MerkblattzumAllgemeinenGleichbehandlungsgesetz

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Interne Weisungen & Dokumente zum Umgang mit Rassismus

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Merkblatt zum Allgemeinen Gleich- behandlungsgesetz (AGG) 1. Allgemeines zum Gesetz 1.1 Ziel des Gesetzes Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Alters, des Geschlechts, einer Behinderung oder der sexuel- len Identität verhindern oder beseitigen. Das Gesetz will dazu beitragen, dass Diskriminierungen am Arbeitsplatz unterblei- ben. Das Diskriminierungsverbot gilt nicht nur für den Arbeitgeber, sondern gerade auch unter Arbeitskollegen und -kolleginnen. Achtung: Nicht jede unterschiedliche Behandlung am Arbeitsplatz ist eine Benach- teiligung und deshalb unzulässig. Zum Beispiel können die beruflichen Anforderun- gen oder das Alter eine unterschiedliche Behandlung unter bestimmten Vorausset- zungen durchaus rechtfertigen. Es ist gemeinsame Aufgabe der Dienstelle und des Personalrats, die Ziele des Ge- setzes zu verwirklichen. Der Personalrat hat auch darüber zu wachen, dass jede Be- nachteiligung aus den genannten Gründen unterbleibt. 1.2 Wen schützt das Gesetz? Das Gesetz schützt alle Beschäftigten. Dazu zählen:   Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,   die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, sowie   Bewerberinnen und Bewerber. Für Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter gilt das Gesetz unter Berück- sichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung.
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1.3 Wann liegt eine Benachteiligung im Sinne des Gesetzes vor? Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Beschäftigte aufgrund ihrer / ihres   ethnischen Herkunft,   Religion,   Weltanschauung,   Behinderung,   sexuellen Identität,   Geschlechts oder   Alters schlechter behandelt werden, als andere in einer vergleichbaren Situation. Beispiele: Ausbleibende Beförderung allein wegen einer Behinderung oder wegen des Geschlechts. Achtung: Gleichbehandlung bedeutet nicht Gleichmacherei! Nicht jede Ungleichbe- handlung ist eine Diskriminierung. Berufliche Anforderungen können eine unter- schiedliche Behandlung rechtfertigen. Beispiel:    Von Beschäftigten in der Telefonzentrale werden sehr gute Deutsch- kenntnisse erwartet. Belästigung Als Benachteiligung gelten auch Belästigungen, wenn sie im Zusammenhang mit ei- nem (oder mehreren) der oben genannten Merkmale stehen. Das kann bei Anfeindungen, Drohungen, körperlichen Übergriffen oder dem sog. Mobbing durch Vorgesetzte, Kollegen oder Kolleginnen der Fall sein. In Betracht kommen ferner Verleumdungen, Beleidigungen und abwertende Äuße- rungen. Hierzu gehören zum Beispiel ausländerfeindliche Schmähungen, Beleidigun- gen von Homosexuellen, „Hänseleien“ von Personen wegen ihrer Religionsaus- übung, herabsetzende Bemerkungen über Personen wegen ihres Geschlechts und schikanöses Verhalten gegenüber Behinderten. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Belästigung schriftlich, mündlich, durch Gesten oder in anderer Weise erfolgt. Achtung: Bereits die Anweisung zu einer Benachteiligung oder Belästigung durch eine vorgesetzte Person ist eine Benachteiligung im Sinne des Gesetzes. Ob die an- gewiesene Person der Aufforderung nachkommt, ist nicht entscheidend!
