Kurzgutachten Rossi

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BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <506>), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgela- gerte Stadium der Recherche von Belang. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine Möglichkeiten bieten, über den Informationswert bestimmter Gege- benheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt 30 Einfluss zu nehmen.“ Es steht dem BMG insofern nicht zu, das Auskunftsersuchen der Presse in seiner (vermeintli- chen) Bedeutung für das Öffentlichkeitsinteresse zu hinterfragen. Umgekehrt steht es dem BMG aber frei, die besondere Bedeutung des Informationsinteresses der Presse und mir ihr der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Insofern wird dieses Interesse untermauert durch den spezifischen Transparenzgrundsatz des Vergaberechts. Denn die be- gehrten Informationen stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung durch das BMG, mithin im Zusammenhang mit dessen Beschaf- fungstätigkeit. Im insofern einschlägigen Vergaberecht ist das Transparenzprinzip von funda- mentaler Bedeutung, und zwar nicht nur für die Durchführung des Vergabeverfahrens als sol- 31 ches, sondern auch für dessen nachträgliche Überprüfung. Auch das besondere Interesse der Bevölkerung an Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie spricht für ein beson- ders ausgeprägtes Informationsinteresse daran, welche – durchaus ja positive – Rolle Abgeord- nete bei der Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung gespielt haben. Darüber hinaus ist es legitim, wenn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit deshalb besonders hoch gewichtet wird, weil das Vertrauen in die ausreichende Versorgung mit personenbezogener Schutzaus- rüstung sichergestellt werden soll. b)     Bewertung der Restriktionsinteressen der Abgeordneten Umgekehrt sind die Restriktionsinteressen der betroffenen Abgeordneten niedrig zu bewerten. aa)    Personenbezogene Restriktionsrechte Das gilt zunächst für ihre Rechte als Personen. Unabhängig davon, ob man insoweit mit der eher zivilrechtlichen geprägten Rechtsprechung des Presserechts primär auf das Allgemeine 30 So schon BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35.13 – Rn. 41 31 Zum Inhalt und Bedeutung des § 97 Abs. 1 GWB vgl. etwa Dörr, in: Burgi/Dreher (Hrsg.), 3. Aufl. 2017, Beck’scher Vergaberechtskommentar, Bd. I, § 97 GWB Rn. 47 ff.; 21
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Persönlichkeitsrecht oder mit der eher öffentlich-rechtlichen geprägten Rechtsprechung des In- formationsfreiheitsrechts primär auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung abstellt, ist stets zu konstatieren, dass die Preisgabe des Namens und der Bezug zu einem Unternehmen nur einen marginalen Eingriff darstellen. Mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist insbesondere zu berücksichtigen, dass 32 sich Abgeordnete stärker als andere Personen in der Öffentlichkeit bewegen und zugleich von gesteigertem Interesse für die Öffentlichkeit sind. Sie sind insofern nur eingeschränkt schutz- berechtigt. Die bloße Preisgabe ihres Namens im Kontext eines Kontakts im Zusammenhang mit der Beschaffung persönlicher Schutzausrüstung durch das BMG stellt insofern keine schwere Beeinträchtigung dar, sondern betrifft den Kreis ihrer Sozialsphäre. Sofern stärker auf den Maßstab des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung abgehoben wird, ist deutlich zu machen, dass die Datenschutzgrundverordnung wegen der Öffnungsklausel 33 des Art. 85 Abs. 2 DSGVO im Pressebereich nicht zur Anwendung kommt, das mitgliedstaat- liche Recht jedenfalls nicht zur Schaffung expliziter gesetzlicher Grundlagen für die Verarbei- tung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken verpflichtet. Vielmehr verweist die 34 Öffnungsklausel lediglich auf das in den Mitgliedstaaten bereits geltende Recht und insofern 32 Vgl. zu diesem Gedanken BVerwG, Urt. v. 27.09.2018 – 7 C 5/17, Rn. 36. 33 Unzutreffend und unnötig insofern die Herleitung in BVerwG, Urt. v. 27.09.2018 – 7 C 5/17, Rn. 26 ff. 34 Str., wie hier für eine Weitergeltung der bestehenden nationalen Regelungen bzw. des Richterrechts OLG Köln, Beschl. v. 18. 