Än­de­rung des An­wen­dungs­er­las­ses zur Ab­ga­ben­ord­nung (AEAO), 31.01.2019

"Der Grund? Das Finanzamt selbst und die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen äußern sich dazu nicht: Aufgrund des Steuergeheimnis dürfe man dies prinzipiell nicht. Aber es gibt eine Anweisung aus dem Bundesfinanzministerium vom 31. Januar 2019, ein Erlass zur Abgabenordnung, welche die Gemeinnützigkeit von Vereinen regelt. Dort wird „klargestellt“: Eine Institution verliert ihre Gemeinnützigkeit, sobald sie in einem Verfassungsschutzbericht genannt wird und den vorgeworfenen Extremismus nicht widerlegen kann."

https://taz.de/VVN-BdA-nicht-mehr-gemeinnuetzig/!5644360/

/ 46
PDF herunterladen
Seite 31 wesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls bzw. ein allgemeines Aktenstudium nicht hinaus- gekommen ist. Eine Außenprüfung ist nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen, wenn die Prüfungshandlungen von Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem gesamten Prüfungsstoff erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse hervorgebracht haben (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2003, VII R 3/02, BStBl II S. 739). Soweit dem Zeitmoment eine gewisse Bedeutung zukommt, besteht jedoch keine absolute oder relative zeitliche Mindestanforderung an die Dauer der Prüfung vom Beginn bis zur Unterbrechung. Die Verhältnisse bestimmen sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Das Erfordernis erster verwertbarer Ergebnisse bedeutet nicht, dass die ermittelten Ergebnisse geeignet sein müssen, unmittelbar als Besteuerungsgrundlage Eingang in einen Steuer- oder Feststellungsbescheid zu finden; ausreichend ist vielmehr, dass Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei der Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann. Soweit Prüfungshandlungen bezüglich eines Prüfungsjahrs nachweislich erheb- liches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse hervorgebracht haben, gilt die Außenprüfung insgesamt - also auch bezogen auf andere Prüfungsjahre - als nicht unmittelbar nach dem Prüfungsbeginn unterbrochen i.S.d. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 26.4.2017, I R 76/15, BStBl II S. 1159). Eine Beendigung einer Prüfungsunterbrechung i.S.v. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO und damit die Wiederaufnahme einer unmittelbar nach ihrem Beginn unter- brochenen Prüfung wird nur durch solche Prüfungshandlungen bewirkt, die der Steuerpflichtige als eine Fortsetzung der Außenprüfung wahrnehmen kann; dazu gehören das Erscheinen des Prüfers am Prüfungsort, die Weiterführung der Prüfung, konkretes Anfordern von Unterlagen, Geschäftsbriefen, Verträgen etc. und - sofern der Prüfungsfall in ein Stadium gelangt ist, das eine Weiter- bearbeitung an der Amtsstelle ermöglicht - nachvollziehbare, in den Akten ausgewiesene Handlungen zur Aufklärung, Ermittlung oder Auswertung der im Prüfungsverlauf bekannt gewordenen tatsächlichen und rechtlichen Sachver- halte. Handlungen im Innendienst der Finanzverwaltung, wie das Akten- studium oder auch das bloße Zusammenstellen bisheriger Prüfungsergebnisse können daher nur ausnahmsweise geeignet sein, die Unterbrechung der Prüfung zu beenden (vgl. BFH-Urteile vom 24.4.2003, VII R 3/02, und vom 26.4.2017, I R 76/15, jeweils a.a.O.). 3.6 Ermittlungen i.S.d. § 171 Abs. 4 Satz 3 AO sind nur diejenigen Maßnahmen eines Betriebsprüfers, die darauf gerichtet sind, Besteuerungsgrundlagen zu
31

