2017-06-14-verholtnis-der-vorausleistung-gem-o-36-und-o-7-abs5-sgb.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Erlasse des BMBF zum BAföG

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POSTANSCHRIFT Bundesministerium für Bildung und Forschung, 11055 Berlin HAUSANSCHRIFT An die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung POSTANSCHRIFT TEL FAX BEARBEITET VON Landesämter für Ausbildungsförderung E-MAIL HOMEPAGE -per E-Mail- DATUM GZ Kapelle-Ufer 1, 10117 Berlin 11055 Berlin +49 (0)30 18 57-5131 +49 (0)30 18 57-8-5131 Elke Albrecht Elke.albrecht@bmbf.bund.de www.bmbf.de Berlin, 14.06.2017 414-42506-2 (Bitte stets angeben) BETREFF BEZUG Verhältnis der Vorausleistung gem. § 36 BAföG zu Leistungen gem. § 7 Abs.6 SGB II Anfrage des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 9.3.2017 ANLAGE Am 01.08.2016 ist das 9. Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) in Kraft getreten, das auch Leistungsverbesserungen an der Schnittstelle des BAföG zum SGB II vorsieht (vgl. auch Rundschreiben des BMBF v. 04.08.2016, Az. 414- 42531- SGB II). Nunmehr haben alle Schüler/innen sowie die im Haushalt der Eltern lebenden Studierenden während ihrer Ausbildung einen Anspruch auf aufstockenden ALG II-Bezug, sofern sie BAföG-Leistungen tatsächlich erhalten oder nur wegen der Anrechnung von Einkommen oder Vermögen nicht erhalten. § 7 Abs. 5 in Verbindung mit Abs.6 SGB II, der bisher einen weitgehenden Leistungsausschluss regelte, wurde entsprechend geändert. Leistungen nach SGB II sind grundsätzlich nachrangig gegenüber Leistungen nach BAföG. Dies gilt auch für die Vorausleistung von Ausbildungsförderung in den in § 36 BAföG genannten Fällen. Um die Nachrangigkeit zu sichern, bestimmt § 5 Abs.3 SGB II, dass die Leistungsträger des ALG II (Jobcenter) selbst Leistungsanträge bei dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger stellen können, wenn der Leistungsberechtigte entgegen seiner Verpflichtung gem. § 12 a SGB II den Antrag trotz Aufforderung nicht stellt. Dies gilt grundsätzlich auch für Vorausleistungsanträge. Vorausleistung führt jedoch bekanntlich nach § 37 BAföG zu einem Übergang von Unterhaltsansprüchen auf das Amt für Ausbildungsförderung, das dann ohne weitere Beteiligung des Auszubildenden grundsätzlich – erforderlichenfalls auch gerichtlich - gegen die Eltern vorgehen wird. Da dies durchaus zu einer Störung in der Eltern-Kind-Beziehung führen kann, bleibt es dem Auszubildenden im BAföG jedoch eigentlich bewusst überlassen, selbst zu entscheiden, ob er sich durch die Beantragung von Vorausleistung eine finanziell günstigere Position verschafft, aber dadurch gleichzeitig den Übergang des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs gem. § 37 BAföG in Kauf zu nehmen bereit ist. Diese Möglichkeit der Abwägung hätte der Auszubildende nicht mehr, TELEFONZENTRALE FAX-ZENTRALE E-MAIL-ZENTRALE +49 (0)228 99 57-0 oder +49 (0)30 18 57-0 +49 (0)228 99 57-83601 oder +49 (0)30 18 57-83601 bmbf@bmbf.bund.de
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SEITE 2 wenn seine persönliche Antragstellung auf Vorausleistung nach dem BAföG in jedem Fall durch eine Antragstellung des Jobcenters ersetzt werden könnte, wenn er dort Leistungen nach SGB II beantragt. Mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde deshalb folgendes vereinbart: Um es Auszubildenden ungeachtet der Geltung des § 5 Abs. 3 SGB II zu ermöglichen, ergänzende Leistungen nach § 7 Abs. 6 SGB II in Anspruch zu nehmen, haben sie die Möglichkeit, auf die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in Höhe des nach dem BAföG auf den Ausbildungsförderungsanspruch angerechneten Elterneinkommens durch das Amt für Ausbildungsförderung zu verzichten. Leistungen nach SGB II werden dann nur insoweit erbracht, als sie die Bedarfsätze nach §§ 12 Abs. 1 und 2, 13 Abs. 1 i.V. mit Abs.2 Nr. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit Abs. 2 Nr. 2 BAföG übersteigen. Der Anspruchsübergang auf das Jobcenter gegen die Eltern gem. § 33 Abs. 1 SGB II bleibt unberührt. Das Kindergeld wird bei der Leistung nach SGB II nur angerechnet, wenn und soweit es dem Auszubildenden zugeflossen ist bzw. zufließt und die Eltern es nicht für ihre vom Amt für Ausbildungsförderung festgestellte Unterhaltszahlung verwendet haben. Stellt der Auszubildende allerdings weder einen Antrag auf Vorausleistung durch das Amt für Ausbildungsförderung noch erklärt er mit seinem Antrag auf Leistungen nach § 7 Abs. 6 SGB II zugleich rechtswirksam, auf Leistungen in Höhe des nach dem BAföG den Eltern zugerechneten Anrechnungsbetrags zu verzichten, bleibt es beim Leistungsantragsrecht des Jobcenters gem. § 5 Abs. 3 SGB II. Stellt der Auszubildende einen Antrag auf Vorausleistung, so sind die ihm nach § 7 Abs. 6 SGB II zugeflossenen Leistungen nicht auf die Höhe der Vorausleistung anzurechnen, genauso wenig wie eigenes Einkommen des Auszubildenden unterhalb der Freibetragsgrenzen. Das BAföG geht von einem pauschalierten Bedarf aus, im SGB II werden dagegen insbesondere die tatsächlichen angemessenen Wohnkosten als Bedarf berücksichtigt, der im BAföG gerade keinen normierten Niederschlag findet. Die Leistungen nach SGB II sind nachrangig und ergänzen die Bedarfssätze im BAföG; auch deshalb knüpft § 7 Abs. 6 SGB II seine Leistungsverpflichtung auch an die BAföG-Bezugsberechtigung. Eine andere Betrachtung würde einen Zirkelschluss bei der Berechnung der jeweiligen Leistungshöhe auslösen: Würden gezahlte Leistungen nach SGB II auf die Höhe der Vorausleistung mindernd angerechnet, so würde dies den Anspruch auf Leistungen nach SGB II gleichzeitig wiederum erhöhen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9.12.2014, 5 C 3.14) zur Anrechnung des Kindergeldes auf die Vorausleistung steht dem nicht entgegen. Kindergeld und Leistungen nach SGB II sind staatliche Leistungen mit unterschiedlicher Zielrichtung. Das Kindergeld wird in einer festen Höhe, derzeit 192 € für das erste und zweite Kind, gezahlt und dies unabhängig vom Elterneinkommen (keine Nachrangigkeit), während die Höhe des Anspruchs auf Leistungen nach SGB II individuell berechnet wird. Kindergeld steht außerdem nicht dem Auszubildenden zu, sondern seinen Eltern, die es zur Deckung des
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SEITE 3 Barunterhaltsbedarfs des Kindes zu verwenden haben, § 1612b BGB. Leiten die Eltern das Kindergeld an den Auszubildenden weiter, so ist das als (teilweise) Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht anzusehen. Der Anspruch auf Vorausleistung besteht aber nur in der Höhe, in der die Eltern unterhaltspflichtig sind und diese Pflicht nicht erfüllen. Etwaige Leistungen, die der Auszubildende nach SGB II erhalten hat, schließen auch nicht eine Gefährdung der Ausbildung aus. Der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung in § 7 Abs. 6 SGB II ein Nebeneinander von Ausbildungsförderung und Grundsicherung vorgesehen und geregelt, dass ein Anspruch auf Grundsicherung den Anteil an den Lebenshaltungs-und Wohnkosten abdecken soll, der vom BAföG-Bedarfssatz nicht abgedeckt ist. Eine Anrechnung dieser Leistungen auf den Anspruch auf Vorausleistung würde diese gesetzgeberische Wertung konterkarieren. Wie bereits ausgeführt, ergänzt das SGB II das BAföG, soll es aber nicht ersetzen. Ich bitte um Beachtung im Vollzug. Im Auftrag Albrecht
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