6.2018, 15 W 27/18, Rn. 4 und 6 f.; Marsch, Das europäische Datenschutzgrundrecht, 2018, S. 365; Cornils, Das datenschutzrechtliche Medienprivileg unter Behördenaufsicht? – Der unionsrecht- liche Rahmen für die Anpassung der medienrechtlichen Bereichsausnahmen an die EU-Datenschutz-Grund- verordnung 2018, S. 92; Sandhu, Grundrechtsunitarisierung durch Sekundärrecht, S. 251, dort auch ausführ- lich zur Genese, S. 247 ff. (Manuskript); offenlassend jüngst BGH, GRUR 2021, 643 (648 Rn. 42); für eine obligatorische Ausgestaltung im nationalen Recht Buchner/Tinnefeld, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS- GVO/BDSG, 2. Aufl 2018, Art. 85 DSGVO Rn. 31 ff.; Ehmann/Selmayr, in: dies. (Hrsg.), DS-GVO, 2. Aufl 2018, Einf. Rn. 85; Datenschutzkonferenz, Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzbe- hörden des Bundes und der Länder, 9.11.2017, abrufbar unter https://www.datenschutzkonferenz-on- line.de/media/en/20171109_en_dsgvo_medienrecht.pdf; für einen Regelungsauftragzur umfassenden Ge- währleistung des Medienprivilegs von Lewinski, in: Auernhammer, DSGVO/BDSG, 7. Aufl. 2020, Art. 85 Rn. 21 f.; Dix, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, 2019, Art. 85 Rn. 32: „So- lange die genannten gesetzlichen Regelungen ausbleiben, ist es Sache der deutschen Gerichte, im Einzelfall unter Abwägung der betroffenen Grundrechte und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von EuGH und EGMR sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Angesichts der Bedeutung der von öffentlichen und pri- vaten Medienveranstaltern zu verantwortenden Datenverarbeitung darf die unionsrechtlich gebotene Abwä- gung allerdings nicht vollständig und auf Dauer der Rechtsprechung überlassen werden.“; zum Streitstand Cornils, in: Gersdorf/Paal (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 31. Ed. 2021, Art. 85 DSGVO Rn. 20 ff. 22
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zurück auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbe- hörden. Unabhängig von der Frage der datenschutzrechtlichen Grundlage werden durch das BMG ohnehin nur der Name des Abgeordneten, nicht hingegen sensible Daten veröffentlicht. bb) Mandatsbezogene Restriktionsinteressen Mit Blick auf die Bewertung mandatsbezogener Restriktionsrechte ist zunächst zu rekapitulie- ren, dass die begehrten Informationen nicht den Kernbereich der freien Mandatsausübung be- treffen. Insbesondere ist nicht zu erkennen, inwieweit die Nennung des Abgeordneten seine Ausübung des Mandats im Sinne der Mitwirkung an der parlamentarischen Willensbildung in der Zukunft nachteilig beeinflussen sollte. Auch Abgeordnete, deren Kontakt mit dem BMG im Zusammenhang mit der Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung öffentlich gewor- den ist, sind ohne jede Einschränkung weiterhin berechtigt, in vollem Umfang an der parlamen- tarischen Willensbildung teilzunehmen. c)    Bewertung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen Entsprechendes gilt für die Restriktionsinteressen der betroffenen Unternehmen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass auch solche Informationen in Rede stehen können, die als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse grundrechtlich geschützt sind. Soweit ein Unternehmen einen solchen Schutz für die begehrten Informationen reklamiert, ist aber stets genau zu prüfen, ob an der fraglichen Information überhaupt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht, ob also überhaupt ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die betroffenen Unternehmen des besonderen Informationsinteresses an Verträgen mit der öffentlichen Hand bewusst sein müssen. aa)   Bedeutung des Geheimnisschutzes für Teilnahme der öffentlichen Hand Hervorzuheben ist bei der Bewertung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zunächst, dass diese nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur im Interesse des je- weiligen Unternehmens zu schützen sind, sondern dass umgekehrt auch die öffentliche Hand – in diesem Falle das BMG – ein Interesse daran haben kann, dass Betriebs- und Geschäftsge- heimnisse ihrer Geschäftspartner geschützt werden. So weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass mit der möglichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen Privater 23
