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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Verhandlungen mit Braunkohleindustrie

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sum 7. Kein Anordnungsanspruch

Anders als der Antragsteller ausführt (Schriftsatz, S. 4 ff.) besteht kein Anordnungsan-
spruch. Das BMWi ist im Hinblick auf sämtliche begehrten Umweltinformationen — un-
abhängig davon, ob solche im Einzelnen existieren — keine informationspflichtige Stelle
.8.d. $ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a) UIG, Vorsorglich weisen wir zudem darauf hin, dass
hinsichtlich der begehrten Informationen im Allgemeinen umfassende Ablehnungsgrün-

lehnungsgründe nach dem UIG bestehen. Höchstvorsorglich weisen wir auch darauf

hin, dass ebenfalls kein Anspruch nach dem IFG bestünde.
a) BMWi keine Informationspflichtige Stelle

de wie auch hinsichtlich der im Schriftsatz erwähnten Informationen im Speziellen Ab-

Anders als der Antragsteller vorträgt, war und ist das BMWi keine Informationspflichtige

Stelle 1.8.4. $2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a) UIG. Nach $ 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst a) UlG gehört
_ eine oberste Bundesbehörde nicht zu den informationspflichtigen Stellen, solange und

sowelt sie im Rahmen der Gesetzgebung tätig ist. Diese Voraussetzungen sind vorlie-

gend erfüllt. Das BMWi war seit Anfang 2019 und ist auch weiterhin gesetzgeberisch im

Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Kohleausstiegsgesetz tätig.

Von der Informationsverpflichtung ausgenommen sind sämtliche Tätigkeiten, die im Zu-

sammenhang mit der gesetzgeberischen oder normsetzenden Tätigkeit des BMWi ste-

hen. Dabei sind sämtliche Phasen des Gesetzgebungsprozesses betroffen (BeckOK

InfoMedienR/Karg, 28. Ed. 1.5.2020, UIG $ 2 Rn. 29). Gesetzesvorbereitende Tätigkei-

ten werden genauso unter $ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a) UIG gefasst, wie die Mitwirkungs- |
rechte der Bundesministerien an der Gesetzgebung (z.B. die Stellungnahme nach Art,
7& Abs. 3 Satz 2 GG oder die Gegenzeichnung nach Art. 82 Abs. 1 GG) (Land-
mann/Rohmer UmweltR/Reid®Schiller, 92. EL Februar 2020, UIG $ 2 Rn. 10). Ferner
umfasst die Auskunftsbefreiung u.a. die Einholung von fachlichen Stellungsnahmen und
Gutachten für einen Gesetzesentwurf, die Erarbeitung von Entwürfen, die Abstimmung
von Entwürfen mit Behörden und Dritten, die Abslimmung zwischen Bund und Ländern
oder die Durchführung von Anhörungsverfahren einschließlich der Verwertung der Er-
gebnisse der Anhörung (Landmann/Rohmer UmweltR/ReidV/Schiller, 92. EL Februar
2020, UIG 8 2, Rn. 10). |
Nach allgemeiner Meinung kann der Zugang zu den die Gesetzgebung betreffenden

Informationen solange verwehrt werden, wie die Gesetzgebungsarbeit andauert (Land-
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ab una mann/Rohmer UmwelR/Reid/Schiller, 92. EL Februar 2020, UIG & 2, Rn. 12). Die Ge-

setzgebungsarbeit endet in der Regel! mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfah-
rens, d.h. mit_ der Verkündung des Gesetzes im Gesetzblatt (Landmann/Rohmer Um-
weliR/Reidt/Schiller, 92. EL Februar 2020, UlG & 2, Rn. 12; so auch: BeckOK InfoMe-
dienR/Karg, 28. Ed, 1.5.2020, VIG $ 2 Rn. 36 f.). Dies hat der EuGH in seiner Entschel-
dung „Flachgas-Torgau" bestätigt (EUGH, Urt. v. 14.2. 2012 - C-204/09, EuZW 2012,
459, Rn. 52 ff).
Die gesetzgeberische Tätigkeit des BMWi hat im Anschluss an die Empfehlungen der
KWSB begonnen. Die ab diesern Zeitpunkt geführten Gespräche und Verhandlungen
waren und sind Teil der gesetzgeberischen Pläre, Initiativen und Vorbereitungen des
BMWi zur Umsetzung der KWSB-Empfehlungen. Die Ergebnisse dieser gesetzesvorbe-
reitenden Tätigkeiten des BMWi flossen direkt in den ersten Entwurf des Kohleaus-
stiegsgesetzes ein, der am 29. Januar 2020 von der Bundesregierung beschlossen
wurde.
Der Antragsteller geht fehl in der Annahme, dass mit dem Beschluss des ersten Ent-

