Anwendung des § 5 Preisangabenverordnung

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Korrespondenz mit dem Ordnungsamt der Stadt Bad Nauheim in Sachen Preisangabenverordnung / Grundpreisauszeichnung

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Martini, Kerstin (HMWEVW) Von:                                                       i(HMWEVW) Gesendet:                               Mittwoch, 18. Dezember 2019 09:27 An:                                                       KHMWEVW) Cc:                                     Martini, Kerstin (HMWEVW);< (HMWEVW) Betreff:                                WG: Preisangabenverordnung Liebe nachstehende Anfrage vom RB^^^^pbersende ich Ihnen zuständigkeitshalber mit der Bitte um weitere Veranlassung. Besten Dank und schöne Weihnachten! Im Auftrag Von:1 Gesendet: Mittwoch, 18. Dezember 2019 07:50 Aiw^Bi^MB^ (HMWEVW) Betreff: Preisangabenverordnung Regierungspräsidiu Sehrgeehi mir liegt eine Anfrage zur Durchführung der Preisangabenverordnung vor. Da ich nur selten mit derartigen Anfragen befasst bin, ist mir kein konkreter Ansprechpartner im Ministerium bekannt. Sollte die PAngVO ^aher nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich fallen, wäre ich für eine Weiterleitung an die zuständige Stelle dankbar. Konkret geht es um die Frage der Preisauszeichnung in einem Fitnessstudio. Ein Kunde hat sich darüber beschwert, dass sein Vertrag teurer geworden sei, er jedoch dies nicht anhand eines Preisaushangs im Studio habe nachvollziehen können. Eine Überprüfung vor Ort habe ergeben, dass tatsächlich kein Preisaushang vorhanden ist. Die Preise sind lediglich über einen PC einzusehen, an dem sich der Kunde mit dem Personal seine individuellen Leistungen/Preise ansehen/errechnen lassen kann. Laut Studiobetreibersei das Preisverzeichnis zu umfangreich, um dies im Geschäftsraum und/oder im Außenbereich anzubringen. Offensichtlich beruft er sich hier auf § 5 Abs. 2 PAngV. Nach dieser Vorschrift sind Preisverzeichnisse zur Einsichtnahme am Ort des Leistungsangebots lediglich bereitzuhalten, wenn
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l. entsprechend der allgemeinen Verkehrsauffassung die Preise und Verrechnungssätze für sämtliche angebotenen Leistungen in Preisverzeichnisse aufgenommen worden sind und 2. das Anbringen der Preisverzeichnisse wegen ihres Umfangs nicht zumutbar ist. Abs. 2 privilegiert als Ausnahmevorschrift zur Regelung in Abs. 1 somit unter bestimmten Voraussetzungen umfassende Preisverzeichnisse, welche die Preise für sämtliche angebotenen Leistungen enthalten. Es muss sich um sämtliche Leistungen handeln, die im Geschäftslokal bzw. am Ort des Leistungsangebots angeboten werden. Auch alle auf Wunsch möglichen Sonder- und Zusatzleistungen müssen enthalten sein. Die Privilegierung greift dann unter zwei kumulativen Voraussetzungen ein: Zum einen muss das umfassende Preisverzeichnis für den fraglichen Geschäftsbetrieb der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen. Bejaht wurde das z. B. für überregional tätige Autovermieter. Zum anderen muss das Anbringen der Preisverzeichnisse wegen ihres Umfangs unzumutbar sein. Dadurch soll verhindert werden, dass umfassende Preisverzeichnisse lediglich mit der Absicht erstellt werden, der Aushangpflicht nach Abs. 1 zu entgehen. Nach allgemeiner /erkehrsauffassung wird dies nur bei Leistungen in, Betracht kommen, zwischen denen wegen ihrer ähnlichen Nachfrageintensität eine Unterscheidung unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit nicht möglich ist. Dabei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, um eine Umgehung der Aushangpflicht nach Abs. 1 zu verhindern. Greift die Privilegierung ein, genügt die Bereithaltung des Preisverzeichnisses, d.h. es kann dem Kunden jederzeit und von jedem Betriebsangehörigen mit Publikumskontakt zur Einsichtnahme vorgelegt werden, ohne dass er sich durchfragen muss. Selbstverständlich muss das Preisverzeichnis unmittelbar im Geschäftslokal bzw. am Ort des Leistungsangebots entweder körperlich vorhanden oder (z. B. auf einem Bildschirm) abrufbar sein. Ein Hinweis auf die Einsichtsmöglichkeit in das umfassende Preisverzeichnis ist preisangabenrechtlich grundsätzlich nicht erforderlich. jie Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung trägt der Unternehmer, der sich darauf beruft. Dabei kann ein Gericht eine Verkehrsauffassung auch aus eigener Sachkunde beurteilen. Dem Unternehmer obliegt daher nicht der Beweis, dass