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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Verfahrensinformation und McKinsey-Studie zu Rückkehr

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31 Ausgangslage 1.4.2. Rückführung Ausreisepflichtige können bzw. müssen nach Eintritt der Vollziehbarkeit ihrer Ausreise- 28 29 pflicht zwangsweise in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden (Abbildung 11). Optional ABBILDUNG 11 Rückführung Simplifizierte Prozessdarstellung1 BAMF Ausländerbehörde/Landespolizei Einreise Entstehen der Ausreisepflicht Prüfung der Vollzugsmöglichkeit Organisation der Abschiebung Vollzug Bundespolizei Asylantragstellung Prüfung inkl. Anhörung Negativer Bescheid inkl. Frist zur freiwilligen Ausreise Abschiebungshindernisse (Duldung2) Ggf. Folgeanträge3 Koordination mit HKL4 Ausreisemodalitäten Abholung und ggf. Haft/Gewahrsam Ausreise Ausreise 1 Stark schematische Darstellung des Prozesses; für den detaillierten Prozessverlauf siehe Anhang E. Kreise auf den Linien stellen geteilte Verantwortlichkeiten dar 2 Z.B. fehlende Passersatzpapiere, medizinische Gründe 3 Folgeanträge können zu jedem Zeitpunkt im Prozess gestellt werden 4 Abhängig von HKL, Art der Rückführungsmaßnahme, ggf. Vorgaben des Rückübernahmeabkommens und individueller Situation durch Bundespolizei oder ABHn ƒƒ Prüfung der Vollzugsmöglichkeit. Die Ausländerbehörde prüft zunächst, ob Abschiebungshindernisse vorliegen, die einer Rückkehr entgegenstehen und zur Erteilung einer Duldung führen können. In diesem Fall wird die Rückführung bis zum Wegfall des Abschiebungshindernisses ausgesetzt (vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG). Zu jedem Zeitpunkt im Verfahren kann ein Folgeantrag gestellt werden, mit dem neue Tatsachen für die Prüfung eines Asylverfahrens geltend gemacht werden können (vgl. § 71 AsylG). Dieser muss vom BAMF geprüft werden. Zunächst wird die Zulässigkeit geprüft. Hier stellt das BAMF fest, ob Gründe vorliegen, die ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens rechtfertigen. Bis zum Abschluss dieser Prüfung ist dem Antragsteller 30 der Aufenthalt zu gestatten. Bei negativem Beschluss über die Zulässigkeit kann die Abschiebung wieder vollzogen werden. Bei positivem Beschluss wird auf Basis der neu vorgetragenen Tatsachen der Asylantrag erneut geprüft. ƒƒ Organisation der Abschiebung. Ist die Vollzugsmöglichkeit gegeben, kann die Rück- führung organisiert werden. Rückführungen müssen – ggf. abhängig von einem vor- liegenden Rückübernahmeabkommen – individuell mit dem jeweiligen Herkunftsland koordiniert werden. Sollte ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sein, muss ggf. die Staatsanwaltschaft der Rückführung zustimmen. Anschließend müssen die Ausreisemodalitäten, z.B. die Rückführung per Sammelcharter oder per 28 Die vollziehbare Ausreisepflicht tritt bei negativem Asylbescheid nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise bzw. nach Urteil oder Beschluss über ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung ein. 29 Ablauf des Prozesses durch Interviews mit Prozessbeteiligten erfasst; siehe detaillierte Prozessdarstellung im Anhang E. 30 Es wird jedoch keine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylG ausgestellt.
