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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Kommunikation rund um die Auswahl der CPA-Prüfstellen / geeigneten Stellen“
Herrn Dr. Ulrich Nussbaum Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 11019 Berlin Unterstützung für die Herstellung von Masken und anderen textilen Ausrüstungen zum Schutz der Bevölkerung und Produktionsprozesse in Deutschland Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wir wenden uns heute mit einem wichtigen Anliegen an Sie: die Unterstützung unserer Unternehmen bei der Produktion von Masken und anderen Schutzausrüstungen zum Schutz der Bevölkerung vor dem Coronavirus. Die Nachfrage nach den lebenswichtigen Schutzausrüstungen ist ungebremst hoch und übersteigt bei Weitem die bisher zur Verfügung stehenden Produktionskapazitäten. Dabei geht es in erster Linie um die ausreichende Bedarfsdeckung des Gesundheitswesens und anderer kritischer Infrastrukturen. Doch es sollte auch nicht vergessen werden, dass die Industriebetriebe, das Handwerk sowie zahlreiche andere Personen in Produktionsprozessen ebenfalls auf die Schutzausrüstungen als zwingenden Arbeitsschutz angewiesen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Nachfrage auch in der Bevölkerung enorm gestiegen ist und zumindest auch mittelfristig weiter zunehmen wird. Vor diesem Hintergrund haben sich zahlreiche deutsche Textilunternehmen bereit erklärt, ihre Produktion auf die Herstellung der dringend nötigen Schutzausrüstungen, insbesondere Masken, umzustellen. Eine Liste dieser Unternehmen habe ich diesem Schreiben beigefügt. Leider erschweren rechtliche und tatsächliche Hürden die Produktionsumstellung und das schnelle Inverkehrbringen dieser Produkte. In Anbetracht des bestehenden Bedarfsnotstandes möchten wir Ihnen daher drei Maßnahmen vorschlagen, die aus Sicht unserer Industrie zur Überwindung der Engpässe hilfreich sind: 1. Zeitlich beschränkte Zulassung von Masken für den Privatgebrauch nach dem Vorbild Italiens Je nach Bestimmungszweck können Schutzmasken derzeit nur entweder als sogenannter Mund- Nasen-Schutz (OP-Masken) oder als sogenannte Atemschutzmasken auf dem Markt bereitgestellt werden. Im ersten Fall handelt sich um ein Medizinprodukt nach der EU- Medizinprodukte-Richtlinie (bzw. ab Mai nach der Medizinprodukteverordnung) und im zweiten Fall um eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) nach der Verordnung (EU) 2016/425. Nach beiden Rechtsregimen müssen bestimmte produkt- und verfahrensbezogene Anforderungen
erfüllt sein, bevor die Masken auf dem Markt bereitgestellt werden. Hierzu zählen die Durchführung des entsprechenden Konformitätsbewertungsverfahrens und das Anbringen des CE-Kennzeichens auf dem Produkt, mit dem der Hersteller die Konformität seines Produkts mit den einschlägigen Anforderungen erklärt. Zwar hat die EU-Kommission vergangene Woche Empfehlungen veröffentlicht, die die Verkehrsfähigkeit dieser Produkte erleichtern sollen, wie vor allem die Akzeptanz von bestimmten ausländischen Standards oder vereinfachte Prüfverfahren bei PSA. Allerdings gelten diese Erleichterungen weitgehend nur für bestimmte Anwendergruppen bzw. Anwendungsbereiche, wie insbesondere für Beschaffungen durch staatliche Stellen. Zudem sind die ohnehin nur in geringer Anzahl verfügbaren notifizierten Prüfeinrichtungen derzeit völlig überlastet. In Anbetracht dieser prekären Lage hat die Regierung in Italien vor wenigen Tagen eine Maßnahme beschlossen, die nunmehr auch in Deutschland ernsthaft in Erwägung gezogen werden muss. So hat die Regierung am 18. März 2020 zeitlich begrenzt eine neue Kategorie von Masken für den italienischen Markt zugelassen, die weder als Medizinprodukt noch als PSA eingeordnet werden. Diese Masken sind somit nicht für medizinisches Personal, Ordnungskräfte oder Beschäftigte in den Produktionsstätten bestimmt, sondern ausschließlich für den privaten Gebrauch der Bevölkerung. Selbstverständlich müssen die Masken gleichwohl einen gewissen Mindeststandard an Produktsicherheit und Schutz des Trägers erfüllen. Um