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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Kontrollbericht Datenschutzkontrolle Polizei Schleswig-Holstein

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26.05.2016 Prüfung der Datei „Fußball SH“ – Ergebnisbericht Übersicht 1   Allgemeines / Abgrenzung zur Datei „GeWa Sport“ ......................................................... 1 2   Ergebnisse aus der Prüfung der Stichprobe .................................................................... 2 2.1    Datenerhebung ........................................................................................................ 2 2.2    Speicherung / Verarbeitung ...................................................................................... 2 2.2.1 Zugriff auf die Datei .............................................................................................. 2 2.2.2 Erforderlichkeit der Datenfelder ............................................................................ 3 2.2.3 Rechtsgrundlage der Speicherung........................................................................ 3 2.3    Löschung ................................................................................................................. 4 3   Prüfergebnis und Handlungsbedarf ................................................................................. 5 1   Allgemeines / Abgrenzung zur Datei „GeWa Sport“ Am 21. April 2016 wurde die Datei „Fußball SH“ von einer Mitarbeiterin und einem Mitarbeiter des ULD im Landespolizeiamt in Augenschein genommen. Zum Zeitpunkt der Prüfung waren 217 Personen in der Datei „Fußball SH“ erfasst, davon 12 Personen unter 18 Jahren (ab 15 Jahre aufwärts). Die Personen, zu denen Datensätze ge- speichert waren, gehören entweder dem Fan-Lager von Holstein Kiel oder vom VfB Lübeck an. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Datei „Fußball SH“ ist die Frage der Abgrenzung zu der Datei „Gewalttäter Sport“ (GeWa Sport) von Bedeutung. „Gewalttäter Sport“                                    „Fußball SH“ Art der Datei               Bund-Länder-Datei                                      Landesdatei Rechtsgrundlage             BKAG                                                   LVwG SH Speicherschwelle            Straftaten von erheblicher Be-                         Störung oder Gefährdung der deutung                                                öffentlichen Sicherheit Speicherdauer               Aussonderungsprüffrist bei Er-                         In der Regel 24 Monate wachsenen: 5 Jahre Zugriffs- /                 Alle Vollzugsbeamten des Bun-                          26 Beamte der Polizei Schles- Abrufberechtigte            des und der Länder mit INPOL-                          wig-Holstein Zugang Einstellende Stellen        Polizeien des Bundes und der                           Szenekundige Beamte der Poli- Länder                                                 zei Schleswig-Holstein
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-2- Von SH gesp. Perso-         Ca. 220                            Ca. 217 nen Zwischen beiden Dateien existieren Überschneidungen. Allerdings ist die Zielsetzung unter- schiedlich. Im Gegensatz zur Datei „Fußball SH“ spielt nur die Datei „Gewalttäter Sport“ im Einsatzgeschehen eine Rolle, da jeder Vollzugsbeamte bei Bedarf eine Abfrage vornehmen kann. Sie dient u. a. der Einschätzung des Gefährdungspotentials und liefert Dazuerkenntnis- se sowie Anhaltspunkte, die für Entscheidungen über Eingriffsmaßnahmen vor Ort herange- zogen werden können. Sie liefert – bei konkreter Abfrage – Erkenntnisse zu Einzelpersonen, aber nicht zum Phänomenbereich. Aufgrund der hohen Speicherschwelle sind die Daten fragmentarisch und erlauben kein umfassendes Bild. Die Datei „Fußball SH“ wird ausschließlich durch szenekundige Beamte gepflegt. Im Gegen- satz zur Datei „Gewalttäter Sport“ dient sie als Grundlage für präventive gefahrenabwehrende Maßnahmen vor einem Spiel (z. B. Gefährderansprachen, Aufenthaltsverbote etc.) sowie der Entwicklung von Einsatzkonzepten, die Störungen oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit verhindern sollen. In der Datei „Fußball SH“ können daher bereits Personen erfasst werden, die als Störer (§ 218 LVwG) auffällig geworden sind, aber noch keine erheblichen Straftaten begangen haben. Diesem niederschwelligen Ansatz stehen auf der anderen Seite deutlich kürzere Speicherfristen und ein kleinerer Kreis von Zugriffsberechtigten gegenüber. Wie viele Personen aus der Datei „Fußball SH“ auch in der Datei „Gewalttäter Sport“ gespei- chert sind, konnte im Rahmen der Prüfung nicht festgestellt werden. 