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32 Linienflug, abgestimmt und organisiert werden. ƒƒ Vollzug. Die Ausreisepflichtigen werden schließlich von den Ausländerbehörden an ihrem jeweiligen Aufenthaltsort abgeholt. Zur Durchführung werden zumeist die Landespolizeien herangezogen. Liegen keine Vollzugshindernisse wie z.B. die Abwesenheit oder Reiseunfähigkeit des Ausreisepflichtigen vor, kann dieser an einem Flughafen an die Bundespolizei zur weiteren Durchführung der Rückführung übergeben werden. Die Bundespolizei stellt Beamte zur Begleitung der Ausreise ab. Am Flughafen arbeitet die Bundespolizei mit Ärzten und medizinischem Personal zusammen. Bei Bedarf begleiten Ärzte die Ausreise bis zur Ankunft im jeweiligen Zielland. Der Rückführungsprozess dauert derzeit ab Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (d.h. nach Bestandskraft des entsprechenden Bescheids und nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise) im Durchschnitt rund zwölf Monate – bei einer Spanne von rund fünf Wochen in besonders schnellen Fällen bis hin zu viereinhalb Jahren in besonders komplizierten Fällen.31 1.4.3. Rückführung nach Ausweisung Werden Ausländer wegen bestimmter Straftaten verurteilt oder stellen sie eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, können sie ausgewiesen werden – das gilt 32 sowohl für Ausländer mit Aufenthaltstitel als auch für Ausreisepflichtige. Die Ausweisung hat besondere Rechtsfolgen, vor allem kann die Frist für ein Wiedereinreiseverbot in den Schengen-Raum die üblichen fünf Jahre (bei normaler Rückführung) überschreiten. Das Gesetz sieht die Möglichkeit einer Befristung auf zwischen fünf und zehn Jahre vor (in Ausnahmefällen kann die Frist auf über zehn Jahre angeordnet werden, vgl. § 11 Abs. 3 AufenthG). Grundsätzlich durchlaufen ausgewiesene Straffällige und Gefährder als Ausreisepflichtige den regulären Rückführungsprozess (siehe Kapitel 1.4.2). Die Aus- weisung enthält jedoch prozessual zwei Besonderheiten (Abbildung 12): ƒƒ Entstehen der Ausreisepflicht. Ob eine Ausweisung im Einzelfall ausgesprochen werden kann, muss stets genau geprüft werden. Hierfür ist das Bleibeinteresse des Betroffenen mit dem Ausweisungsinteresse des deutschen Staates abzuwägen (vgl. § 53 AufenthG). Es ist gegenüberzustellen, wie schwer einerseits die Straftat oder die Gefährdung die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt, und anderer- seits, wie stark der Ausländer bereits durch familiäre oder soziale Bindung sowie Teilhabe am Arbeitsmarkt und ähnliche bindende Elemente verwurzelt ist.33 Nur wenn das Ausweisungsinteresse des Staates überwiegt, kann eine Person ausgewiesen werden. Dies ist insbesondere bei langjährigem Aufenthalt in Deutschland oft pro- blematisch. Auch wird regelmäßig der Ausgang eines noch laufenden Asylverfahrens abgewartet, da die Asylantragstellung in der Regel zu einem besonderen Ausweisungs- schutz führt, d.h. einer stärkeren Gewichtung des Bleibeinteresses (vgl. § 53 Abs. 3 und 4 AufenthG). Ein positiver Asylbescheid erhöht die Voraussetzungen für eine Aus- weisung deutlich (vgl. § 53 Abs. 3 AufenthG). 31 Für die genaue Aufschlüsselung der Prozessdauer siehe Anhang E. 32 Ablauf des Prozesses durch Interviews mit Prozessbeteiligten erfasst; siehe detaillierte Prozessdarstellung im Anhang F. 33 Neben nationalen Schutzvorschriften aus § 54 AufenthG sind übergeordnete Schutzvorschriften zu berücksichtigen, welche sich z.B. aus der EMRK, dem ENA sowie aus dem Beschluss 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei ergeben.
