Anlage4-SchreibenDEHOGAvom23-04-2019.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Dokumente zu "Topf Secret"

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DEHOGA Nordrhein-Westfalen e.V. Postfach 10.04 53 41404 Neuss

Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft,
Natur und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen

Frau Ministerin Heinen-Esser
Schwannstr. 3

40476 Düsseldorf

DEHOGA

NORDRHEIN-WESTFALEN

 

Der Haupigeschäftsführer

DEHOGA Nordrhein-Westfalen e.V.
Hammer Landstraße 45
41460 Neuss

FON: 02131 7518-200
FAX: 02131 7518-201
info@dehoga-nrw.de

www.dehoga-nrw.de

   

MULNV NRW

Büro der Ministerin

 

VR Neuss 2536

 
 
  

23.04.2019

  
  

Eingang StS
29, April 29:9

2 6. Aprıl 2019

[]Antwortentwurf [U] Votum
Beantwortung auf Arbeitsebene

Al vor Abo. 2.K.

[] Frist:

Eingang:

    
          

Betreff: „Topf Secret“: Rechtsgutachten beleuchtet die Mitverantwortung . ..
Behörden und zeigt mögliche Ansprüche gegen Wettbewerber, Antragsteller
und den Plattformbetreiber auf / Erste Gerichtsbeschlüsse zu „Topf Secret“
bestätigen rechtliche Bedenken des DEHOGA

Sehr geehrte Ministerin Heinen-Esser,

seit im Januar diesen Jahres Foodwatch und FragDenStaat die Plattform "Topf
Secret" starteten haben wir Sie bereits mehrfach angeschrieben (23. Januar, 20.
Februar und 16. April). Hierbei haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass die
Plattform mit Blick auf die hohe Grundrechtsbeeinträchtigung der betroffenen
Unternehmen als höchst bedenklich anzusehen ist und viele komplexe rechtliche
Fragen aufwirft. Deshalb haben wir zuletzt angeregt, bis zu einer juristischen
Klärung ein Moratorium zu veranlassen.

Mit diesem Schreiben übermitteln wir Ihnen nun ein vom DEHOGA Bundesverband
in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Kanzlei Gleiss Lutz, welches die
Mitverantwortung der Behörden und mögliche Ansprüche gegen Wettbewerber,
Antragsteller und den Piattformbetreiber in Sachen „Topf Secret“ beleuchtet. Wir
bitten Sie darum, das Gutachten zur Kenntnis zur nehmen und die
Schlussfolgerungen bei der Bescheidung von „Topf Secret“ Anträgen zu würdigen
und gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Die Ergebniszusammenfassung finden Sie auf den Seiten 4 - 11 des Gutachtens.
Bezüglich der rechtlichen Details verweisen wir auf die Seiten 11 - 66.

Offizielles Fachorgan des DEHOGA Nordrhein-Westfalen: gastgewerbe DEHOGA --- Magazin
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Wir möchten Sie außerdem darauf hinweisen, dass sowohl das Verwaltungsgericht
Regensburg mit Beschluss vom 15.03.2019 (Az. RN 5 S 19.189) als auch das
Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 03.04.2019 (Az. W 8 S 19.239)
unsere rechtlichen Bedenken zum Portal in vorläufigen Rechtsschutzverfahren
aufgegriffen haben und gemäß den Anträgen der betroffenen Betriebe die
aufschiebende Wirkung der Klagen angeordnet haben.

Das Rechtsgutachten kommt hinsichtlich der behördlich zu beachtenden
Maßgaben bei über die Plattform „Topf Secret“ gestellten VIG-Anträgen zu
folgenden wesentlichen Ergebnissen:

e Auskunftsanträge, die sich auf von Einzelinhabern, Ein-Mann-GmbHs oder
vergleichbaren juristischen Personen geführte Gastronomiebetriebe beziehen
(insbesondere kleinere GbRs oder OHGs), schließen immer auch den Zugang zu
personenbezogenen Daten ein und unterfallen deshalb dem Ausschlussgrund
des $ 3 Satz 1 Nr. 2a VIG. Eine Herausgabe der Informationen ist in solchen
Fällen gesetzlich ausgeschlossen.

e Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Gesetzgebers zu $ 40
Abs. 1a LFGB sind von der zuständigen Behörde auch zu beachten, wenn über
einen Antrag nach $ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG entschieden wird und der
Antragsteller erkennbar beabsichtigt, die erhaltenen Informationen über eine
allgemein zugängliche Plattform, wie etwa „Topf Secret“, im Internet zu
verbreiten (dies ist bei VIG-Anträgen über „Topf Secret“ regelmäßig der Fall und
für die Behörde aufgrund der eindeutigen durch FragDenStaat generierten E-Mail
Adresse auch erkennbar). Dies führt dazu, dass sowohl die in $ 40 Abs. daLFGB
(n.F.) geregelte 6-Monatsfrist für Veröffentlichungen und auch die sonstigen
Voraussetzungen des $ 40 Abs. 1a LFGB (Beschränkung der Information auf
erhebliche Verstöße analog $ 40 Abs. 1a LFGB, u.a. Beachtung der 350€
Bagatellgrenze) auf die Bereitstellung von VIG-Auskünften zu übertragen sind,
sofern die Anträge über „Topf Secret‘ gestellt werden.