. wurfs des Kohleausstiegsgesetzes vom 29. Januar 2020 durch die Bundesregierung die
gesetzesvorbereitende Tätigkeit dass BMWi abgeschlossen sei.
Gesetzesentwürfe werden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens häufig nochmals
geändert. Dies geschieht vor allem in der jeweils: federführenden Bundestagsaus-
schüssen, die die fachlich zuständigen Bundesministerien auch um Formulierungshilfen
bitten können, die der betreffende Ausschuss daraufhin zum Gegenstand seiner Geset- .
zesberatungen machen kann. Das für den Gesetzeniwurf federführende Bundesminis-

_ terlum kann aber ‚auch selbst Änderungswünsche im Wege der Formullerungshilfe an
den betreffenden Bundestagsausschuss hefantragen, mit der Anregung, sie den Bera-

tungen des Gesetzesentwurfs zugrunde zu legen.
Das BMWi ist im Rahmen dieser dialektischen Zusammenarbeit mit dem Parlament
weiterhin intensiv in die gesetzgeberische Arbeit am Kohleausstiegsgesetz eingebun-
den. Insbesöndere werden dabei die Erkenntnisse und Ergebnisse aus den Verhand-
Jungen im Zusammenhang mit der Reduzierung und Beendigung der Braunkohlever-
stromung über die Formulierungshilfen in das Gesetzyebungsverfahren eingeführt und
gegebenenfalls in den die Braunkohle beireflenden Geseizesteil des Kohleverstro-
mungsbeendigungsgesetz Eingang finden.
Die gesetzesvorbereitende Tätigkeit des BMWi im Rahmen des Gesetzgebungsverfah-
rens zum Kohleausstiegsgesstz ist somit — genauso wie das Gesetzgebungsverfahren

selbst - noch nicht abgeschlossen,
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tanz Der Antragsteller begründet demgegenüber seine Ansicht, dass kein hinreichender zeit-
licher Zusammenhang mit der Gesetzgebungstägigkeit bestünde, damit, dass die ange-
fragten Dokumente „weder zeitlich nach funktionell Teil des vom UIG ausgenommenen
Gesefzgebungsverfahrens" seien (Schriftsatz, $. 4 ff.). Einerseits wird dies mit der Art
der begehrten Informationen selbst und andererseits mit dem Verfahrensstadium be-
gründet. Dabei vermengt der Antragsteller in seinen rechtlichen Ausführungen Referen- .
zen zum Beginn mit denen zum Ende der gesetzgeberischen Tätigkeit, um schließlich
daraus abzuleiten, dass kein funktional-inhaltlicher Zusammenhang bestehe, der vom
Sinn und Zweck des 8 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.a) UIG abgedeckt sei. Dabei belegt die
Rechtsprechung des EuGH gerade, dass die begehrten Informationen vollumfänglich
solche sind, die die Tätigkeit des BMWi ‚im Rahmen der Gesetzgebung” betreffen.

 

Der Antragsteller verweist auf eine Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, wonach
ein funktional-inhaltlicher Zusammenhang mit einem konkreten Gesetzgebungsverfah-
ren dann besteht, wenn es sich „um solche Informationen handelft], die für die Gesetz-
gebung zusammengestellt oder ausgewertet werden.“ (OVG Berlin-Brandenburg. Urt. v.
29.3.2019 - OVG 12 B 13/18, NV/wZ 2019, 1372 Rn. 39). Das trifft gerade für die Infor-
mationen zu, die die Gespräche und Verhandlungen zu einer einvernehmlichen Lösung
des Braunkohleausstiegs betreffen. Vorliegend geht es gerade um Informationen, die
für die Gesetzgebung zusammengestellt oder ausgewertet werden. Anders als in der
zitierten Entscheidung handelt es sich bei den begehrten Informationen nicht bloß um
solche, die arı die Europäische Union für dortige Gesetzgebungsverfahren übermittelt
werden, sondern um solche, die entweder im direklen Zusammenhang mit der Gesetz-
gebung des Deutschen Bundestages stehen oder originär hierzu erstellt wurden.