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33 Ausgangslage ƒƒ Organisation der Abschiebung. Befindet sich ein Straftäter in Deutschland in Haft, muss die Staatsanwaltschaft einer frühzeitigen Haftentlassung zum Zweck der Rückführung zustimmen. Der gesamte Prozess der Ausweisung mit anschließender Rückführung dauert aktuell durchschnittlich etwa 20 Monate. Die Spanne liegt hierbei zwischen rund 14 Wochen in zügigen Fällen und bis zu etwa viereinhalb Jahren in komplizierten Fällen.34 Optional ABBILDUNG 12 Rückführung nach Ausweisung Simplifizierte Prozessdarstellung1 BAMF Ausländerbehörde Landespolizei Einreise Entstehen der Ausreisepflicht Prüfung der Vollzugsmöglichkeit Organisation der Abschiebung Vollzug Bundespolizei Meldung Verurteilung/Gefährdung, § 54 AufenthG Abwägung von Bleibe- und Ausweisungsinteresse Ausweisung Abschiebungshindernisse (Duldung2) Asyl- oder Folgeantrag3 Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur Ausreise Koordination mit HKL Ausreisemodalitäten Abholung und ggf. Haft/Gewahrsam Ausreise Ausreise 1 Stark schematische Darstellung des Prozesses; für den detaillierten Prozessverlauf siehe Anhang F. Kreise auf den Linien stellen geteilte Verantwortlichkeiten dar 2 Z.B. auf Grund fehlender Passersatzpapiere oder medizinischer Gründe 3 Folgeanträge können mehrmals gestellt werden 34 Für die genaue Aufschlüsselung der Prozessdauer siehe Anhang F.
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34 1.4.4. Dublin-Überstellung Eine Besonderheit besteht, wenn für die Durchführung des Asylverfahrens einer Person 35 ein anderer Mitgliedsstaat zuständig ist. Dann liegt ein so genannter Dublin-Fall vor und der Betroffene ist zu diesem Zwecke in den Staat zu überstellen.36 Während sich die Prozesse der Rückführung und der Überstellung in einigen Bereichen 37 stark ähneln, weisen sie doch grundlegende Unterschiede auf (Abbildung 13). Optional ABBILDUNG 13 Dublin-Überstellung Simplifizierte Prozessdarstellung1 BAMF Ausländerbehörde/Landespolizei Dublin-Mitgliedsstaat Einreise Feststellen eines Dublin-Falls Entstehen der Ausreisepflicht Prüfung der Vollzugsmöglichkeit Vollzug Bundespolizei Asylantragstellung Persönliche Anhörung (Dublin) Prüfung der Zuständigkeit eines anderen Dublin-Mitgliedsstaats2 Übernahmeersuchen Zustimmung3 durch Mitgliedsstaat2 Dublin-Bescheid Abschiebungshindernisse Überstellungsmodalitäten 6-monatige Überstellungs- frist4 Abholung und ggf. Haft/Gewahrsam Überstellung Ausreise 1 Stark schematische Darstellung des Prozesses; für den detaillierten Prozessverlauf siehe Anhang G. Kreise auf den Linien stellen geteilte Verantwortlichkeiten dar 2 EU-Mitgliedsstaaten sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein 3 Oder Zustimmungsfiktion 4 Bzw. 12 Monate bei Straf-/U-Haft, 18 Monate bei "Untertauchen" ƒƒ Entstehen der Ausreiseplicht. Hat das BAMF festgestellt, dass ein Dublin-Fall vorliegt, wird das Dublin-Verfahren durch ein Übernahmeersuchen an den zustän- digen Mitgliedsstaat 38 angestoßen. Im Regelfall hat der Mitgliedsstaat innerhalb von zwei Monaten auf das Übernahmeersuchen zu reagieren, ansonsten wird seine Zustimmung zur Überstellung fingiert, d.h. sie gilt bei ausbleibender Reaktion als erteilt. Die Zustimmung bzw. Zustimmungsfiktion löst auch die sechsmonatige Frist zur Überstellung des betroffenen Asylbewerbers in diesen Mitgliedsstaat aus. In Ausnahmefällen kann diese Frist länger sein, z.B. beträgt sie 18 Monate, wenn die betroffene Person „untertaucht“. Dem betroffenen Asylbewerber wird ein ent- sprechender Bescheid zugestellt; er kann sein Asylverfahren nicht in Deutschland, sondern nur in dem entsprechenden Mitgliedsstaat durchlaufen. Ggf. folgt ein Klage- verfahren gegen diesen Bescheid. 35 Siehe Fußnote 8. 36 Ablauf des Prozesses durch Interviews mit Prozessbeteiligten erfasst; siehe detaillierte Prozessdarstellung im Anhang G. 37 Für mehr Details zum Dublin-Verfahren siehe: Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III). 38 Siehe Fußnote 8.