Seite 32 überprüfen oder bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen, etwa indem der Prüfer Unterlagen anfordert, den Steuerpflichtigen in irgend- einer anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2011, VIII R 6/09, BFH/NV S. 1830). Die Zusammenstellung des Prüfungsergeb- nisses im Prüfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BFH-Urteil vom 8.7.2009, XI R 64/07, BStBl 2010 II S. 4).“ 28. Im AEAO zu § 175a wird die Angabe „vgl. Merkblatt vom 13.7.2006, BStBl I S. 461“ durch die Angabe „vgl. Merkblatt vom 9.10.2018, BStBl I S. 1122“ ersetzt. 29. 30. Der letzte Satz der Nummer 1 des AEAO zu § 200 wird gestrichen. Der letzte Satz der Nummer 4 des AEAO zu § 208 wird gestrichen. 31. Der AEAO zu § 233a wird wie folgt geändert: a) Die Nummer 10.2.1 wird wie folgt gefasst: „10.2.1 Bei einem zulässigen Wechsel der Veranlagungsart (Zusammen- veranlagung nach bereits erfolgter Einzelveranlagung - bis VZ 2012: getrennte Veranlagung - oder umgekehrt) beruhen sowohl die Aufhebung des/der ursprünglichen Bescheide(s) als auch der Erlass der/des neuen Bescheide(s) auf einem rückwirkenden Ereignis. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um den antrag- stellenden Ehegatten oder den anderen Ehegatten handelt. Dass die verfahrensrechtliche Umsetzung des Wechsels der Veranlagungsart beim antragstellenden Ehegatten nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgt, steht dem nicht entgegen. § 233a Abs. 2a AO findet sowohl bei der Aufhebung der ursprünglichen Veranla- gung(en) als auch beim Erlass der/des neuen Steuerbescheide(s) für beide Ehegatten Anwendung. Für Lebenspartner gelten diese Rege- lungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entsprechend.“ b) In der Nummer 66 wird die Angabe „vgl. AEAO zu § 235, Nr. 4“ durch die Angabe „vgl. AEAO zu § 235, Nr. 5“ ersetzt. c) In der Nummer 70.1.2 wird das Klammerzitat „(fiktive Erstattungszinsen; vgl. BFH-Urteil vom 7.11.2013, X R 22/11, BFH/NV 2014 S. 817, und BFH-Urteil vom 7.11.2013, X R 23/11, BFH/NV 2014 S. 660)“ durch das Klammerzitat „(fiktive Erstattungszinsen; vgl. BFH-Urteil vom 31.5.2017, I R 92/15, BStBl 2019 II S. 14)“ und das Datum „27.4.2006“ in den Beispielen 14 und 15 durch das Datum „26.4.2006“ ersetzt.
32

Seite 33 32. Die Nummer 12 des AEAO zu § 234 wird wie folgt gefasst: „12. 33. Wird ein Anspruch auf Rückforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage, Eigen- heimzulage, Investitionszulage oder Wohnungsbauprämie gestundet, so sind - da die Vorschriften über die Steuervergütung entsprechend gelten - Stundungs- zinsen zu erheben (§ 234 i.V.m. § 37 Abs. 1 AO).“ Der AEAO zu § 235 wird wie folgt gefasst: „AEAO zu § 235 - Verzinsung von hinterzogenen Steuern: Inhaltsübersicht 1. 2. 3. 4. 4.1 4.2 5. 5.1 5.2 5.3 6. 7. Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung Gegenstand der Verzinsung Zinsschuldner Zinslauf Beginn des Zinslaufs Ende des Zinslaufs Höhe der Hinterziehungszinsen Berechnung der Hinterziehungszinsen im Allgemeinen Berechnung der Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen Beispiele zur Berechnung der Hinterziehungszinsen Verfahren Verjährung 1. Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung 1.1 Hinterzogene Steuern sind nach § 235 AO zu verzinsen, um dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den steuerlichen Vorteil der verspäteten Zahlung oder der Gewährung oder Belassung von Steuervorteilen zu nehmen (BFH- Urteile vom 19.4.1989, X R 3/86, BStBl II S. 596, und vom 27.9.1991, VI R 159/89, BStBl 1992 II S. 163). 1.2 Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt und die Tat i.S.d. § 370 Abs. 4 AO vollendet ist. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO i.V.m. § 23 StGB) reicht zur Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 379 ff. AO).
33

