Sehr geehrte Frau Pfau,
auf Ihren Antrag vom 11.10.2021 nach dem Informationsfreiheitsgesetz ergeht folgende Entscheidung:
1. Im Anhang übersende ich Ihnen folgende Unterlagen:
a) Die Kapitel der Dienstanweisung Asyl zum Umgang mit LSBTIPersonen, welche die Themen „bestimmte soziale Gruppe“, „sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ und „Sonderbeauftragte“ behandeln
b) Zwei Rundschreiben in teils geschwärzter Fassung; eines zu Änderungen der Dienstanweisung Asyl vom 09.10.2020 sowie eines zum Umgang mit LSBTI im Asylverfahren vom 11.06.2021
c) Den „Entscheiderbrief - Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Unzumutbarkeit der Geheimhaltung der sexuellen Orientierung“ (Ausgabe 10/2020) d) Eine PowerPoint-Präsentation zur „Basisschulung Sonderbeauftragte für Geschlechtsspezifisch Verfolgte“
2. Im Übrigen wird Ihr Antrag abgelehnt.
3. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Begründung
I.
Mit Antrag vom 11.10.2021 haben Sie um Übersendung sämtlicher interner Dokumente des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zum Umgang mit queeren Geflüchteten und Asylsuchenden gebeten. Beispielhaft geht es Ihnen um die Herausgabe interner Weisungen, Informationsmaterialien, Schulungsunterlagen, Statistiken und sonstiger Dokumente.
II.
Ihrem Antrag auf Informationszugang kann gemäß § 7 Abs. 2 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nur in dem im Tenor ersichtlichen Umfang entsprochen werden. Folglich können Ihnen nicht alle begehrten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden bzw. teilweise ist dies nur in geschwärzter Fassung möglich.
Im Einzelnen:
1. Auszüge der Dienstanweisung Asyl
Aus der Dienstanweisung Asyl (DA Asyl) erhalten Sie die Kapitel „bestimmte soziale Gruppe“, „Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ sowie „Sonderbeauftragte“. Ich habe Ihren Antrag dahingehend ausgelegt, dass unter der Bezeichnung „queer“ sämtliche homo-, bi-, transsexuelle und intergeschlechtliche Antragsteller („LSBTI“) zu verstehen sind.
2. Rundschreiben vom 09.10.2020 und 11.06.2021
Das Rundschreiben vom 09.10.2020 erläutert u.a. die letzten Aktualisierungen der Kapitel „Bestimmte soziale Gruppe“ und „Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ aus der DA Asyl. Das Rundschreiben vom 11.06.2021 befasst sich mit dem Umgang homosexueller, bisexueller, transsexueller und intersexueller Personen im Asylverfahren. In diesem Rundschreiben sind zwei Textpassagen geschwärzt. Hinsichtlich der erstes geschwärzten Passage ist der Informationszugang nach § 3 Nr. 3 lit. b IFG ausgeschlossen. § 3 Nr. 3 lit. b IFG schützt Beratungen zwischen Behörden vor Beeinträchtigungen. So soll die notwendige Vertraulichkeit behördlicher Beratungen gewährleistet werden. Es geht hierbei um den Schutz eines unbefangenen und freien Meinungsaustauschs innerhalb einer
Seite 3von5 Behörde oder zwischen mehreren Behörden (vgl. BeckOK, InfoMedienR/Schirmer, $ 3 IFG, Rn. 132 f.). Vorliegend fand die Schwärzung aufgrund interner Beratungen zur Bearbeitung der Anfragen an das Auswärtige Amt (AA) statt. Für eine mögliche Überarbeitung interner Regelungen soll eine ungestörte Entscheidungsfindung gewährleistet werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat hierzu ausgeführt, dass die Verwaltung handlungsfähig bleiben muss und den Erfolgihrer Maßnahmen nicht durch Ausforschung von Dritter Seite gefährden lassen darf (vgl. BfDI, 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit - 2008/2009).