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Sexuelle Belästigung Schließlich ist auch eine sexuelle Belästigung eine verbotene Benachteiligung. Dazu zählen sexuell bestimmte körperliche Berührungen wie das „beiläufige“ oder „zufällige“ Berühren der weiblichen Brust oder der „Klaps“ auf den Po, aber auch das Umarmen oder aufgedrängte Küsse, Bemerkungen sexuellen Inhalts (z.B. sexuelle Anspielungen oder Äußerungen über sexuelles Verhalten, Neigungen oder Ausstrah- lung im Gespräch, Brief, SMS oder E-Mail) sowie unerwünschtes Zeigen und sichtba- res Anbringen von pornographischen Darstellungen (z.B. am Arbeitsplatz, im Umklei- deraum, in Sozialräumen, im Intranet). Erst recht werden unerwünschte sexuelle Handlungen oder Aufforderungen zu die- sen erfasst (Erzwingen sexueller Handlungen, Einladungen mit eindeutiger Absicht usw.). 2. Pflichten des Arbeitgebers 2.1 Benachteiligungsverbot Das zentrale Anliegen des Gesetzes ist, Benachteiligungen zu beseitigen und zu verhindern. Wer muss das Verbot beachten?     Das Verbot richtet sich zum einen gegen den Arbeitgeber.     Zum anderen müssen Sie es als vorgesetzte Person und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter gegenüber Arbeitskollegen und –kolleginnen beachten (s. unter 3.). Welche Benachteiligungen sind verboten? Verboten sind Benachteiligungen •    aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft (Hautfarbe, Ab- stammung, Nationalität usw.); •    wegen des Geschlechts; •    wegen der Religion oder Weltanschauung; •    aufgrund einer Behinderung; •    wegen des Alters;
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•   wegen der sexuellen Identität. Aus den aufgezählten Gründen darf der Arbeitgeber nicht benachteiligen •   beim Zugang zur Erwerbstätigkeit (Bewerbung und Einstellung), •   beim beruflichen Aufstieg (insbesondere bei Beförderung), •   bei den Arbeitsbedingungen (insbesondere auch beim Arbeitsentgelt), •   durch Weisungen oder sonstige Anordnungen (z.B. Umsetzungen oder Ver- setzungen), •   in vertraglichen Regelungen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten (Folge: Unwirksamkeit der Vereinbarung), •   in Vereinbarungen mit den Arbeitnehmervertretungen (Personalrat), •   in Tarifverträgen und vergleichbaren kollektiven Regelungen, •   bei der Berufsbildung und Umschulung. Was muss der Arbeitgeber gegen auftretende Benachteiligungen unter- nehmen? Das Gesetz verlangt, dass der Arbeitgeber geeignete, erforderliche und angemes- sene Maßnahmen trifft. Wenn Dritte für die Benachteiligung von Beschäftigten verantwortlich sind, wird er sich schützend vor sie stellen. Verstoßen Vorgesetzte oder Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gegen das Benachteili- gungsverbot, sind folgende Maßnahmen denkbar: •  Gespräche mit den Betroffenen, •  Anweisungen, •  Umsetzungen oder Versetzungen, •  Ermahnungen oder Abmahnungen •  und, in extremen Fällen, Kündigungen 2.2 Vorbeugende Maßnahmen Arbeitgeber sollen unerwünschten Benachteiligungen vorbeugen. Deshalb sind Auf- klärung und Information der Vorgesetzten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beson- ders wichtig. Diesem Zweck dienen auch die vorliegenden Hinweise.
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3. Pflichten der Beschäftigten Nicht nur die Dienststellenleitung oder Vorgesetzte, sondern auch Sie als Mitarbeite- rin / Mitarbeiter müssen das Benachteiligungsverbot beachten. Das bedeutet insbe- sondere, dass Sie im Arbeitsumfeld niemanden belästigen dürfen. 3.1 Belästigungsverbot Das Belästigungsverbot richtet sich gerade auch an die Beschäftigten. Sie dürfen ihre Arbeitskollegen nicht diskriminieren, insbesondere nicht belästigen. Verboten sind Belästigungen •   aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft (Hautfarbe, Ab- stammung, Nationalität usw.); •   wegen des Geschlechts; •   wegen der Religion oder Weltanschauung; •   aufgrund einer Behinderung; •   wegen des Alters (Lebensalter); •   wegen der sexuellen Identität. 3.2 Verbot sexueller Belästigung Selbstverständlich haben sexuelle Belästigungen in den Dienststellen, egal durch wen und wem gegenüber, zu unterbleiben! Verboten ist jede Belästigung mit sexueller Färbung. Einzelheiten sind oben unter 1.3 erläutert. 3.3 Folgen bei Verstößen Verstößt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter gegen diese Verbote, liegt eine Ver- letzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vor! Es muss deshalb mit arbeits- rechtlichen Konsequenzen, bis hin zur Kündigung, gerechnet werden. Achtung: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, die oder der Kollegen diskri- miniert, riskiert unter Umständen den Arbeitsplatz!
