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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Beratungen zur Leuna- und Buna-Privatisierung zwischen 1990 und 1997

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./1. ot.ff!f·f-1. @ Bonn, den 20. September 1993 kl Referatsleiter 422 Ober / Herrn Gruppen 1eiter 42 . ')~<...>-I ~ Herrn Abteilungsleiter 4 Herrn Chef des Bundeskanzleramtes ., ~[ iKopie Herrn Abteilungsleiter 2) Betr.: Engagement von Elf-Aquitaine in Ostdeutschland Bezug: Ihre heutige Bitte um Unterrichtung Wir haben uns bei THA (Vorstandsmitglied Or. Schucht) und - diskret über andere Quellen - nach der Stabilität des Elf-Engagements erkundigt. Danach gibt es derzeit keinen konkreten Hinweis, dap dieses Engagement gefährdet sein könnte. Im Hinblick auf die strategische Bedeutung der Raffinerie Leuna für die ost- deutsche Chemie-Industrie besteht aber AnlaP zu erhöhter Aufmerksamkeit. 1. Die Entscheidung, die Raffinerie in Leuna sowie die Tankstellenkette Minol zu kaufen, war im Elf-Vorstand seit je her umstritten, wurde aber mit der Autorität des Vorstandsvorsitzenden le Flach Prigent durchgesetzt (Finanz- seite war dagegen). seit August im Amt befindliche Vorstandsvorsitzende Philippe Jaffre, zuvor Chef der Großbank Credit Agricole, hat eine Oberprüfung des gesamten Engagements in Ostdeutschland angeordnet. Eine solche Aktion ist -bei einem Wachwechsel in der Unternehmensspitze ~ichts Ungewöhnliches und gleichzeitig vor dem Hintergrund zu sehen, daß die französische Regierung beabsichtigt, einen wesentlichen Anteil von Elf noch in diesem Jahr zu privatisieren. Der~ 2. Auch wenn es in letzter Zeit zu nicht unerheblichen Irritationen zwischen Elf und der THA gekommen ist, hatten Dr. Schucht und Dr. Ludewig, die in den letzten Tagen mit dem Elf-Vertreter Leblanc-Bellevaux gesprochen haben, keineswegs den Eindruck, daß Elf beabsichtigt, aus dem Vertrag auszusteigen. Hiergegen sprechen unter anderem die Verhandlungen, die Elf sowohl mit
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- 2 - Rußland als auch mit Saudi-Arabien über eine Beteiligung an der Raffinerie führt. Hierdurch ergibt sich für Elf die Möglichkeit, Investitionskosten (4 Mrd DM für die Raffinerie) und Risiko zu teilen, die Belieferung mit Rohöl abzusichern und gleichzeitig seine Absatzchancen für Mineralölprodukte auf dem russischen Markt zu verbessern. Gegen einen Ausstieg spricht ferner das Bestreben von Elf, seine bisher im wesentlichen auf Frankreich be- schränkte Rolle auf den europäischen Markt auszudehnen .und damit seine Wettbewerbsposition gegenüber den großen Mineralölgesellschaften (Exxon~ ~ Shell etc.) zu stärken. das Engagement in Ostdeutschland war mit Sicherheit in vollem Umfang mit dem Eigentümer, der französischen Regierung, abgestimmt. Für die Regie- rung ist dies ein Marktstein in den deutsch-französischen Beziehungen und auch ein Ausdruck des französischen Gewichts in Europa. Selbst, wenn Jaffre, der im Gegensatz zu le Flach an die Probleme mit "reiner Banker- mentalität" herangehen soll, zum Schluß käme, daß sich Elf in Ostdeutsch- land zu übernehmen droht, würde die Regierung aus außenpolitischen Gründen sicherlich sehr lange zögern, bevor sie sich diese Sicht zu eigen macht. Der außenpolitische Aspekt des Elf-Engagements gibt uns erhebliche Möglichkeiten der Einflußnahme durch die Bundesregierung. ~"'-JAQ_f (Kindler) V ·1
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PR/Chef BK Bann, den 8. November 1993 (;> eJ 4, Vermerk für Herrn Chef BK Betr.: Engagement von Elf in Leuna Soeben bat General Diederichs, VEB-Büro Bann, Sie davon zu unterrichten, daß nach ihm vorliegenden Hinweisen der neue Präsident von Elf einen Rückzug aus dem Leuna-Projekt beabsichtige. Mit Blick auf die für uns "unangenehmen Folgen" regte er an, dem nachzugehen und verbindet damit herzliche Grüße an Sie. Zum - nach Auskunft von Herrn Kindler unveränderten - Sachverhalt siehe an- liegende Vorlage von Ref. 422. ~~ (Stehl) !"I. l-&(4,
