügen). FIN signalisierte ebenfalls Unterstützung für das Verbindungelement. Für die Streichung des verpflichtenden Verbindungselements und für mindestens eine Rückkehr zum vorherigen Kompromissvorschlag der Präs. sprachen sich AUT, CZE, NLD, GRC, HUN, POL, LTU (einziger offener Punkt), LVA, GRC, MLT, CYP, ITA, DNK aus. NLD will insbesondere die Option für Abkommen mit Drittstaaten offenhalten. Auch GRC hob die Streichung des Verbindungselements als essentiellen Punkt hervor und forderte zudem eine noch darüberhinausgehende Änderung von Art. 36 AsylverfahrensVO. Dauer der Zuständigkeit des Ersteinreisestaates Die vorgenommene Verkürzung der Dauer der Zuständigkeit des Ersteinreisstaates wurde von Feedback: Bitte denken Sie daran, der AV Rückmeldung auf Bericht und Handlungsempfehlung zu geben. Seite 3 von 5
Diplomatische Korrespondenz ID: BRUEEU_2023-06-06_42737 06.06.2023 VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH NLD, SVN und FIN ausdrücklich kritisiert und als Belastung der Gesamtbalance moniert. FIN führte aus, dass stabile Zuständigkeiten zur Verringerung von Sekundärmigration wichtig seien. Ähnlich BEL, welches die Änderungen im Wege eines Kompromisses aber akzeptieren würde. SVK und POL können diese Änderungen akzeptieren. Auch für ROU und HRV gehen sie in die richtige Richtung, sollten jedoch noch weiter gehen (HRV: 2 Jahre). GRC (unterstützt von den restlichen Med5) forderte eine noch weitere Absenkung auf 18 Monate. ITA erklärte, den Vorschlag der Präs. zu Hause schlicht nicht „verkaufen zu können“. ITA und ESP plädierten zudem noch für eine besondere Berücksichtigung von SAR-Fällen durch eine weiter verkürzte Zuständigkeit. AUT lehnte die Änderungen bei den Zuständigkeiten nicht ausdrücklich ab, betonte aber, dass entscheidend sei, was hier am Ende stehe. AUT beobachte mit Sorge, wie mit jeder Diskussion die Zuständigkeitsfristen verkürzt würden. Erlöschen der Zuständigkeit nach Ablehnung des eines Antrags im Grenzverfahren Die Änderungen können SVK und BEL im Wege eines Kompromisses mitgehen. Ablehend NLD und SVN unter Verweis auf die fehlende Gesamtbalance. Auch FIN geht diese Änderung zu weit (Legalisierung von Sekundärmigration). Für HRV, BGR und die Med5 gehen die Änderungen hingegen nicht weit genug. Med5 fordern hier 6 Monate, HRV 12 Monate. Die weiteren Änderungsvorschläge zur AMM-VO riefen keinen Widerspruch hervor. Kappungsgrenze Wenig Fortschritte sind bei der von den Med5 geforderten Kappungsgrenze ersichtlich. Während diese den Med5 weiterhin deutlich zu hoch ist („unrealistisch“; „unerreichbar“; „keine echte Kappung“), lehnen eine Reihe anderer MS (AUT, FRA, POL, NLD, POL, SVN) die derzeit vorgeschlagene Kappungsgrenze ab (einfache Notifizierung nicht ausreichend; mindestens Faktor 4, auch nach Erreichen der Kappungsgrenzte weiterhin Prüfung von Personen mit hoher Rückführungswahrscheinlichkeit). ***Fortsetzung siehe Anlage.*** gez. Clauß (.BRUEEU L-EU) Feedback: Bitte denken Sie daran, der AV Rückmeldung auf Bericht und Handlungsempfehlung zu geben. Seite 4 von 5
Diplomatische Korrespondenz ID: BRUEEU_2023-06-06_42737 06.06.2023 VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH ANHANG Registratur .BRUEEU *ZREG Feedback: Bitte denken Sie daran, der AV Rückmeldung auf Bericht und Handlungsempfehlung zu geben. Seite 5 von 5
VS – Nur für den Dienstgebrauch Fortsetzung DKOR AStV am 5.6.2023 – Fortsetzung TOP 20c) und d) Zahlen Hierzu äußerten sich nicht alle MS. Aus den Wortmeldungen ist hervorzuheben: - CZE für ambitionierte Zahlen in Bezug auf die Zahl der EU-weiten adäquaten Kapazität von Unterbringungsplätzen für Grenzverfahren. Bei Relocations max. 10.000. - Für BGR sind die (für sie) im Raum stehenden Unterbringungskapazitäten zu hoch. So auch für ROU (max. 20.000). - FRA fordert eine höhere Zahl bei der adäquaten Kapazität und könne den aktuellen Vorschlag mittragen, wenn die Kappungsgrenze gänzlich gestrichen würde. - EST (einziger Punkt der Wortmeldung) fordert die finanziellen Beträge entsprechend dem AMIF-Pauschalbetrag festzusetzen, unterstützt von AUT und SVK. - POL fordert, dass bei der Festsetzung des Verhältnisses von finanziellen Beiträgen zu Relocations objektive Kriterien herangezogen werden sollten. POL bezweifle zudem, trotz anderslautende Beteuerungen der Präs. und KOM, dass wirklich alle Solidaritätsbeiträge gleichgestellt seien. - MLT fordert, dass die Zahlen für Relocations/Solidarität doppelt so hoch sein müssen, wie die adäquate Kapazität für Grenzverfahren. Offsets Die verpflichtenden Offsets erhalten weiterhin ausdrücklich keine Unterstützung von CZE und sind inakzeptabel für SVN und POL („de facto Relocation“). NLD ist höchst unzufrieden mit der derzeitigen Regelung, wonach Offsets auch zulasten von solidaritätsleistenden MS ausgeschlossen werden, wenn ein zu entlastender MS seiner Verpflichtung zur Annahme von Dublin-Rücküberstellungen nicht nachkomme und fordert eine entsprechende Streichung bei Art. 44h (unterstützt von LUX, BEL und AUT). FRA forderte nochmal sehr stark (unterstützt von LUX) ein, dass die Aktivierung von freiwilligen Offsets vom Pledge des jeweiligen MS abhängen solle. Weiteres - CZE begrüßte die Anpassung der Regelung in Art. 41e Abs. 2a sehr. Dies habe CZE Zweifel behoben und die Regel klarer gefasst. - FRA fordert die Streichung der generellen Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus dem Grenzverfahren und sieht hier weiterhin eine hohe Missbrauchsgefahr. FRA habe eine entsprechende Regelung in seinem Grenzverfahren aktuell nicht und fordert, dies beibehalten zu können. Im Wege eines Kompromisses könnte hier eine „may“-Vorschrift eingefügt werden, wonach MS, die die generelle Ausnahme fordern, eine generelle Ausnahme für UMA in ihrem nationalen Recht vorsehen könnten. - HUN teilte erneut mit, dass beide Vorschläge die Balance zwischen Solidarität und Verantwortung verfehlen und man Mittwoch ohne Vorlage der Zahlen keinesfalls sagen könne, wie man abstimmen werde. - POL ließ wissen, dass mehr Arbeit auf technischer Ebene notwendig sei und die Eile der Beratungen sich in der Qualität der Dokumente niederschlage. Außerdem liege der Solidaritätsmechanismus außerhalb der POL Vorstellungen. So sollten die Kosten für den Schutz der EU Außengrenzen nach Ansicht POL als finanzieller Solidaritätsbeitrag einberechnet werden. - LTU und LVA fordern eine stärkere Beachtung auch von Situationen der Instrumentalisierung.