Anonymisierter Vorbescheid und Bescheid zu Antrag auf Namensänderung "Adolf"

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Namensänderung verweigert: Ein Hamburger möchte nicht mehr Adolf heißen

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Datenschutzgemäß anonymisierter Auszug aus dem Vorbescheid:

„Das Namensrecht ist durch die entsprechenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts
umfassend und im Grundsatz abschließend geregelt. Die öffentlich-rechtliche
Namensänderung dient demzufolge dazu, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen.
Gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 des Gesetzes über die Änderung von
Familiennamen und Vornamen (NÄG) vom 05.01.1938 (RGBl. I S. 9; BGBl. III Nr. 401-
1) darf somit ein Vorname auch nur geändert werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund
vorliegt.

Ein wichtiger Grund, der eine Vornamensänderung rechtfertigen könnte, liegt dann vor,
wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers gegenüber den in den
gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der
Namensführung, zu denen auch das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des
überkommenen Namens gehört, überwiegt.

In diesem Zusammenhang wird besonders auf Nr. 30 Abs. 2 in Verbindung mit Nr. 62
der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (NamÄndVwV) vom 11.08.1980 zum NÄG
hingewiesen, in denen es heißt, dass der Name grundsätzlich nicht zur freien Verfügung
des Namensträgers steht.

Sie begründen den Namensänderungswunsch Ihres Mandanten auf Streichung des
zweiten Vornamens „Adolf“ u.a. damit, dass Herr XXX seit Jahr und Tag mit seinem
zweiten Vornamen „auf Kriegsfuß“ stünde. Bereits als 18-jähriger habe Ihr Mandant nach
dem Ableben seines Vaters versucht, diesen zweiten Vornamen loszuwerden, weil er
ihm zuwider war und sei. […].

Da seit 2-3 Jahren entsprechende Vorschriften für die Banken geändert worden seien,
sei Ihr Mandant bei jeder Banküberweisung mit seinem zweiten Vornamen konfrontiert,
weil immer sein gesamter Name abgedruckt würde. Deshalb sei Ihr Mandant von
Personen, mit denen er im Geldverkehr stehe, sehr unangenehm dazu befragt worden,
ob er wirklich diesen zweiten Vornamen trage und warum.
Erschwerend käme hinzu, dass Ihr Mandant kurze Haare trage. Diese äußere
Erscheinung zusammen mit dem Vornamen „Adolf“ könne im heutigen
gesellschaftlichen Umfeld, das von einer gewissen Renaissance rechter politischer
Bewegungen gezeichnet sei, dazu führen, dass Herr XXX mit rechtsradikalen Personen
assoziiert würde.
Durch die Belastung, die von seinem zweiten Vornamen „Adolf“ ausginge, habe der
Antragsteller persönlich bereits Schaden genommen. Seine psychische Betroffenheit
hätte psychosomatisch auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die der
ärztlichen Behandlung bedürften. Ein (den Anforderungen an eine solche Stellungnahme
genügendes) Attest in diesem Zusammenhang liegt nicht vor.
Ihr Mandant trägt neben dem zweiten Vornamen „Adolf“ den Vornamen „YYY“. Dieser
Vorname, der offenbar auch als Rufname dient, steht an erster Stelle der Vornamen, so
dass auch landläufig davon ausgegangen werden kann, dass „YYY“ der Rufname Ihres
Mandanten ist. Damit spielt der zweite Vorname „Adolf“ eine im Alltagsleben eher
untergeordnete Rolle. So ist es beispielsweise ausreichend, dass sich Herr XXX in
alltäglichen Situationen ausschließlich mit dem Vornamen „YYY“ vorstellt. Dass zum
Abgleich von Personen- und Adressdaten Ausweispapiere vorgelegt werden müssen –
beispielsweise bei der Abholung von Postsendungen – ist gängige Praxis, während der
aber auch lediglich der Abgleich Daten und nicht die Namen als Solches im Focus
stehen.
Bei diesem Sachverhalt müsste die Behörde einen entsprechenden Antrag auf
Änderung des Vornamens ablehnen.
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Sollte Ihr Mandant dennoch einen Antrag auf Namensänderung stellen wollen, so sind
folgende Unterlagen für die Antragsbearbeitung erforderlich:

      anliegendes Antragsformular (bitte ausfüllen und unterschreiben),
      beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister (aktuell, nicht älter als vier
       Wochen),
      Meldebescheinigung über die Wohnsitze der letzten 5 Jahre, lückenlos (aktuell,
       nicht älter als vier Wochen),
      Führungszeugnis (zu beantragen beim Einwohnermeldeamt, Belegart 0, aktuell,
       nicht älter als drei Monate), Quittung als Nachweis genügt
      Geburtsurkunde des minderjährigen Kindes (in Kopie)
      Ggf. ärztliche Atteste im Original
       Zur Gebührenberechnung
      aktueller Einkommensnachweis (in Kopie),
      Angabe über die Anzahl der zum Haushalt gehörenden Personen und
      Nachweis über die Höhe der Warmmiete (in Kopie)
Alternativ genügt ggf. die schriftliche Erklärung, mit dem Einkommen über
Sozialhilfeniveau zu liegen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass für die Bearbeitung eines Antrags
auf Familiennamensänderung eine Verwaltungsgebühr erhoben wird, deren Höhe
bis zu EUR 410,- betragen kann. Wird der Antrag zurückgenommen oder
abgelehnt, so werden 50% bis 75% dieser Gebühr erhoben.