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Referat 422 Kindler/Werner 422We25.10.01 Bann, den 26. November 1993 Hausruf: 2420 Engagement von Elf in Leuna 1. Gesprächsvorschlag - Neubau der Raffinerie Leuna ist wichtigstes Projekt eines ausländischen Investors in Ostdeutschland und gleichzeitig besonderer Markstein in der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Auch die französische Regierung hat dies bislang so gesehen. - Das Projekt ist von strategischer Bedeutung für die gesamte ostdeutsche Chemieindustrie (Raffinerie ist der Lieferant von Vorprodukten) und die Zukunft der Menschen in der Region. Ich gehe davon aus, daß das Projekt verwirklicht wird und sich Elf nicht zurückzieht. Gespräche, die Elf mit weiteren Partnern führt. sollten kurzfristig zum Abschluß kommen, damit das Vorhaben nicht durch eine öffentliche Diskussion Schaden nimmt. - Ich möchte Sie deshalb nachdrücklich bitten. im Rahmen unserer lang- jährigen freundschaftlichen Zusammenarbeit das Projekt persönlich sicher- zustellen. · 2. Hintergrund Neuer Elf-Präsident Jaffre. ein enger Vertrauter PM Balladurs. überprüft derzeit alle wichtigen Engagements seines Vorgängers auf finanzielle Renta- bilität. Hintergrund ist die geplante Privatisierung von Elf, aber auch ursprünglich zu hohe Ertragserwartungen der Elf-Verantwortlichen im Blick auf die Leuna-Raffinerie. Wir haben konkrete Hinweise. daß Elf sich vom geplanten Neubau der Raffinerie Leuna (Investitionsvolumen 4 Mrd. DM) zurückziehen wird. wenn Suche nach neuen Partnern, die Risikoentlastung bringen sollen. scheitert. Herr Leisler-Kiep, der von Elf beauftragt wurde, Kontakte mit BP. dem früheren Konkurrenten um das Projekt, aufzunehmen, hat uns wissen lassen, daß BP zu Gesprächen bereit ist. Erfolgsaussichten sind aber noch völlig offen. Andererseits laufen Verhandlungen mit Rußland und arabischen Interes- senten, die ebenfalls Entlastung bringen können. Ergebnisse sind auch hier noch offen.
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- 2 - Selbst wenn ein potenter Partner gefunden wird. soll Elf entschlossen sein, die Raffinerie nur noch mit halber Kapazität zu bauen (5 anstatt 10 Mio t/Jahr). Möglicherweise auch Verzicht auf Neubau und Restrukturierung der Altanlagen. Durch Änderung der Planungen würden die Arbeiten mindestens drei Monate verzögert. aller Erfahrung nach muß mit wesentlich größeren Verzögerungen gerechnet werden. Nach außen hat Elf bislang nicht erkennen lassen, daß das Vorhaben gefährdet ist. Die Partnersuche würde Schaden nehmen. wenn das Projekt in der Öffent- lichkeit zerredet würde.
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Vfg.: Elf18.01. 94 Bann, den 18. Referat 422 Kindler/Dr. Werner Neubau Raffinerie leuna durch Elf Aquitaine I. Gesprächsvorschlag - ~l:i::~~onni~1i!E:~,~~~i~ili2Sla'n'd ',Cfe'r?ü6er 1'ei'un'9"en::'i'ullf E.~:i~.9~'!!~]J'~:?fnl~ll~1i:t~!$~ :~~]~:~ffr!ijJr~~ - Ich hoffe sehr, da~ der jetzige Schwebezustand beeendet und die Raffinede, wie vorgesehen, gebaut wird. Hierfür bitten wir französische Regierung weiterhin um Unterstützung. - Projekt ist bekanntlich von strategischer Bedeutung für die gesamte ostdeutsche Chemieindustrie und die Zukunft der Menschen in der Region. Es ist gleichzeitig wichtigstes Projekt eines ausländischen Investors in Ostdeutschland und besonderer Markstein in der deutsch-französischen Zusammenarbeit. II. Hintergrund 1. Sie hatten das Thema Engagement von Elf in Leuna zuletzt bei den deutsch-französischen Konsultationen im November 1993 gegenüber PM Balladur angesprochen. 2. Stand der Elf-überlegungen für uns nach wie vor nicht transparent. Elf hat bislang klare Festlegungen vermieden. - Einerseits Erwartung von Herrn Leisler Kiep, der im Elf-Auftrag nach Partnern sucht, daß Elf - wohl auch auf Qrängen der französischen Regierung - die Raffinerie bauen wird, allerdings etwas kleiner als geplant. Außerdem wünsche Elf nunmehr eine 30 %ige Beteiligung der THA, was von BMF als "Rückverstaatlichung" abgelehnt wird.