Die zweite geschwärzte Textpassage beruht auf dem Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 2 IFG, welcher die öffentliche Sicherheit vor Gefährdungen schützt. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 7 C 20.15, Urteil vom 20.10.2016) auf die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Davon werden auch verwaltungsinterne Abläufe und Strukturen erfasst. Deren Gefährdung liegt u.a. dann vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das vorgenannte Schutzgut beeinträchtigt. Die Gefährdung ergibt sich hier ebenfalls aus den Regelungen, welche die Zusammenarbeit mit dem AA betreffen. Konkrete Einblicke in diese Zusammenarbeit könnten aufzeigen, inwieweit Angaben der Antragstellenden überprüft werden. Dies könnte wiederum Möglichkeiten der Manipulation im Asylverfahren aufzeigen, was die Aufgabenerfüllung des BAMF erheblich erschweren würde. Für das Asylverfahren ist jedoch anerkannt, dass es dem Interesse der das Asylverfahren führenden Bundesrepublik Deutschland und der in der Folge möglicherweise finanziell belasteten Bundesländer entspricht, dass asylsuchende Personen nur bei tatsächlich vorliegendem Verfolgungsschicksal und nicht infolge von falschen Angaben Schutz- und Bleiberechte erhalten. Die Integrität von Asylverfahren kann gefährdet werden, wenn es Asylsuchenden möglich wäre, ihr Aussageverhalten durch Kenntnisse über Arbeitsschritte anzupassen und so die asyl- und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen zu verzögern oder zu beeinflussen. Für die Annahme einer solchen Gefährdung genügt nach der Rechtsprechung bereits, dass die Aufgabenerfüllung des Bundesamts durch entsprechend angepasstes Aussageverhalten von Asylbewerbern zumindest erschwert und der im Asylverfahren zu betreibende Aufwand erhöht und damit die Dauer der Asylverfahren verlängert werden kann (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 22.10.2015 - 5 BV 14.1805, Rn. 61 m.w.N.).
3. Entscheiderbrief (Ausgabe 10/2020)
Den Entscheiderbrief „Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Unzumutbarkeit der Geheimhaltung der sexuellen Orientierung“ übersende ich Ihnen ebenfalls im Anhang. Den relevanten Artikel finden Sie auf Seite 4 der Ausgabe.
4. Präsentation „Basisschulung Sonderbeauftragte für Geschlechtsspezifische Verfolgte“
Die genannte PowerPoint Präsentation werde ich Ihnen ebenfalls beifügen.
5. Weitere Unterlagen im Rahmen der Sonderbeauftragten-Schulung für geschlechtsspezifische Verfolgung
Im Rahmen der Sonderbeauftragten-Schulungen für geschlechtsspezifische Verfolgung wird durch das zuständige Fachreferat zusätzlich das Modul „sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ (SOGI) verwendet. Hierbei handelt es sich um Materialen aus dem Trainingscurriculum des European Asylum Support Office (EASO). Da die Urheberschaft dieser Schulungsmaterialien bei EASO liegen dürfte, empfehlen wir Ihnen unmittelbar mit EASO in Verbindung zu treten. Nach unseren Informationen stellt EASO Anfragenden einen DEMO-Zugang auf deren Lernplattform zur Verfügung. Ich würde Ihnen daher empfehlen sich diesbezüglich unter <<E-Mail-Adresse>> direkt an EASO zu wenden. In diesem Fall würde ein gegebenenfalls kostenpflichtiges Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG entfallen. 6. Statistiken Statistiken zur erbetenen Personengruppe stehen uns keine zur Verfügung. Hintergrund ist, dass wir schon aus Datenschutzgründen keine Statistiken zur sexuellen Orientierung der Antragstellenden erheben. Nach alledem konnte Ihrem Antrag folglich nur in dem im Tenor ersichtlichen Umfang stattgegeben werden.
Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Bescheid ist der Widerspruch zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 90343 Nürnberg, Referat 13B, zu erheben.
Mit freundlichen Grüßen