umfassende Preisverzeichnisse unüblich sind. (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, 4. Aufl. 2016, PAngV § 5 Rn. 14-16) Die Kommentierung weist hinsichtlich der allgemeinen Verkehrsauffassung hinsichtlich des Preisverzeichnisses für überregional tätige Autovermieter auf ein Urteil des BGH vom 22.03.2012 - l ZR 111/11 (GRUR 2012, 1159) hin. Danach habe das Berufungsgericht zu Recht eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung bestehende Verkehrsauffassung festgestellt, dass es bei überregionalen Autovermietern umfassende Preisverzeichnisse gäbe. Es sei nicht ersichtlich, welche Leistungen im Geschäftsbetrieb eines Autovermieters unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten des Betriebs in erster Linie nachgefragt würden. Unstreitig bestünden beim Angebot der beklagten Autovermietungsfirma unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Fahrzeugklassen, Abholtage, Dauer derAnmietung, Abholung und Rückgabe am selben Ort oder a.n unterschiedlichen Orten, Alter und Anzahl der zugelassenen Fahrer,
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Umfang des Versicherungsschutzes, Rabatte beispielsweise für Mitglieder von Automobilclubs oder Großkunden, Sonderzubehör des gemieteten Fahrzeugs und weiterer Kriterien mehr als 15 Mio. Kombinationsmöglichkeiten. Vordem Hintergrund derv.g. Ausführungen in der Kommentierung und dem Urteil des BGH habe ich Zweifel, ob die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 2 PAngVO auf Fitnessstudios Anwendung finden kann. Ich sehe bei einem Fitnessstudio keine derartige Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten wie der BGH sie bei den Autovermietern gesehen hat. Ungeachtet dessen, dass dem Kunden im vorliegenden Fall ein Preisverzeichnis mit den Preisen für die wesentlichen Leistungen des Fitnessstudios möglicherweise nicht weitergeholfen hätte, kann daher m.E. ein Preisverzeichnis gemäß § 5 Abs. 1 PAngV aufgestellt werden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine Rückmeldung geben könnten, ob Sie meine Rechtsauffassung teilen. Die Beantwortung der Frage dürfte grundsätzlich für alle Fitnessstudios von Bedeutung sein. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag Dezernat Hoheitsverwaltung, Gewerbe HESSEN Tel.: Fax: +4S •Veb:< c-Mail:; Besucheranschrift:
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Martini, Kerstin (HMWEVW) Von: Martini, Kerstin (HMWEVW) Gesendet: Mittwoch, 18. Dezember 2019 17:19 An: Betreff: WG: Preisangabenverordnung III 1-1 -075-b-02#014 Sehr gee) grundsätzlich stimme ich Ihren Ausführungen in dem geschilderten Sachverhalt zu. Jedoch wurde in einem ähnlichen Fall'den § 5 PAngV betreffend vorgetragen, dass diese Vorschrift - wie auch andere Bestimmungen der PAngV - aufgrund Artikel 3 Abs. 5 Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP) 2005/29/EG nicht mehr anzuwenden sei. Auch in der Literatur wird auf die Diskrepanz zwischen PAngV und EU-Recht hingewiesen (Köhler, WRP 2013, 723, 727, s.a. Ohly/Sosnitza, UWG, PAngV Einf., 7. Auf!., RN 14), denn der für Leistungen geltende ' 5 PAngV unterliege der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Die Pflichten zur Aufstellung eines Preisverzeichnisses -eingeschränkt durch § 9 Abs. 8 PAngV- seien nach Art. 22 Abs. 1 Buchst, i, Abs. 2 und Abs. 3 Buchst, a Dienstleistungsrichtlinie zu beurteilen. Sie gingen darüber hinaus und seien nur durch die Mindestangleichungsklausel des Art. 22 Abs. 5 Dienstleistungsrichtlinie gedeckt. Sie seien auch strenger als Art. 7 Abs. 4 Buchst, c i.V.m. Art. 7 Abs. 2 UGP-Richtlinie. Daher unterliege auch § 5 PAngV der Ubergangsregelung des Art. 3 Abs. 5 UPG-Richtlinie. Die darin vorgesehene Ubergangsfrist ist am 12.06.2013 ausgelaufen. Daher wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass seither viele Reglungen der Preisangabenverordnung dem EU-Recht widersprächen. Dies betrifft eine Reihe von Vorschriften, neben u.a. den §§ 1 und 2 PAngV auch das Preisverzeichniserfordernis nach § 5 PAngV. Unklar sind die Konsequenzen dieser Diskrepanzen zum Unionsrecht, da der Bund die PAngV bislang nicht an die unionsrechtlichen Vorgaben angepasst hat. Köhler vertritt hierzu die Auffassung, die betroffenen Bestimmungen - auch § 5 PAngV- seien seit dem 12.06.2013 nicht mehr anzuwenden. Das seinerzeit befragte BMWi hat sich zu diesem Vertrag in der Angelegenheit nicht geäußert. In der 44. Sitzung des BLA Preisangaben wurde allerdings eine Überarbeitung der PAngV in Aussicht gestellt (vgl. TOP 8 des bereits übersandten Protokolls). Gerne können wir nochmal in dieser Angelegenheit telefonieren. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag Referat Landeskartellbehörde, Wettbewerbsrecht ^ r-s i-IESSCN Gldr'iS[l< l KAM' l ;.IIH , :;' n'ii ... groß es'-fm « kfu rter'bogen, de Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden
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Martini, Kerstin (HMWEVW) Von: Gesendet: Donnerstaq, 19. Dezember 2019 15:04 An: B^^^^^^n Cc: Martini, KeFstFn (HMWEVW) Betreff: Preisangabenverordnung Sehr geehi ich teile zwar Ihre Auffassung, dass § 5 Abs. 2 PAngV in dem Fall des Fitnessstudios nicht einschlägig ist. tllerdings halte ich es im Hinblick auf vorhandene EU-Richtlinien für untunlich, hier entsprechend auf Fitnessstudios wegen des Aushangs eines Preisverzeichnisses einzuwirken. Gemäß § 5 Abs. 2 PAngV wären Preisverzeichnisse zur Einsichtnahme am Ort des Leistungsangebots lediglich bereitzuhalten, wenn l. entsprechend der allgemeinen Verkehrsauffassung die Preise und Verrechnungssätze für sämtliche angebotenen Leistungen in Preisverzeichnisse aufgenommen worden sind und 2. das Anbringen der Preisverzeichnisse wegen ihres Umfangs nicht zumutbar ist. Abs. 2 privilegiert als Ausnahmevorschrift zu Abs. 1 unter bestimmten Voraussetzungen umfassende Preisverzeichnisse, welche die Preise für sämtliche angebotenen Leistungen enthalten. Es muss sich um sämtliche Leistungen handeln, die im Geschäftslokal angeboten werden. Die Privilegierung greift dann ^nterzwei kumulativen Voraussetzungen ein: Zum einen muss das umfassende Preisverzeichnis für den fraglichen Geschäftsbetrieb der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen. Bejaht wurde das z. B. für überregional tätige Autovermieter. Zum anderen muss das Anbringen der Preisverzeichnisse wegen ihres Umfangs unzumutbar sein. Nach allgemeiner Verkehrsauffassung wird dies nur bei Leistungen in Betracht kommen, zwischen denen wegen ihrer ähnlichen Nachfrageintensität eine Unterscheidung unter dem Gesichtspunkt derWesentlichkeit nicht möglich ist. Greift die Privilegierung ein, genügt die Bereithaltung des Preisverzeichnisses, d.h. es kann dem Kunden jederzeit und von jedem Betriebsangehörigen mit Publikumskontakt zur Einsichtnahme vorgelegt werden. Ich sehe bei einem Fitnessstudio keine derartige Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiteh, die das Anbringen eines Preisverzeichnisses als unzumutbar erscheinen lassen. In dem Fitnessstudio kann daher m. E. ein Preisverzeichnis gemäß § 5 Abs. 1 PAngV aufgestellt werden.
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Seitens des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wurde ich jedoch davon in Kenntnis gesetzt, dass in einem ähnlichen Fall bezüglich der Anwendbarkeit des § 5 PAngV vorgetragen worden sei, dass diese Vorschrift aufgrund Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP) 2005/29/EG nicht mehr anzuwenden sei. Auch in der Kommentierung wird auf die Diskrepanz zwischen PAngV und EU-Recht hingewiesen (Ohly/Sosnitza, UWG, PAngV Einf., 7. Aufl., RN 15), denn der für Leistungen geltende § 5 PAngV unterliege der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Die Pflichten zur Aufstellung eines Preisverzeichnisses seien nach Art. 22 Abs. 1 Buchst, i, Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. a Dienstleistungsrichtlinie zu beurteilen. Die Vorschriften der PAngV gingen darüber hinaus und seien nur durch die Mindestangleichungsklausel des Art. 22 Abs. 5 Dienstleistungsrichtlinie gedeckt. Sie seien auch strenger als Art. 7 Abs. 4 Buchst, c i.V.m. Art. 7 Abs. 2 UGP-Richtlinie. Daher unterliege auch § 5 PAngV der Ubergangsregelung des Art. 3 Abs. 5 UPG-Richtlinie. Die darin vorgesehene Ubergangsfrist ist am 12.06.2013 ausgelaufen. Daher wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass seither viele Regelungen der Preisangabenverordnung dem EU-Recht widersprächen. Dies betrifft eine Reihe von Vorschriften, neben u.a. den §§ 1 und 2 PAngV auch das Preisverzeichniserfordernis nach § 5 PAngV. Das BMWi hat eine Überarbeitung der PAngV in Aussicht gestellt. Bis dahin bestehen jedoch die v.g. europarechtlichen Probleme. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag Tel.: +49 Fax: +49 Web: E-Mail:i Besucheranschrift: Von: Gesendet: Montag, 18. November 2019 14:54 An: Betreff: Preisangabenverordnung Guten
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