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- 2 - - Andererseits gibt Absicht des neuen Raffinerieprojekt Chancen, daß dies es die - auch immer wieder in die Presse lancierte - Elf-Präsidenten Jaffre (Intimus von Balladur!), das aufzugeben, wenn kein potenter Partner gefunden wird. gelingt, offensichtlich weiterhin gering. Es ist unerläßlich, daß der - auch andere Investoren verunsichernde- Schwebezustand bald beendet wird.
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Bonn, den 21. März 1994 Hausruf: 2400 Abteilungsleiter 4 Steffens (2428) Über Herrn Chef des Bundeskanzleramtes '"' .L i. ' ~.,:~·: ·~:; .~ I ! i Herrn Bundeskanzler Betr.: I. II. lf Raffinerie Leuna/Elf Aquitaine Neueste Entwicklung 1. Der Deutschland-Bevollmächtigte von Elf, Wirtschaftsminister a. D. Dr. Friderichs hatte am Freitag, den 18. März, einen Meinungsaus- tausch mit Frau Breuel. Er teilte dort mit, der Elf-Verwaltungsrat habe d•n Vorstand ermächtigt, unverzüglich auf der Basis des THA-Angebots vom 10. März abschließende Verhandlungen zu führen. 2. Frau Breuel hat die zuständigen Elf-Vorstandsmitglieder daraufhin für den 21. März nach Berlin eingeladen (Anlage). Es besteht die Erwartung, daß die Elf noch in dieser Woche (möglichst heute) eine öffentliche Erklärung abgeben wird, wann konkret mit dem Bau der Raffinerie begonnen wird. Eine Verständigung über die von Elf aufge- worfenen Zusatzfragen soll dann parallel gesucht werden. Hintergrund 1. Elf hatte im Juli 1992 - zusammen mit Thyssen-Handelsunion -die Tankstellenkette Minol erworben und sich zum Bau einerneuen Raffinerie verpflichtet. An dem gemeinsamen Konsortium hält Elf derzeit 66 %, Thyssen 33 %. Die Raffinerie soll 1996 fertiggestellt sein (Investitionsvolumen 4.3 Mrd. DM. öffentliche Förderung insgesamt rd. 1,5 Mrd. DM).
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- 2 - 2. Im Hinblick auf die Privatisierung von Elf verlangt neuer Präsident Jaffre von THA die Übernahme eines Anteils von 30 - 40% an der Raffinerie. Hintergrund hierfür ist nicht eine substantiell andere Einschätzung der Rentabilität. Durch Verringerung seines Anteils auf unter 50% will Elf vielmehr bilanzielle Vorsorgemaßnahmen ver- meiden, die zu einer ungünstigen Entwicklung des Aktienkurses führen könnten. Mit anderen Worten: Die Konsequenzen der - sicherlich begrüßenswerten - Privatisierung von Elf sollen, was die Raffinerie leuna betrifft, nach französischer Vorstellung allein zu lasten der Bundesrepublik gehen. Elf hat bislang keinerlei Bereitschaft erkennen lassen, sich z.B. einen finanziellen Partner in Frankreich zu suchen. V THA hatte Rücknahme der Anteile als "Rückverstaatlichung" zunächst entschieden abgelehnt (enorme Präjudizwirkung!). 3. Sie hatten gegenüber StP Mitterrand und PM Balladur mehrfach auf baldigen Baubeginn gedrängt (zuletzt durch Schreiben vom 18. Februar). 4. Wegen der Bedeutung des Projekts hat THA durch Schreiben vom 10. März 1994 Elf folgendes letztes Angebot unterbreitet: * Falls Thyssen von seinem vertraglichen Recht Gebrauch macht, nach Bau der Raffinerie seinen Anteil an Elf zurückzugeben, wäre die derzeit noch in THA-Besitz befindliche Buna GmbH bereit, diesen käuflich zu übernehmen. * Im Gegenzug hierfür müßte Elf einen entsprechenden Anteil an der Minol zum symbolischen Kaufpreis von 1 DM an Buna übertragen. Da sich dem Vernehmen nach inzwischen auch ein russischer Partner zu 25% an der Raffinerie beteiligen will, könnte Elf somit sein Ziel, seinen Anteil dauerhaft auf unter 50 % zu senken, erreichen. \\ THA hat deutlich gemacht, daß weitere Forderungen nicht akzeptiert werden. \.;
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