dies sicherzustellen, wäre im Falle Deutschlands daher auch zu überlegen, die Hersteller und sonstigen Inverkehrbringer anzuhalten, sich an bestimmte zentrale, anerkannte Leistungsanforderungen zu orientieren. Hierzu zählen beispielsweise Anforderungen an die Atmungsaktivität und die Filtrationseffizienz nach der europäischen Norm EN 14683 oder vergleichbarer Standards. Die Einführung einer zeitlich begrenzten Zulassung für einen solchen Maskentyp würde nicht nur der steigenden Nachfrage in der Bevölkerung gerecht werden, sondern auch den Nachfragemarkt für MNS- und PSA-Produkte etwas beruhigen. Sie ist aber auch deswegen dringend geboten, weil andernfalls – mit Blick auf andere Länder – zu befürchten ist, dass in absehbarer Zeit zahlreiche Menschen aus Angst und Verzweiflung auf selbst gemachte oder andere unsichere Produkte zurückgreifen, die am Ende der Gesundheit mehr schaden als sie schützen könnten. Ein solches Szenario muss in Deutschland in jedem Fall verhindert werden. 2. Gebührenfreier Zugang zu den für die Herstellung von Schutzausrüstungen einschlägigen Normen Damit eine entsprechende Produktionsumstellung auch bei den vielen kleinen und mittleren Textilunternehmen ermöglicht wird, sollten sämtliche unnötige Hürden schnellstmöglich abgebaut werden. Hierzu gehören beispielsweise die Lizenzgebühren für Normen bzw. Standards, die für die Herstellung der benötigten Schutzausrüstungen benötigt werden, wie insbesondere: - DIN EN 149 - DIN EN 14683 - DIN EN ISO 13485 - DIN EN 13795 - ISO 22609 Wir möchten Sie daher bitten, kurzfristig zu prüfen, ob die Möglichkeit besteht, für einen begrenzten Zeitraum die Lizenzgebühren für sämtliche Normen, die im Zusammenhang mit der Produktion und Verkehrsfähigkeit der dringend notwendigen Schutzausrüstungen herangezogen werden, zumindest zugunsten von kleinen und mittleren Textilunternehmen mit Sitz in
Deutschland entfallen zu lassen oder erheblich zu reduzieren, zum Beispiel durch eine Lizenzvereinbarung zwischen Ihrem Haus und dem Lizenzgeber Beuth Verlag. Auch hierbei möchte ich auf Italien verweisen. Dort wurde dieses Hindernis ebenfalls kürzlich durch eine vergleichbare Vereinbarung ausgeräumt. 3. Finanzielle Unterstützung Viele Textilunternehmen werden für die Umstellung ihrer Produktion zur Herstellung von Schutzausrüstungen nicht unerhebliche Summen investieren müssen. So müssen unter Umständen Produktionsmaschinen angepasst oder neu erworben werden, die Vormaterialien bezahlt, Prüf- und Zertifizierungsverfahren durchgeführt und die Versicherungspolicen und sonstigen Verträge angepasst oder neu aufgesetzt werden. Dabei können diese Kosten für unsere Unternehmen, insbesondere angesichts der gegenwärtigen schwierigen Liquiditätslage in der Wirtschaft, ein erhebliches wirtschaftliches Risiko darstellen. Damit sich die finanziellen und wirtschaftlichen Risiken einigermaßen in Grenzen halten, sollte daher ebenfalls wohlwollend geprüft werden, inwieweit Ihr Haus spezielle finanzielle Förderprogramme für solche Produktionsumstellungen, insbesondere zugunsten von kleinen und mittleren Textilunternehmen, etablieren kann. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, in diesen besorgniserregenden Zeiten sind schnelle, mutige und kreative Entscheidungen von zentraler Bedeutung. Je früher wir alle gemeinsam die Corona-Krise in Deutschland und auf der Welt in den Griff bekommen, desto schneller kann die gesellschaftliche und wirtschaftliche Erholung beginnen. Dabei dürfen wir auch nicht vergessen, dass zahlreiche weitere vom Virus betroffene Staaten auf entsprechende Hilfslieferungen aus der Bundesrepublik angewiesen sind und sein werden. Und anders herum ist unsere exportorientierte Wirtschaft davon abhängig, dass unsere Handelspartner die Pandemie möglichst schnell und mit geringem Schaden überstehen. Unsere mittelständischen Textilunternehmen sind gewillt und bereit, im Kampf gegen die Corona- Pandemie einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Sie zählen jetzt auf die schnelle und entschlossene Unterstützung Ihres Hauses! Mit freundlichen Grüßen