20181101Daimler

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Nicht abgesendetes Antwortschreiben an MAN und Daimler bezügl. der EU Flottengrenzwerte für LKW

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DAIMLER

An die
Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz
und nukieare Sicherheit

Frau Svenja Schulze

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und nukleare Sicherheit

Stresemannstraße 128-130

10117 Berlin

1. November 2018

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

seit über 120 Jahren steht die Marke Mercedes-Benz für die Produktion von Lkw in Deutschland. Mit
mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland produzieren wir erfolgreich in den
Bundesländern Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Unsere Lkw stehen im
internationalen Vergleich an der Spitze, wenn es um Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und
Nachhaltigkeit geht. Wir setzen alles daran, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Deshalb möchten wir
Sie heute über unsere Sorgen hinsichtlich der geplanten europäischen CO2-Regulierung für schwere

Nutzfahrzeuge informieren.

Bestmögliche CO2-Effizienz war und ist für unser Unternehmen ein selbstverständliches Ziel. in den
vergangenen Jahrzehnten ist es uns neben der Umsetzung von insgesamt 6 Euro-Emissionsstufen
gelungen, die Kraftstoff- und somit CO2-Effizienz unserer am meisten verkauften Fahrzeuge
kontinuierlich zu verbessern, konkret um 22 Prozent in 20 Jahren. Damit leisten wir bereits jetzt einen
Beitrag zum Klimaschutz, der auch unseren Kunden nutzt und unsere internationale
Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Der jetzt in Brüssel diskutierte Regulierungsvorschlag geht jedoch
so weit über das aus unserer Sicht technisch und ökonomisch Leistbare hinaus, dass wir es für
erforderlich halten, Sie über mögliche Auswirkungen auf unsere Standorte in Wörth, Mannheim,

Gaggenau und Kassel zu informieren.

Die EU-Kommission hat am 17. Mai 2018 vorgeschlagen, die CO2-Emissionen um 15 Prozent bis 2025
sowie um 30 Prozent bis 2030 zu mindern (bezogen jeweils auf das Basisjahr 2019). Dies entspricht
einer Verdrei- bis Vervierfachung der bislang durchschnittlich pro Jahr erreichten kontinuierlichen
Reduktion von Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen. Mit der Abstimmung im Umweltausschuss
des Europäischen Parlaments am 17. Oktober 2018 wurde das Minderungsziel für das Jahr 2025 noch
einmal auf 20 Prozent und für das Jahr 2030 auf 35 Prozent erhöht. Wenn die Ausgangsposition für
diese Reduktion voraussichtlich erst Ende 2020 bekannt wird, verbleiben uns bis zum Zwischenziel
2025 vier Jahre, um dieses Ziel zu erreichen. Offen bleibt dabei die Frage, wie in dieser kurzen Frist
ein von Politik und Wirtschaft gemeinsam getragener realistischer Umsetzungspfad für eine
erfolgreiche Transformation aussehen kann, der gleichermaßen ökologische, ökonomische und soziale
Aspekte berücksichtigt. Dies erfordert eine realistische Positionsbestimmung, wo unsere Industrie
gegenwärtig steht: Die mit höchsten Anstrengungen betriebene Optimierung der Dieseltechnologie
stößt trotz weiterer Effizienzgewinne zunehmend an ihre physikalischen und technischen Grenzen.
Ambitioniert aber noch realistisch ist eine weitere Verbesserung der CO2-Reduktion um ca. 50% auf

ca. 1,5% jährlich in den nächsten 10 Jahren,

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Seibstverständlich arbeiten unsere Techniker mit Hochdruck daran, so schnell wie möglich die
erforderlichen alternativen Antriebe auf den Weg zu bringen. Einen konkreten Einblick, was bereits
erreicht ist, konnten Fachbesucher, Politik und Öffentlichkeit zuletzt auf der Internationalen Automobil
Ausstellung (IAA) in Hannover erhalten. Dennoch ist das Ziel bei Technologie, Infrastruktur,
Kundenakzeptanz und Kosteneffizienz noch lange nicht erreicht. So gibt es derzeit auch keine
verlässlichen Prognosen, wann kosteneffiziente alternative Antriebe und die dafür notwendige
eigenständige Infrastruktur für den Lkw-Verkehr im erforderlichen Leistungs umfang bereitstehen und
von den Kunden angenommen werden.