Seite 34 Von einer Steuerhinterziehung bei Vorauszahlungen ist z.B. dann auszugehen, wenn einer der folgenden Sachverhalte vorliegt: 1.3 - Der Steuerpflichtige hat einen Antrag auf Festsetzung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen vorsätzlich mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben gestellt und es ist hierdurch zu einer zu niedrigen Festsetzung von Vorauszahlungen gekommen. - Der Steuerpflichtige musste aufgrund der Abgabe einer vorsätzlich unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung damit rechnen, dass Vorauszahlungen zu niedrig festgesetzt werden, und es ist hierdurch zu einer zu niedrigen Festsetzung von Vorauszahlungen gekommen. Der Steuerpflichtige musste insbesondere dann damit rechnen, dass Steuer- vorauszahlungen zu niedrig festgesetzt werden, wenn er bereits in der Vergangenheit Steuervorauszahlungen zu leisten hatte. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verur- teilung wegen Steuerhinterziehung voraus (BFH-Urteil vom 27.8.1991, VIII R 84/89, BStBl 1992 II S. 9). Die Zinspflicht ist unabhängig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu prüfen. Hinterziehungszinsen sind demnach auch festzusetzen, wenn - wirksam Selbstanzeige nach § 371 AO erstattet worden ist (z.B. durch Nachmeldung hinterzogener Umsatzsteuer in der Umsatzsteuer-Jahres- erklärung), - der Strafverfolgung Verfahrenshindernisse entgegenstehen (z.B. Tod des Täters oder Strafverfolgungsverjährung), - das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (z.B. nach § 153 StPO; § 398 AO) oder - in anderen Fällen die Strafverfolgung beschränkt oder von der Straf- verfolgung abgesehen wird (z.B. nach §§ 153a, 154, 154a StPO). An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehörde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10.10.1972, VII R 117/69, BStBl 1973 II S. 68). Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu Eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind, und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststel- lungen im Strafurteil erhoben werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994, I R 112/93, BStBl 1995 II S. 198).
34

Seite 35 1.4 Der zeitliche und sachliche Umfang der Nachentrichtungspflicht von Zinsen nach § 371 Abs. 3 AO hat keine Auswirkung auf die Berechnung und Fest- setzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Daher sind Hinterziehungs- zinsen auch dann festzusetzen, wenn die Zahlung der Hinterziehungszinsen für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige bzw. den Ausgang des Strafverfahrens nach § 371 Abs. 3 Satz 2 AO unerheblich ist. 2. Gegenstand der Verzinsung 2.1 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen für - verkürzte Steuern; darunter fallen auch keine oder zu geringe Steuer- vorauszahlungen und der Solidaritätszuschlag. Landesgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen, wenn dies im Gesetz angeordnet ist, - ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (z.B. zu Unrecht erlangte Steuer- vergütungen), - zu Unrecht erlangte Steuervergünstigungen (z.B. Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen), - ungerechtfertigt erlangte Prämien und Zulagen, auf die § 370 Abs. 1 bis 4, § 371, § 375 Abs. 1 und § 376 AO entsprechend anzuwenden sind (z.B. Wohnungsbauprämien, Arbeitnehmer-Sparzulagen und Zulagen nach § 83 EStG). Hinterziehungszinsen sind nicht festzusetzen bei erschlichener Investitions- zulage und Eigenheimzulage, weil insoweit ein Subventionsbetrug und keine Steuerhinterziehung vorliegt. 2.2 Hinterziehungszinsen sind für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum (Veranlagungszeitraum, Voranmeldungszeitraum, Vorauszahlungszeitraum) oder Besteuerungszeitpunkt gesondert zu berechnen und festzusetzen. Einzelne, aufeinanderfolgende Steuerhinterziehungen sind nicht als eine Tat zu würdigen, sondern als selbständige Taten zu behandeln. Das gilt auch, wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt hat. 2.3 Wenn die Steuerhinterziehung zu keiner Nachforderung führt, erfolgt keine Zinsfestsetzung. Soweit infolge Kompensation der mit der Steuerhinterziehung zusammenhängenden Besteuerungsgrundlagen mit anderen steuermindernden Besteuerungsgrundlagen (z.B. nach § 177 AO) kein Zahlungsanspruch ent- standen ist, unterbleibt daher eine Zinsfestsetzung. Das strafrechtliche Kom- pensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO gilt nicht bei der Verzinsung
35