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Ausgangslage ƒƒ Prüfung der Vollzugsmöglichkeit. Anschließend sind die Modalitäten der Über- stellung wie Zeit und Ort mit dem EU-Mitgliedsstaat zu koordinieren. Auch ist zu prüfen, ob etwaige Überstellungshindernisse vorliegen. ƒƒ Vollzug. Die Ausländerbehörden sind für die Abholung der Asylbewerber an deren Aufenthaltsorten und die Übergabe an die Bundespolizei zum Vollzug der Über- stellung zuständig. In vielen Fällen wird dies in Amtshilfe durch die Landespolizeien durchgeführt. Der Prozess der Dublin-Überstellung dauert ab der Feststellung, dass ein Dublin-Fall vorliegt, durchschnittlich rund zehn Monate39 – bei einer Spanne von rund neun Wochen in besonders schnellen Fällen bis hin zu mehr als einem Jahr in besonders langwierigen Fällen.40 Grundsätzlich handelt es sich bei Personen, die nach dem Dublin-Verfahren überstellt werden sollen, nicht bereits um aus dem Schengen-Raum Ausreisepflichtige, sondern um Asylbewerber und aufgegriffene Personen. Aus diesem Grund wird im Folgenden nicht näher auf Möglichkeiten zur Erhöhung der Anzahl an Dublin-Überstellungen eingegangen. 39 Dauer überschreitet die sechsmonatige Frist auf Grund der häufigen Fristverlängerung von 18 Monaten sowie der Tat- sache, dass auch der Prozessteil vor dem Fristbeginn einkalkuliert worden ist. 40 Für die genaue Aufschlüsselung der Prozessdauer siehe Anhang G. 35
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36 1.5. Kosten: Die Investition in freiwillige Rückkehr und Rückführung lohnt sich finanziell bereits ab einer Verkürzung des Aufenthalts um ein bis zwei Monate Die steigende Zahl Ausreisepflichtiger ist mit erheblichen Kosten verbunden. Bund und Länder gehen von monatlichen direkten Kosten für einen Ausreisepflichtigen von 41 durchschnittlich 670 EUR aus. Diese Summe umfasst Kosten für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§§ 3, 4 und 6 AsylbLG) für die Bereitstellung von Unterbringung, Verpflegung, Gesundheit und so genanntem Taschengeld für den notwen- digen persönlichen Bedarf sowie sonstige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Einzelfall. Die realen Kosten können in den einzelnen Bundesländern oder Kommunen über diesem Kostenansatz liegen. Zum einen stammt die zu Grunde liegende Kosten- erhebung aus dem Jahr 2014. Im Zuge des großen Zustroms an Asylbewerbern 2015 und 2016 wurden allerdings vielerorts kurzfristige Kapazitätserhöhungen vorgenommen, die teilweise überdurchschnittliche Kosten verursacht haben und weiterhin verursachen werden. Zum anderen können die individuellen indirekten Kosten, besonders bei der Bereitstellung von Sachleistungen und der Unterbringung außerhalb einer Gemeinschafts- unterkunft, je nach Situation in den Bundesländern stark variieren und ggf. auch Kosten für Sozialleistungen anfallen, die über das AsylbLG hinausgehen. Auf Basis der durchschnittlichen monatlichen Kosten von 670 EUR pro Ausreisepflichtigen werden die direkten Gesamtkosten für die Finanzierung des Aufenthalts der Ausreise- pflichtigen in Deutschland für das Jahr 2017 bei rund 3 Mrd. EUR liegen (Abbildung 14).42 ABBILDUNG 14 Direkte Kosten für Leistungen an Ausreisepflichtige in Mio. EUR ~ 3.000 Berechnungsgrundlage1: Kosten von 670 EUR pro Monat2 ~ 1.000 ~ 145 Juli 2016 Januar - Juli 2016 Gesamt 2017 (Hochrechnung) 1 Durchschnittswerte für Anzahl Ausreisepflichtiger laut AZR bzw. auf Basis der Hochrechnung "Hochrechnung Ausreisepflichtiger bis Ende 2017" 2 Beruht auf monatlichen Kosten pro Ausreisepflichtigen von 670 EUR (Ist-Kostenrechnung von Bund und Ländern) Quelle: Ausländerzentralregister; IOM; Bundespolizei; BAMF; BMI 41 Kommuniziert in der „Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am 24. September 2015“. 42 Siehe Berechnungslogik im Anhang H.