Aufgrund der inhaltlichen, politischen, thematischen, technischen und rechtlichen Ver-
flechtung von Kohleausstieg, dessen gesetzgeberischer Umsetzung und den Gesprä-
chen und Verhandlungen mit den Braunkohleunternehmen, sind alle Unterlagen und
Informationen, die sich auf diese Gespräche und Verhandlungen beziehen solche In-
formationen, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Gesetzgebungstätig-
keit des BMWi stehen. 82 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) UIG ist daher umfassend einschlägig.

b) Versorglich: Vorliegen von Ablehnungsgründen

Selbst wenn das Gericht 'enigegen der hiesigen Änsicht davon ausginge, dass es sich
bei den begehrten Informationen (im Einzelnen) um solche handelt, die nicht im Zu-
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Verwaltungsgericht Berlin - From: / 0030186155528 Page: 14/26 Date: 30.06.2029 11:58:04 F FE

Siem Sammenhang stehen mit der gesetzgeberischen Tätigkeit des BMWi gemäß $ 2 Abs. 1
Nr, 1 Buchst a) UIG, würde kein Anordnungsanspruch bestehen. Die Herausgabe der
Informationen wäre insbesondere nach & 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 3 UIG,
89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,2, 3 und Abs. 3 UIG abzulehnen.

i,. Nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen (8 8 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 UIG)

Eine Herausgabe von Informationen über die Entschädigungen der Braunkohleunter-
nehmen und der zugrundliegen Entschädigungslogik über die in der Gesetzesbegrün-
dung zu $ 42 KVBG gennannten Parameter hinaus, vor allem wenn es um die an die
EU-Kommission im Rahmen des beihilferechtlichen Verfahrens zum Kohleausstiegsge-
setz übermittelten Dokumente geht, hätte nachteilige Auswirkungen auf die internatio-
nalen Beziehungen der Antragsgegnerin mit der Europäischen Union. Sie würde die
andauernden komplexen Gespräche mit der EU-Kommission empfindlich stören.

Das Kohleausstiegsgesetz und der äffentlich-rechtliche Vertrag zur Reduzierung und
Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland stehen unter dem Vorbehalt
der beihilferechtlichen Genehmigung. Die EU-Kommission hat den Kohleausstieg. in
seinen vielen Einzelheiten insgesamt beihilferechtlich zu genehmigen. Die Höhe der
Entschädigungsleistungen und deren Logik spielen dabei eine herausragende Rolle.
Wie der Antragsteller richtig ausführt, hat die Bundesregierung die wesentlichen Para- '
meter, die den betragsmäßig genannten Entschädigungsleistungen im Lichte der bis
Januar 2020 geführten Gespräche zugrunde lagen, in der Begründung des KVBG dar-
gestellt (s. Schriftsatz, 8. 10 f.). Dabei wurde ausgeführt, dass sich die Entschädigungs-
lagik nach der damaligen Vorstellung an der Formel im Anhang zum En\WVG für die Ver-
gütung der Sicherheitsbereitschaft gemäß 8 139 EnWG orientieren würde. Die wesent-
lichen Parameter sind damit bekannt.

