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REGIERUNGSPRÄSIDIUM
STUTTGART

Stuttgart, 11.November 1981

Nr. 13-RO-6010

Landesplanerische Beurteilung
zu dem von der Neckarwerke
Elektrizitätsversorgunas - AG
geplanten
460-MW-Kohlekraftwerk
in Altbach/Deizisau
und zu der vom Landkreis Esslingen
geplanten
Müllverbrennungsanlage

in Esslingen-Sirnau
1

Inhaltsübersäi ch E&

1. Vorhaben

1.1 Kurzbeschreibung

1.1.1 Kraftwerk Altbach/Deizisau

1.1.2 Müllverbrennungsanlage Esslingen-Sirnau

1.2 Auswirkungen auf den Raum

2. Verfahren

2,1 Verfahrensgang

1.1 Fachverfahren

2.1.2 Raumordnungsverfahren

2.1.2.1 Erörterungsternmin

2.1.2.2 Schriftliche Anhörung

2.2 Verfahrensbeteiligte

3, Ergebnisse des Anhörungsverfahrens

3.1 Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften

3.1.1 Altbach, Deizisau, Plochingen
3.1.2 Esslingen

1.3 Stuttgart

.1.4

Denkendorf u.a.

3.2 Landratsamt, Regionalverband, Nachbarschaftsverband

fe
2

3,3 Forstwirtschaft, Natur-, Landschafts- und Immissionsschutz

3,4 Wasserwirtschaft

3,5 Verkehrswesen

3.6 Sonstige Beteiligte

Ergebnis der landesplanerischen Beurteilung

Begründung

5.1 Ziele der Raumordnung und Landesplanung

5.2 Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung

5.2.1 Allgemeine Gesichtspunkte zu den Standorten der
Anlagen

5.2.2 Belastung des betroffenen Raumes

Immissionsschutz
Verkehr
Landschaft

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e o eo
DD ID

Wasserversorgung und Abwasser

DD N DD DM
ne @ N

a 01
DD N

Gesamtbelastung

5.2.3 Fernwärmeversorgung

5.2.4 Ausfallverbund

5.3 Einwendungen von Beteiligten zum Verfahren

Forderung eines Raumordnungsverfahrens nach $ 3la LPlaG

uw

e

So

N m

Einbeziehung der Kraftwerksplanungen in Stuttgart-Gais-
burg
5.3.3 Einbeziehung eines dezentralen Pyrolyse-Konzepts

5.3.4 Forderung nach Gutachten u.ä,
3

1,

Vorhaben

1.1 Kurzbeschreibung

1.1.1

Kraftwerk Altbach/Deizisau

 

Die Neckarwerke Elektrizitäts-AG beabsichtigt, auf
dem westlich an das bestehende Krafiwerk Altbach
anschließenden Gelände auf den Markungen Altbach

und Deizisau einen neuen Steınkohleblock (Block 5)

zu errichten, Der Block soll überwiegend im Mittel-
lastbereich, in Sondersituationen auch im Grundlast-
bereich eingesetzt werden. Er soll im wesentlichen
aus den Feuerungsanlagen, einem Kesselhaus (Höhe

98 m), einem Schornstein (Höhe 250 m),

einem Kühlturm (Höhe 45 m, Durchmesser ca. 80 m),
einer Rauchgasentschwefelungsanlage, einem Elektro-
filter, den elektrotechnischen Anlagen und den
Wasseraufbereitungsanlagen bestehen. Zur Versorgung
des neuen Blocks mit Kohle (ca. 140 t/h) werden einige
neue Anlagen erforderlich, teilweise können die
vorhandenen Bekohlungsanlagen benutzt werden, Die
dem Vorhaben zugeordnete Gesamtfläche umfaßt 28,6 ha.
Der Block soll dazu dienen, zu erwartende Deckungs-
lücken in der durch die Neckarwerke sicherzustellen-
den Stromversorgung ab 1985 schließen zu helfen,

Er soll daher 1985 in Betrieb gehen.