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37 Angesichts der Höhe der direkten Kosten wäre es finanziell von Vorteil, in die Rückführung und insbesondere in die freiwillige Rückkehr von Ausreisepflichtigen zu investieren, um die Dauer des Aufenthalts in Deutschland zu verkürzen. Gelingt es, den Aufenthalt eines Ausreisepflichtigen um zwei Monate zu verkürzen, sind die entsprechenden Kosten einer Rückführung bereits ausgeglichen – bei einer freiwilligen Rückkehr schon bei Verkürzung des Aufenthalts um einen Monat. ƒƒ Rückführung. Die direkten Kosten einer einzelnen Rückführung belaufen sich auf durchschnittlich ca. 1.500 EUR (Flug, Verbringung durch Landespolizei, Begleitung durch Bundespolizei, Sicherheit, ggf. Arztkosten), bei einer Spanne je nach Her- 43 kunftsland und Gesundheitszustand von 1.200 EUR bis 5.300 EUR (Abbildung 15). Damit entsprechen die direkten durchschnittlichen Kosten einer Rückführung den Kosten für ca. 65 Tage Aufenthalt eines Ausreisepflichtigen in Deutschland. ABBILDUNG 15 Direkte zurechenbare Kosten1 pro Rückführung eines Ausreisepflichtigen in EUR Flug Verbringung durch Landespolizei 500 - 1.500 ~ 500 Begleitung Bundespolizei ~ 200 Sicherheit bei Fluggesellschaften/ in Zielstaaten ~ 15 Arztkosten (nur bei medizinischer Notwendigkeit) 0 - 3.100 Summe 1.200 - 5.300 1 Zur Berechnungslogik der Kosten siehe Anhang I 2 Bei Gewichtung der Rückführungen von Januar bis Ende Juni 2016 nach HKL Quelle: Bundespolizei; Bundesländer 43 Siehe Berechnungslogik im Anhang I. ZAHLENANGABEN GERUNDET Durchschnittliche Kosten2 pro Rückführung von ~ 1.500 EUR
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38 ƒƒ Freiwillige Rückkehr. Die direkten Kosten für die Förderung einer freiwilligen Rückkehr auf Basis von REAG/GARP belaufen sich derzeit auf durchschnittlich ca. 700 EUR (Reisekosten, Reisebeihilfe und Starthilfe); die Spanne beträgt je nach Herkunftsland 44 und Alter der Person zwischen 50 und 1.700 EUR (Abbildung 16). Die direkten durchschnittlichen Kosten der Rückkehr entsprechen damit den Kosten für ca. 30 Tage Aufenthalt eines Ausreisepflichtigen in Deutschland. ABBILDUNG 16 ZAHLENANGABEN GERUNDET Direkte Kosten1 pro Förderung einer freiwilligen Rückkehr2 in EUR REAG Reisekostenübernahme3 (Land- oder Luftweg) Reisebeihilfe4 GARP 50 - 1.200 0 - 200 Starthilfe5 0 - 500 Summe 50 - 1.700 Durchschnittliche Kosten6 pro Förderung von ~ 700 EUR 1 Zur Berechnungslogik der Kosten siehe Anhang J 2 Nur REAG/GARP-Förderung; maximale Förderung pro Familie bei Dublin-Fall von 900 EUR (HKL-Gruppe 2) oder 1.500 EUR (HKL-Gruppe 1); keine Förderung von Personen aus EU-Staaten – HKL-Gruppen laut offizieller Richtlinie des IOM 3 Von Januar bis Ende Juli 2016 ~ 75% Ausreisen auf dem Luftweg und ~ 25% der Ausreisen auf dem Landweg 4 Nicht für Personen aus Westbalkanstaaten; Höhe abhängig von Alter der Person 5 Höhe abhängig von HKL und Alter der Person 6 Durchschnitt für geförderte freiwillige Ausreisen von Januar bis Ende Juli 2016 Quelle: IOM 44 Siehe Berechnungslogik im Anhang J.