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die Gefahr verbunden ist, dass wirtschaftliche Spielräume der öffentlichen Hand eingeengt wer- den und nachteilige finanzielle Folgen für die öffentliche Hand entstehen. Wörtlich führt das Bundesverwaltungsgericht aus: „Denn je weitgehender sich [die öffentliche Hand] aufgrund presserechtlicher Aus- kunftsvorschriften über Vertraulichkeitserwartungen von Vertragspartnern und -inte- ressenten hinwegsetzen muss, desto stärker kann ihre Akzeptanz im Markt leiden und können ihr deswegen Gewinnchancen entgehen. Unabhängig hiervon wird die [öffent- liche Hand] Verhandlungsvorteile daraus ziehen können, wenn sie in der Lage ist, be- stimmte eigene Geschäftsstrategien sowie Konditionen aus früheren Geschäften gegen- 35 über dem Markt verdeckt zu halten.“ Dieser rechtlich-ökonomische Zusammenhang zwischen dem Schutz von Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnissen und dem Agieren der öffentlichen Hand am Markt ist bei der Bewertung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Blick zu behalten. Die Verantwortung für die Be- dingungen der Teilnahme der öffentlichen Hand am Wirtschaftsleben trägt allerdings der Ge- setzgeber. Er kann etwa das Vergaberecht und das Informationsfreiheit in kohärenter Weise 36 ausgestalten, ebenso aber jeweils unterschiedliche Regelungsregime erlassen.                Verwaltung und Rechtsprechung sind auch dann an die jeweilige Rechtslage gebunden, wenn deren An- wendung diese Bedingungen verschlechtert. bb)   Mögliche Geheimnisse Welche von den beantragten Auskünften Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Unterneh- men betreffen, fällt im Ausgangspunkt weitgehend in die Bestimmungsmacht des jeweiligen Unternehmens. Regelmäßig kann nur das Unternehmen selbst Auskunft darüber erteilen, ob die fragliche Information noch nicht offenkundig ist und ob es die Information weiterhin geheim halten will. Mit Blick auf die beantragten Auskünfte ist auch insoweit allerdings zu differenzieren: Sollte etwa das BMG Kenntnis davon haben, dass der Umstand, dass es mit einem Unternehmen einen Vertrag über persönliche Schutzausrüstung geschlossen hat, bereits öffentlich bekannt ist, wäre dieser Umstand nicht mehr geheim und deshalb auch tatbestandlich nicht mehr als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis geschützt. Gleiches gilt für etwaige weitere Informationen über den 35 BVerwG, Urt. v. 25.03.2015 – 6 C 12/14, Rn. 15. 36 Vgl. Rossi/Vogt, Transparenz von Vergabeverfahren – Zum Verhältnis zwischen Informationszugangsfreiheit und Vergaberecht, Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht 2011, S. 61 ff. 24
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konkreten Vertragsinhalt, etwa bezüglich der Art der jeweiligen persönlichen Schutzausrüs- tung. Das BMG ist insoweit nicht an die Geltendmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch das jeweilige Unternehmen gebunden, sondern darf eigenes Wissen für die Beurteilung, ob und in Bezug auf welche Tatsachen überhaupt ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vor- liegt, verwenden. Umgekehrt darf es natürlich nicht von sich aus solche Informationen verfüg- bar machen, um ihnen die Qualifizierung als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu nehmen. cc)    Berechtigtes Geheimhaltungsinteresse? Entscheidender Maßstab für die Beurteilung, ob im konkreten Fall ein Betriebs- und Geschäfts- geheimnis vorliegt, ist angesichts der weitgehenden Bestimmungsmacht des jeweiligen Ge- heimnisherrn regelmäßig die Frage, ob an der Nichtverbreitung der von ihm benannten Infor- mationen ein berechtigtes Interesse besteht. Dies bestimmt sich nach der Wettbewerbsrelevanz 37 der jeweiligen Information. Mittels einer objektiven Betrachtungsweise ist deshalb zu ermit- teln, ob die Erteilung der begehrten Auskunft spürbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsfä- higkeit des Unternehmens hat oder haben kann. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtspre- chung ist dies der Fall, „wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives tech- nisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die 38 Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen“. Insofern ist im konkreten Fall wieder genauer zu prüfen, an welchen Informationen überhaupt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bestehen kann. Erneut scheint der bloße Umstand, dass ein Unternehmen mit dem BMG einen Vertrag über persönliche Schutzausrüstung ge- schlossen hat, nicht geeignet, seine Wettbewerbsposition nachteilig zu beeinflussen. Und auch hinsichtlich weiterer Angaben etwa zur Art sind insofern Zweifel angebracht. Umgekehrt wären Angaben zum jeweiligen Preis erkennbar geeignet, die Wettbewerbsposition des Unternehmens für die Zukunft zu benachteiligen. Denn dann wäre die interne Kalkulation des Unternehmens für Dritte erkennbar, so dass etwa bei künftigen Vergaben oder auch bei Verträgen mit privaten Nachfragern entsprechende konkurrierende Angebote abgegeben wer- den könnten und die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig beeinflussbar wäre. 37 Vgl. statt vieler Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 92 m.w.N. 38 Vgl. etwa BVerwGE 135, 34; 150, 383, 390. 25