Eine solche Situation wird von $ 8 Abs, 1 Satz 1 Nr. 1 UIG erfasst, Nach dem OVG Ber-
lin-Brandenburg „spricht [.. ] viel dafür, dass mit dem Schufz der Vertraulichkeit interna-
tionaler Verhandlungen jedenfalls auch nachteilige Auswirkungen auf infemalionale Be-
ziehungen vermieden werden sollen und dies auch bei Einnahme bestimmter Verhand- .
lungspositlionen der Bundesrepruhlik Deutschland zumindest der Fall sein kann. [...]
[Der Ablehnungsgrund [erfasst] sämtliche auswärligen Belange der Bundesrepublik
Deutschland und das diplomatische Vertrauensverhältris' zu ausländischen Staaten
sowie zu zwischen- und überstaatlichen Organisationen, also auch zur Europäischen
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sunswz Union“ (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.3.2019 — 12 B 14/18, BeckR$ 2019, 6733
Rn. 42 und 43). In der Entscheidung ging es um ein Vertragsverletzungsverfahren ge-
gen die Antragsgegnerin. Vorstehende Überlegung gilt auch für die hiesige Fallkonstel-
lation, |
Die Darlegung und Begründung der Entschädigungsleistung in beihilfferschtlicher Hin-
sicht hängen sehr stark von Prognosen ab, die zu unterschiedlichen Zeiten unterschied-
lich getroffen werden können, Diesen Prognosen liegen wiederum Modellierungen des
Strommarkis zugrunde, die von unterschiedlichen wirtschaftlichen, rechtlichen und poli-
tischen Faktoren abhängen und damit diskussionsbedürftig sind. Neben den rechlli- |
chen Vorgaben tritt im Vorfeld beihilferechtlicher Prüfungen durch die EU-Kommission
als auch immer eine verhandelnde Komponente, die auch politisch geprägt sein kann.
Beihilferechtliche Gespräche basieren mithin auf einem vertrauensvollen Austausch von
Europäischer Union und Mitgliedstaaten.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die beihilferechtliche Befassung der EU-Kommission
zu etwaigen Nachbesserungen beim Kohleausstiegsgesetz (und dem öffentlich-
rechtlichen Vertrag) führt. Um Nachbesserungsbedarf ausloten zu können, ist ein freier
Informationsaustausch im gegenseitigen Vertrauen von herausragender Bedeutung.
Die Verständigung zwischen EU-Kommission und der Antragsgegnerin sollte daher
nicht dadurch nachhaltig gestört werden, dass etwa vorläufige Annahmen für entgange-
ne Strommarkterlöse — sowohl aus der Vermarktung am Terminmarkt als auch durch
. den optimierten Betrieb erzielbare Mehrerlöse gegenüber einer Baseload-Fahrweise,
Erlöse aus der Bereitstellung von Regelenergie und Redispatch, Wärmeerlöse genauso
wie die zur Erzielung dieser Erlöse verursachten kurzfristig variablen Betriebskosten für
Brennstoffe, Logistik und weitere Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffe und Kosten für Emissi-
onsberechtigungen, offen gelegt werden. |
Die beihilferechtliche Genehmigung dureh die Kommission Ist zentral für das Inkrafttre-
ten der Regelungen zum Köhleausstieggesetz. Eine Verzögerung würde das Ziel des
KVBG gefährden. Demgegenüber sind die Informationsinteressen des Antragsstellers
als weniger gewichtig einzustufen. Eine Partizipation am Gesetzgebungsverlahren war
dem Antragsteller ohne weiteres vollumfänglich möglich. Von den Partlizipaborsmög-
lichkeiten hat er wie bereits beschrieben auch urrfassend Gebrauch gemacht.
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Mitteilungen ($ 8 Abs. 18. 1 Nr. 2 UIG und $ 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG)

sets ji, Nachteilige Auswirkung auf die Vertraulichkeit von Beratungen und interne

‘ Die Offenlegung der Informationen zu den Gesprächen und Verhandlungen wäre auch
nach $ 8 Abs, 1 8. 1 Nr. 2 UIG zu versagen. Das Bekanntgeben hätte nachteilige Aus-
wirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen des BMWi. Der Ausschlussgrund nach
&8 Abs. 18. 1 Nr. 2 UIG umfasst sowohl schriftliche behördliche Meinungsäußerungen
als auch Informationen über die Willensbildung, Besprechungen sowie Beratschlagun-
ger, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen oder diese vorbereiten |
(OVG Schleswig, Urt. v. 15.09.1998, 41 139/98, NVwZ 1999, 670, 671 f.; BVerwG, Urt.
v. 02.08.2012, 7 C 7.12, in NVwZ 2012, 1618, 1621), Der Vertraulichkeitsbereich der
Beratungen umfasst zudem die außerhalb von Besprechungen, etwa in Vermerken. ge-
wechselten Meinungsäußerungen (Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, UmweliR, 89. EL
Februar 2019, 88 UIG, Rn. 21).
Inhalt und Vorbereitungen der Gespräche sind nichts anderes als Meinungsäußerungen
zwischen den Gesprächspartner, die auch Grundlage und Inhalt des Meinungsaus-
tauschs innerhalb des BMWI als auch im Verhältnis insbesondere zu anderen Ministe-
rien und zum Bundestag sind.
Dem steht auch kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der
begehrten Informationen gegenüber. Das vertrauensvolle Zusammenarbsiten im BMWi
und innerhalb Bundesregierung in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren, nicht zu-
letzt um der Öffentlichkeit und dem Bundestag als „Sparringspartner“ zu dienen Ist von
:s0 hoher Bedeutung, dass ein Offenlegungsinteresse zurücktritt. Zumal das öffentliche
Interesse bereits im Rahmen der Transparenz des Gesetzgebungsverfahrens hinrei-
chend befriedigt wird.