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39 2. Herausforderungen
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40 2.1. Herausforderungen: Rückkehrhürden und lange Prozessdauern Die große Mehrheit der Ausreisepflichtigen, die sich in Deutschland aufhält, reist derzeit nicht aus. Doch nicht nur die Zahl der tatsächlichen Rückkehrer ist gering. Die Rück- führung verzögert sich auch durch lange Prozessdauern. Durchschnittlich dauert eine 45 Rückführung zwölf Monate , was nicht nur hohe Kosten verursacht, sondern auch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Rückkehr reduziert (nach zweieinhalb Jahren 46 ohne Ausreise haben ca. 25% der Ausreisepflichtigen einen Aufenthaltstitel erhalten) . Außerdem wird die Reintegration im Herkunftsland mit fortschreitender Zeit erschwert. In zahlreichen Interviews mit Vertretern der Bundesländer Berlin, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sowie mit weiteren Prozessbeteiligten wurde bestätigt, dass eine Wechselwirkung zwischen den langen Prozessdauern und der geringen Anzahl der Ausreisen besteht: Je länger der Prozess dauert, desto geringer ist die Rückkehrbereitschaft und somit die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Ausreise. Aus diesem Spannungsfeld ergeben sich drei zentrale Problemfelder: ƒƒ Hohe Duldungszahlen ƒƒ Unzureichende Rückführungen ƒƒ Geringe Anzahl freiwilliger Rückkehrer. 2.2. Hohe Duldungszahlen Ca. 75% der Ausreisepflichtigen sind derzeit geduldet, davon laut AZR ca. zwei Drittel aus „sonstigen Duldungsgründen“. Die fehlende Differenzierung der Duldungsgründe stellt eine große Schwachstelle des AZR dar. Hauptursachen sind eine mangelnde 47 Datenpflege durch Mitarbeiter der aktenführenden Behörden und technische Mängel des Registers selbst. Auf Basis der unzureichenden Datenlage ist es für Bund und Länder sehr schwierig, Transparenz zu vorliegenden Duldungsgründen herzustellen. Dadurch werden eine effektive Verwaltung des Duldungsstatus und eine gezielte Steuerung von Rückkehr und Rückführung deutlich erschwert. Ländervertreter und Mitarbeiter der Ausländerbehörden berichten, dass Duldungen allem Anschein nach häufig missbräuchlich erwirkt werden: Abschiebungshindernisse würden vorgetäuscht oder auch selbstverschuldet herbeigeführt, um einen Duldungsstatus zu erhal- ten oder zu verlängern. Neben der Verlängerung des tatsächlichen Aufenthalts gab es in der Vergangenheit darüber hinaus mehrfach Altfallregelungen bzw. sonstige Regelungen (z.B. stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung (§ 25b AufenthG) und humanitäre Auf- enthaltstitel (§ 25 Abs. 5 AufenthG)), die einen langen Aufenthalt trotz Ausreisepflicht nach- 48 träglich und abschließend durch ein Aufenthaltsrecht legitimiert haben. 45 Siehe Fußnote 31. 46 Vgl. Kapitel 1.1.6. 47 Z.B. Erfassung mehrerer Duldungsgründe nicht möglich; Speichersachverhalt „sonstige Gründe“ gibt keine präzise Begründung an; mangelhafte Plausibilitätsprüfung; Daten zum Ablauf der Duldungsgründe fehlen. 48 Das neue Asylrecht, Heusch/Haderlein/Schönenbroicher, 2016, Rn. 475.
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