2    Ergebnisse aus der Prüfung der Stichprobe Im Rahmen der Prüfung wurde eine Stichprobe im Umfang von 22 Personen genommen (ca. 10 % des Datenbestands). Gegen 16 Personen waren ein oder mehrere Strafverfahren einge- leitet worden. In 6 Fällen lag kein Strafverfahren vor; es waren Platzverweise ausgesprochen worden. 2.1    Datenerhebung Die Datenerhebung wird auf § 179 Abs. 1 LVwG gestützt. Danach ist die Datenerhebung u. a. zulässig, sofern die öffentliche Sicherheit durch das Verhalten von Personen gestört oder im einzelnen Fall gefährdet wird. Die Prüfung hat gezeigt, dass Daten ausschließlich über Perso- nen gespeichert wurden, deren Personalien festgestellt worden sind und gegen die polizeiliche Maßnahmen erlassen wurden. Daten über Kontakt- oder Begleitpersonen wurden nur gespei- chert, wenn diese selbst ebenfalls Adressat polizeilicher Maßnahmen geworden sind. Die Da- tenerhebung erfolgt dabei jeweils offen bei dem Adressaten der Maßnahme. Eine gezielte Erhebung bestimmter Daten (z. B. der Telefonnummer) speziell zum Zweck der Speicherung in der Datei „Fußball SH“ wird nicht vorgenommen. 2.2    Speicherung / Verarbeitung 2.2.1   Zugriff auf die Datei Der Zugriff auf die Datei „Fußball SH“ ist derzeit auf 26 Personen begrenzt (teilweise nur le- sender Zugriff). Dazu gehören neben den szenekundigen Beamten unter anderem auch Be-
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-3- amte in den Stäben der Polizeidirektionen, die für die Planung von Fußballeinsätzen zuständig sind. Ein automatisierter Abruf durch weitere Personen ist nicht möglich. Über die Speicherung in der Datei „Fußball SH“ entscheiden ausschließlich szenekundige Beamte der Landespolizei. Diese sind an den Spieltagen vor Ort und werten im Anschluss an ein Spiel die Polizeiberichte aus. Wurden polizeiliche Maßnahmen gegen einen Störer erlas- sen, entscheiden sie über die Speicherung in der Datei. Bei der erstmaligen Speicherung wird sowohl die Relevanz der zugrundeliegenden Tat als auch Spezialwissen der Beamten (z. B. über typische Verhaltensweisen von Störern im Fußballbereich oder die Zugehörigkeit zu ge- waltbereiten Gruppierungen) berücksichtigt. Aus technischen Gründen können derzeit alle Zugriffsberechtigten auf die Gesamtdatei zugrei- fen. Ein fachliches Erfordernis für die Einsichtnahme Kieler Beamter in Lübecker Fälle und umgekehrt war im Rahmen der Prüfung nicht erkennbar. Es ist daher zu prüfen, ob der Zugriff weiter auf Teile der Datei beschränkt werden kann. Eine Zugriffsprotokollierung findet statt. Die Protokolldateien waren allerdings nicht Bestandteil der Prüfung. 2.2.2   Erforderlichkeit der Datenfelder Bei der Prüfung ist aufgefallen, dass viele der vorhandenen Datenfelder kaum genutzt werden. So sind in den 217 Datensätzen beispielsweise nur 24 Telefonnummern gespeichert. Die Lan- despolizei hält einzelne Datenfelder dennoch für erforderlich. Die Telefonnummer – sofern vorhanden – wird beispielsweise im Einzelfall genutzt, um sicherzustellen, dass präventivpoli- zeiliche Maßnahmen ihren Empfänger wirklich erreichen. Gefährderansprachen oder Aufent- haltsverbote werden in der Regel schriftlich durch die szenekundigen Beamten zugestellt. Wird ein Adressat mehrfach nicht persönlich angetroffen, wird telefonisch sichergestellt, dass ihn die Zustellung rechtzeitig erreicht. Da derartige Maßnahmen in zeitlicher Nähe zum Spiel- tag ergriffen werden, ist das Telefon manchmal das letzte Mittel, um die Zustellung sicherstel- len zu können. Es gibt aber auch Datenfelder, die nicht gefüllt werden, weil diese Daten bei polizeilichen Maßnahmen in der Regel gar nicht erhoben werden oder weil sie für die Zielrichtung der Datei nicht relevant sind. Die Landespolizei hat daher im Rahmen der Prüfung angekündigt, die Notwendigkeit der einzelnen Datenfelder auf Basis der bisherigen Erfahrungen erneut fachlich zu bewerten mit dem Ziel, den Umfang gegenüber dem Stand aus der EAO vom 06.03.2012 zu reduzieren. Das ULD wird über das Ergebnis informiert. 2.2.3   Rechtsgrundlage der Speicherung Die Speicherung wird auf die allgemeinen Grundsätze aus § 188 Abs. 1 LVwG gestützt. Da es sich vorliegend allerdings nicht um eine Speicherung zum Zweck der Einzelfallbearbeitung handelt, sondern um präventive Maßnahmen zur Verhinderung zukünftig zu erwartender Stö- rungen, greift diese Rechtsgrundlage zu kurz. Nach § 189 Abs. 1 LVwG dürfen personenbezogene Daten aus Strafverfahren nur dann für zukünftig zu erwartende Strafverfahren gespeichert und genutzt werden, wenn eine Negativ- prognose vorgenommen wurde – d.h. weitere Strafverfahren gegen diese Person hinreichend wahrscheinlich sind. Dies muss entsprechend dokumentiert werden.