Müllverbrennungsanlage Esslingen-Sirnau

 

 

Der Kreistag des Landkreises Esslingen hat an
17,0ktober 1980 die Erstellung einer Müllveıbren-
nungsanlage (MVA) am Standort "Riederäcker" auf der
Gemarkung Esslingen-Sırnau beschlossen, Die MVA
liegt südwestlich des Kraftwerks auf der Südseite
des Neckars und der Bundesstraße B 10 in

etwa 600 - 800 m Entfernung vom Kraftwerk. Sie soll
der Entsorgung des Landkreises dienen; verbrannt

werden sollen Hausmüll, hausmüllähnliche Industrie-

/-
4

und Gewerbeabfälle und Sperrmüll. Die für 1985, den
beabsichtigten Termin der Inbetriebnahme, errechnete
Müllmenge, die in der Anlage verbrannt werden soll,
liegt bei 280.000 Mg/a. Der geplante Mülldurchsatz
beträgt bei 100 ®iger Auslastung ca. 50 Mg/h. Die
beanspruchte Fläche wird bei etwa 4 ha liegen. Die
Anlage soll aus einer Abladehalle, einem Müll- und
Schlackenbunker (Höhe 36 m), der Abwasserbehandlungs-
und Luftkondensationsanlage sowie aus 3 Verbrennungs-
einheiten bestehen, die sich im wesentlichen aus dem
Verbrennungsrost mit Dampfkessel (Höhe 33 m), dem
Elektrofilter, dem Rauchgaswäscher und dem Schorn-
stein (Höhe ca. 110 m) zusammensetzen. Die MVA soll
durch eine Ringstraße umschlossen werden, die an die

Kreisstraße K 1215 angebunden ist.

Auswirkungen auf den Raum

 

Bei den geplanten Vorhaben ist mit Auswirkungen auf den

umgebenden Raum zu rechnen:

- Durch die äußeren Dimensionen der Bauwerke kann die Umgebung

optisch und Ökologisch beeinflußt werden.
- Von den Anlagen können Lärm- und Geruchsemissionen ausgehen,

- Die Schornsteinemissionen beider Vorhaben können möglicher-
weise Belastungen für die Umgebung (Bewohner, Siedlungstätig-

keit, Klima, Natur) mit sich bringen,

- Durch den Betrieb des Kraftwerkskühlturms wird Wärme und
Feuchtigkeit an die Luft abgegeben, Für den Betrieb

wird Kühl- und Brauchwasser benötigt.
- Abwasser muß behandelt und abgeleitet werden.
- Die Beschickung der MVA, die Versorgung des Kraftwerks

und die Entsorgung beider Anlagen erfordert zusätzliche

Verkehrsbewegungen,
5

- Fernwarme aus dem Betrieb beider Vorhaben kann genutzi

werden; dıe Nutzung setzt cın Versorgungsnetz VOIlaus,

>, Verfahren

2,1 Verfahrensgang

2.1.1

Fachverfahren

Die Neckarwerke AG hat im April 1980 beim
Regierungspräsidium Stuttgart einen Antrag auf
Erteilung einer Genehmigung gem. $ 4 3.V.m. S 10
Bundesimmissionsschutzgesetz für den Bau und den
Betrieb der Feuerungsanlagen und des Kühlturnms

des neuen Kraftwerkblocks gestellL. Nach Auslegung
der Antragsunterlagen und Beteiligung der berührten
Behörden hat die Erörterung gem, $ 10 Abs. 6 Bundes-
immissionsschutzgesetz am 11. und 12.November 1980
in Deizisau stattgefunden. Dieses Verlahren steht
inzwischen unmittelbar vor seinem Abschluß. Der
Wasserrechtsantrag für den Block 5 wurde von der
Neckarwerke AG am 7,Juli 1981 beim Landratsamt

Esslingen gestellt.

Ein fachgesetzliches Verfahren (Planfeststellungs-
verfahren gem. Abfall-beseitigungsgesetz) Für die MVA
ist bislang noch vicht eingeleitet worden. Im Juli
1980 ist das betroffene Grundstück vom Reglerungs-
präsidium zum Planungsgebiet für eine Öffentliche
Abfallbeseitigungsanlage ($S 13 Landesabfallgesetz)

erklärt worden,

im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungs-
verfahrens für das Kraftwerk haben die Stadt Esslingen

(Schreiben vom 8,Oktober 1980), die Gemeinde Altbach

[+
6

(Schreiben vom 8,Oktober I 980) und die Stadt Plochingen
(Schreiben vom 10,0Oktober 1980) ein "begleitendes
Raumordnungsverfahren" unter Einbeziehung der bestehen-
den Belastungen und der weiteı beabsichtigten Groß-
projekte in diesem Raum beantragt. Zu prüfen sei,

ob die Grenze der schädlichen Umwelteinwirkungen im
stark vorbelasteten Raum Esslingen/Plochingen bereits

erreicht oder gar überschritten sei.