iii. Noch nicht vervollständigtes Material bzw. keine abgeschlossenen Schriftstü-
cke (5 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG)

Anders als der Antragsteller vorträgt, wäre der Äntrag auch nach 8 8 Abs. 2 Nr, 4 UIG
abzulehnen. Danach kann ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn
er sich auf nicht abgeschlossene Schriftstücke bzw. nicht aufbereitete Daten bezieht
und kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung besteht. Das ist
vorliegend jedenfalls z.T. der Fall.
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Verwaltungsgericht Berlin - From: /90030186155528 Page: 171/26 Date: 30.08.2020 11:58:04 ö

stetzwm2s Schriftstücke und Daten sind nicht abgeschlossen, solange sie lediglich einen Entwurf
darstellen und nach nicht durch den verantwortlichen Entscheidungsträger oder mittels
Übersendung an einen Dritten freigegeben worden sind. (BeckOK InfoMedienR/Karg,
28. Ed. 1.5.2020, UIG $ 8 Rn. 54, mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 21. 2. 2008, 4 C
13/07, NVwZ 2008, 791, 793).
Bei der vom Antragsteller erwähnten Studie zum Thema „Ermittlung von Folgekosten
des Braunkohletagebaus bei einem gegenüber aktuellen Braunkohle- bzw. Revierplä-
nen veränderten Abbau und Bestimmung der entsprechenden Rückstellungen“ handelt
es sich um ein im Entwurfsstadium befindliches Gutachten, dass noch nicht durch.das _
BMWi freigegeben wurde,
Ein überwiegendes Öffentliches Interesse an dessen Veröffentlichung besteht nicht:
Zum einen handelt sich nicht um eine für das Kohleausstiegsgesetz tragende Studie —
zumal die Entschädigungsleistungen Ergebnis einer konsensualen Lösung aller Stake-
holder sind und nicht einer schematischen Betrachtung von Folgekosten allein für

“ Braunkohletagebaue folgt, Zum anderen ergibt sich gerade kein erhöhtes Informations-

Interesse im Hinblick auf den Schutz2weck der Vorschrift. $ 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG schützt
die Funktionsfählgkeit und Entscheidungsfindung informationspflichtiger Stellen und hat
damit einen ähnlichen Schutzzweck wie & 8 Abs. 1 Nr. 2. UIG (BeckOK InfoMe-
dienR/Karg, 28. Ed. 1.5. 2020, UIG $ 8 Rn. 54). Es wird insoweit auch auf die dortigen

Ausführungen zuvor verwiesen.
iv, Unbestimmter Antrag ($ 8 Abs. 2 Nr. 5 UIG)

Der Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz Ist zudem zu unbestimmt
soweit er nicht konkrete Dokumente in Bezug nimmt. Das gilt bereits für den Antrag
vom 4. März 2020. Ein Hinweis nach $ 4 Abs, 2 Satz 2 UIG war bei der ablehnenden
Bescheidung am 3. April 2020 nicht geboten, da die Informationen nach dem erkennba-
ren Informationsbegehren jedenfalls solche waren, die unter & 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a)
UlG fallen. Zwar nahm der Antrag vom 4. März 2020 scheinbar eine Konkretisierung’
von „sämtlichen Informationen" vor, dies ist aber nur eine Scheinkonkrefisierung und
verdeutlicht, dass der Antrag letztlich nicht bearbeitet werden kann, weil er zu weitge-

hend und offen formuliert ist.
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Verwaltungsgericht Berlin - From: Verwaltungsgericht Berlin To: 9028009515 Page: 25/33 Date: 30.06.2020 15:23:55

 