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4. Praktische Hinweise für die Beschäftigten - Handlungsmöglichkeiten und Ansprechpartner – 4.1 Beschwerderecht intern Von einer Diskriminierung betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich bei den zuständigen Stellen beschweren. Das kann schriftlich aber auch mündlich geschehen. Für die Entgegennahme von Beschwerden wurde bei Referat 11 im Hause eine Beschwerdestelle eingerichtet. Darüber hinaus bleiben die Rechte der Personal- und Schwerbehindertenvertretungen sowie der Beauftragten für Chancengleichheit unberührt. 4.2 Leistungsverweigerungsrecht bei Belästigung Das Gesetz sieht unter gewissen Umständen ein Leistungsverweigerungsrecht vor, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in gesetzwidriger Weise belästigt, insbe- sondere sexuell belästigt wird. Hinzukommen muss, dass gegen die Belästigung nichts unternommen wird oder nur ungeeignete Maßnahmen getroffen werden. Schließlich ist erforderlich, dass die oder der Betroffene nur auf diese Weise vor der Belästigung geschützt werden kann. Regelmäßig muss zunächst von der Dienststel- lenleitung Abhilfe verlangt werden. Wenn der Arbeitgeber nicht informiert wird, kann er nicht reagieren. Achtung: Das Leistungsverweigerungsrecht besteht nur, wenn tatsächlich eine Be- lästigung vorliegt. Die bloße Annahme einer Belästigung reicht nicht aus! Verweigert die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter die Arbeitsleistung zu Unrecht, muss sie / er damit rechnen, den Vergütungsanspruch zu verlieren und eine Abmahnung oder eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Arbeitsverweigerung zu erhalten. 4.3 Entschädigung und Schadensersatz Die Verletzung des Benachteiligungsverbots kann zu einem Schadensersatzan- spruch oder Entschädigungsansprüchen führen. Etwaige Ansprüche müssen innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt zu laufen, wenn die betroffene Person von der Benachteili- gung Kenntnis hat. Geht es um einen beruflichen Aufstieg, läuft die Frist ab Erhalt des Ablehnungsschreibens.
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4.4 Benachteiligungsverbot Wer seine Rechte nach dem Gesetz in Anspruch nimmt, darf deswegen keine Nach- teile erleiden. Beispiele: Beschäftigte, die sich auf das Gesetz berufen, dürfen deshalb nicht ver- setzt werden. Auch Personen, die Beschäftigte unterstützen, oder die als Zeugen in Benachteili- gungsfällen aussagen, dürfen nicht benachteiligt werden. 4.5 Antidiskriminierungsstelle des Landes Die Antidiskriminierungsstelle des Landes (LADS) ist beim Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg, Else-Josenhans-Straße 6, 70173 Stuttgart ein- gerichtet (Tel. 0711 / 123 – 3990, 0711, beratung@lads-bw.de, www.lads-bw.de). Als zentrale Anlaufstelle hat sie folgende Aufgaben: •   Unabhängige Information und Beratung Betroffener, •   Vermittlung von Beratung durch andere Stellen und •   Maßnahmen treffen, die eine gütliche Beilegung des Konflikts ermöglichen (Schlichtungsfunktion). In konkreten Benachteiligungsfällen können sich Betroffene mit der Bitte um Unter- stützung an die Antidiskriminierungsstelle wenden. 4.6 Antidiskriminierungsverbände Benachteiligte Mitarbeiter können sich zur Wahrnehmung ihrer Interessen an sog. Antidiskriminierungsverbände wenden. Diese können für die Betroffenen ggf. auch vor dem Arbeitsgericht als Beistände (nicht als Prozessbevollmächtigte) auftreten.
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