2.1.2.1 Erörterungstermin

Zur Vorbereitung der immissionsschutzrecht-
lichen Erörterungsverhandlung für das Kraft-
werk hat das Regierungspräsidium Stuttgart

am 7.November 1980 eine Besprechung, vor
allem mit den berührten Gemeinden, durchge-
führt, bei der raumordnerische und immissions-
schutzrechtliche Fragen angesprochen wurden.
Dabei hat das Regierungspräsidium Stuttgart
eıne landesplanerische Stellungnahme zugesagt,
in der die raumordnerischen Auswirkungen des
Kraftwerkprojekts unter Einbeziehung der

geplanten MVA behandelt werden sollen.

2.1.2.2 Schriftliche Anhörung

 

 

Mit Schreiben vom 19.März 1981 hat das
Regierungspräsidium Stuttgart den berührten
Gemeinden, Behörden und sonstigen Stellen
eine Kurzbeschreibung des Landkreises
Esslingen zur MVA zugeleitet; auf die

den Beteiligten bereits vorliegenden Unter-
lagen zum Kraftwerk ist hingewiesen ‚worden.
Die Beteiligten wurden bis 30.April 1981 um
Stellungnahme zu den beiden Anlagen unter
Gesichtspunkten der Raumordnung gebeten.
Ferner wurde darauf aufmerksam gemacht, daß
das Raumordnungsverfahren die für die Genehmi-

gung der einzelnen Vorhaben vorgeschriebenen

-/[-
7

Verfahren nicht ersetzen könne, sondern daß

im Raumordnungsverfahren vielmehr dıe grund-
sätzliche Frage geprüft werde, ob die in
Aussicht genommenen Standorte unter rLaumord-
nerischen Gesichtspunkten geeignet seien, Zur
Abgabe ihrer Stellungnahme wurde verschiedenen

Beteiligten eine ffristverlängerung eingeräumt,

2.2 Verfahrensbeteiligte

 

 

An der raumordnerischen Besprechung am 7,Novenber 1980

nahmen Vertreter der Gemeinden Altbach, Baltmanns-

weiler, Deizisau, Esslingen, Lichtenwald und Plochingen teıl,
Ferner des Gemeindeverwaltungsverbandes Plochingen. Vertreten
waren außerdem: der Regionalverband Mittlerer Neckar, das
Landratsamt Esslingen, das Gewerbeaufsichtsamt Stuttgart,

der TÜV Stuttgart, die Bezirksstelle für Naturschutz und
Landschaftspflege Stuttgart, die Neckarwerke AG sowie die
Referate 4 (Immissionsschutz) und 13 (Raumordnung) und die

Abteilung V (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsiıdiums,

In der schriftlichen Anhörung wurden darüberhinaus beteiligt:
die Stadt Stuttgart, die Gemeinde Denkendorf, der Nachbar-
schaftsverband Stuttgart; das Ministerium für Wirtschaft,
Mittelstand und Verkehr Baden-Württemberg; die Wasser- und
Schiffahrtsdirektion Südwest (Mainz), das Staatl, Gesundheits-
amt Esslingen, das Wetteramt Stuttgart, die Forstdirektion
Stuttgart und das Forstamt Esslingen, das WasserwirLschaftsamt
Kirchheim unter Teck, das Straßenbauamt Kirchheim unter Teck,
das Landwirtschaftsamt Nürtingen, die Landesanstalt Für
Umweltschutz; ferner die Referate 7 (Brand, Katastrophenschutz,
zivile Verteidigung) und 24 (Verkehrswesen) sowie die Abtei-
lungen III (Ernährung und Veterinärwesen), [IV (Straßenbau)

und VI (Soziales und Gesundheitswesen) des Regierungsprä-
sidiums Stuttgart.
8

3. Ergebnisse des Anhörungsverfahrens

 

3.1 Gemeinden und Verwaltungsyemeinschaften

 

 

3.1.1

Die Gemeinden Altbach, Deizisau und Plochingen
sowie der Gemeindeverwaltungsverband Plochingen
stimmen der Errichtung des Kraftwerks grundsätzlich
zu. Sic verweisen dabei auf ihre Bedenken und
Anregungen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren
und legen Wert darauf, daß die negativen Auswirkun-

gen so gering wie möglich gehalten werden.