Verwaltungsgericht Berlin - From: 7 90030186155528 Page: 18/26 Date: 30.08.2020 11:58:04

sn V. Personenbezogene Daten ($ 9 Abs. 1 Nr. 2 UIG) | '
Das Informationsbegehren des Antragstellers umfasst personenbezogene Daten — ins-
besondere wenr er die Herausgabe sämtlicher Informationen verlangt, die die Gesprä-
che selbst und den Schriftverkehr, inklusive Emails und deren Anhänge, zwischen Ver-
tretern der Braunkohleindustrie und Vertretern der Landesregierungen der Braunkohle-
länder und/oder Landesministerien, innerhalb des Bundeswirtschaftsministeriums oder
zwischen Bundesministerien betreffen. . |
Zwar hat sich der Antragsteller nunmehr mit deren Schwärzung einverstanden erklärt, |
was angesichts der Reichweite des Antrags aber zum einen dennoch einen beträchtli-
chen Verwaltungsaufwand verursachen würde und zum anderen dürften Schwärzungen
nicht in jedem Fall den Rechten Dritter Rechnung tragen, weil trotz Schwärzungen Be-

züge zu einzelnen Personen hergestellt werden könnte.
vi. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ($ 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG)

Es verwundert, dass der Antragsteller nicht erkennt, dass sein Informationsbegehren
Rechte Dritter, insbesondere das Bedürfnis der Geheimhaltung von Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnissen berührt (Schriftsatz, $. 15 f.). Anders als der Antragsteller meint,
steht seinem Anspruch auf Zugang zu Informationen zu den Vorbereitungen und dem
Inhalt der Gespräche mit den Braunkohleunternehmen $ 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG entgegen.
Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf (vorläufige) externe Gutachten oder vorläufige
Ergebnisse einer internen Untersuchung zur Höhe der vorgesehenen Entschädigungs-
zahlungen an die LEAG mit Blick auf Sowieso-Szenarien des wirtschaftlichen Betriebs
der Braunkohleanlagen insbesondere im Lausitzer Revier, Die Herausgabe dieser In-
formationen und des Gutachtens würde zur Offenlegung w von Betriebs- und Geschäfts-
geheimnissen führen,

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsa-
chen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten
Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein be-
rochtigtes Interesse hat (BVerwG Beschl. v. 19. . 2012, Az. 20 F 3.11, Rn. 8,). Davon
umfasst sind sowohl technisches als auch kaufmännisches Wissen, das von einem Ge-
heimhaltungswillen des Unternehmens getragen wird (BVerwG Baschl. v. 19.01.2012,
2.3.0.).
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Verwaltungsgericht Berlin - From: Verwaltungsgericht Berlin To: 9028009515 Page: 26/33 Date: 30.06.2020 15:23:55

Verwaltungsgericht Berlin - From: /90030186155528 Page! 19/26 Date: 30.06.2020 11:58:04

een „Geschäftsgeheimnisse zielen auf den Schutz kaufmännischen Wissens; sie betreffen
alle Konditionen, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens
maßgeblich bestimmt werden können. Dazu gehören unter anderem Umsätze, Ertrags-
lagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten oder Bezugsquellen. Auch konkrete Vertragsge-
staltungen [sic], d. h. ein bestimmtes Vertragswerk, zu dem auch Angaben über beteilig-
ts Kredituntenehmen und Finanzdienstleister, Modelle der Zwischenfinanzierung oder
steuerrechlliche Abschreibungsmodalitäten und sonstige Transaktionsbeschreibungen
gehören, können als Geschäflsgeheimnis geschützt sein.“ (BVerwG, Beschl. v.
08.02.2011,20 F 14/10, Rn. 17 — nach juris)
Unter, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen werden auch verfrauliche Marktstrategien
privater Dritter verstanden. (BVerfG, Urt. v. 21.10.2014 2 BvE 5/11, NVwZ 2014, 1652,
Rn. 154; BeckÖK InfoMedienR/Karg, 24. Ed. 01.02.2019, UIG 8 9 Rn. 26.1). Nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt für den Ausschluss nach $ 9 Abs. 18. 1 Nr.
3 UIG, wenn entsprechende Rückschlüsse aus den angeforderten Informationen gezo-
gen werden können. Eine unmittelbare Bekanntgabe der erbetenen Betriebs- oder Ge-
schäftsgeheimnisse ist nicht erforderlich (BVerwG, Urt. v. 24.09.2009, 7 C 2.09, NVwZ
2010, 189, Rn. 55 ff.). .
Die Beurteilung der Sowieso-Szenarien im Lausitzer Revier umfasst die Darlegung der
strategischen Ausrichtung der dortigen Unternehmen. Diese Information können Wett-
bewerber bei der Ausrichtung Ihrer eigenen Siromversorgungssparle ohne weiteres
nutzen und würde daher einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen. Das öffentli-
che Interesse an der Offenlegung dieser Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse über-
wiegt hingegen nicht: Die wesentlichen Parameter der Entschädigungszahlungen sind
bekannt.
Soll der Zugang zu Umweltinformationen gewährt werden, die gemäß $ 9 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 bis 3 UIG geschützte Informationen enthalten, sind alle Betroffenen vorher anzu-
hören. (Landmann/Rohmer UmweltR/ReidV/Schilter, 92. EL Februar 2020, UIG & 9
Rn. 36). Das nach & 9 Abe. 1 Satz 3 UIG zwingend vorgesehene Verfahren wurde nicht
durchgeführt, weil es wegen der einschlägigen Regelung des $ 2 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a} UIG nicht angezeigt war. Zumal eine solche Beteiligung Im Rahmen der kurz-
fristigen Bescheidung innerhalb eines Monats angesichts der Reichweite des Antrags
nicht möglich gewesen wäre,
Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass die Betroffenen einer Veröffentlichung der
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht zustimmen würden, Ein deren Interesse
überwieaendes Informationsinteresse ist nicht erkennbar: Der Antragsteller ist auch oh-
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60m ne die begehrten Informationen in der Lage die von der Antragsgegnerin ergriffenen
Maßnahmen zu bewerten, zu kritisieren und zu beeinflussen.