Seite 36 nach § 235 AO. Bemessungsgrundlage der Hinterziehungszinsen ist daher nicht die Steuer, die sich allein bei Einbeziehung der vorsätzlich verschwie- genen Besteuerungsgrundlagen in die ursprüngliche Steuerfestsetzung ergeben würde, sondern die tatsächliche Nachforderung, die sich aus dem Bescheid ergibt, in dem die bisher nicht oder unzutreffend erklärten Besteuerungs- grundlagen erstmals erfasst werden. 3. Zinsschuldner 3.1 Nach § 235 Abs. 1 Satz 2 AO ist derjenige Zinsschuldner, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Durch die Vorschrift soll ausschließlich der steuerliche Vorteil des Steuerschuldners abgeschöpft werden. Der steuerliche Vorteil liegt darin, dass die geschuldete Steuer erst verspätet gezahlt wird. Allein der Steuerschuldner kann daher Zinsschuldner für hinterzogene Steuern i.S.d. § 235 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO sein, und zwar unabhängig davon, ob er an der Steuerhinterziehung beteiligt war (vgl. BFH-Urteile vom 27.6.1991, V R 9/86, BStBl II S. 822, vom 18.7.1991, V R 72/87, BStBl II S. 781, und vom 27.9.1991, VI R 159/89, BStBl 1992 II S. 163). Sind Steuerschuldner Gesamtschuldner (§ 44 AO), ist jeder Gesamtschuldner auch Zinsschuldner. Dies gilt auch dann, wenn bei zusammenveranlagten Ehegatten/ Lebenspartnern der Tatbestand der Steuerhinterziehung nur in der Person eines der Ehegatten/Lebenspartner erfüllt ist. Da in diesem Fall beide Ehegatten/Lebenspartner Schuldner der Hinterziehungszinsen sind, kann nach § 239 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 Abs. 3 AO ein zusammengefasster Zins- bescheid an die Ehegatten/Lebenspartner ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1994, IV R 100/93, BStBl 1995 II S. 484). 3.2 § 235 Abs. 1 Satz 3 AO regelt in Ergänzung des § 235 Abs. 1 Satz 2 AO nur die Fälle, in denen der Steuerschuldner nicht Zinsschuldner ist, weil die Steuern nicht zu seinem Vorteil hinterzogen worden sind. In diesen Fällen ist der Entrichtungspflichtige Zinsschuldner. Hinsichtlich hinterzogener Steuer- abzugsbeträge ist daher nicht der Steuerschuldner, sondern der Entrichtungs- pflichtige Zinsschuldner, wenn dieser die Steuer zwar einbehalten, aber nicht an das Finanzamt abgeführt hat. Dagegen ist der Steuerschuldner nach § 235 Abs. 1 Satz 2 AO Zinsschuldner, wenn der Entrichtungspflichtige die hinter- zogene Abzugsteuer (zum Vorteil des Steuerschuldners) nicht einbehalten hat (BFH-Urteile vom 5.11.1993, VI R 16/93, BStBl 1994 II S. 557, und vom 16.2.1996, I R 73/95, BStBl II S. 592). 3.3 Die in §§ 34, 35 AO bezeichneten Vertreter, Vermögensverwalter und Verfü- gungsberechtigten sind nicht Entrichtungspflichtige und nicht Schuldner der Hinterziehungszinsen (vgl. BFH-Urteile vom 18.7.1991, V R 72/87, BStBl II
36