Sicher scheint dagegen, dass sich die Elektromobilität zuerst im urbanen Raum und erst später im
Fernverkehr, der die meisten Transportieistungen erbringt, durchsetzen wird. Das bedeutet, dass
diese Technologien erst mittel- bis langfristig ihren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, den die EU bei
den aktuell vorgeschlagenen Grenzwerten schon für heute unterstellt.

Ein erfolgreicher Transformatiorısprozess würde vor allem von geeigneten Anreizmechanismen
profitieren. Deshalb bedauern wir, dass der Regulierungsvorschlag eine Mehrfachanrechnung für Zero-
und Low-Emission-Vehicles (ZEV/LEV) lediglich mit einem maximalen Faktor von zwei vorsieht und
damit unberücksichtigt lässt, ob die Reichweite eines elektrischen LKW im Einsatz 50km oder 400km
beträgt. Dies steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass elektrische Antriebe um den Faktor vier bis
fünf Mal teurer sind als konventionelle Antriebe. Ein positives Modell ist dagegen die in den USA
bestehende Praxis, bei der batteriebetriebene Fahrzeuge mit dem Faktor 4,5 und
Brennstoffzellenfahrzeuge sogar mit dem Faktor 5,5 angerechnet werden. Wir halten eine solche
Anrechnung abhängig von der Reichweite der ZEV für sinnvoll, also mit dem Faktor 5 (Reichweite
größer 400 km), Faktor 4 (Reichweite größer 200 km) und Faktor 3 {Reichweite größer 100 km) sowie
linear sinkend auf 1,5 für Fahrzeuge mit mindestens 35 Prozent weniger C02 gegenüber dem
Basisjahr 2019. Eine Begrenzung solcher Anrechnungsfaktoren sollte mit Blick auf eine realistische
Anlaufzeit nicht vor dem Jahr 2030 und dann mit 10 Prozent statt 3 Prozent greifen.

Auch das sogenannte „Banking and Borrowing System“ sollte praxisnah angelegt werden. Sogenannte
Credits sollten im gesamten Zeitraum (2019-2030) gelten. Den Herstellern sollte es erlaubt sein, diese
innerhalb von fünf Jahren zu nutzen, wobei ein Ausgleich von Überschreitungen innerhalb von drei
Jahren erfolgen kann. Eine Übererfüllung der Grenzwerte sollte ebenfalls analog der Regelung in den
USA zu Credits führen.

Nicht zuletzt besorgt uns die überproportionale Höhe der Strafen bei Grenzwertüberschreitungen, die
beim Lkw mit 6.800 Euro je g/tkm etwa 30-mal höher ist als bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen.
Dabei ist aus unserer Sicht auch zu berücksichtigen, dass die Hersteller der Zugmaschine nur einen
Teil des Gesamtsystems verantworten und damit die Vermeidung von Strafen nur zum Teil
beeinflussen können.

Die geplante Regulierung erfolgt zu einem Zeitpunkt, wo die Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen
mit stagnierenden, zum Teil sogar deutlich sinkenden Zulassungszahlen in Europa konfrontiert sind,
Mit der Umsetzung aus unserer Sicht unrealistischer Ziele und insbesondere im Fall der genannten
Strafzahlungen kämen auf Hersteller massive finanzielle Belastungen zu, die zu Lasten der
Investitionen und damit der Zukunftsfähigkeit gehen.
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Die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments in der Woche vom 12. November und die
Positionierung der Bundesregierung im Europäischen Rat markieren wichtige Meilensteine für einen
ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogenen Transformationsprozess. Wir wären Ihnen deshalb
sehr dankbar, wenn Sie unsere diesbezüglichen Argumente und ernsthaften Sorgen nachvollziehen
und sich für realistische und umsetzbare Ziele einsetzen.

Gern stehen wir Ihnen und Ihren Mitarbeitern für ein Gespräch und weitere Erläuterungen zur

Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan E. Buchner
Leiter Mercedes-Benz LKW

Dr. Frank Reintjes

Leiter Global Powertrain,
E-Mobility & Produktionsplanung
Daimler Trucks

Michael Brecht

Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates
Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender
Daimler AG

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Joachim Horner
Betriebsratsvorsitzender Mercedes-Benz
und EvoBus Werk Mannheim

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Jörg Lorz

Betriebsratsvorsitzender Mercedes-Benz
Werk Kassel

Thomas Zwick
Betriebsratsvorsitzender Mercedes-Benz
Werk Wörth/GLC Germersheim
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