Das heißt:
(1) Laut dem Ergebnis des Gutachtens muss die Behörde, sofern die Herausgabe
überhaupt zulässig ist,

e hinsichtlich solcher Informationen im Sinne von 8 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG,
die vor mehr als 6 Monaten seit der Antragstellung entstanden sind, durch
Auflagen im Herausgabebescheid gegenüber dem jeweiligen Antragsteller
sicherstellen, dass eine Veröffentlichung nicht erfolgt.

s Ferner hat sie, sofern die 6 Monatsfrist zum Zeitpunkt der Herausgabe noch
nicht abgelaufen ist, sicherzustellen, dass durch den Antragsteller
veröffentlichte Informationen spätestens sechs Monate nach ihrer Entstehung
vollständig zu löschen sind.
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(2) Auch die Anforderungen an private Veröffentlichungen analog $& 40 Abs. 1a
LFGB müssen gemäß dem Gutachten durch die zuständigen Behörden mittels
Auflagen gesichert werden:

®e die Auflage, dass der Antragsteller die Information nach Ablauf von 6
Monaten seit ihrer Entstehung nicht mehr veröffentlichen darf bzw. die
Informationen spätestens dann zu löschen sind

e die Auflage, dass die Veröffentlichung der herausgegebenen Informationen
nicht zulässig ist, wenn die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die von
ihr zu prüfenden Voraussetzungen des $ 40 Abs. 1a LFGB nicht erfüllt sind

(3) Wettbewerbsrechtlich wäre das Hochladen von negativen Prüfergebnissen durch
einen Konkurrenten des betroffenen Betriebes zu missbilligen. Dies muss die
Behörde laut Gutachten bereits bei der Informationsherausgabe berücksichtigen
und muss auch diesbezüglich eine entsprechende Auflage erteilen.

(4) Zu beachten ist außerdem, dass das VIG keinen Anspruch auf die Herausgabe
vollständiger Prüfberichte gewährt. Nach dem Wortlaut der einzig in Betracht
kommenden Anspruchsgrundlage, $ 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG, besteht ein Anspruch
auf freien Zugang nur zu allen Daten über behördlich festgestellte nicht
zulässige Abweichungen von Anforderungen bestimmter lebensmittel-
rechtlicher Vorschriften. Eine Verpflichtung oder Berechtigung seitens der
Behörde zur Herausgabe der vollständigen Hygieneberichte besteht somit
unserer Ansicht nach nicht.

Hinsichtlich möglicher Ansprüche gegen Wettbewerber, Antragsteller und den
Portalbetreiber kommt das Rechtsgutachten zu folgenden wesentlichen
Ergebnissen:

e Den betroffenen Unternehmen stehen wettbewerbsrechtliche und unter
Umständen auch Privatrechtliche und datenschutzrechtliche Ansprüche gegen
Hochlader von Kontrollergebnissen zu, die Wettbewerber des betroffenen
Betriebs sind.

®e Den betroffenen Unternehmen stehen zivilrechtliche Ansprüche gegen das
Hochladen von negativen unwahren Prüfergebnissen durch private Hochlader zu.

 

e Nach Ablauf von 6 Monaten nach Abschluss der behördlichen
Prüfungsentscheidung bestehen auch zivilrechtliche Ansprüche gegen private
Hochlader bezogen auf negative wahre Kontrollergebnisse.
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e Auch sofern die Veröffentlichung einen Verstoß gegen eine behördliche Auflage
darstellt, bestünden solche Ansprüche.

e Darüber hinaus bestehen unter Umständen auch datenschutzrechtliche
Ansprüche gegenüber privaten Nutzern der Plattform.

e Dieselben Ansprüche, die gegen private Hochlader bestehen, können auch
gegen den Plattformbetreiber geltend gemacht werden, da dieser sich die
hochgeladenen Kontrollergebnisse zu eigen macht.

Diese neuesten Entwicklungen in Sachen „Topf Secret“ bitten wir beim Umgang mit
entsprechenden Anträgen zu berücksichtigen.

Bitte teilen Sie uns mit, wie angesichts der Gutachtenergebnisse und der aktuellen
einschlägigen Rechtsprechung auf behördlicher Ebene künftig mit VIG-Anträgen, die
über „Topf Secret‘ gestellt werden, umgegangen wird. In Erwartung Ihrer
geschätzten Rückäußerung verbleiben wir

mit gastfreundlichen ”
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