Seite 37 S. 781, und vom 27.9.1991, VI R 159/89, BStBl 1992 II S. 163). Dieser Personenkreis kann aber sowohl für hinterzogene Steuern als auch für Hinter- ziehungszinsen haften (vgl. §§ 69 und 71 AO). 4. Zinslauf 4.1 Beginn des Zinslaufs 4.1.1 Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils (§ 235 Abs. 2 Satz 1 AO), d.h. sobald die Tat im strafrechtlichen Sinn vollendet ist. Wären die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinter- ziehung erst später fällig geworden, z.B. bei einer Abschlusszahlung, beginnt die Verzinsung erst mit Ablauf des Fälligkeitstags (§ 235 Abs. 2 Satz 2 AO). 4.1.2 Bei Fälligkeitssteuern (z.B. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, Lohnsteuer) tritt die Verkürzung im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit ein. Dies gilt auch dann, wenn keine (Vor-)Anmeldung abgegeben wurde. Bei Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen zustimmungsbedürftigen Steueranmeldung tritt die Verkürzung erst dann ein, wenn die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO dem Steuerpflichtigen bekannt geworden ist (z.B. Auszahlung oder Um- buchung des Guthabens oder Erklärung der Aufrechnung; vgl. AEAO zu § 168, Nr. 3). Lässt sich nicht ohne weiteres feststellen, welchem Voranmeldungszeitraum hinterzogene Beträge zeitlich zuzuordnen sind, ist zugunsten des Zinsschuld- ners von einem Beginn des Zinslaufs mit dem letzten gesetzlichen Fällig- keitszeitpunkt für das betroffene Jahr auszugehen (bei Unternehmern ohne Dauerfristverlängerung ist dies der 10.1. des jeweiligen Folgejahrs). 4.1.3 Bei Veranlagungssteuern tritt die Verkürzung im Fall der Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung mit dem Tag der Bekannt- gabe des auf dieser Erklärung beruhenden Steuerbescheids (§§ 122, 124 AO) ein; der Beginn des Zinslaufs verschiebt sich jedoch dann auf den Ablauf des Fälligkeitstags, wenn sich bereits aufgrund dieser Erklärung eine Abschluss- zahlung ergeben hatte oder wenn sich - im Falle einer festgesetzten Erstattung - ohne die Steuerhinterziehung eine Abschlusszahlung ergeben hätte (vgl. AEAO zu § 235, Nr. 4.1.1 Satz 2). Hat der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgegeben und ist aus diesem Grunde die Steuerfestsetzung unterblieben, so ist die Steuer zu dem Zeitpunkt verkürzt, zu dem die Veranlagungsarbeiten für das betreffende Kalenderjahr im Wesentlichen abgeschlossen waren. Dieser Zeitpunkt ist zugleich Zinslauf- beginn.
37

Seite 38 Hat das Finanzamt die Steuer aber zuvor wegen Nichtabgabe der Steuer- erklärung aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) zu niedrig festgesetzt, tritt die Verkürzung bereits mit Bekanntgabe dieses Steuer- bescheids ein. In diesem Fall beginnt der Zinslauf i.d.R. mit Ablauf des Fälligkeitstags (vgl. AEAO zu § 235, Nr. 4.1.1 Satz 2). Bei der Verzinsung von Vorauszahlungen auf Veranlagungssteuern beginnt der Zinslauf gesondert für jeden Vorauszahlungszeitraum mit Ablauf des jeweiligen Fälligkeitstags. 4.2 Ende des Zinslaufs 4.2.1 Der Zinslauf endet mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer (§ 235 Abs. 3 Satz 1 AO). Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung (§ 238 Abs. 1 Satz 3 AO). Bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen (bei Veranlagungs- und Fälligkeitssteuern) endet der Zins- lauf mit dem Zeitpunkt der Zahlung der hinterzogenen Steuer, spätestens aber mit dem Ablauf des Fälligkeitstags der Jahressteuer. 4.2.2 Hinterziehungszinsen werden nicht für Zeiten festgesetzt, für die ein Säum- niszuschlag entsteht, die Zahlung gestundet oder die Vollziehung ausgesetzt ist (§ 235 Abs. 3 Satz 2 AO), ohne dass es dabei auf die tatsächliche Erhebung von Säumniszuschlägen oder die Zahlung von Stundungs- und/oder Ausset- zungszinsen ankommt. Der Zinslauf endet daher spätestens mit Ablauf des Fälligkeitstags. 4.2.3 Wird der Steuerbescheid nach Ende des Zinslaufs aufgehoben, geändert oder nach § 129 AO berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unbe- rührt (§ 235 Abs. 3 Satz 3 AO). 5. Höhe der Hinterziehungszinsen 5.1 Berechnung der Hinterziehungszinsen im Allgemeinen 5.1.1 Die Hinterziehungszinsen betragen für jeden vollen Monat des Zinslaufs 0,5 % (§ 238 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO). Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO). Abzu- runden ist jeweils der einzelne zu verzinsende Anspruch, d.h. jede einzelne
38