vi. Vertrauliche Übermittlung von Informationen (8 9 Abs. 2 UIG)

Der Antrag wäre auch insoweit vollumfänglich abzulehnen, wie er sich auf Informatio-
nen bezieht, die die Unternehmen (und andere private Dritte) dem BMWi im Rahmen
und für die Gespräche und Verhandlungen übermittelt haben und soweit diese Informa-
tionen für interne Gesprächsvorbereitung und Informationszwecke verwendet wurden.
Die Herausgabe dieser Informationen scheitert an dem hierfür nach 8 9 Abs. 2 Satz 1
UIG erforderlichem Einverständnis der betroffenen Unternehmen. Ein öffentliches Inte-
rasse an der Bekanntgabe ist demgegenüber nicht erkennbar, insbesondere, weil das
Ergebnis der Gespräche und Verhandlungen — das Kohlsausstiegsgesstz und der öf-
fentlich-rechtliche Vertrag — öffentlich für jedermann zugänglich ist,
& 8 Abs, 2 UIG betrifft Informationen, zu deren Übermittlung private Dritte nicht ver-
pflichtet waren und zu denen keine gesetzliche Verpflichtung zur Übermittlung existiert
(BT-Drs. 15/3406 20). Der Austausch von Informationen ohne jegliche rechtliche Pflicht
zur Umsetzung der konsensualen Lösung des Braunkohleausstiegs war und ist Kem
der geführten Gespräche. Grundlage ist eine den Umständen nach gebotene Vertrau-
ensbasis, dis einerseits durch eine nötige Distanz und andererseits von einer konstruk-
tiven Gesprächsführung geprägt wird. Ohne eine solche Basis wäre eine konsensuale
Lösung nicht denkbar — darüber waren sich alle Gesprächspartner einig. Sämtliche In-
formationen aus und über die Gespräche werden daher vom Schulzzweck des 8 9 Abs.
2 UIG erfasst. Er will die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Behörden und Un-
ternehmen schützen (Landmann/Rohmer UmweltR/ReidY/Schiller, 92. EL Februar 2020,
UIG 89 Rn. d2 mwN.)
Auch bei & 9 Abs. 2 UIG Ist von einer Anhörungspflicht Im vorliegenden Fall auszuge-
_ hen {Landmann/Rohrmer UmweltR/Reidt/Schiller, 92. EL Februar 2020, UIG $ 9 Rn. 42).
Andernfalls könnte nicht abschließend abgeschätzt werden, welche nachteiligen Aus-
wirkungen die Offenbarung der Informationen auf die Interessen des privaten Dritten
haben kann. (Landmann/Rohmer UmweltR/Reidt/Schiller, 92. EL. Februar 2020, vIG59
Rn. 42)
Das vorgesehen Anhörungsverfahren wurde nicht durchgeführt, was wegen der ein-
schlägigen Regelung des $ 2 Abs, 1 Nr. 1 Buchst. a) UIG nicht angezeigt war. Unab-
hängig davon aber liegt nahe, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse ar der
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