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-4- Für eine Speicherung zur Verhinderung zukünftig erwarteter Gefahren oder Störungen für die öffentliche Sicherheit – unterhalb der Schwelle einer Straftat – muss diese Voraussetzung erst recht gelten. Die Prüfung hat ergeben, dass eine solche Negativprognose durch die szene- kundigen Beamten zwar im Einzelfall durchgeführt wird, allerdings fehlt es an einer entspre- chenden Dokumentation. Diese ist aber eine wesentliche Speichervoraussetzung, da sie für die gerichtliche und aufsichtsbehördliche Überprüfung erforderlich ist. 2.3    Löschung Eine Speicherung erfolgt in der Regel für 24 Monate. Tritt eine Person innerhalb dieser Zeit nicht mehr als Störer in Erscheinung, werden die zugehörigen Daten komplett (inklusive aller zu ihr gespeicherten Ereignisse) aus der Datei gelöscht. Die Sachbearbeiter können abfragen, welche Personendatensätze in den nächsten 28 Tagen zu löschen sind. Die Löschung erfolgt dann jeweils manuell nach einer Einzelfallprüfung. Da der Löschprozess durch den Sachbear- beiter angestoßen werden muss, ist es erforderlich, durch organisatorische Maßnahmen si- cherzustellen, dass dies mindestens einmal alle 28 Tage geschieht. Die Dienstanweisung sieht eine Löschfristüberwachung jeweils zum ersten eines jeden Monats vor. Eine EDV- gestützte, automatisierte Vorlage der zu löschenden Datensätze wäre aus Sicht des ULD eine bevorzugte Lösung. Wird eine Person innerhalb der 24 Monate Adressat weiterer polizeilicher Maßnahmen mit Fußballbezug (z. B. Platzverweis, Straftat etc.), so werden diese Daten hinzugespeichert, und es beginnt eine neue 24-Monatsfrist. Alle vorhandenen Daten bleiben in diesem Fall gespei- chert. Von Personen, die regelmäßig als Störer in Erscheinung treten, entwickelt sich auf die- se Weise eine „Vita“, die für die Begründung präventiver Maßnahmen – die ihrerseits Grund- rechtseingriffe darstellen – sowie für die Erstellung von Einsatzkonzepten erforderlich sein kann. Es wurden im Rahmen der Prüfung keine Fälle gefunden, in denen die Löschfrist über- schritten wurde. Die derzeitige Speicherpraxis lässt allerdings die Möglichkeit einer unendlich langen Speiche- rung von Ereignissen zu, solange eine Person alle 24 Monate mindestens einmal polizeilich in Erscheinung tritt. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass Ereignisse ab einem gewissen Alter nicht mehr geeignet sind, um daraus präventive Maßnahmen abzuleiten. Es besteht ferner die Gefahr, dass auf diesem Weg Daten gespeichert bleiben, die längst aus dem polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem gelöscht wurden. Bei der Prüfung konnte keine ausufernde Speicherung festgestellt werden. Dabei ist zu be- rücksichtigen, dass die Datei „Fußball SH“ noch nicht so lange in Betrieb ist (Start am 15.12.2011). Um eine ausufernde Speicherung zu vermeiden, ist es allerdings erforderlich, die zu den Personen gespeicherten Ereignisse nach einer festgelegten Frist zu löschen, auch wenn ein Datensatz zu der Person an sich weiter gespeichert bleibt. Hier ist die Landespolizei gefordert, eine Maximalspeicherdauer für Ereignisse festzulegen und diese fachlich zu be- gründen. Im Rahmen der Prüfung wurde ebenfalls thematisiert, ob die Ausgänge von eingeleiteten Strafverfahren berücksichtigt werden. Die Verfahrensausgänge von schleswig-holsteinischen Verfahren bekommen die szenekundigen Beamten im Rahmen der @rtus-Sachbearbeitung zur Kenntnis. Da es bei der Speicherung in der Datei „Fußball SH“ in erster Linie auf die Stör-
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-5- ereigenschaft nach § 218 LVwG ankommt, werden Verfahrensausgänge nur berücksichtigt, soweit sie hierzu eine geänderte Erkenntnislage liefern. 3    Prüfergebnis und Handlungsbedarf Aus der Prüfung ergibt sich folgender Handlungsbedarf für die Polizei:   Es ist zu prüfen, ob der Zugriff auf die Datei im Sinne der fachlichen Erforderlichkeit weiter beschränkt werden kann (siehe Abschnitt 2.2.1).   Nach fachlicher Bewertung sind die einzelnen Datenfelder aus der EAO vom 06.03.2012 auf das erforderliche Maß zu reduzieren (siehe Abschnitt 2.2.2).   Bei der Erfassung einer Person ist in jedem Fall eine Negativprognose zu dokumentie- ren (siehe Abschnitt 2.2.3).   Es ist eine Maximalspeicherdauer für Ereignisse festzulegen. Die Speicherdauer ist im Hinblick auf den Zweck der Datei fachlich zu begründen (siehe Abschnitt 2.3). Darüber hinaus sind die EAO und die Dienstanweisung zur Nutzung der Datei „Fußball SH“ entsprechend anzupassen. Sie sollten außerdem in Bezug auf den Umgang mit Verfahrens- ausgängen konkretisiert werden (siehe Abschnitt 2.3).
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