Zu Ihrer Information füge ich diesem Schreiben ein Merkblatt bei, auf dem die
Anforderungen    an    ein   psychologisches Attest  im    öffentlich-rechtlichen
Namensänderungsverfahren aufgeführt sind.“
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Datenschutzgemäß anonymisierter Auszug aus dem Ablehnungsbescheid:


„Der Antrag auf Änderung des Vornamens Ihres Mandanten, Herrn YYY Adolf XXX , vom
07.07.2021, von YYY Adolf in YYY, wird abgelehnt.

Begründung:
Mit Schreiben vom 02.06.2021 wurde Ihnen unter Darlegung der Rechtsgrundlagen und
der Gründe mitgeteilt, dass es beabsichtigt sei, einen Antrag auf Änderung des
Vornamens für Ihren Mandanten ggf. abzulehnen. Um Wiederholungen zu vermeiden,
wird auf dieses Schreiben Bezug genommen, es ist somit Bestandteil dieses
Bescheides.

Der Antrag auf Namensänderung sowie die für die Antragstellung erforderlichen
Unterlagen Ihres Mandanten sind am 12.07.2021 bei uns eingegangen.

Ein wichtiger Grund, der eine Namensänderung rechtfertigen könnte, liegt dann     vor,
wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers gegenüber den in              den
gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen                      der
Namensführung, zu denen auch das öffentliche Interesse an der Beibehaltung        des
überkommenen Namens gehört, überwiegt.

In diesem Zusammenhang wird besonders auf Nr. 30 (2) in Verbindung mit Nr. 62 der
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (NamÄndVwV) vom 11.08.1980 zum NÄG
hingewiesen, in der es heißt, dass der Name grundsätzlich nicht zur freien Verfügung
des Namensträgers steht. Auch der Vorname ist ein wichtiges Identifizierungsmerkmal
eines Namens.

In Ihrem Schreiben vom 09.07.2021 führen Sie u.a. aus, dass Ihr Mandant als
Eigentümer und für die Buchführung des Geschäftshauses […] zuständige Person im
Rahmen der Konto- und Buchführung mehrere hundert Mal monatlich mit seinem
zweiten Vornamen „Adolf“ konfrontiert sei. Gespräche seitens Ihres Mandanten mit der
kontoführenden Bank im Hinblick auf die Streichung oder zumindest Abkürzung des
zweiten Vornamens in den Bankdaten seien erfolglos verlaufen.

In einem von Ihnen eingereichten ärztlichen Gutachten der kardiologischen Praxis […]
Blankenese bescheinigt Herr Dr. ZZZ Ihrem Mandanten seit einigen Jahren wiederholt
auftretende erhöhte Blutdruckwerte und eine einmalig gezeigte hypertensive
Entgleisung. Als Ursache für diese Veränderung könnten organische Krankheiten
ausgeschlossen werden. Auf Nachfrage habe sein Patient, Ihr Mandant, in diesem
Zusammenhang berichtet, dass die Hausbank als Folge gesetzlicher Vorschriften bei
allen Kontoauszügen und Überweisungen sämtliche Vornamen aufführe. Der Patient
habe ihm glaubhaft erläutert, dass er beim Electronic-Banking jeden Monat mehrere
hundert Mal mit dem Namen „Adolf“ konfrontiert werde. Weiterhin tauche in den
Monatsauszügen dieser Zweitvorname stark gehäuft auf. Dies führe zu einer starken
emotionalen Belastungssituation bei Herrn XXX. Damit verbunden steige auch der
Blutdruck regelmäßig ein. Herr XXX habe regelrecht Angst, die Kontoauszüge zu öffnen.
Somit spräche aus seiner fachärztlichen Sicht der psychosomatische Anteil die
entscheidende Rolle. Da hier aus Sicht des Kardiologen eine klare
Ursachenwirkungsbeziehung bestehe und der Leidensdruck von Herrn XXX hoch sei,
sollte dieser Trigger möglichst beseitigt werden.
Die Behörde bedauert, dass Ihr Mandant unter gesundheitlichen Problemen leidet. Um
die Indikation einer Namensänderung aus psychischen / psychosomatischen Gründen
beurteilen zu können, wäre allerdings das Attest eines Facharztes für Psychiatrie oder
eines Psychologischen Psychotherapeuten erforderlich. Das ärztliche Gutachten des
Facharztes für Innere Medizin, Kardiologie und Sportmedizin, Herrn Dr. ZZZ, genügt an
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dieser Stelle leider nicht den formalen Anforderungen an eine solche Stellungnahme im
öffentlich-rechtlichen Namensänderungsverfahren.
Im Hinblick auf den Namensänderungswunsch Ihres Mandanten verweist die Behörde
zudem auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2004,
Az. 5 C 04.477.
Den Vornamen „Adolf“ explizit und ausschließlich mit Adolf Hitler in Verbindung zu
bringen und mit diesem Namen untrennbar die Greueltaten des Nazi-Regimes zu
verknüpfen, erscheint der Behörde überdies als zu kurz gegriffen und in diesem Falle
bewusst zu eindimensional betrachtet. So gibt es zahllose, auch öffentlich bekannte,
Männer, die diesen Vornamen trugen und tragen und die in keinerlei Verbindung zur
politischen Gesinnung zu Zeiten der Nazi-Herrschaft gebracht werden können. Nicht
zuletzt Wissenschaftler und Künstler und – um den Kreis zu schließen –
Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus tragen den Vornamen „Adolf“ und
dokumentieren damit, dass dieser Vorname nicht untrennbar mit Verfolgung und
Unterdrückung verbunden ist.
Zusammenfassend wird nunmehr festgestellt, dass der Antrag mangels eines wichtigen
Grundes   abzulehnen    ist.  Die    Gebühr       für    die   Bearbeitung     des
Vornamensänderungsantrages    entnehmen        Sie    bitte   dem     beigefügten
Gebührenbescheid.“
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