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Zusammenfassend sollte das BMG etwaige von Unternehmen geltend gemachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowohl auf ihre Offenkundigkeit als vor allem auch auf ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse überprüfen. Dem grundsätzlichen hohen Gewicht, das grundrechtlich geschützten Interessen bei der Offenlegung von Informationen zukommt, die bei der öffentli- chen Hand vorhanden sind, steht im konkreten Fall aber ein eher niedrig zu bewertendes Ge- heimhaltungsinteresse entgegen. Ignorieren sollte das BMG die geltend gemachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse freilich nicht. Zu beachten ist vielmehr auch, dass den Geheimnis- herrn nicht durch überzogene Begründungslasten die Beweislast für ihren grundrechtlichen Freiheitsgebrauch auferlegt werden darf. Wo insofern Zweifel bezüglich der Frage bleiben, ob eine Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis geschützt ist oder nicht, sollte das BMG versuchen, die praktische Konkordanz zwischen dem Informationsinteresse der Presse (und der Öffentlichkeit) auf der einen Seite und dem Geheimhaltungsinteresse eines Unternehmens auf der anderen Seite durch die Art und Weise der Auskunftserteilung zu bewirken. 6.    Abwägungsentscheidung Die Bewertung der einzelnen Abwägungsbelange determiniert die eigentliche Abwägungsent- scheidung. Hervorzuheben ist dabei, dass weder dem Informationsinteresse der Presse noch den gegenläufigen Verfassungsgütern ein absoluter Vorrang zukommt, vielmehr handelt es sich im 39 Verhältnis zueinander um relative Rechte, die im Wege der praktischen Konkordanz in einen angemessenen Ausgleich zu bringen sind. a)    Einwilligung Dabei ist eine Abwägung schon nicht erforderlich, soweit einzelne Abgeordnete und Unterneh- men in die Veröffentlichung der sie betreffenden Informationen eingewilligt haben. Soweit eine Einwilligung nicht explizit erteilt wurde, ist zwar nicht unbedingt von ihrer Verweigerung, gleichwohl aber davon auszugehen, dass keine Einwilligung vorliegt. 39 Vgl. Stollwerck/Wegner, in: Götting/Schertz/Seitz (Hrsg.), Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Aufl. 2019, § 26 Rn. 2. 26
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b)     Überwiegendes Informationsinteresse Auch soweit keine Einwilligung vorliegt, können die eingangs genannten Auskünfte herausge- geben werden. Denn gegenüber dem besonderen Informationsinteresse der Presse und von ein- zelnen Abgeordneten wiegen die Restriktionsinteressen anderer Abgeordneter und Unterneh- men weniger schwer. Sie werden allenfalls marginal in ihren Rechten beeinträchtigt. Trotz der deutlichen materiellen Überlagerung des Informationsinteresses von Presse und Abgeordneten gegenüber Restriktionsinteressen von Abgeordneten und Unternehmen sollte das BMG einen möglichst schonenden Ausgleich im Sinne einer praktischen Konkordanz zwischen den wider- streitenden Interessen anstreben. Dies kann etwa durch eine typisierte Form der Auskunftserteilung bewirkt werden. Diese Form der typisierten – etwa tabellarischen – Auskunftserteilung trüge auch dem Umstand Rechnung, dass das BMG letztlich nur zu den bei ihm vorhandenen Informationen Auskunft erteilen kann. Demgegenüber ist es dem BMG nicht möglich und rechtlich auch nicht aufgegeben, diejenigen Informationen im Detail offenzulegen, die es seinerseits im Rahmen der der Auskunftserteilung vorausgehenden Anhörung von Abgeordneten und Unternehmen erhalten hat. Es steht aber na- türlich jedem Abgeordneten und Unternehmen frei, den Kontakt zum BMG individuell zu kom- mentieren und zu kontextualisieren. III. Parlamentarischer Informationsanspruch Für den auch im Rahmen des parlamentarischen Informationsanspruchs im Wege der prakti- schen Konkordanz vorzunehmenden Ausgleich zwischen dem parlamentarischen Informations- interesse und entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen anderer Abgeordneter und Unter- nehmen ergeben sich in diesem Fall keine Besonderheiten gegenüber der Abwägung mit dem presserechtlichen Informationsanspruch. Insofern ist auf die oben gemachten Ausführungen zu verweisen. gez. Rossi 27
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