Seite 39 hinterzogene Vorauszahlung/Voranmeldung und die Jahresabschlusszahlung jeweils für sich genommen (vgl. AEAO zu § 238, Nr. 2). Im Falle von Teilzahlungen eines zu verzinsenden Anspruchs wird nur der Gesamtbetrag gerundet. Eine sich daraus ergebende Abrundungsspitze wird für Zwecke der Verzinsung bei der letzten Teilzahlung abgezogen. Auch die Rundungsregelung und Kleinbetragsregelung hinsichtlich der Fest- setzung der Zinsen gem. § 239 Abs. 2 AO sind für jeden einzelnen Zins- anspruch gesondert anzuwenden (vgl. AEAO zu § 239, Nr. 3). 5.1.2 Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung im Hinterziehungsfall sind Zinsen nach § 233a AO, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, auf die festzusetzenden Hinterziehungszinsen anzurechnen (§ 235 Abs. 4 AO). 5.2 Berechnung der Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen 5.2.1 Die Bemessungsgrundlage von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen entspricht grundsätzlich dem (Mehr-) Betrag, der ohne Steuerhinterziehung festgesetzt worden wäre. Sie ist aber begrenzt auf die Abschlusszahlung aufgrund der Jahressteuerfestsetzung (vgl. AEAO zu § 235, Nr. 2.3). Dieser Betrag ist gleichmäßig auf die hinterzogenen Vorauszahlungszeiträume des jeweiligen Kalenderjahrs zu verteilen. 5.2.2 Auf Vorauszahlungen entfallen keine Zinsen gem. § 233a AO. Wird die der Verzinsung nach § 233a AO unterliegende Jahressteuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt, überschneidet sich der Zinslauf der Hinterziehungs- zinsen auf Vorauszahlungen mit dem Zinslauf der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO auf die Jahressteuer. In diesen Fällen sind Zinsen gem. § 233a AO auf festzusetzende Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen anzurechnen. 5.3 Beispiele zur Berechnung der Hinterziehungszinsen Beispiel 1: Der Steuerpflichtige machte in der Einkommensteuererklärung 2011 vor- sätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben. Er hatte bereits für die Vor- jahre Vorauszahlungen zu leisten und konnte somit damit rechnen, dass durch die unzutreffende Steuererklärung auch die Vorauszahlungen für die Folge- jahre zu niedrig festgesetzt werden. Der Einkommensteuerbescheid 2011 wie auch der Vorauszahlungsbescheid 2012 ergingen am 15.6.2012 erklärungs- gemäß (Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 18.6.2012, Fälligkeit am 18.7.2012). Bei einer zutreffenden Steuererklärung hätte sich für 2011 ein
39

Seite 40 Einkommensteuer-Mehrbetrag in Höhe von 10.000 € zuzüglich 550 € Solidaritätszuschlag ergeben. Die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für III/2012 und IV/2012 wurden um jeweils 5.000 € zuzüglich 275 € Solidaritäts- zuschlag zu niedrig festgesetzt. Die zutreffende Steuerklärung für die Einkommensteuer 2012 führte zu einer Festsetzung von 34.000 € Einkommensteuer zuzüglich 1.870 € Solidaritäts- zuschlag (Bescheid vom 14.6.2013, Fälligkeit am 17.7.2013) und zur zukünftig korrekten Festsetzung von Vorauszahlungen. Es waren keine Steuerabzugs- beträge anzurechnen. Die Abschlusszahlung von 14.000 € Einkommensteuer zuzüglich 770 € Solidaritätszuschlag wurde bei Fälligkeit beglichen. Gleich- zeitig erging der Änderungsbescheid für die Einkommensteuer 2011. Die hinterzogenen Steuern wurden am 17.7.2013 fällig und auch gezahlt. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 20.6.2014 ergab keine Abschluss- zahlung. Lösung: 2011: Für die Einkommensteuer 2011 beginnt der Zinslauf für die Hinterziehungs- zinsen am 19.7.2012 (Tag nach dem Fälligkeitstag) und endet am 17.7.2013 mit der Begleichung der Abschlusszahlung, so dass Zinsen für 11 volle Monate festzusetzen sind (§ 235 Abs. 2 und 3 AO). Festzusetzende Hinterziehungszinsen. Steuer Bemessungsgrundlage Zinsen ESt 10.000 € 450 € (5,5 % von 10.000 € = 550 €, abzgl. 100 € nach § 235 Abs. 4 AO anzurechnende § 233a AO Zinsen) SolZ 550 € 30 € (5,5 % von 550 € = 30,25 €, abgerundet gem. § 239 Abs. 2 Satz 1 AO auf 30 €) 2012: Die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2012 hatte der Steuerpflichtige erstmalig zum 10.9.2012 (erster Fälligkeits- termin des fehlerhaften Vorauszahlungsbescheids) hinterzogen. Der Zinslauf
40

Zur nächsten Seite