Dagegen wird die MVA abgelehnt, weil ein weiteres
immissionsträchtiges und landschaftsbelastendes
Großprojekt diesem Neckartalabschnitt und der
dortigen Bevölkerung nicht mehr zugemutet werden
könne. Dabei wird einerseits auf die bestehende
Belastung dieses Raumes hingewiesen, vor allem
durch die vorhandenen und geplanten Kraftwerks-
anlagen, durch die Einflugschneise des Flughafens
Stuttgart-Echterdingen, durch das hohe Fahrzeug-
aufkommen auf der Bundesstraße B 10 mit dem
Plochinger Dreieck, durch die stark befahrene
Bahnlinie Stuttgart-Plochingen, durch das Kraftwerk
Stuttgart-Gaisburg und dessen beabsichtigte Erwei-
terung und durch die Vielzahl der bestehenden und
geplanten Hochspannungsleitungen, Andererseits
werden zusätzliche Belastungen durch die MVA
angeführt, wobei insbesondere genannt werden:
zusätzliche Luftverunreinigungen; Abwassereinleitung
in den Neckar; klimatische Beeinträchtigung;
Überlastung des Straßennetzes durch Müll- und
Schlackenfahrzeuge; Verbauung einer vorgesehenen
Grünzäsur und der Kaltluftschneise des Körschtals;
optische Beeinträchtigung des Landschaftsbilds.
Gegen die MVA am geplanten Standort wird ferner

eingewandt, daß sie - im Gegensatz zum Kraftwerks-

a
9

block - nicht standortgebunden sei, weshalb dem neuen
Kraftwerksblock in diesem Raum der Vorrang zukomme.,
Der Standort der MVA liege auch nicht im Schwer-
punkt des Müllaufkommens des Landkreises Esslingen.
Zudem sei es zweckmäßig, die mögliche Flernwärme-
abgabe aus der MVA in anderen Kreisgebieten zu
nutzen; der Raum Esslingen bis Plochingen könne
allein durch die Fernwärme des Kraftwerks aus-
reichend versorgt werden. Darüberhinaus sei das
vorhandene Gelände £ür die MVA angesichts künftiger
evtl. erforderlich werdender Erweiterungen oder
Umstellungen nicht ausreichend. Weiter wird festge-
stellt, daß die betroffenen Gemeinden zum Teilplan
Hausmüll des Landes-Abfallbeseitigungsplans nicht
gehört worden seien. Die Stadt Plochingen schließlich
fordert ein gesamtökologisches Gutachten für den

betroffenen Raun.

Esslingen

Die Stadt Esslingen stimmt, unter Hinweis auf ihre

im immissionsschutzrechtlichen Verfahren erhobenen
Bedenken und Anregungen, dem Neubau des Kraftwerk-
blocks grundsätzlich zu und lehnt die £&rrichtung

der MVA am vorgesehenen Standort ab. Sie begründet
diese Stellungnahme im wesentlichen wie die Gemeinden
Altbach, Deizisau und Plochingen, macht darüberhinaus

jedoch weitere Einwendungen geltend:

Gegen Art und Inhalt des Raumordnungsverfahrens wird
eingewandt, daß die Unterlagen, insbesondere zur
Beurteilung der MVA, nicht ausreichend seien, zumal
das geplante Kohlekraftwerk in Stuttgart-Gaisburg
nicht in das Verfahren mit einbezogen sei. Daher
seien vor der Durchführung weiterer Verwaltungs-
verfahren entsprechende Untersuchungen und Gutachten
vorzulegen, um beurteilen zu können, ob zusätzliche
Immissionsbelastungen von Boden, Wasser und Luft

vermieden werden können. Bine endgültige Stellung-

-/-
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